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Entscheidungsstichwort (Thema)
E-Mail als Schriftsatz. Berufungsbegr眉ndung per E-Mail. Elektronisches Dokument
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Leitsatz (amtlich)
Ein elektronisches Dokument (E-Mail) wahrt nicht die f眉r bestimmende Schrifts盲tze vorgeschriebene Schriftform.
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Normenkette
ZPO 搂搂听130, 520
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Verfahrensgang
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Tenor
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 3. Zivilsenats des OLG Celle vom 30.1.2008 wird auf Kosten des Kl盲gers als unzul盲ssig verworfen.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 7.466,80 EUR festgesetzt.
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[1] Die Rechtssache hat keine grunds盲tzliche Bedeutung, und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (搂 574 Abs. 2 ZPO).
[2] 1. Die Berufungsbegr眉ndung ist nach Ablauf der Frist der bis zum 16.1.2008 verl盲ngerten Berufungsbegr眉ndungsfrist des 搂 520 Abs. 2 ZPO beim Berufungsgericht eingegangen.
[3] a) Die per Telefax 眉bermittelte unterschriebene Berufungsbegr眉ndung ist erst am 17.1.2008 um 00.02 Uhr beim Berufungsgericht eingegangen. F眉r die Beurteilung der Rechtzeitigkeit des Eingangs eines per Telefax 眉bersandten Schriftsatzes kommt es darauf an, ob die gesendeten Signale noch vor Ablauf des letzten Tages der Frist vom Telefaxger盲t des Gerichts vollst盲ndig empfangen (gespeichert) worden sind (BGHZ 167, 214, 219 ff. Rz. 16 ff.). Das war hier nicht der Fall. Das Berufungsgericht hat ausgeschlossen, dass die unterschriebene letzte Seite der Berufungsbegr眉ndung vor Mitternacht in den Speicher des Empfangsger盲ts des OLG gelangt ist. Gegen diese Feststellung wendet sich die Rechtsbeschwerde nicht.
[4] b) Die am 16.1.2008 um 23.55 Uhr beim Berufungsgericht eingegangene E-Mail stellte keinen "Schriftsatz" dar, der in 搂 520 Abs. 3 Satz 1 ZPO f眉r die Berufungsbegr眉ndung zwingend vorgeschrieben ist.
[5] aa) Gem盲脽 搂 520 Abs. 3 Satz 1 ZPO ist die Berufungsbegr眉ndung in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die allgemeinen Vorschriften 眉ber die vorbereitenden Schrifts盲tze (搂搂 129 ff. ZPO) sind auch auf die Berufungsbegr眉ndung anzuwenden (搂 520 Abs. 5 ZPO). Das gilt insb. f眉r die 搂搂 130, 130a ZPO.
[6] bb) Eine E-Mail f盲llt nicht unter 搂 130 ZPO, sondern unter 搂 130a ZPO. Die E-Mail ist ein elektronisches Dokument, das aus der in einer elektronischen Datei enthaltenen Datenfolge besteht (vgl. BGH, Beschl. v. 15.7.2008 - X ZB 8/08, NJW 2008, 2649, 2650 Rz. 10). Dass ein elektronisches Dokument die in 搂 130 ZPO vorausgesetzte Schriftform f眉r vorbereitende und bestimmende Schrifts盲tze nicht wahrt, folgt bereits aus der Systematik des Gesetzes. Die Vorschrift des 搂 130a ZPO w盲re nicht erforderlich, wenn das elektronische Dokument bereits von 搂 130 ZPO erfasst w眉rde. Die elektronische Form ist durch das Gesetz zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts und anderer Vorschriften an den modernen Rechtsgesch盲ftsverkehr vom 13.7.2001 (BGBl. I, 1542) ausdr眉cklich "als Option zur Schriftform" eingef眉hrt worden (so die amtliche Begr眉ndung BT-Drucks. 14/4987, 12). 搂 130a Abs. 1 Satz 1 ZPO "versteht das elektronische Dokument als modifizierte Schriftform" und sollte den Parteien erst die M枚glichkeit er枚ffnen, Schrifts盲tze und Erkl盲rungen "als elektronisches Dokument bei Gericht einzureichen" (BT-Drucks. 14/4987, a.a.O.).
