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Leitsatz (amtlich)
Der einzelne Rebstock innerhalb einer Rebanlage stellt kein einer selbst盲ndigen Bewertung und Nutzung f盲higes Wirtschaftsgut i. S. des 搂 6 Abs. 2 EStG dar.
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Normenkette
EStG 搂 6 Abs. 2
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Tatbestand
Streitig ist, ob eine Rebanlage eines Weinbaubetriebes als einheitliches Wirtschaftsgut zu aktivieren ist oder ob die einzelnen Rebst枚cke selbst盲ndig nutzungsf盲hige Wirtschaftsg眉ter i. S. des 搂 6 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sind.
Die Kl盲ger und Revisionskl盲ger (Kl盲ger) sind Eheleute. Der Ehemann (Kl盲ger) ist buchf眉hrender Landwirt und Winzer. Eine Betriebspr眉fung ergab, da脽 er die Herstellungskosten in H枚he von insgesamt 16 500 DM f眉r eine in den Wirtschaftsjahren 1971/72 und 1972/73 aui 11 162 qm Ackerland erstellte neue Rebanlage nicht aktiviert hatte. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) holte die Aktivierung nach und erkannte eine Absetzung f眉r Abnutzung (AfA) von j盲hrlich 5 v. H. ab Beginn der Ertragsf盲higkeit der Rebanlage in den Wirtschaftsjahren 1974/75 bzw. 1975/76 an. Die auf dieser Beurteilung beruhenden 脛nderungsbescheide 1971 bis 1973 (搂 222 Abs. 1 Nr. 1 der Reichsabgabenordnung - AO -) ergaben Mehrgewinne, die nach einer Korrektur im Einspruchsverfahren zur Erh枚hung der Einkommensteuer 1971 um 1 510 DM, der Einkommensteuer 1972 um 2 360 DM und der Einkommensteuer 1973 um 888 DM f眉hrten.
Die Kl盲ger haben mit der Klage beantragt, die neu angepflanzten Rebst枚cke als geringwertige Wirtschaftsg眉ter i. S. des 搂 6 Abs. 2 EStG anzuerkennen, hilfsweise, die degressive AfA gem盲脽 搂 7 Abs. 2 EStG zuzulassen.
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 11. Januar 1978 I 241/77, Entscheidungen der Finanzgerichte 1978 S. 215 - EFG 1978, 215 -).
Mit der Revision r眉gen die Kl盲ger Verletzung des 搂 6 Abs. 2 EStG (in der f眉r die Streitjahre geltenden Fassung durch das Dritte Steuer盲nderungsgesetz 1967 - 3. St脛ndG 1967 - vom 22. Dezember 1967, BGBl I, 1334, BStBl I, 488). Sie begr眉nden ihre Auffassung, der einzelne Rebstock (die einzelne Rebpflanze) sei ein abnutzbares bewegliches Wirtschaftsgut des Anlageverm枚gens i. S. des 搂 6 Abs. 2 EStG, wie folgt:
a) Die Behandlung der Rebst枚cke bzw. der Rebanlage als Wirtschaftsg眉ter des beweglichen Anlageverm枚gens durch das FG - in 脺bereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) - sei zutreffend. Die Begr眉ndung daf眉r finde sich im Beriff der Betriebsvorrichtung i. S. des 搂 68 Abs. 2 Nr. 2 des Bewertungsgesetzes (BewG).
b) Die selbst盲ndige Bewertungsf盲higkeit des einzelnen Rebstockes sei nicht in Zweifel zu ziehen. Die Anpflanzungskosten je Rebstock lie脽en sich genau ermitteln. Die Zahl der auf jeder Parzelle gepflanzten Rebst枚cke stehe fest; sie sei der zust盲ndigen Weinbaubeh枚rde mitzuteilen. Im vorliegenden Fall sei von Anpflanzungskosten in H枚he von 15 000 DM je ha auszugehen.
