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Leitsatz (amtlich)
1. Zum Begriff der Wohnung i. S. des 搂 75 Abs. 5 BewG 1965.
2. Ein Raum kann nur dann als K眉che bzw. als Raum mit Kochgelegenheit angesehen werden, wenn er so ausgestaltet und ausgestattet ist, da脽 er die Funktion als Kochraum auch bei st盲ndiger Nutzung uneingeschr盲nkt erf眉llen kann.
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Normenkette
BewG 1965 搂 75 Abs. 5
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Tatbestand
Die Kl盲ger und Revisionskl盲ger (Kl盲ger) sind Eigent眉mer eines in einer Gro脽stadt gelegenen sog. Hanggrundst眉cks. Hierauf errichteten sie in den Jahren 1971 bis 1973 ein Wohngeb盲ude. Das Haus enth盲lt im Erdgescho脽 vier Zimmer, K眉che, Bad, WC sowie eine Wohndiele. Im Obergescho脽 befinden sich vier R盲ume, die am 1. Januar 1974 von den drei erwachsenen Kindern und einer Schwiegertochter der Kl盲ger bewohnt wurden. Der im Obergescho脽 als K眉che geplante Raum wird seit Bezugsfertigkeit als Tochterzimmer genutzt. Er ist auch als solches eingerichtet. Die vorhandenen K眉chenanschl眉sse sind durch Verschlu脽zapfen abgedichtet und 眉bertapeziert. Die Raume im Erd- und Obergescho脽 haben eine Gesamtwohnfl盲che von 214 qm.
Das Haus ist nur teilweise unterkellert. Soweit das Untergescho脽 - beg眉nstigt durch die Hanglage des Grundst眉cks - ausgebaut ist, enth盲lt es einen kleinen Kellerraum sowie einen Wasch- und Trockenraum. An diesen schlie脽t zum Garten ein weiterer rd. 15 qm gro脽er Raum an, den der Kl盲ger als Arbeitszimmer nutzt. Der Vorraum zu diesem Arbeitszimmer besteht aus einem im Bauplan als Diele bezeichneten rd. 4 qm gro脽en Raum sowie einer Dusche mit Toilette (ebenfalls rd. 4 qm). Das Untergescho脽 hat einen besonderen Ausgang zum Garten sowie 眉ber eine Treppe Zugang zum Erdgescho脽.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) stellte f眉r das Grundst眉ck der Kl盲ger im Wege der Artfortschreibung zum 1. Januar 1973 die Grundst眉cksart Einfamilienhaus fest. Der Bescheid wurde bestandskr盲ftig. Durch Bescheid vom 24. Oktober 1973 f眉hrte das FA eine Nachfeststellung auf den 1. Januar 1974 durch. Dabei stellte es wiederum die Grundst眉cksart Einfamilienhaus fest. Der Einspruch blieb ohne Erfolg.
Im Klageverfahren vertraten die Kl盲ger die Auffassung, das streitbefangene Grundst眉ck sei der Grundst眉cksart Zweifamilienhaus zuzuordnen. Das Haus sei als Zweifamilienhaus geplant und auch tats盲chlich errichtet worden. Sowohl im Erdgescho脽 als auch im Obergescho脽 sei je eine Wohnung vorhanden. Die Wohnung im Obergescho脽 k枚nne sofort und ohne wesentliche bauliche Ver盲nderungen selbst盲ndig genutzt werden. Im 眉brigen k枚nne dahingestellt bleiben, ob die R盲ume im Obergescho脽 wegen der fehlenden K眉cheneinrichtung als Wohnung anzusehen seien; denn die Wohnr盲ume im Untergescho脽 bildeten eine Wohnung.
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen. Seiner Ansicht nach konnten die Zimmer im Untergescho脽 nicht als selbst盲ndige Wohnung angesehen werden, weil keiner dieser R盲ume als K眉che ausgestattet und genutzt worden sei. Die Gesamtheit der R盲ume im Untergescho脽 entspreche zwar der baulichen Gestaltung nach dem Zuschnitt mancher Appartementwohnungen. Bei gr枚脽eren Einfamilienh盲usern sei es nach den in der Gesamtgestaltung des Grundst眉cks zum Ausdruck kommenden Wohnanspr眉chen jedoch nicht 眉blich, R盲ume im Untergescho脽 als geschlossene Wohneinheit zu vermieten. Vielmehr entspreche es heute vielfach den Wohngepflogenheiten, derartige R盲ume als Nebenr盲ume zur Hauptwohnung zu schaffen und zu nutzen. Damit komme es entscheidend auf die Zweckbestimmung und die tats盲chliche Nutzung der streitbefangenen R盲ume an. Beide Merkmale lie脽en im Streitfall nur den Schlu脽 zu, da脽 die R盲ume im Untergescho脽 lediglich als Nebenr盲ume der Hauptwohnung anzusehen seien.
