听
Entscheidungsstichwort (Thema)
R眉ckg盲ngigmachung eines Grundst眉ckskaufvertrags bei einem Wechsel auf der Ver盲u脽ererseite
听
Leitsatz (NV)
Ein mit einem Nichteigent眉mer geschlossener Grundst眉ckskaufvertrag ist nicht r眉ckg盲ngig gemacht i.S. des 搂 16 Abs. 1 GrEStG, wenn er sp盲ter wieder aufgehoben wird, weil der Erwerber daran interessiert ist, das Grundst眉ck unmittelbar vom Eigent眉mer zu erwerben, und der Aufhebungsvertrag und der Grundst眉ckskaufvertrag mit dem Eigent眉mer gleichzeitig, d.h. in aufeinanderfolgenden Urkunden, abgeschlossen werden.
听
Normenkette
GrEStG 搂 16 Abs. 1 Nr. 1; AO 搂搂听110, 227, 355 Abs. 1 S. 1, 搂听357 Abs. 1 S. 4; BGB 搂 133; FGO 搂听45 Abs. 1 S. 1, 搂听47 Abs. 1 S. 1 Hs. 2, 搂搂听102, 123 Abs. 1 S. 1
听
Verfahrensgang
听
Tatbestand
Rz. 1
I. Die Kl盲gerin und Revisionsbeklagte (Kl盲gerin) und die noch zu gr眉ndende GmbH beabsichtigten, das Grundst眉ck Z derart gemeinschaftlich von einer GbR zu erwerben, dass die Kl盲gerin den bebauten und die GmbH den unbebauten Grundst眉cksteil kaufen sollte. Da die GbR jedoch nur bereit war, das Grundst眉ck an lediglich einen Erwerber zu ver盲u脽ern, kamen die Parteien 眉berein, dass die Ehefrau des Gesellschafters der GmbH, X, das Grundst眉ck zun盲chst insgesamt erwerben sollte. Mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 6. Mai 2008 ver盲u脽erte die GbR das Grundst眉ck an X zu einem Kaufpreis von 1.625.000 鈧. Ebenfalls mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 6. Mai 2008 verkaufte X eine noch nicht vermessene Teilfl盲che des Grundst眉cks von ca. 1.160 qm an die Kl盲gerin zu einem Kaufpreis von 1.086.750 鈧. Die Kl盲gerin hinterlegte den vereinbarten Kaufpreis am 12. September 2008 auf einem Notaranderkonto.
Rz. 2
Nachdem das Grundst眉ck aufgeteilt worden war, vereinbarten die GbR und X mit notariell beurkundetem Vertrag vom 22. September 2008 (UR-Nr. 07/2008) die Aufhebung des Kaufvertrags vom 6. Mai 2008. Der Vertrag stand u.a. unter der aufschiebenden Bedingung, dass der auf dem Notaranderkonto hinterlegte Betrag aus dem Kaufvertrag der X mit der Kl盲gerin bis sp盲testens 26. September 2009 an die GbR ausgekehrt wird.
Rz. 3
Am selben Tag schlossen die Kl盲gerin und X einen notariell beurkundeten Aufhebungsvertrag (UR-Nr. 08/2008) 眉ber den Kaufvertrag vom 6. Mai 2008. Der Vertrag stand unter der aufschiebenden Bedingung, dass der zwischen der GbR und X geschlossene Aufhebungsvertrag durch Eintritt der darin vereinbarten aufschiebenden Bedingung wirksam wird.
Rz. 4
In einem weiteren notariell beurkundeten Vertrag vom 22. September 2008 (UR-Nr. 11/2008) ver盲u脽erte die GbR die nunmehr neu vermessene Teilfl盲che von ca. 1.160 qm an die Kl盲gerin. Der Kaufpreis betrug 1.090.000 鈧. Der Kaufvertrag stand unter der aufschiebenden Bedingung, dass der zwischen der Kl盲gerin und X geschlossene Aufhebungsvertrag wirksam wird.
Rz. 5
Die in den Vertr盲gen vom 22. September 2008 vereinbarten aufschiebenden Bedingungen traten ein, so dass diese Vertr盲ge wirksam wurden.
