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Entscheidungsstichwort (Thema)
Feststellung des gemeinen Werts bei Grundst眉ckseinbringung in Personengesellschaft
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Leitsatz (NV)
1. Die Einbringung eines Grundst眉cks aus dem Privatverm枚gen eines Gesellschafters in das Gesamthandsverm枚gen einer Personengesellschaft stellt einen tausch盲hnlichen Vorgang dar, wenn dem Gesellschafter Gesellschaftsrechte gew盲hrt werden, die dem Wert des Grundst眉cks entsprechen.
2. Die Personengesellschaft hat das eingebrachte Grundst眉ck mit dem gemeinen Wert zu aktivieren. Der gemeine Wert ist ein objektiver Wert, der vom FG festzustellen bzw. zu 眉berpr眉fen ist.
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Normenkette
BewG 搂 9 Abs. 2; EStG 搂听7 Abs.听1 S. 1, Abs.听4, 搂听4 Abs. 1 S. 1, 搂听6 Abs. 1 Nr. 5 S. 2
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Verfahrensgang
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Tenor
Auf die Revision der Kl盲gerin wird das Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 12. Dezember 2011 8 K 574/08 aufgehoben.
Die Sache wird an das Hessische Finanzgericht zur眉ckverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung 眉ber die Kosten des Revisionsverfahrens 眉bertragen.
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Tatbestand
Rz. 1
I. Die Kl盲gerin und Revisionskl盲gerin (Kl盲gerin) ist eine GmbH & Co. KG, deren alleinige Kommanditistin zun盲chst die Beigeladene zu 1. war. Komplement盲rin der Kl盲gerin ohne kapitalm盲脽ige Beteiligung ist die zur alleinigen Gesch盲ftsf眉hrung und Vertretung berufene Beigeladene zu 3., eine GmbH, deren alleinige Gesellschafterin und Gesch盲ftsf眉hrerin wiederum die Beigeladene zu 1. ist.
Rz. 2
Durch notariellen Vertrag vom 鈥 Juli 2006 brachte die Beigeladene zu 1. ein seit 眉ber zehn Jahren zu ihrem Privatverm枚gen geh枚rendes und im Jahr 1963 mit einem mehrst枚ckigen Gesch盲ftshaus bebautes Grundst眉ck im Wege eines 鈥瀟ausch盲hnlichen Vorgangs鈥 gegen Gew盲hrung von Gesellschaftsrechten durch Gutschrift auf dem Kapitalkonto I der einbringenden Gesellschafterin in das Gesamthandsverm枚gen der Kl盲gerin ein. Nach dem Vertrag sollte die Einbringung 鈥瀒n H枚he des gemeinen Wertes (Verkehrswert) des eingebrachten Wirtschaftsgutes鈥 erfolgen. Ausdr眉cklich hie脽 es im Vertrag, die 脺bertragung erfolge nicht in der Rechtsgestaltung einer Einlage oder verdeckten Einlage. Der Verkehrswert des eingebrachten Grundst眉cks war zuvor nach 搂 194 des Baugesetzbuchs (BauGB) unter Ber眉cksichtigung der Wertermittlungsverordnung (WertV) gutachterlich auf XX EUR festgestellt worden. Entsprechend wurde das Festkapital um den genannten Betrag auf nunmehr 鈥 EUR erh枚ht und der Beigeladenen zu 1. zugerechnet. Der Einbringungsvertrag enthielt in Teil B. XII. eine Wirksamkeitsklausel.
Rz. 3
Durch notariellen Vertrag vom 鈥 Dezember 2006 眉bertrug die Beigeladene zu 1. u.a. ihre Kommanditbeteiligung zum 31. Dezember 2006, 15:00 Uhr, im Wege der vorweggenommenen Erbfolge unentgeltlich auf ihren Sohn, den Beigeladenen zu 2. Dabei behielt sie sich den lebensl盲nglichen und unentgeltlichen Nie脽brauch an dem Kommanditanteil vor. Nach dem Willen der Vertragsparteien sollten sowohl der Erwerber als auch die Nie脽braucherin des Kommanditanteils die Stellung eines Mitunternehmers an der Kl盲gerin erhalten.
Rz. 4
Mit notariellem Kaufvertrag vom 鈥 April 2007 ver盲u脽erte die Kl盲gerin zum 1. Juli 2007 das Grundst眉ck zu einem Preis von XXX EUR an eine GmbH.
