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Leitsatz (amtlich)
Aufwendungen f眉r die Reise eines Facharztes zu einem Fachkongre脽 in Japan sind dann keine Betriebsausgaben, wenn die Reise au脽erhalb des Besuchs des Fachkongresses die Gelegenheit zum Besuch zahlreicher touristisch interessanter St盲dte bietet, auch wenn dort Besichtigungen und Besprechungen von allgemein 盲rztlichem Interesse stattfinden. Eine klare Abgrenzung der beruflichen von der privaten Sph盲re ist nur gew盲hrleistet, wenn die Reise dem Besuch einer straff organisierten Fachtagung dient oder wenn sie ohne einen solchen Anla脽 auf die besonderen beruflichen Belange des Steuerpflichtigen zugeschnitten und die Befriedigung privater Interessen nahezu ausgeschlossen ist; dabei wird vorausgesetzt, da脽 die Teilnahme des Steuerpflichtigen an den beruflichen Veranstaltungen feststeht.
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Normenkette
EStG 搂听4 Abs. 4, 搂听12 Nr. 1 S. 2
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Tatbestand
Im Revisionsverfahren ist noch streitig, ob die Aufwendungen f眉r eine Fernostreise anl盲脽lich des IX. Internationalen Krebskongresses in Tokio als Betriebsausgaben bei den Eink眉nften aus der freiberuflichen T盲tigkeit eines Facharztes abgezogen werden k枚nnen.
Die Kl盲ger und Revisionsbeklagten (Kl盲ger) betreiben gemeinsam eine Fachpraxis f眉r R枚ntgenologie und Strahlenheilkunde. Sie sind daneben in der Familienplanungsarbeit t盲tig.
Vom 15. Oktober bis 6. November 1966 nahmen die Kl盲ger an einer von der Deutschen Reiseb眉ro GmbH veranstalteten "DER-Sonderflugreise Ostasien zum IX. Internationalen Krebskongre脽 Tokio" teil. Nach den Feststellungen des FG nahm diese Reise in teilweiser Abweichung vom Reiseprogramm folgenden Verlauf: 15. Oktober Flug von Frankfurt nach Teheran; dort am 16. Oktober vormittags Besuch der Radiologischen Universit盲tsklinik, nachmittags zur freien Verf眉gung; am 17. Oktober vormittags Besichtigung eines privaten R枚ntgeninstituts, Er枚rterung von Therapiefragen, nachmittags Flug nach Neu Delhi; am 18. Oktober Fahrt des Kl盲gers nach Agra und zur眉ck nach Neu Delhi, Besichtigung des Taj Mahals; 19. Oktober vormittags frei, nachmittags Besichtigung der Therapieabteilung des Neuen Hospitals; 20. Oktober Flug 眉ber Bangkok nach Hongkong, nachmittags auf Einladung des 脛rztinnenbundes Vortrag des Kl盲gers 眉ber klinische Erfahrungen mit einer Fernsehdiagnostikeinheit sowie Diskussion 眉ber die 枚rtlichen Probleme der Familienplanung; am 21. Oktober vormittags Teilnahme an einer Sprechstunde in der Klinik f眉r staatliche Geburtenregelung, Einlegung intrauteriner Pessare, nachmittags Besuch einer gyn盲kologischen Fachpraxis, Er枚rterung von Fragen des Genitialcarcinoms; am 22. Oktober vormittags frei, nachmittags nochmals Besuch der Klinik f眉r staatliche Familienplanung, um das Einlegen intrauteriner Pessare zu 眉ben; am 23. Oktober Flug nach Tokio und vom 24. bis 29. Oktober Teilnahme an Veranstaltungen des IX. Internationalen Krebskongresses. Am 29. Oktober reisten die Kl盲ger nach Kyoto zur Besichtigung der ehemaligen Kaiserstadt; am 30. Oktober fand eine ganzt盲gige Besichtigung der Auswirkungen der Atomsch盲den in Hiroshima statt; am 31. Oktober Flug nach Bangkok, wo die Kl盲ger am 1. November die Frauenklinik und das Genitialkrebskrankenhaus unter F眉hrung von Dr. X besuchten; der Vormittag des 2. November war frei, am Nachmittag fand eine Beratung mit Dr. X statt. Am 3. November Flug nach Bombay, abends Empfang durch den Pr盲sidenten der Weltgesundheitsorganisation und die Pr盲sidentin des Indischen 脛rztinnenbundes; auf einem gemeinsamen 脛rzteabend zur Besprechung von Fragen des Austausches von radiologischen Assistenz盲rzten zwischen Indien und der Bundesrepublik Deutschland; am 4. November vormittags Besichtigung der Leprastation des Kinderhospitals in Bombay, nachmittags Weiterflug nach Kairo; nach einem Erholungstag am 5. November in Kairo am 6. November R眉ckflug nach Frankfurt am Main.