c) Die selbst盲ndige Nutzungsf盲higkeit (搂 6 Abs. 2 EStG) des einzelnen Rebstockes k枚nne nach der neueren Rechtsprechung des BFH (Urteile vom 28. M盲rz 1973 I R 105/71, BFHE 109, 323, BStBl II 1974, 2 - Stra脽enleuchten -; vom 17. Mai 1968 VI R 227/67, BFHE 92, 386, BStBl II 1968, 567 - Saalbefeuchtung -; vom 18. November 1975 VIII R 9/73, BFHE 117, 243, BStBl II 1976, 214 - Schriftenminimum -) nicht verneint werden. Der BFH habe sich von seiner fr眉heren - dem Grundsatz der Einzelbewertung widersprechenden - engen Auffassung gel枚st. Insbesondere werde das Vorliegen der selbst盲ndigen Nutzungsf盲higkeit nicht schon dann verneint, wenn die einzelnen Wirtschaftsg眉ter einer Einheit eine Sachgesamtheit bildeten. Der BFH beurteile den Begriff "Nutzungsf盲higkeit" als einen objektiven Begriff und nicht mehr als einen zweckbestimmten, finalen Begriff. Die Begr眉ndung des FG hingegen beruhe auf der finalen Betrachtungsweise der fr眉heren Rechtsprechung des BFH. Das FG sehe die Funktion einer Rebanlage sehr eng auf den eigenproduzierenden und vermarktenden Weinbaubetrieb beschr盲nkt. Es verkenne dabei, da脽 f眉r den Winzer der einzelne Rebstock die entscheidende wirtschaftliche Einheit sei. Die Zusammenfassung in Rebanlagen diene nur der kosteng眉nstigen Bewirtschaftung. Die Weinbaulage trete ihrer Bedeutung nach f眉r die hier zu entscheidende Frage zur眉ck. Die Weinbaulagen w眉rden meist gro脽e Bereiche mit einer Vielzahl von Parzellen umfassen. Viele Winzer w眉rden unter Verzicht auf eigenen Weinausbau die Trauben sofort nach der Ernte verkaufen. Auch lasse die rationelle Verwendung der Gro脽tanks einer modernen Kellerwirtschaft die Abf眉llung des Mostes nach Parzellen getrennt nicht zu.
Es k枚nne offenbleiben, ob die Neufassung des 搂 6 Abs. 2 EStG durch das Einf眉hrungsgesetz zur Abgabenordnung - EGAO 1977 - vom 14. Dezember 1976 (BGBl I, 3341, BStBl I, 694), durch die betriebswirtschaftliche Begriffe in den Gesetzeswortlaut aufgenommen worden seien, zu einer anderen Beurteilung f眉hren w眉rde. Denn diese Fassung sei im vorliegenden Fall nicht anwendbar.
Die Kl盲ger beantragen, das finanzgerichtliche Urteil aufzuheben und die Abschreibung der Rebpflanzen gem盲脽 搂 6 Abs. 2 EStG zuzulassen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegr眉ndet zur眉ckzuweisen. Unter Bezug auf den Erla脽 des Finanzministers des Landes Rheinland-Pfalz vom 30. April 1975 S 1988/S 2230 - A/402 h盲lt es an seiner Auffassung fest, da脽 die Rebanlage zum unbeweglichen Anlageverm枚gen geh枚re. Dar眉ber hinaus habe das FG jedoch zu Recht die selbst盲ndige Nutzungsf盲higkeit des einzelnen Rebstockes verneint. Das Merkmal der selbst盲ndigen Nutzungsf盲higkeit in 搂 6 Abs. 2 EStG sei nach den Grunds盲tzen des BFH-Urteils vom 16. Dezember 1958 I 286/56 S (BFHE 68, 198, BStBl III 1959, 77) abzugrenzen. Dies werde durch die lediglich klarstellende Fassung des 搂 6 Abs. 2 EStG durch Art. 9 Nr. 2 EGAO 1977 best盲tigt (vgl. den schriftlichen Bericht des Finanzausschusses des Deutschen Bundestags - BT -, 7. Wahlperiode, BT-Drucksache VII/5458, I 3 zu a S. 4; sowie das Schreiben des Bundesministers der Finanzen -BdF - vom 11. M盲rz 1977 IV B 2 - S 2180 - 5/77, BStBl I 1977, 88).
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Die Revision ist nicht begr眉ndet.
Die Vorentscheidung hat zutreffend die sofortige Absetzbarkeit der Anschaffungskosten f眉r die einzelnen Rebst枚cke der Weinbauanlage der Kl盲ger nach Ma脽gabe des 搂 6 Abs. 2 EStG mit der Begr眉ndung verneint, da脽 sie keiner selbst盲ndigen Bewertung und Nutzung f盲hig sind.
