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Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeldanspruch bei dualer Ausbildung
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Leitsatz (NV)
Setzt sich ein Kind nach dem erfolgreichen Abschluss einer in das Grundstudium an einer Hochschule integrierten Berufsausbildung, die f眉r den seit Beginn des Studiums angestrebten Abschluss zum 鈥濨achelor鈥 notwendig ist, sein parallel zur Ausbildung betriebenes Bachelorstudium planm盲脽ig nahtlos fort, ist auch das Studium bis zum 鈥濨achelor鈥 noch Teil der Erstausbildung des Kindes.
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Normenkette
EStG 搂 32 Abs. 4 S.听1 Nr. 2 Buchst. a, S盲tze听2-3
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Verfahrensgang
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Tenor
Auf die Revision des Kl盲gers werden das Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 21. November 2013 8 K 807/12, die Einspruchsentscheidung der Familienkasse 鈥 vom 16. M盲rz 2012 sowie der Kindergeldbescheid der Familienkasse 鈥 vom 14. Februar 2012 aufgehoben.
Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kl盲ger f眉r den Zeitraum Januar bis M盲rz 2012 Kindergeld f眉r A in gesetzlicher H枚he zu gew盲hren.
Die Kosten des gesamten Verfahrens hat die Beklagte zu tragen.
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Tatbestand
Rz. 1
I. Die Beteiligten streiten dar眉ber, ob dem Kl盲ger und Revisionskl盲ger (Kl盲ger) f眉r seine am 鈥. August 1990 geborene Tochter A im Streitzeitraum (Januar bis M盲rz 2012) noch Kindergeld zusteht, obwohl A bereits im Mai 2011 eine Berufsausbildung zur Fachinformatikerin erfolgreich beendet hat.
Rz. 2
A schloss im November 2008 einen Studienvertrag mit einer staatlich anerkannten privaten Hochschule (Hochschule) 眉ber das Studium zum 鈥濨achelor of Science鈥 mit dem Schwerpunkt Wirtschaftsinformatik.
Rz. 3
Nach der f眉r A geltenden Studienordnung zielt das Bachelorstu-dium an der Hochschule als berufsqualifizierendes Hochschulstudium auf die organisatorische Verzahnung von wissenschaftlichem Studium und beruflicher Praxis, auf ein Lernen durch die wechselseitige Verkn眉pfung von theoretischen Fragestellungen und praktischen Anwendungen. Der Studiengang mit einer Regelstudienzeit von sieben Semestern gliedert sich in ein Grundstudium von vier Semestern, ein obligatorisches zweiteiliges Auslandsstudium im 5. Semester sowie das Hauptstudium im 6. und 7. Semester. Im 鈥瀉usbildungsintegrierten Studium鈥 (搂 6.3 der Studienordnung), das A absolvierte, kann ein Volontariat in Anlehnung an eine berufspraktische Ausbildungsordnung das erforderliche Praktikum ersetzen.
Rz. 4
Am 11. November 2008 erhielt A von einer Bank die erforderliche Unterst眉tzungserkl盲rung f眉r das ausbildungsintegrierte Studium zum Bachelor of Science. Hierin best盲tigte die Bank der Hochschule, dass A f眉r die Dauer des Studiums bei der Bank besch盲ftigt sei. Mit A sei ein Volontariatsvertrag abgeschlossen worden, der es A erm枚gliche, in den ersten vier Semestern des Studiums an den Lehrveranstaltungen und Pr眉fungen der Hochschule teilzunehmen und in den lehrveranstaltungs- und pr眉fungsfreien Zeiten in der Bank die berufspraktische Ausbildung zur Fachinformatikerin zu durchlaufen. A werde die M枚glichkeit einger盲umt, parallel zum 4. Fachsemester des Studiums die schriftliche und m眉ndliche Externen-Pr眉fung zur Fachinformatikerin vor der Industrie- und Handelskammer (IHK) abzulegen. Nach dem erfolgreichen Abschluss der berufspraktischen Ausbildung sei vorgesehen, A in ein Teilzeitarbeitsverh盲ltnis zu 眉bernehmen, das parallel zum Auslandssemester und zum Hauptstudium angelegt sei.
