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Leitsatz (amtlich)
1. Zur Abzugsf盲higkeit der Kosten einer Reise, die ein Ehepaar - die Ehefrau als Beteiligte, der Ehemann als Angestellter ein und derselben Kommanditgesellschaft - nach Nordamerika macht.
2. Schon aus der Wahl der Bef枚rderungsmittel und aus der Dauer der Reise kann auf einen privaten Reiseanla脽 geschlossen werden.
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Normenkette
EStG 1961 搂听4 Abs. 4, 搂听12 Nr. 1 S. 2
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Tatbestand
Der Kl盲ger zu 1 (im folgenden: Ehemann) war bis 30. Juni 1961 gesch盲ftsf眉hrender Komplement盲r einer Kommanditgesellschaft (KG). Ab 1. Juli 1961 schied er aus der KG aus und blieb bei der KG als Angestellter t盲tig.
Er und die Ehefrau unternahmen vom 27. Juni bis 21. Dezember 1961 auf Kosten der KG eine Amerika-Reise. Die Reise f眉hrte von Hamburg mit einem Frachtschiff 眉ber Mittelamerika durch den Panama-Kanal nach X. (Kanada), wo das Schiff nach 46 Tagen ankam. F眉r die Weiterfahrt benutzten die Eheleute ihren mitgebrachten Mercedes 300 mit Wohnwagen. Die Fahrt ging 眉ber zahlreiche St盲dte und Landschaften der USA nach New York, wo die Eheleute nach weiteren 105 Tagen der Reise sich aufhielten. Von dort machten sie mit dem Flugzeug einen Abstecher nach Florida. Am 178. Tage endete die Reise. Auf ihrer Fahrt durch den nordamerikanischen Kontinent besichtigten die Eheleute verschiedene Unternehmen; sie setzten sich mit Konsulaten und Handelskammern und ihnen von dort empfohlenen Unternehmern in Verbindung. Eine F眉hlung mit amerikanischen Kunden nahmen die Eheleute nicht. Als Frucht ihrer Reise verweisen sie auf einen Agenturvertrag mit der US-amerikanischen Firma N, der im April 1963 zustande kam. Die Reisekosten von 32 859 DM behandelte die KG zun盲chst voll als Betriebsausgabe. Nachtr盲glich sah sie hiervon 3 401 DM f眉r Fotobedarf und rund 20 v. H. der verbleibenden Kosten = 5 800 DM als privat verursacht an. Den Rest von 23 658 DM machte sie jedoch als Betriebsaufwand geltend.
Das FA lehnte die gesamten Reisekosten als Betriebsausgabe ab, weil eine ausschlie脽liche oder weit 眉berwiegende Betriebsbedingtheit, die die M枚glichkeit eines privaten Reisezwecks nahezu ausschlie脽e, nicht erkennbar sei. Das FG lie脽 den Abzug zu und f眉hrte aus: Nach dem glaubhaften Vorbringen der Kl盲ger seien f眉r die Reise allein betriebliche Erw盲gungen ma脽gebend gewesen. Insbesondere h盲tten M枚glichkeiten f眉r einen Absatz der Erzeugnisse der KG in den USA erkundet und Informationen beschafft werden sollen. Die Gesellschafter der KG, auch soweit sie nicht zur Familie der Eheleute geh枚rten, h盲tten deshalb die Reise genehmigt und f眉r erforderlich gehalten, wie 眉berhaupt der Kaufmann allein 眉ber den Umfang des betrieblichen Aufwands zu entscheiden habe. Der vom Ehemann verfa脽te Reisebericht, an dessen Richtigkeit zu zweifeln kein Anla脽 bestehe, best盲tige, da脽 private Gr眉nde nicht ma脽gebend gewesen seien; dem stehe wegen der weiten Entfernungen und notwendigen Erholungstage nicht entgegen, da脽 an nur 35 Tagen w盲hrend der Reise Besichtigungen oder 盲hnliches stattgefunden h盲tten. Die lange Dauer der Fahrt mit dem Schiff erkl盲re sich daraus, da脽 X. als Ausgangspunkt f眉r die Besichtigungsreise gedacht gewesen sei. Die Mitnahme von PKW und Wohnwagen habe die Reise sogar wesentlich verbilligt. Die Teilnahme der Ehefrau sei verst盲ndlich wegen ihrer Eigenschaft als Gesellschafterin und Prokuristin der KG. Nicht als Betriebsausgabe anzuerkennen seien nur die Kosten f眉r Fotomaterial, f眉r den Florida-Aufenthalt, f眉r die Krankenversicherung der Eheleute und einiger rein privat genutzter Tage. Im Ergebnis kam das FG zu den von der KG zum Abzug begehrten 23 658 DM.
