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Leitsatz (amtlich)
Eine Betriebsver盲u脽erung wegen dauernder Berufsunf盲higkeit kann auch dann vorliegen, wenn ein Betriebsinhaber seinen Betrieb wegen seines die berufliche T盲tigkeit ausschlie脽enden Gesundheitszustandes zun盲chst befristet verpachtet und nach Erlangung der Gewi脽heit, da脽 er dauernd unf盲hig bleiben werde, den Betrieb wieder selbst zu 眉bernehmen, ver盲u脽ert.
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Orientierungssatz
1. Der Verp盲chter eines landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen Betriebs bleibt Landwirt mit landwirtschaftlichem und forstwirtschaftlichem Betriebsverm枚gen und mit Eink眉nften aus Landwirtschaft und Forstwirtschaft, wenn er bei Beginn der Verpachtung keine Betriebsaufgabe erkl盲rt (vgl. BFH-Rechtsprechung).
2. Der Nachweis der dauernden Berufsunf盲higkeit als Grund f眉r eine Betriebsver盲u脽erung kann auch durch ein privat盲rztliches Gutachten gef眉hrt werden (vgl. BFH-Urteil vom 18.8.1981 VIII R 25/79).
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Normenkette
EStG 搂搂听14, 16 Abs. 4 S. 3, 搂听13
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Tatbestand
F眉r den Veranlagungszeitraum 1973 ist streitig, ob der Ehefrau des Kl盲gers und Revisionskl盲gers (Kl盲ger) f眉r den Gewinn aus der Ver盲u脽erung ihres land- und forstwirtschaftlichen Betriebs der erh枚hte Freibetrag wegen dauernder Berufsunf盲higkeit gem盲脽 搂 16 Abs.4 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1971 zusteht.
Der Kl盲ger, der heute Rentner ist, bewirtschaftete bis zum 1.Oktober 1971 zusammen mit seiner Ehefrau einen landwirtschaftlichen Betrieb. Das landwirtschaftliche Anwesen, das ca. 35 ha landwirtschaftliche Nutzfl盲che umfa脽te, geh枚rte der Ehefrau; sie hatte es von ihren Eltern geerbt. Bereits ab 1969 traten bei der Ehefrau gesundheitlich bedingte Einschr盲nkungen in der k枚rperlichen Leistungsf盲higkeit ein. Auch die Erwerbsf盲higkeit des Kl盲gers war gemindert. Aus diesem Grunde verpachtete die Ehefrau im November 1971 den Hof f眉r die Zeit vom 1.Oktober 1971 bis 30.September 1977. In einer Zusatzvereinbarung vom gleichen Tage vereinbarten die Vertragsparteien, da脽 sich die Pachtdauer um weitere sechs Jahre verl盲ngern sollte, falls nach Ablauf der vorgesehenen Pachtdauer eine Wiederbewirtschaftung durch die Verp盲chterin nicht in Frage komme.
Am 20.M盲rz 1973 ver盲u脽erte die Ehefrau ihren landwirtschaftlichen Betrieb f眉r 1,5 Mio DM. Im Einkommensteuerbescheid f眉r 1973 setzte das damals zust盲ndige Finanzamt entsprechend den Feststellungen einer Betriebspr眉fung einen Ver盲u脽erungsgewinn von 232 880 DM fest. Der Einspruch hatte teilweise Erfolg. Zwischen den Beteiligten ist nicht mehr streitig, da脽 der Ver盲u脽erungsgewinn 114 950 DM betr盲gt. In der Einspruchsentscheidung gew盲hrte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) auf den Ver盲u脽erungsgewinn von 114 950 DM einen Freibetrag nach 搂 16 Abs.4 S盲tze 1 und 2 EStG in H枚he von 15 050 DM.