Rz. 5
Im Dezember 2008 wurde zwischen der Bank und A ein Ausbildungsvertrag zur Ausbildung im Ausbildungsberuf der Fachinformatikerin abgeschlossen.
Rz. 6
Der dualen Ausbildung liegt eine Kooperationsvereinbarung zwischen der Bank und der Hochschule zugrunde. Darin verpflichtete sich die Bank, mit allen Mitarbeitern, die in den akademischen Studieng盲ngen an der Hochschule eingeschrieben sind, f眉r die Dauer des Studiums einen Volontariats- oder Teilzeitarbeitsvertrag zu schlie脽en und dies der Hochschule anzuzeigen. Die Lage der Arbeitszeiten war so zu gestalten, dass den Studierenden ein uneingeschr盲nkter Besuch der Lehrveranstaltungen und Pr眉fungen an der Hochschule erm枚glicht wird.
Rz. 7
Die Hochschule hat bescheinigt, dass A ein duales Studium in Wirtschaftsinformatik mit parallel laufender Ausbildung zur Fachinformatikerin absolviert und eine parallele Ausbildungs- und Berufst盲tigkeit w盲hrend des gesamten Studiums notwendig ist.
Rz. 8
A legte im Juni 2009 ihr Abitur ab und wurde anschlie脽end zum Wintersemester 2009/2010 zum Studium an der Hochschule zugelassen, welches sie zum 1. September 2009 tats盲chlich aufnahm. Die Ausbildung bei der Bank begann am 1. August 2009.
Rz. 9
Im Mai 2011 schloss A die Ausbildung zur Fachinformatikerin erfolgreich ab. Die Bank teilte der A daraufhin mit, dass sie A ab dem 8. Juni 2011 befristet bis zum 28. Februar 2013 als 鈥 in die Dienste der Bank 眉bernehme. Die regelm盲脽ige w枚chentliche Arbeitszeit betrage 39 Stunden; mit Aufnahme des berufsbegleitenden Studiums an der Hochschule reduziere sich die pers枚nliche Arbeitszeit der A aber bis zum erfolgreichen Abschluss des Studiums auf 60 % der jeweils g眉ltigen tariflichen Arbeitszeit.
Rz. 10
A beendete ihr Studium an der Hochschule zu Beginn des Jahres 2013 erfolgreich und wurde von der Bank zum 1. Februar 2013 in ein Vollzeit-Arbeitsverh盲ltnis 眉bernommen.
Rz. 11
Der Kl盲ger erhielt f眉r A zun盲chst Kindergeld bis einschlie脽lich Juni 2011. Im Januar 2012 beantragte er unter Hinweis auf das von der Tochter absolvierte Studium die Weitergew盲hrung von Kindergeld.
Rz. 12
Diesem Antrag entsprach die Rechtsvorg盲ngerin der Beklagten und Revisionsbeklagten (Familienkasse) nur f眉r die Monate Juli bis Dezember 2011. F眉r die Zeit ab Januar 2012 hingegen lehnte die Familienkasse durch Bescheid vom 14. Februar 2012 den Antrag sinngem盲脽 ab, weil A die Ausbildung zur Fachinformatikerin als Erstausbildung abgeschlossen habe. Die Erwerbst盲tigkeit der A sei deshalb gem盲脽 搂 32 Abs. 4 S盲tze 2 und 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.d.F. ab 1. Januar 2012 (n.F.) kindergeldsch盲dlich. Der Einspruch des Kl盲gers blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 16. M盲rz 2012).
Rz. 13
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage, mit der der Kl盲ger geltend machte, A habe sich im Streitzeitraum (Januar bis M盲rz 2012) noch in ihrer Erstausbildung zum Bachelor of Science befunden, da der duale Studiengang noch nicht beendet gewesen sei, ab. Sein Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2014, 457 ver枚ffentlicht.
Rz. 14
Das FG f眉hrte aus, zwar habe sich A bis zur Verleihung des Bachelor of Science zu Beginn des Jahres 2013 noch 鈥瀒n Ausbildung鈥 befunden. Der Anspruch des Kl盲gers sei jedoch nach 搂 32 Abs. 4 S盲tze 2 und 3 EStG n.F. ausgeschlossen.
