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Entscheidungsstichwort (Thema)
Dienstunfall. in Aus眉bung des Dienstes. infolge des Dienstes. Kausalzusammenhang. Risikobereich. Dienstzeit. Dienstgeb盲ude. Abgrenzungskriterien. Verh盲ltnis der Unfallf眉rsorge zum gesetzlichen Unfallversicherungsschutz
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Leitsatz (amtlich)
Das f眉r den Dienstunfallbegriff konstitutive Merkmal 鈥渋n Aus眉bung des Dienstes鈥 i.S.v. 搂听31 Abs.听1 Satz听1 BeamtVG ist in aller Regel erf眉llt, wenn der Beamte w盲hrend der Dienstzeit in dem Dienstgeb盲ude, in dem er Dienst zu leisten hat, zu Schaden kommt.
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Normenkette
BeamtVG 搂 31 Abs. 1 S. 1; SGB VII 搂 4 Abs. 1 Nr. 1
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Verfahrensgang
OVG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 07.09.2006; Aktenzeichen 4 B 12.05) |
VG Berlin (Urteil vom 12.08.2004; Aktenzeichen 5 A 237.02) |
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Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 7.听September 2006 wird zur眉ckgewiesen.
Die Beklagte tr盲gt die Kosten des Revisionsverfahrens.
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Tatbestand
I
Der Kl盲ger steht als Zollhauptsekret盲r im Dienst der Beklagten. Am 10.听Januar 2002 nahm er gegen 9.30听Uhr am Schreibtisch seines Dienstzimmers sitzend von der Stra脽e kommende Schmerzensschreie wahr und sprang auf, um sofort zu Hilfe zu eilen. Dabei blieb er mit der rechten Hand an der Klinke der Durchgangst眉r zwischen seinem und dem benachbarten Dienstzimmer h盲ngen und verletzte sich an Hand und Schultergelenk. Als er aus dem Dienstgeb盲ude gelaufen war, sah er eine Passantin, die auf dem vereisten B眉rgersteig gest眉rzt war. Ein Dritter leistete ihr bereits Hilfe. Der Kl盲ger rief einen Notarztwagen herbei.
Die Unfallkasse Berlin erkannte das Geschehen als Unfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung an.
Die Beklagte lehnte mit Bescheiden vom 24.听Mai 2002 und 16.听Oktober 2002 die Anerkennung als Dienstunfall ab. Die hiergegen erhobene Klage mit dem Ziel, die Beklagte zur Anerkennung des Unfallgeschehens als Dienstunfall zu verpflichten, hatte in der Berufungsinstanz Erfolg.
Zur Begr眉ndung hat das Berufungsgericht im Wesentlichen ausgef眉hrt, dass der erforderliche Zusammenhang des Unfalls mit dem Dienst im Regelfall gegeben sei, wenn sich der Unfall 鈥撎齱ie vorliegend听鈥 w盲hrend der Dienstzeit am Dienstort ereignet habe. Er beruhe auch nicht auf einem Verhalten, das mit der Dienstaus眉bung schlechthin nicht in Zusammenhang gebracht werden k枚nne. Es laufe dienstlichen Interessen nicht zuwider, sondern diene dem Ansehen des 枚ffentlichen Dienstes, wenn der Beamte im Dienst bei Ungl眉cksf盲llen Hilfe leiste. Der Kl盲ger habe hier bei verst盲ndiger W眉rdigung der Umst盲nde davon ausgehen d眉rfen, dass seine Hilfe h盲tte erforderlich sein k枚nnen.
Mit der Revision r眉gt die Beklagte die Verletzung materiellen Rechts und beantragt,
das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 7.听September 2006 aufzuheben und die Berufung des Kl盲gers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 12.听August 2004 zur眉ckzuweisen.
Der Kl盲ger verteidigt das Berufungsurteil und beantragt,
die Revision zur眉ckzuweisen.