Rz. 5
Durch Gesellschafterbeschluss vom 5. Juni 2007 wurde der Einbringungswert/Verkehrswert des bebauten Grundst眉cks in Ab盲nderung der betragsm盲脽igen Angaben zur Einbringungsurkunde vom 鈥 Juli 2006 auf XXX EUR festgestellt bzw. berichtigt, weil die Immobilie zwischenzeitlich f眉r diesen Wert verkauft worden sei.
Rz. 6
In der ihrer Feststellungserkl盲rung f眉r 2006 (Streitjahr) beigef眉gten Gewinnermittlung vom 18. April 2007 ordnete die Kl盲gerin die angesprochenen XXX EUR gem盲脽 dem im Verkehrswertgutachten festgestellten Bodenwert in H枚he von 鈥 EUR dem Wirtschaftsgut Grund und Boden sowie in H枚he des verbleibenden Restbetrags in H枚he von 鈥 EUR dem Geb盲ude zu. Unter Ber眉cksichtigung einer zeitanteiligen Abschreibung in H枚he von 鈥 EUR (鈥 EUR 脳 2 % 脳 5/12) erkl盲rte die Kl盲gerin einen laufenden Verlust aus Gewerbebetrieb in H枚he von 鈥 EUR.
Rz. 7
Im Feststellungsbescheid f眉r das Streitjahr vom 3. Januar 2008 ging der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt 鈥揊A鈥) demgegen眉ber entsprechend dem Gutachten zum Einbringungsstichtag von einem Einbringungswert in H枚he von insgesamt XX EUR aus, welcher in H枚he von 鈥 EUR auf das Geb盲ude entfiel. Bei einer rechnerisch unstreitigen Abschreibung in H枚he von 鈥 EUR (鈥 EUR 脳 2 % 脳 5/12) stellte das FA laufende Eink眉nfte aus Gewerbebetrieb in H枚he von 鈥 EUR fest, die es der Nie脽braucherin zurechnete.
Rz. 8
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren wies das Finanzgericht (FG) die zuletzt gegen den aus hier nicht streitigen Gr眉nden ge盲nderten Feststellungsbescheid 2006 vom 23. November 2009 gerichtete Klage mit in Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 822 ver枚ffentlichtem Urteil ab.
Rz. 9
Dagegen richtet sich die Revision der Kl盲gerin, mit der sie die Verletzung von Bundesrecht r眉gt.
Rz. 10
Die Kl盲gerin beantragt, das Urteil des Hessischen FG vom 12. Dezember 2011 8 K 574/08 aufzuheben und den Bescheid f眉r 2006 眉ber die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 23. November 2009 dahingehend zu 盲ndern, dass die Eink眉nfte aus Gewerbebetrieb in H枚he von 鈥 EUR festgestellt werden.
Rz. 11
Das FA beantragt, die Revision zur眉ckzuweisen.
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Rz. 12
II. Die Revision ist begr眉ndet und f眉hrt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils sowie zur Zur眉ckverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG (搂 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung 鈥揊GO鈥). Die bisher getroffenen Feststellungen reichen nicht aus, um die Bemessungsgrundlage f眉r die im hiesigen Rechtsstreit allein streitige Absetzung f眉r Abnutzung (AfA) des auf die Kl盲gerin 眉bertragenen Geb盲udes zu bestimmen.
Rz. 13
1. Nach 搂 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes in der f眉r das Streitjahr geltenden Fassung (EStG) sind abnutzbare Wirtschaftsg眉ter des Anlageverm枚gens mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten vermindert um die AfA und ggf. weitere Abz眉ge zu bewerten. Bemessungsgrundlage der AfA f眉r ein Geb盲ude sind nach 搂 7 Abs. 4 Satz 1 EStG die Anschaffungs- oder Herstellungskosten. 脺bertr盲gt ein Gesellschafter ein Wirtschaftsgut seines Privatverm枚gens gegen Gew盲hrung von Gesellschaftsrechten in das Gesamthandsverm枚gen einer Personengesellschaft, wird dieser Vorgang nach st盲ndiger Rechtsprechung als Anschaffung des Wirtschaftsguts zu einem dem gemeinen Wert des Wirtschaftsguts entsprechenden Preis beurteilt (vgl. etwa Urteil des Bundesfinanzhofs 鈥BFH鈥 vom 24. Januar 2008 IV R 37/06, BFHE 220, 374, BStBl II 2011, 617, m.w.N.). Geh枚rt das eingebrachte Wirtschaftsgut bei der Personengesellschaft zu deren abnutzbarem Anlageverm枚gen, ergibt sich die Bemessungsgrundlage f眉r die AfA folglich aus dem gemeinen Wert des Wirtschaftsguts. Bemessungsgrundlage der AfA des von der Beigeladenen zu 1. eingebrachten Geb盲udes ist danach dessen gemeiner Wert im Zeitpunkt der Einbringung.