Rz. 15
A habe bereits vor dem Streitzeitraum im Jahr 2011 eine erstmalige Berufsausbildung i.S. des 搂 32 Abs. 4 Satz 2 EStG n.F. abgeschlossen; denn zu diesem Zeitpunkt habe sie gem盲脽 搂 71 Abs. 2 i.V.m. 搂 76 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) ihre Abschlusspr眉fung nach 搂 37 BBiG zur Fachinformatikerin, einem anerkannten Ausbildungsberuf nach 搂 4 BBiG, erfolgreich abgelegt.
Rz. 16
Die Erwerbst盲tigkeit der A sei auch nicht nach 搂 32 Abs. 4 Satz 3 EStG unsch盲dlich. Denn dabei handele es sich nicht um ein geringf眉giges Besch盲ftigungsverh盲ltnis und die regelm盲脽ige w枚chentliche Arbeitszeit habe mehr als 20 Stunden betragen; es liege auch kein Ausbildungsdienstverh盲ltnis vor. Eine Ausbildung der A sei nicht Gegenstand ihres Vertrags mit der Bank aus dem Juni 2011. Es habe sich um ein befristetes Anstellungsverh盲ltnis gehandelt, in dem keine Ausbildungsinhalte und -ziele vereinbart worden seien.
Rz. 17
Mit der Revision r眉gt der Kl盲ger die Verletzung von 搂 32 Abs. 4 S盲tze 2 und 3 EStG. A habe nicht bereits im Juni 2011 ihre Erstausbildung abgeschlossen. Prim盲rziel von A sei der Erwerb des Studienabschlusses 鈥濨achelor of Science鈥 gewesen; die Ausbildung zur Fachinformatikerin sei lediglich eine in das Studium integrierte Zusatzausbildung gewesen.
Rz. 18
Der Kl盲ger beantragt sinngem盲脽, die Familienkasse unter Aufhebung der Vorentscheidung und der Einspruchsentscheidung vom 16. M盲rz 2012 zu verpflichten, ihm f眉r die Monate Januar bis M盲rz 2012 Kindergeld f眉r A zu gew盲hren.
Rz. 19
Die Familienkasse beantragt sinngem盲脽, die Revision als unbegr眉ndet zur眉ckzuweisen.
Rz. 20
Sie tr盲gt vor, der Kindergeldanspruch des Kl盲gers f眉r A scheitere an 搂 32 Abs. 4 S盲tze 2 und 3 EStG. Der Begriff der Erstausbildung sei weit auszulegen. Es reiche aus, dass der Abschluss dazu bef盲hige, aus der erlernten T盲tigkeit Eink眉nfte zu erzielen. Hier habe A mit dem Bestehen der Abschlusspr眉fung zur Fachinformatikerin eine Erstausbildung absolviert.
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Rz. 21
II. Die Revision ist begr眉ndet; sie f眉hrt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Stattgabe der Klage (搂 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung 鈥揊GO鈥). Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass A bereits im Jahr 2011 eine Erstausbildung abgeschlossen hat; denn ein Kind, das ein duales Studium durchf眉hrt, hat nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 3. Juli 2014 III R 52/13 (BFHE 246, 427, BStBl II 2015, 152), das das FG bei seiner Urteilsfindung noch nicht ber眉cksichtigen konnte, seine Erstausbildung i.S. des 搂 32 Abs. 4 Satz 2 EStG noch nicht mit der erfolgreichen Absolvierung einer studienintegrierten praktischen Ausbildung in einem Lehrberuf (hier: zur Fachinformatikerin) beendet, sondern die Erstausbildung dauert jedenfalls bis zum Abschluss eines parallel durchgef眉hrten Bachelorstudiums fort.
