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Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer K枚rperschaftsteuer
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Leitsatz (amtlich)
Bei einem Steinbruchunternehmen ist der Abraumvorrat ein aktivierungsf盲higes Wirtschaftsgut und der Abraumr眉ckstand eine passivierungsf盲hige Last.
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Normenkette
EStG 搂搂听5, 6/2; KStG 搂 6
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Tatbestand
Die Beschwerdef眉hrerin (Bfin.) betreibt einen Steinbruch. Sie beantragt in ihrer RM-Schlu脽bilanz zum 20. Juni 1948 eine R眉ckstellung f眉r Abraum-R眉ckstand in H枚he von 30 000 RM. Zur Begr眉ndung f眉hrte sie bei den Vorbeh枚rden folgendes aus:
Das Ausbrechen von Steinen aus dem mit der Abraumdecke belasteten Felsengebirge erfordere Kosten, die als Produktionskosten f眉r jeden Kubikmeter ausgebrochenen Steines zu gelten h盲tten. Um einen cbm Stein abhauen zu k枚nnen, m眉sse nicht nur das 眉ber diesem Stein lagernde Deckgebirge, sondern zus盲tzlich stufenweise in das anschlie脽ende Deckgebirge soviel an Erdreich abger盲umt werden, da脽 die Gefahr eines Nachrutschens der Steinbruchwand verh眉tet werde. Dar眉ber hinaus m眉脽ten auch die benachbarten Wandfl盲chen abgestuft werden, weil sonst die Wand einrutsche. W盲hrend des Krieges h盲tte die Steinindustrie von Regierungsstellen die Auflage erhalten, zur Einsparung von Arbeitskr盲ften diesen notwendigen, zus盲tzlichen Abraum zu unterlassen oder doch auf das allernotwendigste zu beschr盲nken. W盲hrend der RM-Nachkriegszeit sei es nahezu aussichtslos gewesen, Arbeitskr盲fte f眉r solche Erdbewegungsarbeiten, die naturgem盲脽 schlechter bezahlt w眉rden als die Steinbrecher, zu erhalten. Die Folgen dieser Verh盲ltnisse seien nicht ausgeblieben. W盲hrend der Kriegsjahre und im Winter 1947/48 sei im Bruch I infolge der Winterfeuchtigkeit die Steinbruchwand abgerutscht. Es habe ganz erheblichen Kostenaufwand verursacht, um im Jahre 1948 wieder mit Steinabbauarbeiten beginnen zu k枚nnen. Um 眉ber das ziffernm盲脽ige Ausma脽 des Abraumr眉ckstandes ein Bild zu geben, habe die Firma zun盲chst in einer Aufstellung die jeweiligen R盲umer- und Brecherl枚hne gegen眉bergestellt. Die Jahre 1937/38 seien als ziemlich normal anzusehen. Damals h盲tten sich die R盲umerl枚hne auf 150 bis 206 % der Brecherl枚hne belaufen. Zu Ende des Krieges (1944) seien die R盲umerl枚hne auf 30 % der Brecherl枚hne abgesunken und langsam bis Ende 1949 auf 98 % wieder angestiegen. Es sei also heute noch nicht das Normalma脽 des Lohnverh盲ltnisses erreicht. Als Normalstand m眉sse der Stand angesehen werden, der zur Erf眉llung der von der Gewerbeaufsicht und der Berufsgenossenschaft f眉r Unfallversicherung gestellten Auflage erreicht werden m眉sse. Dieser Zustand werde am besten durch ein Sachverst盲ndigengutachten festgestellt. Sie selbst sch盲tze das transitorische Passivum f眉r die RM-Schlu脽bilanz auf mindestens 30 000 RM.