Rz. 14
Der gemeine Wert eines Grundst眉cks ist ein objektiver Wert (vgl. BFH-Urteil vom 4. Mai 2011 II R 55/09, BFH/NV 2011, 1702). Dies folgt unmittelbar aus 搂 9 Abs. 2 Satz 1 des Bewertungsgesetzes (BewG), wonach der gemeine Wert durch den Preis bestimmt wird, der im gew枚hnlichen Gesch盲ftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsguts bei einer Ver盲u脽erung zu erzielen w盲re. Dabei sind nach Satz 2 der Vorschrift zwar alle Umst盲nde zu ber眉cksichtigen, die den Preis beeinflussen, ungew枚hnliche oder pers枚nliche Verh盲ltnisse sind aber nach 搂 9 Abs. 2 Satz 3 BewG nicht zu ber眉cksichtigen.
Rz. 15
2. Der gemeine Wert des eingebrachten Grundst眉cks war im Streitfall vom FG festzustellen bzw. zu 眉berpr眉fen. Dabei hatte das FG zwar den Inhalt des zwischen der Beigeladenen zu 1. und der Kl盲gerin geschlossenen Einbringungsvertrags vom 鈥 Juli 2006 zu ber眉cksichtigen. Dieser war aber 鈥揳nders als das FG ausgef眉hrt hat鈥 nicht dahingehend auszulegen, dass sich die Vertragsbeteiligten verbindlich auf einen gemeinen Wert in H枚he von XX EUR geeinigt h盲tten. Vielmehr bestand ihre Einigung lediglich darin, dass das Grundst眉ck zum im Einbringungszeitpunkt objektiv zutreffenden gemeinen Wert eingebracht werden sollte.
Rz. 16
a) Der Senat ist an die vom FG vorgenommene Auslegung des Einbringungsvertrags nicht gebunden, denn in der Revisionsinstanz ist die Auslegung von Vertr盲gen durch das FG daraufhin zu pr眉fen, ob die gesetzlichen Auslegungsregeln sowie die Denkgesetze und Erfahrungss盲tze beachtet wurden. Weiterhin kann das Revisionsgericht nachpr眉fen, ob die Vorinstanz die f眉r die Vertragsauslegung bedeutsamen Begleitumst盲nde erforscht und rechtlich zutreffend gew眉rdigt hat (BFH-Urteil vom 6. Juni 2013 IV R 28/10, BFH/NV 2013, 1810).
Rz. 17
b) Nach den Auslegungsregeln f眉r Willenserkl盲rungen in 搂搂 133, 157 des B眉rgerlichen Gesetzbuchs (BGB) enthielt der Einbringungsvertrag vom 鈥 Juli 2006 entgegen der Rechtsauffassung des FG keine Einigung dahingehend, dass das Grundst眉ck verbindlich zu einem gemeinen Wert in H枚he von XX EUR auf die Kl盲gerin 眉bergehen sollte.
Rz. 18
aa) Aus der von den Vertragsparteien zu Teil B des Einbringungsvertrags getroffenen Grundlagenvereinbarung ergibt sich zun盲chst nur, dass sie das Grundst眉ck zum gemeinen Wert (= Verkehrswert) 眉bertragen wollten.
Rz. 19
bb) Es ist zwar richtig, dass die Vertragsparteien davon ausgegangen sind, dass der Verkehrswert des Grundst眉cks mit XX EUR festzustellen sei (Teil A. I. des Einbringungsvertrags). Dagegen, dass es sich insoweit um die vertragliche Fixierung eines verbindlichen Werts gehandelt hat, sprechen aber gewichtige Umst盲nde.
Rz. 20
(1) Zun盲chst ergibt sich bereits aus den Steuerakten, dass die Vertragsparteien urspr眉nglich einen 眉ber dem angesprochenen Wert liegenden Betrag als Einbringungswert festsetzen wollten. Allerdings hatte das FA gegen眉ber diesem h枚heren Wert Bedenken angemeldet, weshalb sich die Vertragsparteien eines von einer Wirtschaftspr眉ferin erstellten vereinfachten Gutachtens nach 搂 194 BauGB i.V.m. der WertV bedienten (Teil A. I. des Einbringungsvertrags). Bei der Gutachterin handelte es sich allerdings erkennbar um keine Expertin f眉r Grundst眉cksbewertung, sondern das Gutachten sollte ausschlie脽lich der Plausibilisierung eines Werts gegen眉ber dem FA dienen.