Dagegen erhob der Kl盲ger Klage. Er ist der Meinung, seiner Ehefrau sei der erh枚hte Freibetrag von 60 000 DM nach 搂 16 Abs.4 Satz 3 EStG wegen dauernder Berufsunf盲higkeit zu gew盲hren. Zur Begr眉ndung trug er vor, die Ver盲u脽erung des landwirtschaftlichen Betriebs sei allein wegen des schlechten Gesundheitszustands seiner Ehefrau erfolgt; sie habe den Betrieb ver盲u脽ert, als sie erkannt habe, da脽 sie die zur F眉hrung eines landwirtschaftlichen Betriebs erforderliche k枚rperliche Verfassung nicht mehr zur眉ckerhalten werde. Zum Nachweis der Berufsunf盲higkeit seiner Ehefrau legte der Kl盲ger einen Feststellungsbescheid des Versorgungsamtes vom 9.Juli 1980 vor, nach dem die Ehefrau zu 40 % in ihrer Erwerbsf盲higkeit gemindert ist. In einem handschriftlichen Zusatz vom 15.Februar 1982 hei脽t es: "Ab 1.5.1974 erg盲nzt Unterschrift S." Als k枚rperliche Behinderung der Ehefrau sind in dem Bescheid Wirbels盲ulen- und Gelenkleiden mit rezidivierenden Nervenwurzelschmerzen und Bewegungsbehinderung, Entfernung der Geb盲rmutter, chronisches Blasenleiden und Bluthochdruck mit Kopfschmerzen und Schwindelzust盲nden angef眉hrt. Au脽erdem legte der Kl盲ger zwei 盲rztliche Bescheinigungen des Hausarztes vom 12.Oktober 1982 und 4.Januar 1983 vor.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegr眉ndet ab.
Mit der Revision beantragt der Kl盲ger, die Vorentscheidung aufzuheben und die Einkommensteuerschuld f眉r 1973 von 23 896 DM auf 14 448 DM herabzusetzen oder die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zur眉ckzuverweisen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegr眉ndet zur眉ckzuweisen.
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Die Revision ist begr眉ndet.
Nach 搂 14 i.V.m. 搂 16 Abs.4 S盲tze 1 und 2 EStG in der ab 1971 geltenden Fassung wird der Gewinn aus der Ver盲u脽erung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs zur Einkommensteuer nur herangezogen, soweit er 30 000 DM 眉bersteigt; der Freibetrag wird in voller H枚he gew盲hrt, sofern der Ver盲u脽erungsgewinn 100 000 DM nicht 眉bersteigt. Nach 搂 16 Abs.4 Satz 3 EStG tritt an die Stelle des Betrags von 30 000 DM der Betrag von 60 000 DM und an die Stelle des Betrags von 100 000 DM ein Betrag von 200 000 DM, wenn der Steuerpflichtige nach Vollendung seines 55.Lebensjahres oder wegen dauernder Berufsunf盲higkeit seinen Betrieb ver盲u脽ert oder aufgibt.
H盲tte also die im Streitjahr 1973 50j盲hrige Kl盲gerin ihren landwirtschaftlichen Betrieb wegen dauernder Berufsunf盲higkeit ver盲u脽ert, w盲re der festgestellte Ver盲u脽erungsgewinn von 114 950 DM um einen Freibetrag von 60 000 DM anstelle des vom FA gew盲hrten Freibetrags von 15 050 DM zu k眉rzen.
Das FG hat die Gew盲hrung des erh枚hten Freibetrags wegen dauernder Berufsunf盲higkeit mit der Begr眉ndung versagt, die 盲rztlichen Bescheinigungen und der Vortrag des Kl盲gers lie脽en keinerlei Anhaltspunkte daf眉r erkennen, da脽 die Ehefrau wegen ihrer gesundheitlichen St枚rungen nicht mehr imstande gewesen w盲re, ihren Betrieb in der Form der Verpachtung fortzusetzen. Diese Begr眉ndung w眉rde dazu f眉hren, da脽 der Verp盲chter eines Betriebs bei dessen Ver盲u脽erung den erh枚hten Freibetrag wegen dauernder Berufsunf盲higkeit in keinem Fall beanspruchen kann. Dieser Auffassung vermag der Senat nicht zu folgen.