Rz. 22
1. Zu Recht ist das FG davon ausgegangen, dass A im Streitzeitraum Januar bis M盲rz 2012 als Kind des Kl盲gers nach 搂 62 Abs. 1, 搂 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. 搂 32 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG zu ber眉cksichtigen ist, weil sie das 18. Lebensjahr, aber noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hatte und f眉r einen Beruf ausgebildet wurde. Weder die 脛nderung des 搂 32 Abs. 4 S盲tze 2 und 3 EStG durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011 vom 1. November 2011 (BGBl I 2011, 2131, BStBl I 2011, 986) noch die erneute 鈥搑眉ckwirkende鈥 脛nderung des 搂 32 Abs. 4 Satz 2 EStG durch das Gesetz zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur 脛nderung steuerlicher Vorschriften vom 26. Juni 2013 (BGBl I 2013, 1809, BStBl I 2013, 802, Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz 鈥揂mtshilfeRLUmsG鈥) haben an der Auslegung des 搂 32 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG etwas ge盲ndert (vgl. BFH-Urteil in BFHE 246, 427, BStBl II 2015, 152, unter II.1. i.V.m. II.2.b).
Rz. 23
2. Gem盲脽 搂 32 Abs. 4 Satz 2 EStG i.d.F. des AmtshilfeRLUmsG, der r眉ckwirkend zum 1. Januar 2012 in Kraft getreten ist und den das FG seinem Urteil zugrunde gelegt hat, wird ein Kind nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums in den F盲llen des Satzes 1 Nr. 2 nur ber眉cksichtigt, wenn das Kind keiner Erwerbst盲tigkeit nachgeht. Nach der Rechtsprechung des III. Senats des BFH (Urteil in BFHE 246, 427, BStBl II 2015, 152, unter II.3.), der sich der Senat anschlie脽t, gelten f眉r die Auslegung dieser Vorschrift folgende Grunds盲tze:
Rz. 24
a) 搂 32 Abs. 4 Satz 2 EStG n.F. ist dahin auszulegen, dass der Begriff des Erststudiums nur einen Unterfall des Oberbegriffes der erstmaligen Berufsausbildung darstellt (BFH-Urteil in BFHE 246, 427, BStBl II 2015, 152, Rz 19 ff.; BRDrucks 54/11, S. 55 f.).
Rz. 25
b) Der in 搂 32 Abs. 4 Satz 2 EStG n.F. verwendete Berufsausbildungsbegriff ist enger auszulegen als das in 搂 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG verwendete Tatbestandsmerkmal 鈥濳ind, das 鈥 f眉r einen Beruf ausgebildet wird鈥 (BFH-Urteil in BFHE 246, 427, BStBl II 2015, 152, Rz 22 ff.; BRDrucks 54/11, S. 55 f.).
Rz. 26
c) F眉r die Frage, ob bereits der erste (objektiv) berufsqualifizierende Abschluss in einem 枚ffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang zum Verbrauch der Erstausbildung f眉hren soll oder ob bei einer mehraktigen Ausbildung auch ein nachfolgender Abschluss Teil der Erstausbildung sein kann, ist nach der systematischen Stellung, dem Zweck der Vorschrift und der Funktion des Familienleistungsausgleichs darauf abzustellen, ob sich der erste Abschluss als integrativer Bestandteil eines einheitlichen Ausbildungsgangs darstellt (BFH-Urteil in BFHE 246, 427, BStBl II 2015, 152, Rz 25 ff.; Seiler in Kirchhof, EStG, 14. Aufl., 搂 32 Rz 17). Auch im Rahmen der durch 搂 32 Abs. 4 Satz 2 EStG erfolgten Abgrenzung zwischen der steuerrechtlich zu ber眉cksichtigenden Unterhaltsverantwortung der Eltern f眉r 鈥瀍ine鈥 Ausbildung des Kindes und der Verantwortung des Kindes f眉r die eigene Unterhaltssicherung darf bei mehraktigen Ausbildungen das von den Eltern und dem Kind bestimmte Berufsziel nicht au脽er Betracht gelassen werden (BFH-Urteil in BFHE 246, 427, BStBl II 2015, 152, Rz 30).