Mit der Revision r眉gen die Kl盲ger Verletzung des 搂 75 des Bewertungsgesetzes (BewG) 1965. Ihrer Ansicht nach hat das FG den Begriff Wohnung falsch angewendet. Sie machen insbesondere geltend, da脽 Raumeinheiten der streitigen Art h盲ufig vermietet w眉rden, und zwar auch in der Wohngegend der Kl盲ger. Im 眉brigen zeige die Tatsache, da脽 der Sohn der Kl盲ger mit seiner Ehefrau die fraglichen R盲ume seit 1977 bewohne, da脽 es sich insoweit um eine abgeschlossene und in sich lebensf盲hige Wohnung i. S. des 搂 75 BewG 1965 handele.
Die Kl盲ger r眉gen ferner, das FA habe den Sachverhalt unzutreffend, widerspr眉chlich und mi脽verst盲ndlich wiedergegeben. Au脽erdem haben die Kl盲ger dem Land Nordrhein-Westfalen den Streit verk眉ndet.
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Die Revision ist unbegr眉ndet. Das FG hat zu Recht entschieden, da脽 es sich bei dem bebauten Grundst眉ck der Kl盲ger nicht um ein Zweifamilienhaus, sondern um ein Einfamilienhaus handelt.
1. Einfamilienh盲user sind Wohngrundst眉cke, die nur eine Wohnung (搂 75 Abs. 5 Satz 1 BewG 1965). Zweifamilienh盲user solche, die nur zwei Wohnungen enthalten (搂 75 Abs. 6 Satz 1 BewG 1965). Eine zweite Wohnung steht nach Ma脽gabe des 搂 75 Abs. 5 Satz 3 BewG 1965 selbst dann dem Begriff Einfamilienhaus entgegen, wenn sie nur von untergeordneter Bedeutung ist.
2. Das Bewertungsgesetz enth盲lt keine Bestimmung des Begriffs "Wohnung". Nach der st盲ndigen Rechtsprechung des Senats ist unter einer Wohnung die Zusammenfassung einer Mehrheit von R盲umen zu verstehen, die in ihrer Gesamtheit so beschaffen sein m眉ssen, da脽 sie die F眉hrung eines selbst盲ndigen Haushalts erm枚glichen. Dazu ist es u. a. erforderlich, da脽 die R盲ume in ihrer Gesamtheit eine bestimmte Mindestfl盲che aufweisen, und da脽 die zur F眉hrung eines Haushalts erforderlichen Nebenr盲ume, insbesondere eine K眉che oder ein Raum mit Kochgelegenheit und den erforderlichen zus盲tzlichen Einrichtungen vorhanden sind (vgl. insbesondere Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 9. Dezember 1970 III R 3/69, BFHE 101, 266, BStBl II 1971, 230; vom 15. M盲rz 1974 III R 11/73, BFHE 112, 198, BStBl II 1974, 403). Welche Voraussetzungen hierf眉r im einzelnen erf眉llt sein m眉ssen, entscheidet sich nach der Verkehrsauffassung, d. h. nach der gerichtsbekannten Anschauung, die urteilsf盲hige und unvoreingenommene B眉rger von einer Sache haben oder gewinnen, wenn sie mit ihr befa脽t werden. Diese Verkehrsauffassung unterliegt entsprechend der Ver盲nderung der Wohngepflogenheiten einem gewissen Wandel, wobei die 枚rtlichen Verh盲ltnisse zu einer unterschiedlichen Beurteilung f眉hren k枚nnen.
Einen besonderen Ausdruck der Verkehrsauffassung sieht der Senat insbesondere in den am ma脽geblichen Bewertungsstichtag geltenden einschl盲gigen Regelungen des Zweiten Wohnungsbaugesetzes (II. WoBauG), der Bauordnungen der L盲nder sowie der Fachnormen des Deutschen Normenausschusses (DIN-Normen). Er ist der Ansicht, da脽 diese Regelungen nicht nur dem Standpunkt der beteiligten Wirtschaftskreise, sondern auch der Anschauung der Allgemeinheit vern眉nftig denkender Menschen entsprechen.