Nach dem Urteil des Senats vom 18.M盲rz 1964 IV 114/61 S (BFHE 79, 195, BStBl III 1964, 303) in Verbindung mit der Entscheidung des Gro脽en Senats vom 13.November 1963 GrS 1/63 S (BFHE 78, 315, BStBl III 1964, 124) bleibt der Verp盲chter eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs Landwirt mit land- und forstwirtschaftlichem Betriebsverm枚gen und mit Eink眉nften aus Land- und Forstwirtschaft, wenn er bei Beginn der Verpachtung keine Betriebsaufgabe erkl盲rt. Die Rechtsprechung sieht die Einstellung der betrieblichen T盲tigkeit durch die Verpachtung des Betriebs im ganzen nicht als endg眉ltig an, weil und solange die M枚glichkeit der Wiederaufnahme der eigenen betrieblichen T盲tigkeit durch die Beendigung des Pachtverh盲ltnisses besteht. Diese Rechtsprechung und ihre Grundlagen haben zur Folge, da脽 dem Verp盲chter eines Betriebs bei der Ver盲u脽erung oder Aufgabe des Betriebs w盲hrend der Verpachtung bei der Besteuerung des erzielten Ver盲u脽erungs- oder Aufgabegewinns die Verg眉nstigungen der 搂搂 16, 34 EStG grunds盲tzlich erhalten bleiben. Zu diesen steuerlichen Verg眉nstigungen geh枚rt auch der erh枚hte Freibetrag wegen dauernder Berufsunf盲higkeit, wenn die tats盲chlichen Voraussetzungen nachgewiesen sind. Die Gew盲hrung dieses Freibetrags kann nicht davon abh盲ngig gemacht werden, ob der betreffende Landwirt unf盲hig ist, den "Beruf" als Verp盲chter auszu眉ben, wie offenbar das FG annimmt. Die T盲tigkeit als Verp盲chter ist kein Beruf, wie ihn der Begriff der Berufsunf盲higkeit in 搂 16 Abs.4 Satz 3 EStG anspricht. Unter Beruf im Sinne dieser Vorschrift ist beim Betriebsverp盲chter vielmehr die T盲tigkeit als Landwirt, Gewerbetreibender oder Freiberufler zu verstehen, die er vor der Betriebsverpachtung als Betriebsinhaber (bzw. Praxisinhaber) ausge眉bt hat und die er wegen Krankheit oder sonstiger Invalidit盲t aufgeben mu脽te.
Von der Sache her kommt es danach beim Verp盲chter darauf an, ob er den Betrieb wegen der eingetretenen Unf盲higkeit, den betreffenden Beruf auszu眉ben, befristet verpachtet hat und ob er dann den Betrieb als Verp盲chter ver盲u脽ert oder aufgegeben hat, als ihm zur Gewi脽heit wurde, da脽 er dauernd unf盲hig bleiben werde, den Betrieb selbst wieder zu 眉bernehmen. Nur diese Auslegung des Begriffs "Betriebsver盲u脽erung oder Betriebsaufgabe wegen dauernder Berufsunf盲higkeit" beim Betriebsverp盲chter wird der obigen Rechtsprechung zur Betriebsverpachtung im ganzen und der Zielsetzung des 搂 16 Abs.4 Satz 3 EStG gerecht. Nach dieser Zielsetzung soll eine durch dauernde Berufsunf盲higkeit veranla脽te Betriebsver盲u脽erung oder Betriebsaufgabe zus盲tzlich beg眉nstigt werden. Ma脽geblich ist also nach dem Zweck der Vorschrift, da脽 die Ver盲u脽erung oder Aufgabe des Betriebs durch die dauernde Berufsunf盲higkeit veranla脽t wurde. Die berufliche T盲tigkeit des Unternehmers als Betriebsinhaber, wie er sie in dem konkreten Betrieb ausge眉bt hat, mu脽 infolge seines die berufliche T盲tigkeit ausschlie脽enden Gesundheitszustands zun盲chst in Form der befristeten Betriebsverpachtung eingestellt oder unterbrochen worden sein und die erlangte Gewi脽heit der dauernden Berufsunf盲higkeit mu脽 zur Betriebsver盲u脽erung oder Betriebsaufgabe gef眉hrt haben. Die vollst盲ndige oder teilweise Invalidit盲t mu脽 also den betreffenden Gewerbetreibenden, Freiberufler oder Landwirt f眉r dauernd unf盲hig gemacht haben, seinen Betrieb oder seine Praxis wieder selbst zu 眉bernehmen. Der betreffende Landwirt, der seinen Betrieb aus den angef眉hrten Gr眉nden befristet verpachtet hat, kann also bei Feststellung der dauernden Berufsunf盲higkeit als Landwirt nicht darauf verwiesen werden, da脽 er ja seine Verp盲chtert盲tigkeit fortsetzen k枚nne. W盲re dieser Einwand zutreffend, k枚nnte er gegen眉ber jedem berufsunf盲higen Betriebsinhaber geltend gemacht werden und zur Versagung des erh枚hten Freibetrags wegen Berufsunf盲higkeit f眉hren.