Rz. 27
d) Ist aufgrund objektiver Beweisanzeichen erkennbar, dass das Kind die f眉r sein angestrebtes Berufsziel erforderliche Ausbildung nicht bereits mit dem ersten erlangten Abschluss beendet hat, kann auch eine weiterf眉hrende Ausbildung noch als Teil der Erstausbildung zu qualifizieren sein. Abzustellen ist dabei darauf, ob sich die einzelnen Ausbildungsabschnitte als integrative Teile einer einheitlichen Ausbildung darstellen. Insoweit kommt es vor allem darauf an, ob die Ausbildungsabschnitte in einem engen sachlichen Zusammenhang (z.B. dieselbe Berufssparte, derselbe fachliche Bereich) zueinander stehen und in engem zeitlichen Zusammenhang durchgef眉hrt werden (BFH-Urteil in BFHE 246, 427, BStBl II 2015, 152, Rz 30).
Rz. 28
e) Die in 搂 32 Abs. 4 Satz 3 EStG n.F. vorgesehene Einschr盲nkung des 搂 32 Abs. 4 Satz 2 EStG n.F. steht dieser Auslegung nicht entgegen (BFH-Urteil in BFHE 246, 427, BStBl II 2015, 152, Rz 31 f.).
Rz. 29
f) F眉r eine Beschr盲nkung des Erstausbildungsbegriffes auf den ersten (objektiv) berufsqualifizierenden Abschluss spricht auch nicht, dass bei Kindern, die nach einem solchen Abschluss einer den Umfang des 搂 32 Abs. 4 Satz 3 EStG n.F. 眉berschreitenden Erwerbst盲tigkeit nachgehen, die Freistellung des Existenzminimums des Kindes im Rahmen der Besteuerung der Eink眉nfte des Kindes stattfindet, so dass bei Anwendung der Verwaltungsauffassung eine effektive steuerrechtliche Freistellung des Existenzminimums des Kindes sowohl auf der Ebene der Besteuerung der Eltern als auch auf der Ebene der Besteuerung des Kindes fehlschlagen k枚nnte (BFH-Urteil in BFHE 246, 427, BStBl II 2015, 152, Rz 33).
Rz. 30
g) Bei der Auslegung der in 搂 32 Abs. 4 Satz 2 EStG n.F. verwendeten Begriffe der erstmaligen beruflichen Ausbildung und des Erststudiums besteht keine Bindung an eine ggf. abweichende Auslegung dieser Begriffe im Rahmen des 搂 12 Nr. 5 EStG (BFH-Urteil in BFHE 246, 427, BStBl II 2015, 152, Rz 34; s.a. BFH-Urteil vom 27. Mai 2003 VI R 33/01, BFHE 202, 314, BStBl II 2004, 884).
Rz. 31
3. Bei Anwendung dieser Rechtsgrunds盲tze, die das FG in seinem Urteil noch nicht ber眉cksichtigen konnte, auf den Streitfall ist das FG zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Erstausbildung der A mit der bestandenen Pr眉fung zur Fachinformatikerin beendet war. Denn nach den tats盲chlichen Feststellungen des FG zum Studienvertrag, zur Studienordnung, zur Unterst眉tzungserkl盲rung und zum Ausbildungsvertrag bildete die Ausbildung zur Fachinformatikerin einen integrativen Bestandteil des von A angestrebten Abschlusses 鈥濨achelor of Science (Wirtschaftsinformatik)鈥 im Rahmen des Studiums an der Hochschule. Die Vorentscheidung ist deshalb aufzuheben.
Rz. 32
a) Dass die beiden von A angestrebten Abschl眉sse in einem engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang standen, ergibt sich bereits aus der Bescheinigung der Hochschule vom 23. August 2012, wonach es sich bei der Ausbildung der A um ein duales Studium in Wirtschaftsinformatik mit parallel laufender Ausbildung zur Fachinformatikerin handelte. Eine parallele Ausbildungs- und Berufst盲tigkeit w盲hrend des gesamten Studiums sei notwendig.