Rz. 6
Der Beklagte und Revisionskl盲ger (das Finanzamt --FA--) setzte mit Bescheid vom 13. Juni 2008 f眉r den Grundst眉ckserwerb der Kl盲gerin von X nach einer Bemessungsgrundlage von 1.086.750 鈧 gegen die Kl盲gerin Grunderwerbsteuer in H枚he von 38.036 鈧 fest. Ferner erlie脽 das FA am 9. Oktober 2008 gegen die Kl盲gerin einen weiteren Grunderwerbsteuerbescheid. Darin setzte es gegen diese f眉r den Erwerb desselben Grundst眉cks von der GbR aufgrund einer Bemessungsgrundlage von 1.090.000 鈧 Grunderwerbsteuer in H枚he von 38.150 鈧 fest.
Rz. 7
Mit Schreiben vom 23. September 2008 leitete der beurkundende Notar den zwischen der Kl盲gerin und X geschlossenen Aufhebungsvertrag an das FA weiter und beantragte f眉r die Kl盲gerin die Aufhebung des Grunderwerbsteuerbescheids vom 13. Juni 2008. Das FA lehnte den Antrag gegen眉ber der Kl盲gerin mit an den beurkundenden Notar gerichtetem Bescheid vom 16. Oktober 2008 mit der Begr眉ndung ab, der Kaufvertrag sei nicht i.S. des 搂 16 Abs. 1 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) r眉ckg盲ngig gemacht worden, da der Ver盲u脽erer seine vollst盲ndige rechtliche und wirtschaftliche Verf眉gungsmacht nicht zur眉ckerlangt habe.
Rz. 8
Mit Schreiben vom 3. November 2008 (Schreiben 1) wies die Kl盲gerin auf die Aufhebung des Kaufvertrags hin. Sie bat darum, das Schreiben als "Widerspruch gegen die o.g. Grunderwerbsteuer" zu werten. Die Kl盲gerin sendete das Schreiben per Telefax an die Steuerkasse, die es nicht an das FA weiterleitete. Ferner sendete die Kl盲gerin am 3. November 2008 ein weiteres Schreiben (Schreiben 2) per Telefax an die Steuerkasse. Bei diesem Schreiben handelte es sich um eine Mahnung bez眉glich der mit Bescheid vom 13. Juni 2008 festgesetzten Grunderwerbsteuer. Darauf war handschriftlich Folgendes vermerkt: "鈥 Sie sind nicht auf dem Laufenden. Am 22.09.08 ist der Vertrag aufgehoben worden, so dass die Zahlung der Restgrunderwerbsteuer und der S盲umniszuschl盲ge nicht in Frage kommt 鈥" Dieses Schreiben leitete die Steuerkasse an das FA weiter, dem es am 4. November 2008 zuging.
Rz. 9
Ein weiteres Schreiben der Kl盲gerin an das FA vom 18. Januar 2009, dem die Schreiben vom 3. November 2008 als Anlage beigef眉gt waren, legte das FA als Einspruch gegen den Bescheid vom 16. Oktober 2008 sowie als Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der vers盲umten Einspruchsfrist aus. Diesem Antrag gab es statt. Den Einspruch wies es als unbegr眉ndet zur眉ck.
Rz. 10
Mit Schreiben vom 26. April 2010 und 26. Mai 2010 beantragte die Kl盲gerin den Erlass der mit Bescheid vom 13. Juni 2008 bzw. mit Bescheid vom 9. Oktober 2008 festgesetzten Grunderwerbsteuer aus Billigkeitsgr眉nden. Die Erlassantr盲ge und die gegen die diesbez眉glichen Ablehnungsbescheide eingelegten Einspr眉che hatten keinen Erfolg.
Rz. 11
Die Kl盲gerin erhob am 16. Februar 2010 Verpflichtungsklage auf Aufhebung des Grunderwerbsteuerbescheids vom 13. Juni 2008. Mit Schriftsatz vom 17. Januar 2011 beantragte sie ferner, hilfsweise das FA unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 17. August 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15. Dezember 2010 zu verpflichten, die mit Bescheid vom 9. Oktober 2008 festgesetzte Grunderwerbsteuer in H枚he eines Teilbetrages von 38.036 鈧 zu erlassen, hilfsweise das FA zu verpflichten, die mit Bescheid vom 13. Juni 2008 festgesetzte Grunderwerbsteuer zu erlassen. Im Er枚rterungstermin vom 17. Mai 2011 beantragte die Kl盲gerin hilfsweise zudem, den Grunderwerbsteuerbescheid vom 9. Oktober 2008 aufzuheben. Das FA stimmte dieser Sprungklage zu.
