Dipl.-Finanzwirt Werner Becker
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Kommentar
Nachdem der BFH in zwei inhaltsgleichen AdV-Beschl眉ssen zur neuen Grundsteuer im sog. Bundesmodell entschieden hatte, dass Steuerpflichtige im Einzelfall die M枚glichkeit haben m眉ssen, einen niedrigeren gemeinen Wert ihres Grundst眉cks nachzuweisen, hat die Finanzverwaltung nun mit koordinierten L盲ndererlassen reagiert.
BFH-Beschl眉sse zur neuen Grundsteuer im Bundesmodell
Mit Beschl眉ssen v. 27.5.2024, II B 78/23 (AdV) und II B 79/23 (AdV), BFH/NV 2024 S. 1355 und S. 966, hat der BFH sich erstmals mit der "neuen" Grundsteuer auseinandergesetzt. Die F盲lle kamen deshalb zum BFH, weil das FG Rheinland-Pfalz in seinen Beschl眉ssen v. 23.11.2023 (4 V 1295/23 und 4 V 1429/23) ernstliche Zweifel an der Rechtm盲脽igkeit der Grundsteuerwertfeststellung im sog. Bundesmodel ge盲u脽ert und die Beschwerde u. a. wegen grunds盲tzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen hatte.
FG Rheinland-Pfalz hat ernstliche Zweifel
In beiden Streitf盲llen hatten die Antragsteller beim FG Rheinland-Pfalz erfolgreich beantragt, die Grundsteuerwertfeststellungen f眉r ihre Wohnimmobilien von der Vollziehung auszusetzen.
Die angefochtenen Bescheide waren auf der Grundlage der Neuregelung des Grundsteuer- und Bewertungsrechts durch das Grundsteuer-Reformgesetz vom 26.11.2019 ergangen (sog. Bundesmodell), das in mehreren Bundesl盲ndern Anwendung findet. Danach wird die Bemessungsgrundlage f眉r die Grundsteuer, die ab dem 1.1.2025 i. d. R. von den Gemeinden erhoben wird, durch Feststellung des Grundsteuerwerts auf den 1.1.2025 als einheitlichen Hauptfeststellungsstichtag ermittelt.
Die f眉r die Feststellung des Grundsteuerwerts ma脽geblichen gesetzlichen Vorschriften enthalten nach der gesetzgeberischen Konzeption aus Gr眉nden der Automatisierung und Bew盲ltigung der Neubewertung von 眉ber 36 Mio. wirtschaftlichen Einheiten eine Vielzahl von Typisierungen und Pauschalierungen.
Das FG hatte ernstliche Zweifel sowohl an der einfachrechtlichen Rechtm盲脽igkeit der angefochtenen Grundsteuerwertbescheide als auch an der Verfassungsm盲脽igkeit der zugrundeliegenden Bewertungsvorschriften und gew盲hrte deshalb die beantragte Aussetzung der Vollziehung.
Auch BFH gab Grundst眉ckseigent眉mern Recht
Der BFH hat die Beschwerden der Finanzverwaltung gegen die Beschl眉sse des FG Rheinland-Pfalz als unbegr眉ndet zur眉ckgewiesen.
Nach Auffassung des BFH bestehen bereits einfachrechtliche Zweifel an der Rechtm盲脽igkeit der streitigen Grundsteuerwertfeststellungen in Bezug auf die H枚he der festgestellten Grundsteuerwerte. Diese Zweifel erg盲ben sich daraus, dass den Steuerpflichtigen bei verfassungskonformer Auslegung der Bewertungsvorschriften die M枚glichkeit einger盲umt werden m眉sse, bei einer Verletzung des 脺berma脽verbots einen niedrigeren gemeinen Wert nachzuweisen, auch wenn der Gesetzgeber einen solchen Nachweis nicht ausdr眉cklich geregelt habe.
Der Gesetzgeber verf眉ge gerade in Massenverfahren der vorliegenden Art 眉ber einen gro脽en Typisierungs- und Pauschalierungsspielraum. Das 脺berma脽verbot k枚nne jedoch verletzt sein, wenn sich der festgestellte Grundsteuerwert als erheblich 眉ber das normale Ma脽 hinausgehend erweise. Dies setze nach der bisherigen Rechtsprechung zu anderen typisierenden Bewertungsvorschriften voraus, dass der festgestellte Wert den nachgewiesenen niedrigeren gemeinen Wert um 40 % oder mehr 眉bersteige.
In beiden Streitf盲llen kam der BFH zu dem Ergebnis, es sei bei summarischer Pr眉fung nicht auszuschlie脽en, dass die Antragsteller jeweils aufgrund einzelfallbezogener Besonderheiten den erfolgreichen Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts ihrer Grundst眉cke mit der erforderlichen Abweichung zu den festgestellten Grundsteuerwerten f眉hren k枚nnten.
Da bereits Zweifel an der H枚he der festgestellten Grundsteuerwerte bestanden, war vom BFH nicht mehr zu pr眉fen, ob die neue Grundsteuer grunds盲tzlichen verfassungsrechtlichen Zweifeln bez眉glich der zugrundeliegenden Bewertungsregeln unterliegt.
Bei den Beschl眉ssen des BFH handelt es sich (nur) um Entscheidungen im Aussetzungsverfahren. (Die) Hauptsacheverfahren hinsichtlich verfassungsm盲脽iger Bedenken sind weiterhin vor dem FG Rheinland-Pfalz anh盲ngig. Es bleibt abzuwarten, ob das FG Rheinland-Pfalz in einem Hauptsacheverfahren dem BVerfG die Frage nach der Verfassungswidrigkeit der neuen Grundsteuer vorlegen wird.
M枚gliche Entscheidungen des BVerfG
Sollte das BVerfG entscheiden m眉ssen, besteht theoretisch die M枚glichkeit, das es die neue Grundsteuer f眉r nichtig erkl盲rt. Dann m眉sste von Beginn an eine Neuregelung getroffen werden. Einer solchen Entscheidung stehen bei realistischer Betrachtung sowohl volkswirtschaftliche als auch politische Gr眉nde entgegen. Das Gericht k枚nnte daher 鈥 wie in der Vergangenheit bei Steuergesetzen h盲ufig 鈥 auch (nur) die Unvereinbarkeit mit dem Grundgesetz feststellen und festlegen, ab wann die Regelungen nicht mehr angewendet werden d眉rfen (sog. "pro-futuro-Rechtsprechung").
Verwaltung folgt Auffassung des BFH
Die obersten Finanzbeh枚rden der L盲nder haben die Beschl眉sse des BFH zum Anlass genomme...