An der Reise nahmen etwa 95 Personen, darunter zu zwei Dritteln deutsche 脛rzte und zu einem Drittel deren Ehefrauen teil. Die Kl盲ger lie脽en zwei ihrer erwachsenen vier Kinder, den Sohn A, Student der Medizin, und die Tochter B, Studentin der Zahnmedizin, an der Reise teilnehmen; deren Aufwendungen sind nicht als Betriebsausgaben geltend gemacht worden.
Der Beklagte und Revisionskl盲ger (FA) erkannte nach einer Betriebspr眉fung bei der endg眉ltigen Veranlagung 1966 nur den auf die Kongre脽geb眉hren und die Auslandstagegeld- und 脺bernachtungspauschale f眉r die Zeit des Kongresses entfallenden Teilbetrag von 1 130 DM als Betriebsausgaben an und versagte den Abzug des geltend gemachten Restbetrages von 10 656 DM.
Auf die Klage erkannte das FG die Reiseaufwendungen als berufliche Fortbildungskosten an. Nicht nur die w盲hrend der Kongre脽tage in Tokio besuchten Veranstaltungen, sondern auch die Krankenhaus- und Institutsbesichtigungen und die dabei gef眉hrten fachlichen Gespr盲che in Teheran, Neu Delhi, Hongkong, Hiroshima und Bangkok, so f眉hrt das FG aus, h盲tten der beruflichen Fortbildung der Kl盲ger gedient. Fortbildung d眉rfe nicht nur auf das jeweilige Spezialgebiet beschr盲nkt bleiben, sondern erfasse auch die Erweiterung von beruflichen Allgemeinkenntnissen und den Erwerb von Kenntnissen auf Grenzgebieten der beruflichen T盲tigkeit, zu denen im Fall der Kl盲ger auch die Psychologie und Psychotherapie zu rechnen seien. Deshalb best眉nden auch gegen die Teilnahme der Kl盲ger an Familienberatungssprechstunden und gegen den Besuch einer Familienplanungsklinik keine Bedenken, zumal die Kl盲ger als 脛rzte in der Familienplanungsarbeit aktiv t盲tig seien. Die Er枚rterung von Problemen des privaten Austausches von Assistenz盲rzten sowie die Teilnahme an einem gemeinsamen 脛rzteabend in Bombay k枚nne f眉r die Frage der beruflichen Veranlassung der Reise au脽er Betracht bleiben; denn diese Veranstaltungen h盲tten nach einem ganzt盲gigen Flug von Bangkok nach Bombay an einem Abend stattgefunden. Auch die vier Tage, die von insgesamt 23 Tagen der Erholung und Entspannung gedient h盲tten, stellten den Gesamtcharakter der Reise als beruflich bedingt nicht in Frage. Ebensowenig sei, jedenfalls im Streitfall, die Mitnahme von zwei Kindern ein Indiz f眉r eine private Veranlassung der Reise. Vielmehr sei die Mitnahme der Kinder in bezug auf die berufliche oder private Veranlassung der Reise ohne Bedeutung, denn die Kl盲ger h盲tten nur die beiden Kinder mitgenommen, die Medizin bzw. Zahnmedizin studierten, im Rahmen ihrer Doktorarbeit bereits auf dem Gebiet der Krebsforschung arbeiteten und ihnen zudem als Dolmetscher f眉r die Konferenzsprachen Franz枚sisch und Russisch gute Dienste geleistet h盲tten.
Mit der Revision r眉gt das FA Verletzung der 搂搂 12 Nr. 1, 4 Abs. 4 EStG. Eine 眉berwiegend berufliche Veranlassung der Reise sei mit hinreichender Sicherheit nur f眉r die Kongre脽tage in Tokio festzustellen. F眉r die 眉brige Zeit, f眉r die eine lehrgangsm盲脽ige Organisation der Reise nicht erkennbar sei, lie脽e sich die Verfolgung privater Reisezwecke nicht hinreichend ausschlie脽en, wie die nichtberufsbedingten Besichtigungen zeigten. Auch die Mitnahme der Kinder spreche gegen eine ausschlie脽lich betriebliche Veranlassung der Reise.
Das FA beantragt sinngem盲脽, das Urteil des FG aufzuheben und den Abzug der Reisekosten als Betriebsausgaben zu versagen.
Die Kl盲ger beantragen, die Revision zur眉ckzuweisen.