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II
Die Revision ist unbegr眉ndet. Der Kl盲ger hat einen Anspruch auf Unfallf眉rsorge, weil er am 10.听Januar 2002 einen Dienstunfall gem盲脽 搂听31 Abs.听1 Satz听1 BeamtVG erlitten hat.
1.听Trotz der Anerkennung des Geschehens als Unfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung durch die Unfallkasse Berlin besteht f眉r die Klage ein Rechtsschutzbed眉rfnis. Denn bei einem Dienstunfall i.S.d. 搂听31 Abs.听1 Satz听1 BeamtVG geht die Unfallf眉rsorge gem盲脽 搂搂听30听ff. BeamtVG dem Unfallversicherungsschutz vor (vgl. 搂听4 Abs.听1 Nr.听1 SGB听VII).
2.听Bei dem Geschehen am 10.听Januar 2002 handelt es sich um einen Unfall in Aus眉bung des Dienstes gem盲脽 搂听31 Abs.听1 Satz听1 BeamtVG.
Nach dieser Vorschrift ist ein Dienstunfall ein auf 盲u脽erer Einwirkung beruhendes, pl枚tzliches, 枚rtlich und zeitlich bestimmbares, einen K枚rperschaden verursachendes Ereignis, das in Aus眉bung oder infolge des Dienstes eingetreten ist.
Das gesetzliche Merkmal 鈥渋n Aus眉bung des Dienstes鈥 gem盲脽 搂听31 Abs.听1 Satz听1 BeamtVG verlangt 鈥撎齛u脽er dem hier nicht zweifelhaften Kausalzusammenhang zwischen Ereignis und Schaden听鈥 einen bestimmten Zusammenhang zwischen dem Ereignis und der Aus眉bung des Dienstes. Dieser Zusammenhang ist das entscheidende Kriterium, so dass nicht jedweder urs盲chliche Zusammenhang mit der Aus眉bung des Dienstes gen眉gt, sondern eine besonders enge urs盲chliche Verkn眉pfung mit dem Dienst bestehen muss (Urteile vom 24.听Oktober 1963 鈥撎鼴VerwG 2 C 10.62听鈥 BVerwGE 17, 59 鈮62听f.鈮, vom 12.听Februar 1971 鈥撎鼴VerwG 6 C 36.66听鈥 BVerwGE 37, 203 鈮204鈮 und vom 18.听April 2002 鈥撎鼴VerwG 2 C 22.01听鈥 Buchholz听239.1 搂听31 BeamtVG Nr.听12 S.听2). Entscheidend ist dabei das der gesetzlichen Regelung in 搂听31 Abs.听1 Satz听1 BeamtVG nach Sinn und Zweck der Vorschrift zugrunde liegende Kriterium der Beherrschbarkeit des Risikos der Geschehnisse im Dienst durch den Dienstherrn. Der Beamte steht bei Unf盲llen, die sich innerhalb des vom Dienstherrn beherrschbaren Risikobereichs ereignen, unter dem besonderen Schutz der beamtenrechtlichen Unfallf眉rsorge. Zu diesem Bereich geh枚rt der Dienstort, an dem der Beamte zur Dienstleistung verpflichtet ist, wenn dieser Ort zum r盲umlichen Machtbereich des Dienstherrn geh枚rt. Risiken, die sich hier w盲hrend der Dienstzeit verwirklichen, sind in der Regel dem Dienstherrn zuzurechnen.