[7] Das elektronische Dokument ist eingereicht, sobald die f眉r den Empfang bestimmte Einrichtung des Gerichts es aufgezeichnet hat (搂 130a Abs. 3 ZPO). Es wahrt jedoch nur dann die gesetzlich vorgeschriebene Schriftform, wenn es f眉r die Bearbeitung durch das Gericht geeignet ist (搂 130a Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die Landesregierungen bestimmen f眉r ihren Bereich durch Rechtsverordnung den Zeitpunkt, von dem an elektronische Dokumente bei den Gerichten eingereicht werden k枚nnen, sowie die f眉r die Bearbeitung der Dokumente geeignete Form (搂 130a Abs. 2 Satz 1 ZPO). Die nieders盲chsische Verordnung 眉ber den elektronischen Rechtsverkehr in der Justiz (ERVVOJust) vom 8.7.2006 (Nds. GVBl. 2006, 247) betrifft nicht das Berufungsgericht. Als elektronisches Dokument war die E-Mail folglich nicht geeignet, die f眉r eine Berufungsbegr眉ndung vorgeschriebene Schriftform zu wahren.
[8] cc) Der Kl盲ger hat sich stattdessen auf Entscheidungen des BVerfG (NJW 2002, 3534) und des BGH (Urt. v. 10.5.2005 - XI ZR 128/04, NJW 2005, 2086) dazu berufen, unter welchen Voraussetzungen die eigenh盲ndige Unterschrift unter einem bestimmenden Schriftsatz fehlen darf. Die genannten Entscheidungen haben jedoch jeweils F盲lle zum Gegenstand, in denen ein Rechtsmittel oder eine Rechtsmittelbegr眉ndung durch einen Telefaxdienst 眉bermittelt worden war. Telekopien werden von der Zivilprozessordnung als schriftliche Dokumente eingeordnet. Das folgt einerseits aus der Vorschrift des 搂 130 Nr. 6 ZPO, der f眉r Telekopien die Wiedergabe der Unterschrift in der Kopie vorschreibt, andererseits aus 搂 174 Abs. 2 bis 4 ZPO, wo zwischen der Zustellung eines Schriftst眉cks durch Telekopie einerseits, eines elektronischen Dokuments andererseits unterschieden wird. Fernkopie und E-Mail unterscheiden sich im Wesentlichen dadurch, dass die Fernkopie allein der 脺bermittlung eines vorhandenen Dokuments dient, welches beim Empf盲nger erneut in schriftlicher Form vorliegen soll. Die elektronische Speicherung tritt f眉r sich genommen nicht an die Stelle der Schriftform, sondern ist nur ein Durchgangsstadium; das Gericht kann erst dann von einem gefaxten Schriftsatz Kenntnis nehmen, wenn er ausgedruckt vorliegt (BGHZ 167, 214, 222 Rz. 21; BGH, Beschl. v. 15.7.2008 - X ZB 8/08, NJW 2008, 2649, 2650 Rz. 11). Dass eine einzuhaltende Frist bereits durch den vollst盲ndigen Empfang der gesendeten Signale vom Telefax des Gerichts gewahrt ist, h盲ngt wesentlich damit zusammen, dass der Empf盲nger keinen Einfluss darauf hat, wann der Ausdruck erfolgt (BGHZ 167, 214, 219 ff. Rz. 15 ff.; BGH, Beschl. v. 15.7.2008, a.a.O.).