1. Der BFH hat die Frage der selbst盲ndigen Nutzungsf盲higkeit einzelner Pflanzen einer Pflanzenanlage der vorliegenden Art bisher nicht entschieden. Die Rechtsprechung des BFH hat im Anschlu脽 an den Reichsfinanzhof (RFH) besondere Anlagen auf oder im Grund und Boden, die landwirtschaftlichen Zwecken dienen, als ein Wirtschaftsgut des abnutzbaren Anlageverm枚gens beurteilt, das mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten, gegebenenfalls vermindert um die AfA nach 搂 7 EStG, zu aktivieren ist. Zu diesen besonderen Anlagen geh枚ren nach allgemeiner Meinung insbesondere Pflanzenanlagen, die w盲hrend einer Reihe von Jahren regelm盲脽ig Ertr盲ge durch ihre zum Verkauf bestimmten Fr眉chte oder Pflanzenteile liefern (Dauerkulturen), z. B. Obstzucht-, Spargel- und Rebanlagen und Korbweidenkulturen (vgl. BFH-Urteile vom 7. November 1974 IV R 108/70 - nicht ver枚ffentlicht -; vom 19. Dezember 1962 IV 324/60 U, BFHE 76, 567, BStBl III 1963, 207, und vom 14. M盲rz 1961 I 17/60 S, BFHE 73, 359, BStBl III 1961, 398; RFH-Urteile vom 11. Oktober 1939 VI 420/39, RStBl 1940, 28; vom 4. Januar 1939 VI 719/38, RStBl 1939, 297; vom 15. Februar 1933 VI A 230/32, RStBl 1933, 778, und insbesondere vom 11. Mai 1927 VI A 152/27, RFHE 21, 163, RStBl 1927, 176 - nur Leitsatz -; vgl. auch die gleichlautenden Erlasse/Entschlie脽ungen der obersten Finanzbeh枚rden der L盲nder vom 25. Juli 1968 betreffend Bewertung der Pflanzenbest盲nde in g盲rtnerischen Betrieben, BStBl I 1968, 1056; Schreiben des BdF an die Finanzminister/Finanzsenatoren der L盲nder betreffend Gew盲hrung von Investitionszulagen nach dem Investitionszulagengesetz-InvZulG-und nach 搂 19 des Berlinf枚rderungsgesetzes - BerlinFG - vom 5. Mai 1977, BStBl I 1977, 246; Felsmann, Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirte, 2. Aufl., Abschn. A Rdnr. 500; Krill/Kr盲usel, Die Einkommensteuer der Land- und Forstwirtschaft, 2. Aufl., Abschn. II 19 u. III 3, S. 157, 176). In den BFH-Urteilen I 17/60 S und IV 324/60 U wird im Anschlu脽 an den RFH hervorgehoben, da脽 die Abgrenzung der besonderen Anlagen als eigenst盲ndige Wirtschaftsg眉ter gegen眉ber dem Grund und Boden nicht nach b眉rgerlichem Recht (d. h. den Vorschriften 眉ber die wesentlichen Bestandteile), sondern nach steuerrechtlichen Gesichtspunkten und nach dem Grundsatz ordnungsm盲脽iger Bilanzierung und Gewinnermittlung zu treffen ist. Unter Grund und Boden ist danach nur der "nackte" Grund und Boden zu verstehen. Das eigenst盲ndige abnutzbare Wirtschaftsgut des Anlageverm枚gens "Pflanzenanlage" umfa脽t nicht nur die Pflanzen (Obstb盲ume, Reben und 盲hnliches), etwaige St眉tzen, Umz盲unungen zum Schutz vor Wildverbi脽, sondern auch eine Umgestaltung des naturgewachsenen Grund und Bodens in der Weise, die erst eine wirtschaftlich sinnvolle Bepflanzung erm枚glicht, z. B. die Anlage von Pflanzterrassen auf einem Hanggrundst眉ck (vgl. BFH-Urteile IV R 108/70 und IV 324/60 U).