Rz. 12
Die Klage hatte im Hauptantrag Erfolg. Das Finanzgericht (FG) war der Ansicht, dass die Kl盲gerin zwar die Einspruchsfrist vers盲umt, das FA der Kl盲gerin jedoch insoweit zu Recht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gew盲hrt habe. Ferner sei das FA verpflichtet, den Grunderwerbsteuerbescheid vom 13. Juni 2008 nach 搂 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG aufzuheben. Der zwischen der Kl盲gerin und X geschlossene Kaufvertrag sei durch den Vertrag vom 22. September 2008 aufgehoben worden. Darin liege eine R眉ckg盲ngigmachung des urspr眉nglichen Erwerbsvorgangs i.S. des 搂 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG, da alle grunderwerbsteuerrechtlich relevanten Beziehungen rechtlicher oder tats盲chlicher Art zwischen den Vertragsparteien beseitigt worden seien. Die Entscheidung ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 2007 ver枚ffentlicht.
Rz. 13
Mit der Revision r眉gt das FA eine Verletzung des 搂 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG. Entgegen der Ansicht des FG habe die Kl盲gerin das Grundst眉ck nicht aus der Hand gegeben und ihre wirtschaftliche Position in Bezug auf das Grundst眉ck zu keiner Zeit aufgegeben. Ferner sei der Bescheid vom 16. Oktober 2008 bestandskr盲ftig. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei zu Unrecht erfolgt. Das Schreiben 1 der Kl盲gerin sei nicht als Einspruch auszulegen.
Rz. 14
Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Rz. 15
Die Kl盲gerin beantragt sinngem盲脽, die Revision zur眉ckzuweisen, hilfsweise, festzustellen, dass der Grunderwerbsteuerbescheid vom 9. Oktober 2008 rechtswidrig ist.
听
贰苍迟蝉肠丑别颈诲耻苍驳蝉驳谤眉苍诲别
Rz. 16
II. Die Revision des FA ist begr眉ndet. Sie f眉hrt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (搂 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Zu Unrecht hat das FG entschieden, das FA sei verpflichtet, den Grunderwerbsteuerbescheid vom 13. Juni 2008 nach 搂 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG aufzuheben.
Rz. 17
1. Zutreffend hat das FG die Klage nicht wegen Vers盲umung der Einspruchsfrist als unbegr眉ndet abgewiesen. Die Frage, ob der Kl盲gerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (搂 110 der Abgabenordnung --AO--) zu gew盲hren war, stellt sich dabei nicht. Denn die Kl盲gerin hat fristgem盲脽 Einspruch gegen den Ablehnungsbescheid vom 16. Oktober 2008 eingelegt. Das am 3. November 2008 an die Steuerkasse gesandte Schreiben 2 der Kl盲gerin ist n盲mlich als Einspruch gegen den Ablehnungsbescheid vom 16. Oktober 2008 auszulegen.
Rz. 18
a) Au脽erprozessuale Verfahrenserkl盲rungen sind entsprechend 搂 133 des B眉rgerlichen Gesetzbuchs auszulegen. Entscheidend ist, wie das FA als Erkl盲rungsempf盲nger den objektiven Erkl盲rungswert des Schreibens verstehen musste. Dabei ist bei auslegungsf盲higen Rechtsbehelfen grunds盲tzlich davon auszugehen, der Steuerpflichtige habe denjenigen Rechtsbehelf einlegen wollen, der seinem materiell-rechtlichen Begehren am ehesten zum Erfolg verhilft. Die unrichtige Bezeichnung des Einspruchs allein schadet nach 搂 357 Abs. 1 Satz 4 AO nicht. L盲sst deshalb die 脛u脽erung eines Steuerpflichtigen ungewiss, ob er einen Rechtsbehelf einlegen will, so ist die Erkl盲rung im Allgemeinen als Rechtsbehelf zu betrachten, um zugunsten des Steuerpflichtigen den Eintritt der Bestandskraft zu verhindern (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 3. November 2010 II B 55/10, BFH/NV 2011, 295, m.w.N.).