a) Nach der am 1. Januar 1974 ma脽geblichen Verkehrsauffassung betr盲gt die untere Wohnfl盲chengrenze einer Wohnung jedenfalls mehr als nur etwa 23 qm. Der Senat verweist in diesem Zusammenhang auf 搂 39 Abs. 5 Satz 1 des II. WoBauG i. d. F. des Wohnungsbau盲nderungsgesetzes vom 24. August 1965 - WoBau脛ndG 1965 - (BGBl I 1965, 945). Danach betr盲gt die untere Wohnfl盲chengrenze im Regelfall 50 qm. Die Sonderregelung, derzufolge eine Unterschreitung der Regelwohnfl盲che namentlich bei Einliegerwohnungen zul盲ssig war, ist mit dem Inkrafttreten des Wohnungsbau盲nderungsgesetzes 1965 entfallen (vgl. dazu im einzelnen Fischer-Dieskau/Pergande/Schwender, Wohnungsbaurecht, Kommantar, Bd. 1 Anm. 01 und 9 zu 搂 39 des II. WoBauG). Dar眉ber hinaus bestimmt 搂 38 Abs. 5 Satz 2 des II. WoBauG, da脽 die Wohnfl盲che selbst bei Wohnungen, die f眉r Alleinstehende bestimmt sind, 40 qm nicht unterschreiten soll. Hinzu kommt, da脽 die Durchschnittsfl盲che der Wohnungen im letzten Jahrzehnt stetig angestiegen ist (vgl. Statistisches Bundesamt, Fachserie 5/Reihe 3, Bestand an Wohnungen 31. Dezember 1977, S. 7).
b) Ein Raum kann nur dann als K眉che bzw. als Raum mit Kochgelegenheit angesehen werden, wenn er so ausgestaltet und ausgestattet ist, da脽 er die Funktion als Kochraum auch bei st盲ndiger Nutzung uneingeschr盲nkt erf眉llen kann. Dies setzt nach dem am ma脽geblichen Bewertungsstichtag 1. Januar 1974 geltenden Wohnverst盲ndnis jedenfalls bei Neubauten regelm盲脽ig u. a. voraus, da脽 der fragliche Raum als Aufenthaltsraum durch Fenster ausreichend belichtet und entl眉ftet ist.
Der Senat sieht sich in seiner Auffassung insbesondere durch die Fachnormen des Deutschen Normenausschusses best盲tigt. Nach Abschn. 3 des Normblatts DIN 18022 - K眉che, Bad, WC, Hausarbeitsraum - (abgedruckt bei Winkler, Hochbaukosten, Fl盲chen, Rauminhalte, Kommentar, 4. Aufl., 1976, S. 257 ff.) ist die K眉che "ein selbst盲ndiger Raum, durch Fenster belichtet und bel眉ftet" (Tz. 3.11) und eine Kochnische "Teil eines gr枚脽eren Raumes, der durch Fenster belichtet und bel眉ftet ist" (Tz. 3.12). Diese DIN-Norm ist in den Richtlinien f眉r den Einsatz von Bundesmitteln zur F枚rderung des sozialen Wohnungsbaus vom 30. M盲rz 1971 - Einsatzrichtlinien 1971 - und vom 20. Dezember 1972 - Einsatzrichtlinien f眉r den sozialen Wohnungsbau - (Gemeinsames Ministerialblatt 10/1971 S. 152; Bundesanzeiger Nr. 10/1973 S. 1; jeweils abgedruckt bei Fischer-Dieskau/Pergande/Schwender, a. a. O., Bd. 2, Anhang A, Nr. 5 S. 11 und 21) f眉r in der jeweils geltenden Fassung verbindlich erkl盲rt worden. Dar眉ber hinaus fordert DIN 5034 - Innenraumbeleuchtung mit Tageslicht -, da脽 Aufenthaltsr盲ume nat眉rliches Tageslicht erhalten. Diese Forderung ist auch in den Bauordnungen der L盲nder verankert, nach denen Aufenthaltsr盲ume unmittelbar ins Freie f眉hrende Fenster von solcher Anzahl, Gr枚脽e und Beschaffenheit haben m眉ssen, da脽 die R盲ume ausreichend beleuchtet werden k枚nnen (notwendige Fenster). So m眉ssen z. B. nach 搂 59 Abs. 4 der im Streitfall ma脽geblichen Bauordnung f眉r das Land Nordrhein-Westfalen i. d. F. der Bekanntmachung vom 27. Januar 1970 (Gesetz- und Verordnungsblatt f眉r Nordrhein-Westfalen 1970 S. 96; abgedruckt bei Thiel/R枚脽ler/Schumacher, Baurecht in Nordrhein-Westfalen, Bd. 3/1) Aufenthaltsr盲ume grunds盲tzlich unmittelbar ins Freie f眉hrende Fenster von solcher Zahl, Gr枚脽e und Beschaffenheit haben, da脽 die R盲ume ausreichend belichtet und gel眉ftet werden k枚nnen. Fensterlose Kochnischen m眉ssen f眉r sich l眉ftbar sein (搂 60 Abs. 5 der Bauordnung f眉r das Land Nordrhein-Westfalen).