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Die Revision ist begr眉ndet.
1. Betriebsausgaben sind Aufwendungen, die durch den Betrieb veranla脽t sind (搂 4 Abs. 4 EStG). Nichtabzugsf盲hig sind dagegen Aufwendungen f眉r die Lebensf眉hrung, die die wirtschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, auch wenn sie zur F枚rderung des Berufs oder der T盲tigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen (搂 12 Nr. 1 Satz 2 EStG). Nach der Auslegung, die 搂 12 Nr. 1 Satz 2 EStG durch die Rechtsprechung des BFH erfahren hat (vgl. insbesondere den Beschlu脽 des Gro脽en Senats vom 19. Oktober 1970 GrS 2/70, BFHE 100, 309, BStBl II 1971, 17), verbietet diese Vorschrift zur Wahrung der steuerlichen Gerechtigkeit die Aufteilung und damit den Abzug von Aufwendungen, die sowohl der privaten Lebensf眉hrung dienen als auch den Beruf f枚rdern. Es soll verhindert werden, da脽 Steuerpflichtige durch eine mehr oder weniger zuf盲llige oder bewu脽t herbeigef眉hrte Verbindung zwischen beruflichen und privaten Interessen Aufwendungen f眉r ihre Lebensf眉hrung nur deshalb zum Teil in einen einkommensteuerrechtlich relevanten Bereich verlagern k枚nnen, weil sie einen entsprechenden Beruf haben, w盲hrend andere Steuerpflichtige gleichartige Aufwendungen aus versteuerten Eink眉nften decken m眉ssen (GrS 2/70).
Auslandsreisen, die nach der Lebenserfahrung sowohl dem beruflichen Bereich als auch dem der Lebensf眉hrung angeh枚ren k枚nnen (vgl. BFH-Urteil vom 18. Februar 1965 IV 36/64 U, BFHE 82, 88, BStBl III 1965, 279), f眉hren nur dann zu abzugsf盲higen Betriebsausgaben, wenn die Reisen ausschlie脽lich oder zumindest weitaus 眉berwiegend in beruflichem Interesse unternommen werden, wenn also die Befriedigung privater Interessen, wie z. B. Erholung, Bildung und Erweiterung des allgemeinen Gesichtskreises nach dem Anla脽 der Reise, dem vorgesehenen Programm und der tats盲chlichen Durchf眉hrung nahezu ausgeschlossen ist (BFH-Urteil vom 22. Mai 1974 I R 212/72, BFHE 113, 274, BStBl II 1975, 70, mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Anderenfalls sind die gesamten Reisekosten nichtabzugsf盲hig, sofern sich nicht ein durch den Beruf veranla脽ter Teil nach objektiven Ma脽t盲ben sicher und leicht abgrenzen l盲脽t (BFH-Urteile vom 1. April 1971 IV R 72/70, BFHE 102, 90, BStBl II 1971, 524; I R 212/72; vom 4. Dezember 1974 I R 112/73, BFHE 114, 488, BStBl II 1975, 379). An den von dem Steuerpflichtigen zu f眉hrenden Nachweis des beruflichen Charakters der Reise sind strenge Anforderungen zu stellen (BFH-Urteil IV R 72/70). Dazu reicht die Darlegung eines allgemeinen beruflichen Interesses nicht aus, denn auch die F枚rderung der allgemeinen beruflichen Bildung ist Teil der Allgemeinbildung (vgl. BFH-Urteil I R 212/72); die erforderliche klare Abgrenzung der beruflichen von der privaten Sph盲re w盲re sonst in solchen F盲llen nicht gew盲hrleistet. Eine berufliche Veranlassung ist vielmehr nur anzuerkennen, wenn sich die Teilnahme aus den konkreten beruflichen Gegebenheiten erkl盲ren l盲脽t. Eine Reise gilt daher in der Regel nur dann als beruflich veranla脽t, wenn sie dem Besuch einer straff organisierten Fachtagung dient oder wenn sie ohne einen solchen Anla脽 auf die besonderen beruflichen Belange des betreffenden Steuerpflichtigen zugeschnitten ist und die Befriedigung privater Interessen nahezu ausgeschlossen ist; dabei wird vorausgesetzt, da脽 die Teilnahme des Steuerpflichtigen an den Veranstaltungen feststeht. Die Reise ist in ihrer Gesamtheit zu w眉rdigen; eine Aufteilung der Reisekosten kommt nicht in Betracht (BFH-Urteil IV R 72/70).