Rz. 19
b) Im Streitfall entspricht es dem Gebot zur Gew盲hrung effektiven Rechtsschutzes (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 2. September 2002听 1 BvR 476/01, BStBl II 2002, 835), das am 3. November 2008 an die Steuerkasse gesandte Schreiben 2 der Kl盲gerin als Einspruch auszulegen. Das von der Kl盲gerin darin verfolgte Ziel, f眉r den Grundst眉ckserwerb vom 6. Mai 2008 wegen der Aufhebung des Kaufvertrags keine Grunderwerbsteuer zahlen zu m眉ssen, konnte durch die Aufhebung des Grunderwerbsteuerbescheids vom 13. Juni 2008 gem盲脽 搂 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG erreicht werden. Aus den Ausf眉hrungen der Kl盲gerin ergibt sich hinreichend deutlich, dass sie sich gegen die Ablehnung der Aufhebung des Grunderwerbsteuerbescheids vom 13. Juni 2008 durch den Bescheid vom 16. Oktober 2008 wandte und hiergegen Einspruch einlegen wollte. Zwar hat die Kl盲gerin ihr Schreiben an die Steuerkasse und damit an eine unzust盲ndige Finanzbeh枚rde gerichtet, jedoch hat diese das Schreiben an das FA weitergeleitet. Diesem ist es am 4. November 2008 und damit innerhalb der Einspruchsfrist des 搂 355 Abs. 1 Satz 1 AO zugegangen.
Rz. 20
2. Das FA ist nicht verpflichtet, den Grunderwerbsteuerbescheid vom 13. Juni 2008 nach 搂 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG aufzuheben. Denn der Erwerbsvorgang zwischen der Kl盲gerin und X wurde entgegen der Auffassung des FG nicht r眉ckg盲ngig gemacht.
Rz. 21
a) Nach 搂 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG wird eine Steuerfestsetzung auf Antrag aufgehoben, wenn ein Erwerbsvorgang vor dem 脺bergang des Eigentums am Grundst眉ck auf den Erwerber durch Vereinbarung der Vertragspartner innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer r眉ckg盲ngig gemacht wird.
Rz. 22
"R眉ckg盲ngig gemacht" ist ein Erwerbsvorgang, wenn 眉ber die zivilrechtliche Aufhebung des den Steuertatbestand erf眉llenden Rechtsgesch盲fts hinaus die Vertragspartner sich derart aus ihren vertraglichen Bindungen entlassen haben, dass die M枚glichkeit zur Verf眉gung 眉ber das Grundst眉ck nicht beim Erwerber verbleibt, sondern der Ver盲u脽erer seine urspr眉ngliche Rechtsstellung wiedererlangt (BFH-Urteil vom 25. August 2010 II R 35/08, BFH/NV 2010, 2301, m.w.N.).
Rz. 23
Wird im Zusammenhang mit der Aufhebung eines Kaufvertrags 眉ber ein Grundst眉ck dieses weiterver盲u脽ert, ist f眉r die Anwendung des 搂 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG entscheidend, ob f眉r den fr眉heren Erwerber trotz der Vertragsaufhebung die M枚glichkeit der Verwertung einer aus dem "r眉ckg盲ngig gemachten" Erwerbsvorgang herzuleitenden Rechtsposition verblieben und der Verk盲ufer demzufolge nicht aus seinen Bindungen entlassen war (BFH-Urteil in BFH/NV 2010, 2301).
Rz. 24
Dem Ersterwerber verbleibt die M枚glichkeit der Verwertung einer Rechtsposition jedenfalls dann, wenn der Aufhebungs- und der Weiterver盲u脽erungsvertrag in einer einzigen Urkunde zusammengefasst sind. In diesem Fall hat er die rechtliche M枚glichkeit, die Aufhebung des urspr眉nglichen Kaufvertrags zum anschlie脽enden Erwerb des Grundst眉cks durch eine von ihm ausgew盲hlte dritte Person zu nutzen. Denn der Ver盲u脽erer wird aus seiner 脺bereignungsverpflichtung gegen眉ber dem fr眉heren Erwerber erst mit der Unterzeichnung des Vertrags durch alle Vertragsbeteiligten und damit erst in dem Augenblick entlassen, in dem er bereits wieder hinsichtlich der 脺bereignung des Grundst眉cks an den Zweiterwerber gebunden ist (BFH-Urteil in BFH/NV 2010, 2301, m.w.N.). Da sich diese Schlussfolgerung trotz gleicher Beweggr眉nde der Parteien m眉helos umgehen l盲sst, indem die Aufhebung des urspr眉nglichen und der Abschluss des neuen Kaufvertrags nacheinander beurkundet werden, kann der Abschluss beider Vertr盲ge in aufeinanderfolgenden Urkunden nicht anders beurteilt werden als ihre Zusammenfassung in einer Urkunde (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2010, 2301, m.w.N.).