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Die Vorbeh枚rden erkannten die R眉ckstellung nicht an. Die Pr眉fung der Rechtsbeschwerde (Rb.) ergibt folgendes:
Das Finanzgericht geht zutreffend davon aus, da脽 hier eine 盲hnliche Rechtslage gegeben ist wie bei unterlassener Instandhaltung eines Wirtschaftsgutes. Der Oberste Finanzgerichtshof hat in der Entscheidung vom 28. Februar 1948 I 10/47, Ministerialblatt des Bundesministeriums der Finanzen (MinBlFin.) 1950 S. 329, Amtsblatt des Bayer. Staatsministeriums der Finanzen (Bay. FMBl.) 1948 S. 70, grunds盲tzlich die Zul盲ssigkeit eines Passivpostens in der Bilanz bei unterlassener Instandhaltung anerkannt. F眉r die H枚he des Passivpostens ist es entscheidend, ob es sich um eine selbst盲ndig bewertungsf盲hige Last, ein passives Wirtschaftsgut, handelt oder ob der Tatsache der mangelnden Instandhaltung im Rahmen der Bewertung des Wirtschaftsgutes Rechnung getragen werden mu脽, das nicht ordnungsm盲脽ig unterhalten worden ist. In letzterem Falle darf der Passivposten nicht dazu f眉hren, da脽 das einheitlich zu bewertende Wirtschaftsgut im Ergebnis mit einem Betrag in der Bilanz angesetzt wird, der die Bewertungsmindestgrenzen des 搂 6 des Einkommensteuergesetzes (EStG) unterschreitet. Die Frage, ob es sich um eine selbst盲ndig bewertungsf盲hige Last handelt, mu脽 nach der Verkehrsauffassung entschieden werden. Der Begriff des Wirtschaftsgutes ist aus den Gegebenheiten des Wirtschaftslebens zu entwickeln (Entscheidung des Obersten Finanzgerichtshofs vom 22. Juni 1949 I 174/43, Bay. FMBl. 1949 S. 254). Der erkennende Senat tritt diesen Grunds盲tzen der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs und des Obersten Finanzgerichtshofs bei.
Ein K盲ufer eines Unternehmens wird den schlechten Zustand eines Geb盲udes, einer Maschine, der auf mangelnde Unterhaltung zur眉ckzuf眉hren ist, durch entsprechend niedrigen Ansatz der Maschine usw. im Gesamtkaufpreis ber眉cksichtigen. Er wird hier keine selbst盲ndige Last als vorliegend ansehen. Dies hat zur Folge, da脽 der Ansatz des Wirtschaftsgutes auf der Aktivseite den Posten der Passivseite (unterlassene Instandhaltung) rechtlich beeinflu脽t. Der Aufwand der Wirtschaftsperiode, der durch den Verzehr des Wirtschaftsgutes hervorgerufen worden ist, mu脽 hier einheitlich in dem Wertansatz der Maschine, des Geb盲udes in der Bilanz seinen Ausdruck finden. Hat der Steuerpflichtige (Stpfl.) bereits zuviel abgeschrieben und damit die bisherigen Jahresergebnisse mit einem zu hohen Aufwand belastet, so ber眉hrt dies den Passivposten "Unterlassene Instandhaltung".
Anders ist die Rechtslage dort, wo es sich um eine selbst盲ndig bewertungsf盲hige Last handelt. Hier bemi脽t sich die H枚he des Passivpostens nach dem Aufwand, der das abgelaufene Wirtschaftsjahr belastet, ohne da脽 entsprechende Ausgaben get盲tigt worden sind. Einen derartigen Fall hat der Oberste Finanzgerichtshof in der Entscheidung vom 11. Mai 1949 III 11/49, Bay. FMBl. 1949 S. 180, behandelt. Er hat hier Kosten der Tr眉mmerbeseitigung, soweit sie bei Feststellung des Wertes der einzelnen Betriebsgrundst眉cke noch nicht erfa脽t sind, als bewertungsf盲hige Last anerkannt. Die Entscheidung ist zwar in einer Einheitswertsache ergangen. Ihre Grunds盲tze gelten aber auch f眉r die Gewinnermittlung. Im einzelnen siehe "Neue Betriebswirtschaft" 1951 S. 2.