Wie der VIII.Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) im Urteil vom 18.August 1981 VIII R 25/79 (BFHE 134, 548, BStBl II 1982, 293) ausgef眉hrt hat, sah der Entwurf der Bundesregierung zun盲chst die Verdoppelung des Freibetrags lediglich bei einer Ver盲u脽erung oder Aufgabe des Betriebs wegen "dauernder v枚lliger Erwerbsunf盲higkeit vor" (BTDrucks VI/1901 S.3, 12). Der Bundesrat sprach sich aber f眉r die sp盲terhin Gesetz gewordene Fassung aus, um auch die F盲lle zu beg眉nstigen, in denen "eine gewisse Erwerbsf盲higkeit in einem anderen Beruf erhalten geblieben ist" (BTDrucks VI/1901 S.16). Aus dieser 脛u脽erung l盲脽t sich entnehmen, da脽 auch der Gesetzgeber den Unternehmer nicht auf andere T盲tigkeiten, wie z.B. auch die Verpachtung seines Betriebs, verweisen wollte.
Das Urteil des FG mu脽 danach wegen Rechtsirrtums aufgehoben werden. Was die Feststellung der Berufsunf盲higkeit der Kl盲gerin betrifft, so hat sich das FG infolge seiner anderen Rechtsauffassung ohne abschlie脽ende W眉rdigung auf den Hinweis beschr盲nkt, aus den vorgelegten Bescheinigungen des Versorgungsamtes und des Hausarztes erg盲ben sich erhebliche Zweifel, ob die vom Steuergesetz geforderte dauernde Berufsunf盲higkeit bei der Ehefrau vorgelegen habe. Wenn das FG anschlie脽end ausf眉hrt, f眉r einen derartigen Nachweis reichen die vorgelegten haus盲rztlichen Bescheinigungen nicht aus, so steht das in Widerspruch zum angef眉hrten Urteil des VIII.Senats in BFHE 134, 548, BStBl II 1982, 293, der auch ein privat盲rztliches Gutachten als m枚glichen Nachweis einer dauernden Berufsunf盲higkeit gelten l盲脽t.
Im Streitfall kommt es nach den obigen Ausf眉hrungen neben der Feststellung, da脽 die Ehefrau des Kl盲gers den Betrieb wegen ihres schlechten Gesundheitszustandes befristet verpachtet hat, vor allem darauf an, ob die vom Versorgungsamt festgestellte 40%ige Erwerbsminderung bei einer 50j盲hrigen Frau zu der Feststellung ausreicht, sie sei dauernd unf盲hig gewesen, ihren 35 ha gro脽en landwirtschaftlichen Betrieb wieder selbst zu bewirtschaften. K枚nnte man das bejahen, so w眉rde zwischen den Bescheinigungen des Versorgungsamtes einerseits und dem privat盲rztlichen Gutachten des Hausarztes sachlich kein Widerspruch bestehen. Zu dieser entscheidenden Frage hat das FG keine Feststellungen getroffen. Es fehlen demnach in der Frage der Berufsunf盲higkeit der Ehefrau des Kl盲gers als Grund der Betriebsverpachtung und der dauernden Berufsunf盲higkeit als Grund der Betriebsver盲u脽erung notwendige tats盲chliche Feststellungen und ihre abschlie脽ende W眉rdigung durch das FG. Die Sache mu脽 daher zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zur眉ckverwiesen werden, damit es die fehlenden Feststellungen nachholen und dann erneut entscheiden kann.
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Fundstellen
亿兆体育-Index 61447 |
BStBl II 1986, 601 |
BFHE 146, 399 |
BFHE 1986, 399 |
BB 1986, 1420-1420 (S) |
DB 1986, 1805-1806 (ST) |
DStR 1986, 622-622 (ST) |
HFR 1986, 576-577 (ST) |