Befindet sich der Beamte w盲hrend des Unfalls im Dienstgeb盲ude (r盲umliche Abgrenzung) und ereignet sich der Unfall w盲hrend der Dienstzeit (zeitliche Abgrenzung), geschieht der Unfall in der Regel 鈥渋n Aus眉bung des Dienstes鈥, denn der Beamte befindet sich im grunds盲tzlich unfallf眉rsorgerechtlich gesch眉tzten Bereich (Urteil vom 24.听Oktober 1963 a.a.O. S.听67). Zur Abgrenzung des von der Unfallf眉rsorge erfassten 枚ffentlichen von dem nicht erfassten privaten Lebensbereich des Beamten haben sich damit Kriterien herausgebildet, die an objektive Merkmale ankn眉pfen und im Allgemeinen leicht feststellbar sind. Damit verbundene Ungereimtheiten sind hinnehmbar, solange es zu keiner vom Gesetzgeber nicht gewollten und deshalb nicht mehr akzeptablen Ausdehnung der Unfallf眉rsorge auf die Bereiche kommt, deren Gefahrenlage der Beamte im Wesentlichen selbst beherrschen und beeinflussen kann. Die Beherrschbarkeit des Risikos ist ein unschwer zu konkretisierender unbestimmter Rechtsbegriff, der bei fallspezifischem Abgrenzungsbedarf durch eindeutige und sinngerechte Grenzziehungen, wie etwa durch das Abstellen auf Au脽ent眉ren, erg盲nzt werden kann und geeignet ist, eine ansonsten unvermeidbare Kasuistik in Grenzen zu halten.
Nur Verhaltensweisen, die mit der Dienstaus眉bung schlechthin nicht in Zusammenhang gebracht werden k枚nnen, rechtfertigen es, einen Unfall, der sich w盲hrend der regelm盲脽igen Arbeitszeit im Dienstgeb盲ude ereignet hat, von der Unfallf眉rsorge auszuschlie脽en. Dabei ist insbesondere an Verhaltensweisen zu denken, die den wohlverstandenen Interessen des Dienstherrn erkennbar zuwiderlaufen oder von diesem sogar ausdr眉cklich verboten sind (Urteil vom 24.听Oktober 1963 a.a.O. S.听67).
Daher ist es unerheblich, dass der Kl盲ger loseilte, um einer auf der Stra脽e befindlichen Passantin zu helfen und sich dabei 鈥撎齧枚glicherweise听鈥 innerlich quasi vom Dienst l枚ste. Entscheidend ist vielmehr allein, dass der Unfall noch im Dienstgeb盲ude und w盲hrend der Dienstzeit erfolgte und die Verhaltensweise (Loseilen zur Hilfe bei einem Ungl眉cksfall) keine Verhaltensweise ist, die den wohlverstandenen Interessen des Dienstherrn erkennbar zuwiderliefe oder von diesem sogar ausdr眉cklich verboten w盲re. Dieses Ergebnis folgt unmittelbar daraus, dass sich das Unfallgeschehen innerhalb des vom Dienstherrn beherrschbaren Risikobereichs ereignete. Der Kl盲ger verletzte sich (w盲hrend der Dienstzeit) am T眉rknauf des Dienstzimmers; dies h盲tte jederzeit auch bei einer 鈥渆chten鈥 dienstlichen Verrichtung geschehen k枚nnen, etwa, wenn er eilig aus dem Nebenzimmer eine Akte h盲tte holen wollen.
3.听Die Kostenentscheidung folgt aus 搂听154 Abs.听2 VwGO.
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Unterschriften
Prof.听Dr.听Kugele, Groepper, Dr.听Heitz, Thomsen
RiBVerwG Albers ist wegen Urlaubs verhindert zu unterschreiben.
Prof.听Dr.听Kugele
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Fundstellen
亿兆体育-Index 1890541 |
DRiZ 2008, 290 |
ZBR 2008, 132 |
ZTR 2008, 231 |
D脰V 2008, 250 |
RiA 2008, 129 |
VR 2008, 141 |
BayVBl. 2008, 352 |
DVBl. 2008, 265 |
GV/RP 2008, 612 |
KomVerw 2008, 292 |
NPA 2009 |
St盲dtetag 2008, 47 |
FSt 2008, 526 |
FuBW 2008, 707 |
FuHe 2009, 6 |
FuNds 2009, 5 |