Rz. 25
Die Anwendung des 搂 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG ist jedoch nur dann ausgeschlossen, wenn der Ersterwerber eine ihm verbliebene Rechtsposition auch in seinem eigenen (wirtschaftlichen) Interesse verwertet hat (BFH-Urteil in BFH/NV 2010, 2301, m.w.N.). Eine Verwertung in diesem Sinne liegt vor, wenn die Einflussnahme des Ersterwerbers auf die Weiterver盲u脽erung Ausfluss der ihm verbliebenen Rechtsposition ist. In diesem Fall sind die Interessen Dritter an der Weiterver盲u脽erung unbeachtlich (BFH-Urteil in BFH/NV 2010, 2301).
Rz. 26
b) Nach diesen Grunds盲tzen lagen im Streitfall die Voraussetzungen f眉r eine Aufhebung des Grunderwerbsteuerbescheids vom 13. Juni 2008 nach 搂 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG nicht vor. Der durch den Vertrag vom 6. Mai 2008 verwirklichte Erwerbsvorgang zwischen der Kl盲gerin und X wurde nicht r眉ckg盲ngig gemacht. Denn die Kl盲gerin hat im Zusammenhang mit dem Abschluss des Aufhebungsvertrags vom 22. September 2008 eine ihr verbliebene Rechtsposition verwertet. Die Aufhebungsvertr盲ge zwischen der Kl盲gerin und X einerseits sowie zwischen X und der GbR andererseits und der Weiterver盲u脽erungsvertrag zwischen der GbR und der Kl盲gerin wurden in aufeinanderfolgenden Urkunden abgeschlossen. X wurde demgem盲脽 aus ihrer 脺bereignungsverpflichtung gegen眉ber der Kl盲gerin erst in dem Augenblick entlassen, in dem sie auf ihren 脺bereignungsanspruch gegen眉ber der GbR verzichtet hatte. F眉r die Annahme einer der Kl盲gerin verbliebenen Rechtsposition ist es entgegen der Ansicht des FG unerheblich, dass die Kl盲gerin ihren urspr眉nglichen 脺bereignungsanspruch von einer Nichteigent眉merin erlangt hatte. Denn es ist f眉r einen Ausschluss des 搂 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG nicht erforderlich, dass der Erwerber das Grundst眉ck als solches verwertet; vielmehr reicht es aus, wenn er eine ihm aus dem urspr眉nglichen Erwerbsvorgang verbliebene, das Grundst眉ck betreffende Rechtsposition verwertet.
Rz. 27
Die Kl盲gerin hat die ihr verbliebene Rechtsposition ferner in ihrem eigenen (wirtschaftlichen) Interesse verwertet. Hierf眉r war es nicht notwendig, dass sie das Grundst眉ck einem Zwischenh盲ndler 盲hnlich an einen Dritten ver盲u脽erte, sondern es gen眉gte bereits, dass sie die ihr verbliebene Rechtsposition verwandte, um den eigenen Erwerb des Grundst眉cks von der GbR sicherzustellen. Es kam ihr gerade darauf an, dass X gegen眉ber der GbR auf ihren 脺bereignungsanspruch verzichtet, damit die GbR bez眉glich der 脺bereignung des Grundst眉cks schuldrechtlich nicht gebunden war und ihr, der Kl盲gerin, das Grundst眉ck wie urspr眉nglich geplant verkaufen konnte, ohne sich dadurch die Erf眉llung des Kaufvertrags mit X unm枚glich zu machen.
Rz. 28
c) Da das FG von anderen Grunds盲tzen ausgegangen ist, war die Vorentscheidung aufzuheben.