In dem Abraumvorrat wird man ein selbst盲ndiges Wirtschaftsgut, in dem Abraumr眉ckstand eine selbst盲ndig bewertungsf盲hige Last erblicken m眉ssen. Es ist wohl theoretisch m枚glich, den Abraumvorrat und den Abraumr眉ckstand in Verbindung mit dem Grundst眉ck oder in Verbindung mit dem Vorkommen an Gestein oder Kohle zu bewerten. Eine derartige Bewertung ist aber sehr schwierig und d眉rfte praktisch nur selten vorgenommen werden. Der K盲ufer eines Steinbruches, eines Kohlebergbauunternehmens wird den Abraumr眉ckstand und den Abraumvorrat unabh盲ngig vom Grund und Boden bei Berechnung des Kaufpreises ansetzen. Auch der buchf眉hrende Kaufmann wird im allgemeinen den Abraumvorrat und den Abraumr眉ckstand in seiner Auswirkung auf das Jahresergebnis unabh盲ngig vom Grund und Boden pr眉fen. Von den gleichen Erw盲gungen geht die Entscheidung vom 30. Januar 1935 VI A 1012/33, Reichssteuerblatt (RStBl.) 1935 S. 1111, aus, die den Kohleabraumvorrat als ein aktivierungspflichtiges Wirtschaftsgut angesehen hat. Die Fortf眉hrung der Grunds盲tze der Entscheidung f眉hrt bei einem Abraumr眉ckstand zu einer selbst盲ndig passivierungsf盲higen Last (einem passiven Wirtschaftsgut).
Als passivierungsf盲higer Abraumr眉ckstand k枚nnen nur Ausgaben angesehen werden, die, wirtschaftlich betrachtet, Aufwand der abgelaufenen Wirtschaftsjahre sind. Gem盲脽 搂 34 des D-Markbilanzgesetzes sind als passive Rechnungsabgrenzungsposten anzusetzen: Ausgaben nach dem 20. Juni 1948, soweit sie Aufwand f眉r die Zeit vor dem 21. Juni 1948 darstellen (antizipative Passiva). Die Frage, inwieweit diese Voraussetzungen erf眉llt sind, mu脽 nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten beurteilt werden. Kosten, die der Erschlie脽ung des erst k眉nftig zu f枚rdernden Gesteines dienen, k枚nnen in gleicher Weise wie die Erschlie脽ungskosten des Steinbruches selbst nicht als Abraumr眉ckstand passiviert werden. Es w眉rde sich hier um Aufwand f眉r Abraumvorrat handeln. Es mu脽 also unterschieden werden, ob die Betr盲ge Aufwand, gegebenenfalls anteiligen Aufwand auf das gebrochene Gestein oder auf das zu brechende Gestein darstellen.
Unabh盲ngig von der oben behandelten Frage ist das Problem der Erschlie脽ungskosten des Steinbruches. Diese Kosten m眉ssen aktiviert und in angemessener Weise auf die gesamte Nutzungsdauer des Steinbruches verteilt werden. Beim Abraumvorrat und beim Abraumr眉ckstand handelt es sich um periodische Einnahmen und Ausgaben im Sinne des 搂 34 des D-Markbilanzgesetzes. Die Erschlie脽ungskosten des Steinbruches sind im Gegensatz hierzu ein einmaliger Aufwand.
F眉r die Abgrenzung der Abraumkosten, die zweckentsprechend unter Zuziehung eines Sachverst盲ndigen erfolgt, k枚nnen die von der Bfin. mitgeteilten Richtlinien der Gewerbeaufsicht und der Unfallversicherung einen wertvollen Anhalt bieten.
Die Annahme des Finanzgerichts, da脽 in der Handelsbilanz zum 20. Juni 1948 eine R眉ckstellung nicht vorgenommen worden sei, trifft uneingeschr盲nkt nicht zu. Die Bilanz enth盲lt einen Passivposten "R眉cklage f眉r Abraum" in H枚he von 150.000 RM. Hierzu f眉hrte die Bfin. in einem Schriftsatz vom 30. Juni 1950 aus:
In den fr眉heren RM-Bilanzen und in der RM-Schlu脽bilanz seien RM 150 000 Abraumr眉ckstellung angesetzt. Die Differenz von RM 120 000, die zu dem nunmehr begehrten transitorischen Posten von RM 30 000 per 20. Juni 1948 bestehe, sei auf R眉ckst盲nde w盲hrend des Krieges in Steinbruchw盲nden, die augenblicklich stillgelegt seien, zur眉ckzuf眉hren. Diese Betr盲ge in H枚he von insgesamt RM 120 000 aus Bruchabschnitten, die nicht mehr in Betrieb seien, h盲tten den Charakter von passiven Rechnungsabgrenzungsposten verloren und seien echte R眉cklageposten geworden.