[9] Die E-Mail besteht demgegen眉ber allein aus der in einer elektronischen Datei enthaltenen Datenfolge (vgl. BGH, Beschl. v. 15.7.2008, a.a.O., Rz. 10). Sie kann ausgedruckt, aber auch am Bildschirm gelesen, gespeichert, ver盲ndert oder gel枚scht werden, dient folglich nicht nur der 脺bermittlung eines bereits vorhandenen schriftlichen Dokuments und ist nicht notwendig dazu bestimmt, in ein solches "zur眉ckverwandelt" zu werden. Wegen der "Fl眉chtigkeit" und spurenlos m枚glichen Manipulierbarkeit eines elektronischen Dokuments hat der Gesetzgeber die qualifizierte elektronische Signatur des Absenders vorgeschrieben (搂 130a Abs. 1 Satz 2 ZPO), um so dem Dokument eine dem Papierdokument vergleichbare dauerhafte Fassung zu verleihen ("Perpetuierungsfunktion", vgl. BT-Drucks. 14/4987, 24). Eine E-Mail, welche diesen Anforderungen nicht gen眉gt, ist nicht geeignet, die gesetzliche Frist f眉r einen bestimmenden Schriftsatz zu wahren.
[10] dd) Der Beschluss des BGH vom 15.7.2008 (a.a.O.) enth盲lt nur scheinbar eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass elektronische Dokumente die Schriftform nicht wahren. In dem Fall, welcher der Entscheidung zugrunde lag, war als Anhang zu einer elektronischen Nachricht eine Bilddatei 眉bermittelt worden, welche die vollst盲ndige Berufungsbegr眉ndung einschlie脽lich der eigenh盲ndigen Unterschrift des beim Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwalts enthielt; die Bilddatei war noch vor Fristablauf ausgedruckt worden. Der Ausdruck - nicht die Bilddatei - stellte ein schriftliches Dokument dar, das nur elektronisch 眉bermittelt worden war. Das Unterschriftserfordernis des 搂 130 Nr. 6 ZPO war gewahrt, weil das ausgedruckte Dokument mit der in Kopie wiedergegebenen Unterschrift des Prozessbevollm盲chtigten abschloss (vgl. BGH, Beschl. v. 15.7.2008, a.a.O., Rz. 8, 13). Im vorliegenden Fall geht es jedoch nicht um die elektronische 脺bermittlung des Abbildes eines eigenh盲ndig unterschriebenen Schriftsatzes, sondern schlicht um ein elektronisches Dokument. Eine schriftliche Berufungsbegr眉ndung lag bei Ablauf der Berufungsbegr眉ndungsfrist damit nicht vor.
[11] 2. Den Antrag des Kl盲gers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hat das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend zur眉ckgewiesen. Nach 搂 233 ZPO kommt eine Wiedereinsetzung nur dann in Betracht, wenn die Partei kein Verschulden an der Vers盲umung der Frist trifft. Dass der vom Kl盲ger gew盲hlte Faxanschluss der Senatsgesch盲ftsstelle des Berufungsgerichts besetzt war, gereicht jenem nicht zum Verschulden. Der Kl盲ger h盲tte jedoch - statt eine E-Mail zu versenden - den Faxanschluss der allgemeinen Poststelle (Wachtmeisterei) des Berufungsgerichts anw盲hlen k枚nnen, dessen Nummer ihm bekannt war und 眉ber den er die Berufungsbegr眉ndung schlie脽lich - allerdings zu sp盲t - auch 眉bermittelt hat.
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Fundstellen
亿兆体育-Index 2093501 |
BB 2009, 57 |
HFR 2009, 531 |
BGHR 2009, 359 |
EBE/BGH 2009, 27 |
FamRZ 2009, 319 |
CR 2009, 103 |
IBR 2009, 120 |
JR 2010, 165 |
JurB眉ro 2009, 277 |
StuB 2009, 126 |
WM 2009, 331 |
ZAP 2009, 1148 |
ZAP 2009, 331 |
AnwBl 2009, 231 |
MDR 2009, 401 |
ZfS 2009, 329 |
FF 2009, 132 |
GuT 2009, 216 |
K&R 2009, 121 |
KomVerw 2009, 108 |
MMR 2009, 99 |
R脺 2009, 92 |
RENOpraxis 2009, 56 |
VRR 2009, 43 |
BRAK-Mitt. 2009, 71 |
FSt 2009, 601 |
FuBW 2009, 221 |
FuHe 2009, 226 |
FuNds 2009, 506 |
Mitt. 2009, 92 |