Rz. 21
Zudem l盲sst sich dem Einbringungsvertrag entnehmen, dass die Vertragsparteien den angesetzten Verkehrswert nur diesem Gutachten entnommen haben. Dies l盲sst den Schluss darauf zu, dass es den Vertragsparteien tats盲chlich auf den 鈥瀝ichtigen鈥 Verkehrswert ankam und sie den Wertansatz nur mangels besserer Erkenntnisse einem vorliegenden Gutachten entnommen haben.
Rz. 22
(2) Diese Annahme st眉tzt auch der Umstand, dass in Teil B. XII. des Vertrags eine Wirksamkeitsklausel aufgenommen worden ist, wonach f眉r den Fall, dass eine Bestimmung des Vertrags oder ein Teil davon gegen gesetzliche Bestimmungen versto脽en oder aus sonstigen Gr眉nden in tats盲chlicher oder rechtlicher Hinsicht unwirksam sein oder zu Zweifeln Anlass geben sollte, allenfalls die betroffene Bestimmung davon ber眉hrt sein sollte. Diese war danach durch eine solche zu ersetzen, die im Rahmen des rechtlich Zul盲ssigen dem wirtschaftlich Gewollten am n盲chsten kam. Deshalb war nach dem Vertrag die M枚glichkeit er枚ffnet, bei Vorliegen besserer tats盲chlicher Erkenntnisse (auch) die angenommene H枚he des Verkehrswerts zu 盲ndern.
Rz. 23
(3) Daf眉r, dass die Parteien des Einbringungsvertrags den von ihnen angesetzten Wert nicht als verbindlichen gemeinen Wert ansehen wollten, spricht schlie脽lich ma脽geblich, dass kein Grund daf眉r erkennbar ist, warum die Beigeladene zu 1. in dem Grundst眉ck ruhende stille Reserven nur anteilig h盲tte aufdecken sollen, obwohl diese im Zeitpunkt der Einbringung nicht steuerverstrickt waren und, wie der Streitfall zeigt, bei einer Ver盲u脽erung des Grundst眉cks nach Einbringung auch diese stillen Reserven zu versteuern waren.
Rz. 24
c) Aus den vorstehenden Umst盲nden ergibt sich, dass der Einbringungsvertrag dahingehend verstanden werden muss, dass die Einbringung zum im Einbringungszeitpunkt objektiv zutreffenden gemeinen Wert und also ohne sp盲tere Aufdeckung von stillen Reserven im Betriebsverm枚gen durchgef眉hrt werden sollte. Da das FG unter Verletzung der 搂搂 133, 157 BGB zu einem anderen Auslegungsergebnis gelangt ist, war sein Urteil aufzuheben.
Rz. 25
3. Die Sache ist nicht spruchreif. Es fehlen 鈥揳us Sicht des FG konsequent鈥 jegliche Feststellungen dazu, auf welche H枚he sich der gemeine Wert des Grundst眉cks und des davon auf das Geb盲ude entfallenden Teils im Einbringungszeitpunkt belaufen haben k枚nnte. Eine weitere Sachaufkl盲rung ist dabei auch nicht etwa deshalb 眉berfl眉ssig, weil die Einzelfallumst盲nde f眉r die Richtigkeit des von den Vertragsparteien im Einbringungsvertrag einvernehmlich festgelegten Werts in H枚he von XX EUR spr盲chen. Eine etwaige Vermutung f眉r die Richtigkeit dieses Werts ist jedenfalls durch den zeitnah nach der Einbringung durchgef眉hrten Verkauf des Grundst眉cks f眉r XXX EUR ersch眉ttert worden. Entsprechend ist das FG gehalten, die f眉r die Bestimmung des gemeinen Werts des Grundst眉cks im Einbringungszeitpunkt erforderlichen tats盲chlichen Feststellungen im zweiten Rechtsgang nachzuholen.
Rz. 26
4. Die Kostenentscheidung folgt aus 搂 143 Abs. 2 FGO.
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Fundstellen
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BFH/NV 2015, 1091 |
DStR 2015, 1606 |
DStRE 2015, 953 |