Rz. 33
b) Der Inhalt der Bescheinigung wird durch den Studienvertrag i.V.m. der Studienordnung best盲tigt. Die Zulassung zum Studium erfolgte gem盲脽 搂 1 des Studienvertrags nur vorbehaltlich der Regelungen des 搂 3. Nach 搂 3 des Studienvertrags setzte die Aufnahme des Studiums den Abschluss eines Volontariatsvertrags mit einem Unternehmen und der Abgabe einer Unterst眉tzungserkl盲rung voraus, nach der es dem Studenten u.a. erm枚glicht wird, in den lehrveranstaltungs- und pr眉fungsfreien Zeiten die berufspraktische Ausbildung zu durchlaufen. Nach 搂 4 des Studienvertrags i.V.m. der Studienordnung zielte der Studiengang auf die organisatorische Verzahnung von wissenschaftlichem Studium und beruflicher Praxis (搂 2 der Studienordnung), wobei im ausbildungsintegrierten Studium ein Volontariat in Anlehnung an eine berufspraktische Ausbildungsordnung ein Praktikum ersetzte (搂 6.3 der Studienordnung). Die Pr眉fung zum Bachelor of Science war nur dann bestanden, wenn die Praxisnachweise nach 搂 6 erbracht waren (搂 10.2 der Studienordnung).
Rz. 34
c) Zur Erf眉llung der Verpflichtungen aus dem Studienvertrag i.V.m. der Studienordnung sah die Unterst眉tzungserkl盲rung der Bank vor, dass es A von der Bank erm枚glicht werde, in den ersten vier Semestern des Studiums an den Lehrveranstaltungen und Pr眉fungen der Hochschule teilzunehmen und in den lehrveranstaltungs- und pr眉fungsfreien Zeiten die berufspraktische Ausbildung zur Fachinformatikerin zu durchlaufen. Die zeitlichen und inhaltlichen Anforderungen an die berufspraktische Ausbildung w盲hrend der ersten vier Semester ergaben sich aus der Verordnung 眉ber die Berufsausbildung zum IT-Fachinformatiker sowie dem mit der IHK abgestimmten Ausbildungsplan. A wurde die M枚glichkeit einger盲umt, parallel zum 4. Fachsemester des Studiums die schriftliche und m眉ndliche Pr眉fung zur Fachinformatikerin abzulegen; im Anschluss war eine Teilzeitbesch盲ftigung bei der Bank vorgesehen.
Rz. 35
d) Auch der 鈥搝eitlich nach dem Studienvertrag abgeschlossene鈥 Ausbildungsvertrag der A mit der Bank zeigt die sachliche und zeitliche Verzahnung: Er definierte in Ziff. 1 zun盲chst die Ziele des Studiums an der Hochschule und legte erst danach fest, dass die Bank A parallel zum Studium eine praktische Ausbildung vermittelt, deren Anforderungen sich aus der Verordnung 眉ber die Berufsausbildung zur Fachinformatikerin ergeben. Die praktische Ausbildung in der Bank w盲hrend der ersten vier Semester erfolgte im 鈥3-Tage-Modell鈥 (drei Wochentage in der Bank, drei Wochentage an der Hochschule). Die Bank verpflichtete sich, A die Teilnahme an den Lehrveranstaltungen und Pr眉fungen im ausbildungsintegrierten Studium an der Hochschule zu erm枚glichen. A verpflichtete sich nach Ziff. 12 des Ausbildungsvertrags (neben der eigentlichen Ausbildung) u.a. auch dazu, an allen Lehrveranstaltungen der Hochschule, die f眉r ihren Studiengang vorgesehen sind, teilzunehmen, der Bank regelm盲脽ig den Nachweis eines der Studienordnung entsprechenden Studienverlaufs zu erbringen, an den Pr眉fungen der Hochschule teilzunehmen und der Bank die Ergebnisse der Pr眉fungen unverz眉glich mitzuteilen. Nach Ziff. 15 des Ausbildungsvertrags stand dieser unter dem Vorbehalt einer erfolgreichen Teilnahme am Auswahlverfahren der Hochschule.
Rz. 36
e) Die Verzahnung wird auch dadurch best盲tigt, dass beide Abschl眉sse der A sich schwerpunktm盲脽ig auf denselben Fachbereich, n盲mlich die Informatik, bezogen und damit 鈥搘enn auch auf unterschiedlichen Qualifikationsstufen鈥 auf dasselbe Berufsfeld vorbereiteten.