3. Die Anwendung dieser Rechtsgrunds盲tze auf den Streitfall ergibt, da脽 das FG zu Recht das Vorhandensein nur einer Wohnung auf dem Grundst眉ck der Kl盲ger bejaht hat.
a) Gegen die Entscheidung des FG, da脽 die im Obergescho脽 des Hauses der Kl盲ger vorhandenen R盲ume keine Wohnung i. S. des 搂 75 BewG 1965 bilden, wenden sich die Kl盲ger nicht mehr ausdr眉cklich. Die Vorentscheidung ist insoweit frei von Rechtsfehlern. Das FG hat zu Recht auf das Fehlen einer K眉che hingewiesen; denn ein Raum, in dem lediglich die Installationsm枚glichkeiten f眉r eine K眉che vorhanden sind, ist nach der Verkehrsauffassung keine K眉che.
b) Das FG ist ferner zu Recht der Auffassung, da脽 es sich bei den R盲umen im Untergescho脽 nicht um eine selbst盲ndige Wohnung, sondern nur um Nebenr盲ume zur Hauptwohnung handelt.
Die Gesamtwohnfl盲che der R盲ume im Untergescho脽 unterschreitet mit rd. 23 qm die unteren Wohnfl盲chengrenzen des 搂 39 Abs. 5 des II. WoBauG erheblich.
Nach den Feststellungen des FG waren zwar im Zeitpunkt der Beweisaufnahme in einer Nische des Vorraums zum Arbeitszimmer des Kl盲gers eine Sp眉le, ein K眉hlschrank und eine doppelflammige Kochplatte aufgestellt. Nach den Bauzeichnungen, die das FG seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat und deren Richtigkeit von den Beteiligten nicht bestritten wird, weist der Vorraum jedoch keine unmittelbar ins Freie f眉hrende Fenster auf. Die Zusammenfassung einer Mehrheit von R盲umen mit den vorstehend aufgef眉hrten Merkmalen kann aber nach der Verkehrsauffassung nicht als eine selbst盲ndige Wohnung, sondern nur als Nebenr盲ume einer Hauptwohnung angesehen und damit auch nur als solche gen眉tzt werden. Der Charakter der R盲ume im Untergescho脽 als zus盲tzliche R盲ume zur Wohnung im Erd-/Obergescho脽 wird noch durch das ungleiche Verh盲ltnis unterstrichen, in dem die Fl盲chen der Wohnung und der R盲ume im Untergescho脽 zueinander stehen.
Damit ist nicht entscheidungserheblich, ob Untergescho脽wohnungen in der Wohngegend der Kl盲ger h盲ufig vermietet werden, ob das Wohnhaus der Kl盲ger zwei- oder dreigeschossig ist, ob es zwei oder drei Klingelanlagen hat und aus welchen Gr眉nden die Kl盲ger erst im Laufe des finanzgerichtlichen Verfahrens auf die R盲ume im Untergescho脽 als zweite Wohnung hingewiesen haben. Die in diesem Zusammenhang erhobene R眉ge der Kl盲ger, das FG habe seiner Entscheidung einen unzutreffenden Sachverhalt zugrunde gelegt, geht damit ins Leere.
Das Vorbringen der Kl盲ger, die streitigen R盲ume im Untergescho脽 w眉rden seit 1977 von dem Sohn und dessen Ehefrau bewohnt, kann schon deshalb keinen Erfolg haben, weil es sich insoweit um neues tats盲chliches Vorbringen handelt, das im Revisionsverfahren nicht mehr ber眉cksichtigt werden kann und das einen anderen als den streitigen Feststellungszeitpunkt betrifft.
4. Die Streitverk眉ndung an das Land Nordrhein-Westfalen ist nicht statthaft, weil im finanzgerichtlichen Verfahren eine Streitverk眉ndung nicht in Betracht kommt (vgl. BFH-Urteil vom 20. Februar 1970 III R 75/66, BFHE 98, 553, BStBl II 1970, 484 [487]).
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Fundstellen
亿兆体育-Index 73045 |
BStBl II 1979, 255 |
BFHE 1979, 565 |