Rz. 29
3. Die Sache ist spruchreif. Die Klage war auch hinsichtlich der Hilfsantr盲ge abzuweisen.
Rz. 30
a) Soweit die Kl盲gerin erstmalig im Revisionsverfahren hilfsweise beantragt hat, die Rechtswidrigkeit des Grunderwerbsteuerbescheids vom 9. Oktober 2008 festzustellen, ist dieses Begehren unzul盲ssig. Denn es handelt sich dabei um eine im Revisionsverfahren nach 搂 123 Abs. 1 Satz 1 FGO unzul盲ssige Klageerweiterung (vgl. Steinhauff in H眉bschmann/Hepp/Spitaler, 搂 43 FGO Rz 108; siehe auch BFH-Urteil vom 27. August 2003 II R 18/02, BFH/NV 2004, 203, zum 脺bergang von einer Anfechtungs- zu einer Feststellungsklage im Revisionsverfahren).
Rz. 31
b) Ferner ist die Klage unzul盲ssig, soweit die Kl盲gerin erstmalig im Er枚rterungstermin vom 17. Mai 2011 hilfsweise beantragt hat, den Grunderwerbsteuerbescheid vom 9. Oktober 2008 aufzuheben. Zwar hat das FA dieser Sprungklage zugestimmt. Jedoch hat die Kl盲gerin insofern die einmonatige Klagefrist des 搂 47 Abs. 1 Satz 1听 2. Halbsatz i.V.m. 搂 45 Abs. 1 Satz 1 FGO nicht gewahrt.
Rz. 32
c) Im 脺brigen ist die Klage in ihren Hilfsantr盲gen zwar zul盲ssig, aber unbegr眉ndet. Das FA hat es ermessensfehlerfrei abgelehnt, die mit Bescheid vom 9. Oktober 2008 festgesetzte Grunderwerbsteuer in H枚he eines Teilbetrags von 38.036 鈧 oder die mit Bescheid vom 13. Juni 2008 festgesetzte Grunderwerbsteuer aus sachlichen Billigkeitsgr眉nden zu erlassen.
Rz. 33
aa) Nach 搂 227 AO k枚nnen Anspr眉che aus dem Steuerschuldverh盲ltnis ganz oder zum Teil erlassen werden, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig w盲re. Ein Erlass kommt aus sachlichen Gr眉nden in Betracht, wenn die Einziehung der Steuer zwar dem Gesetz entspricht, aber infolge eines Gesetzes眉berhangs den Wertungen des Gesetzgebers derart zuwiderl盲uft, dass sie unbillig erscheint (BFH-Urteil vom 4. Februar 2010 II R 25/08, BFHE 228, 130, BStBl II 2010, 663, m.w.N.). Beim Erlass handelt es sich um eine Ermessensentscheidung, bei der Inhalt und Grenzen des Ermessens durch den Begriff der Unbilligkeit bestimmt werden (BFH-Urteil in BFHE 228, 130, BStBl II 2010, 663, m.w.N.). Die Entscheidung darf gem盲脽 搂 102 FGO gerichtlich (nur) daraufhin 眉berpr眉ft werden, ob das FA die gesetzlichen Grenzen des Ermessens 眉berschritten oder es von dem Ermessen in einer dem Zweck der Erm盲chtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat.
Rz. 34
bb) Das FA hat ermessensfehlerfrei angenommen, dass die Festsetzung der Grunderwerbsteuer in den Bescheiden vom 13. Juni 2008 und 9. Oktober 2008 nicht sachlich unbillig ist. Ein 脺berhang des gesetzlichen Tatbestandes 眉ber die Wertungen des Gesetzgebers ist nicht erkennbar. Es entspricht dem Willen des Gesetzgebers, zwei dasselbe Grundst眉ck betreffende aufeinanderfolgende Erwerbsvorg盲nge zwischen demselben Erwerber und verschiedenen Ver盲u脽erern jeweils gesondert zu besteuern, obgleich nur einer dieser Erwerbsvorg盲nge einen Rechtstr盲gerwechsel herbeigef眉hrt hat. Soweit es somit zu einer Steuerschuld ohne Rechtstr盲gerwechsel kommt, entspricht dies der Sachgesetzlichkeit des GrEStG (vgl. auch BFH-Urteil vom 18. November 2009 II R 11/08, BFHE 226, 552, BStBl II 2010, 498, unter II.7.).
听
Fundstellen
亿兆体育-Index 3130311 |
BFH/NV 2012, 1486 |
HFR 2012, 974 |