2. Der Senat braucht nicht auf die zwischen den Beteiligten streitige Frage einzugehen, ob die Rebanlage bzw. deren einzelne Rebst枚cke dem beweglichen oder unbeweglichen Anlageverm枚gen des Kl盲gers zuzuordnen sind. Denn im vorliegenden Fall ist nach Auffassung des Senats die vom Kl盲ger mit Herstellungskosten von 眉ber 800 DM hergestellte Rebanlage als Ganzes als einzelnes Wirtschaftsgut seines Betriebsverm枚gens anzusetzen, weil die einzelnen Rebst枚cke und die dazugeh枚rigen Anlagen in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang stehen und deshalb der einzelne Rebstock keiner selbst盲ndigen Bewertung und Nutzung f盲hig ist. Die neuere Rechtsprechung des BFH zu 搂 6 Abs. 2 EStG, auf die sich die Kl盲ger berufen, zwingt nicht dazu, die einzelnen Rebst枚cke als selbst盲ndig nutzungsf盲hige Wirtschaftsg眉ter innerhalb der Rebanlage anzusehen. Der BFH hat zwar seit dem Urteil vom 27. M盲rz 1963 I 201/62 U (BFHE 76, 837, BStBl III 1963, 304 - Lampenstubenentscheidung -) die Tendenz seiner fr眉heren Rechtsprechung, die Bewertungsfreiheit nach 搂 6 Abs. 2 EStG einzuschr盲nken, aufgegeben und die Ma脽geblichkeit des Grundsatzes der Einzelbewertung sowie des Vereinfachungseffektes, der mit 搂 6 Abs. 2 EStG erreicht werden soll, hervorgehoben (vgl. BFH-Urteile vom 18. November 1975 VIII R 9/73, BFHE 117, 243, BStBl II 1976, 214 - Schriftenminimum -; vom 28. Juli 1976 I R 232/74, BFHE 119, 459, BStBl II 1977, 144 - Kanaldielen -; I R 105/71 - Stra脽enleuchten -; zusammenfassend: vom 9. Dezember 1977 III R 94/76, BFHE 124, 182, BStBl II 1978, 322).
Gleichwohl f眉hren die Grunds盲tze der bezeichneten Rechtsprechung im vorliegenden Fall nicht zu dem von den Kl盲gern begehrten Ergebnis. Die einzelnen Rebst枚cke treten - zusammen mit den 眉brigen Bestandteilen der Rebanlage - nur als einheitliches Ganzes in Erscheinung, in dessen Nutzungs- und Funktionszusammenhang sie unaufl枚slich eingeordnet sind. Au脽erhalb dieser Einheit sind die Rebst枚cke einer selbst盲ndigen betrieblichen Nutzung nicht mehr f盲hig (vgl. BFH-Urteil I R 232/74). Die einzelnen Rebst枚cke sind nach ihrer Einpflanzung mit dem f眉r die Rebanlage vorbereiteten Gel盲nde (Boden, St眉tzen und 盲hnliches) und damit zueinander auf Dauer und fest verbunden (vgl. BFH-Urteil I 201/62 U). Nur in dieser Verbindung erf眉llen sie als geschlossener Pflanzenbestand die ihnen zukommende Funktion. Nach den Feststellungen des FG, die von den Kl盲gern nicht angegriffen werden, scheidet die M枚glichkeit einer Verwendung der einzelnen, festverwurzelten Rebst枚cke in einem anderen Nutzungszusammenhang (z. B. in einer anderen Weinbauanlage) nach Eintritt der Ertragsreife aus. F眉r die Beurteilung der selbst盲ndigen Nutzungsf盲higkeit der einzelnen Rebst枚cke im vorliegenden Fall kommt es nicht darauf an, da脽 eine Verpflanzung - etwa zur Nutzung in Hausg盲rten - vor Eintritt der Ertragsreife m枚glich ist. Denn die bestimmungsgem盲脽e Nutzungsf盲higkeit eines Rebstockes im Weinbau setzt seine Ertragsreife voraus. Er ist erst von diesem Stadium ab als Wirtschaftsgut der hier ma脽geblichen Art fertiggestellt.
Das FG hat auch zu Recht den unaufl枚slichen Nutzungszusammenhang der Rebanlage damit begr眉ndet, da脽 die in ihr zusammengefa脽ten Rebst枚cke dazu dienen, Wein bestimmter Art zu gewinnen. Darin liegt jeweils auch ihre spezifische Funktion als geschlossener Pflanzenbestand. Im 眉brigen tritt eine Rebanlage auch dadurch als Einheit hervor, da脽 bei au脽erordentlichen Wertminderungen (Frostsch盲den, Reblausbefall) vom Teilwert der Anlage insgesamt und nicht vom Wert des einzelnen Rebstockes auszugehen ist (vgl. Krill/Kr盲usel, Abschn. III 3, a. a. O., S. 177, und Vetter, Betriebswirtschaftliche und steuerliche Besonderheiten bei Weinbaubetrieben, R. 亿兆体育 Verlag, Abschn. 25 zu b, S. 27).
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Fundstellen
亿兆体育-Index 73056 |
BStBl II 1979, 281 |
BFHE 1979, 17 |