2. Die Vorentscheidung ist aufzuheben; sie steht zu diesen Grunds盲tzen in Widerspruch. Die von den Kl盲gern geltend gemachten Aufwendungen f眉r die Reise stellen keine Betriebsausgaben dar. Im Streitfall kann zwar davon ausgegangen werden, da脽 die Teilnahme an dem Internationalen Krebskongre脽 in Tokio f眉r die Kl盲ger als Fach盲rzte f眉r R枚ntgenologie und Strahlenheilkunde von gro脽em beruflichen Interesse war. Betrachtet man die Reise jedoch in ihrer Gesamtheit, so zeigt sich, da脽 eine aufwendige, weitf眉hrende Auslandsreise von l盲ngerer Dauer vorliegt, deren Ablauf weder ausschlie脽lich noch weitaus 眉berwiegend durch den Besuch des Fachkongresses oder durch sonstige berufsbezogene Veranstaltungen bedingt war.
F眉r den Besuch des Fachkongresses h盲tte es nahegelegen, die M枚glichkeit eines Direktfluges nach Tokio zu n眉tzen, wenn die Teilnahme an diesem Kongre脽 alleiniger Zweck der Reise der Kl盲ger gewesen w盲re. Statt dessen f眉hrte die Reiseroute in die St盲dte Teheran, Neu Delhi, Bangkok, Hongkong, Bombay und Kairo, deren Besuch f眉r die Teilnahme an dem Krebskongre脽 nicht erforderlich war. Ein zumindest weitaus 眉berwiegend beruflicher Anla脽 f眉r diesen Reiseverlauf l盲脽t sich auch nicht aus den vom offiziellen Reiseprogramm abweichenden Unternehmungen der Kl盲ger ableiten. Die gegenteilige Auffassung, die das FG auf das BFH-Urteil vom 20. M盲rz 1969 IV R 157/68 (BFHE 95, 187, BStBl II 1969, 338) st眉tzt, verkennt die strengen Anforderungen, die nach der neueren Rechtsprechung des BFH (Urteil I R 212/72) an den Nachweis der beruflichen Veranlassung einer Reise zu stellen sind. Dem FG kann nicht darin gefolgt werden, wenn es die berufliche Veranlassung damit begr眉ndet, Fortbildung bedeute nicht nur die Vertiefung von Spezialkenntnissen, sondern auch die Erweiterung von beruflichen Allgemeinkenntnissen und den Erwerb von Kenntnissen auf Grenzgebieten der 盲rztlichen T盲tigkeit. Vielmehr sind insbesondere der Vortrag des Kl盲gers und die Veranstaltungen im Zusammenhang mit Fragen der Familienplanung und der Geburtenregelung in Hongkong, die Beratung mit Dr. X in Bangkok, der Empfang in Bombay und die Besichtigung der dortigen Leprastation im Rahmen der steuerrechtlichen Abgrenzung der Lebenshaltungskosten von den Betriebsausgaben nicht in dem Sinn beruflich veranla脽t, da脽 demgegen眉ber die private Veranlassung in den Hintergrund tr盲te oder abgrenzbare beruflich veranla脽te Teile entst盲nden. Dazu kommen noch der h盲ufige Ortswechsel und die aufgrund der Reiseplanung gegebenen M枚glichkeiten zur Besichtigung von Teheran, Neu Delhi, Hongkong und Kairo sowie die ganzt盲gigen Fahrten nach Agra zum Taj Mahal sowie in die Kaiserstadt Kyoto. Daraus ist zu schlie脽en, da脽 die Kl盲ger an der Reise zumindest auch wegen der damit verbundenen zahlreichen - auch von privaten Urlaubsreisenden erstrebten - touristischen Erlebnisse teilgenommen haben. Wenn das FG ausf眉hrt, bei einer l盲ngeren Reise seien Ruhetage erforderlich und daher beruflich veranla脽t, so verkennt es, da脽 die lange Dauer der Reise im Streitfall nicht beruflich veranla脽t war und da脽 jedenfalls im Rahmen der Gesamtw眉rdigung einer Reise auch zu pr眉fen ist, wie solche Entspannungsphasen gestaltet werden (Urteil des BFH I R 112/73). Entgegen der Auffassung des FG stellen auch die Teilnahme der Kinder der Kl盲ger an der Reise und die daf眉r aufgebrachten erheblichen Kosten ein Indiz f眉r den privaten Anla脽 der Reise dar (vgl. BFH-Urteil vom 18. Februar 1965 IV 209/63 U, BFHE 82, 96, BStBl III 1965, 282); dabei ist es unbeachtlich, da脽 beide Kinder Medizin studierten.
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Fundstellen
亿兆体育-Index 72126 |
BStBl II 1977, 54 |
BFHE 1977, 28 |