Die Firma hat bisher R眉ckstellungen f眉r Abraumr眉ckstand nicht geltend gemacht und die Betr盲ge als R眉cklagen (Kapitalteile) behandelt. Es ist deshalb die Frage zu entscheiden, ob es sich bei dem Abraumr眉ckstand um ein passivierungspflichtiges oder nur um ein passivierungsf盲higes Wirtschaftsgut handelt. In der Entscheidung vom 30. Januar 1935 VI A 1012/33 wurde der Abraumvorrat als ein aktivierungspflichtiges Wirtschaftsgut angesehen. Es kann zweifelhaft sein, ob man dies in allen F盲llen, insbesondere wenn es sich um verh盲ltnism盲脽ig geringe Betr盲ge handelt, annehmen mu脽. Man hat bisher in gleichgearteten F盲llen ein Wahlrecht des Kaufmannes anerkannt, das jedoch nicht willk眉rlich ausge眉bt werden darf. Der Kaufmann mu脽 bei der einmal gew盲hlten Bilanzierungsart verbleiben.
Die Auffassungen in der Betriebswirtschaftslehre wie in den steuerrechtlichen Abhandlungen neigten in letzter Zeit einer Einschr盲nkung des Wahlrechts zu. Man war der Ansicht, da脽 nur eine bestimmte Bilanzierung richtig sein k枚nne. Das D-Markbilanzgesetz ist in seinen Grunds盲tzen nicht einheitlich. Es gew盲hrt das Wahlrecht uneingeschr盲nkt bei aktiven Rechnungsabgrenzungsposten (脽 27 des D-Markbilanzgesetzes), bei passiven Posten lediglich bei Pensionsr眉ckstellungen (脽 29 des Gesetzes). Im 眉brigen ordnet 搂 34 des D-Markbilanzgesetzes hinsichtlich der passiven Rechnungsabgrenzungsposten die Bilanzierungspflicht an.
Es kann dahingestellt bleiben, ob die Grunds盲tze des D-Markbilanzgesetzes uneingeschr盲nkt auch f眉r Bilanzen gelten, die der DM-Er枚ffnungsbilanz folgen. Man wird aber davon ausgehen m眉ssen, da脽 es den Grunds盲tzen ordnungsm盲脽iger Buchf眉hrung entspricht, die Passivierungspflicht dort zu bejahen, wo es sich um Betr盲ge handelt, die das Jahresergebnis wesentlich beeinflussen. Ist also, wie die Bfin. behauptet, ein sehr gro脽er Abraumr眉ckstand gegeben, so ist er passivierungspflichtig. Die Umwandlung des Postens aus einer R眉cklage in eine R眉ckstellung w盲re dann keine Bilanz盲nderung, sondern eine Bilanzberichtigung.
Nach den Grunds盲tzen des Reichsfinanzhofs d眉rfen unterlassene Abnutzungsabsetzungen nicht in vollem Umfange in einem Jahre nachgeholt werden. Der R眉ckstand ist auf die Restnutzungsdauer zu verteilen (Entscheidung des Reichsfinanzhofs vom 19. Dezember 1939 I 54/39, RStBl. 1940 S. 603). Dies f眉hrt zu der Frage, ob das Ergebnis I/1948 lediglich um die auf diesen Zeitraum entfallenden Betr盲ge, nach Angabe der Firma 8 000 RM, zu mindern ist.
Im vorliegenden Fall beruhte das Vorgehen der Firma auf ihrer Ansicht, steuerlich seien die Betr盲ge nicht passivierungsf盲hig. Ein Versagen des 眉ber 8 000 RM hinausgehenden R眉ckstandes w眉rde im Ergebnis zu einer nicht gerechtfertigten endg眉ltigen Versagung des Abzugs f眉hren. Unter diesen Umst盲nden mu脽 der Gesamtbetrag des Abraumr眉ckstandes als in der RM-Schlu脽bilanz passivierungsf盲hig angesehen werden. Siehe auch die Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 1. Dezember 1950 IV 302/50 S, Bundessteuerblatt 1951 Teil III S. 10.
Die Vorentscheidung wird aufgehoben. Die Sache wird zur nochmaligen W眉rdigung an das Finanzgericht zur眉ckverwiesen.
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Fundstellen
亿兆体育-Index 407253 |
BStBl III 1951, 211 |
BFHE 55, 517 |
BB 1951, 749 |
DB 1951, 999 |