Rz. 37
f) Das zun盲chst parallel betriebene Studium wurde 眉berdies nach Beendigung der Ausbildung zur Fachinformatikerin nahtlos fortgef眉hrt und beendet. Der sich an den Ausbildungsvertrag anschlie脽ende Arbeitsvertrag mit der Bank vom Juni 2011 sah bis zum erfolgreichen Abschluss des berufsbegleitenden (Haupt-)Studiums eine Reduzierung der Arbeitszeit auf 60 % sowie besondere Arbeitsbedingungen w盲hrend des Praxis- und Auslandssemesters der Hochschule vor.
Rz. 38
g) Der Senat darf diese W眉rdigung selbst vornehmen. Zwar ist der BFH grunds盲tzlich daran gehindert, die festgestellten Tatsachen selbst zu w眉rdigen; eine Ausnahme gilt jedoch dann, wenn das FG alle f眉r die W眉rdigung erforderlichen Tatsachen festgestellt hat und diese nach den Denkgesetzen und allgemeinen Erfahrungss盲tzen f眉r eine bestimmte Schlussfolgerung sprechen, die das FG nicht gezogen hat (vgl. BFH-Urteile vom 22. August 2007 III R 89/06, BFH/NV 2008, 351, unter II.2.; vom 5. November 2013 VIII R 20/11, BFHE 243, 481, BStBl II 2014, 275, Rz 16; Lange in H眉bschmann/Hepp/Spitaler, 搂 118 FGO Rz 145; Gr盲ber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., 搂 118 Rz 57).
Rz. 39
Im 脺brigen ist auch das FG auf Seite 22 seines Urteils davon ausgegangen, dass das eigentliche Ausbildungsziel der A der Abschluss zum Bachelor of Science (Wirtschaftsinformatik) war.
Rz. 40
4. Die Sache ist spruchreif. Dem Kl盲ger steht Kindergeld f眉r A zu.
Rz. 41
a) Da auch das Hauptstudium an der Hochschule bis zum Bachelorabschluss noch Teil der Erstausbildung der A ist, kommt es nicht darauf an, ob A im Streitzeitraum (Januar bis M盲rz 2012) einer sch盲dlichen Erwerbst盲tigkeit i.S. des 搂 32 Abs. 4 S盲tze 2 und 3 EStG n.F. nachgegangen ist (vgl. BFH-Urteil in BFHE 246, 427, BStBl II 2015, 152, Rz 36). Insbesondere kann deshalb dahinstehen, ob die w枚chentliche Arbeitszeit der A im Streitzeitraum (Januar bis M盲rz 2012) trotz der mit Schreiben vom 27. Mai 2011 von der Bank verf眉gten Freistellung der A 鈥搖nter Fortzahlung ihrer Verg眉tung鈥 f眉r das Auslandssemester und das Auslandspraktikum (Zeit vom 8. Juni 2011 bis 5. M盲rz 2012) mehr als 20 Stunden betrug, wie das FG angenommen hat und mit der Revision angegriffen wird.
Rz. 42
b) Da der Klage auf der Grundlage des 搂 32 Abs. 4 Satz 2 EStG i.d.F. des AmtshilfeRLUmsG stattzugeben ist, bedarf keiner Entscheidung, ob dessen r眉ckwirkende Einf眉hrung zum 1. Januar 2012 verfassungsgem盲脽 ist (ebenso offenlassend BFH in BFHE 246, 427, BStBl II 2015, 152, Rz 15 ff.).
Rz. 43
5. Die Kostenentscheidung beruht auf 搂 135 Abs. 1 FGO.
Rz. 44
6. Der Senat entscheidet mit Einverst盲ndnis der Beteiligten ohne m眉ndliche Verhandlung durch Urteil (搂 121 Satz 1, 搂 90 Abs. 2 FGO).
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Fundstellen
亿兆体育-Index 8310229 |
BFH/NV 2015, 1378 |
HFR 2015, 946 |