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贰苍迟蝉肠丑别颈诲耻苍驳蝉驳谤眉苍诲别
Aus den Gr眉nden:
Die Revision, mit der das FA unrichtige Rechtsanwendung r眉gt, f眉hrt zur Aufhebung des Urteils des FG.
Nach 搂 4 Abs. 4 EStG sind Betriebsausgaben die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranla脽t sind. In welchem Umfang sie Betriebsaufwendungen machen wollen, liegt grunds盲tzlich bei den Steuerpflichtigen. Es ist jedoch rechtlich nicht m枚glich, Auslagen, die objektiv privaten Charakter haben, entgegen dieser Eigenschaft als Betriebsausgaben zu behandeln. Nach 搂 12 Nr. 1 Satz 2 EStG d眉rfen weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Eink眉nfte Aufwendungen f眉r die Lebensf眉hrung, die die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, abgezogen werden, "auch wenn sie zur F枚rderung des Berufs und der T盲tigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen". Die Abgrenzung der Kosten der Lebensf眉hrung von Betriebsausgaben ist h盲ufig schwierig und w眉rde oft ein tiefes Eindringen in die pers枚nlichen Angelegenheiten der Steuerpflichtigen erfordern. Die Rechtsprechung wendet daher in diesen F盲llen eine objektive, typisierende Betrachtung an, wie sie auch der Regelung des 搂 12 EStG zugrunde liegt. Nach der Entscheidung des Senats VI 340/62 U vom 11. Dezember 1963 (BFH 78, 246, BStBl III 1964, 98) will 搂 12 Nr. 1 EStG in typisierender Betrachtung die Gleichbehandlung aller Steuerpflichtigen sichern; es soll vermieden werden, da脽 einzelne Steuerpflichtige durch Verquickung von privaten und gesch盲ftlichen Interessen sich hieraus einen steuerlichen Vorteil verschaffen.
Diese Grunds盲tze gelten insbesondere auch dann, wenn 眉ber Reisekosten als Betriebsausgaben zu entscheiden ist; es wird verwiesen auf die Entscheidungen des BFH IV 36/64 U vom 18. Februar 1965 (BFH 82, 88, BStBl III 1965, 279), IV 209/63 U vom 18. Februar 1965 (BFH 82, 96, BStBl III 1965, 282), IV 269/64 U vom 22. Juli 1965 (BFH 83, 401, BStBl III 1965, 644), IV 55/65 U vom 22. Juli 1965 (BFH 83, 406, BStBl III 1965, 646), VI 132/65 vom 11. Mai 1966 (BFH 86, 349, BStBl III 1966, 502). Danach kommt es zun盲chst darauf an, ob die Reise nach ihren 盲u脽eren Umst盲nden ausschlie脽lich oder doch weit 眉berwiegend durch berufliche Erw盲gungen veranla脽t ist. Trifft das zu, sind die Reisekosten Betriebsausgaben. Ist jedoch eine ausschlie脽liche oder weit 眉berwiegende betriebliche Veranlassung nicht feststellbar, greift 搂 12 Nr. 1 Satz 2 EStG durch mit der Folge, da脽 der gesamte Reiseaufwand zu den Lebenshaltungskosten geh枚rt, selbst wenn die berufliche T盲tigkeit gef枚rdert wird; dabei wird jedoch mit 搂 12 Nr. 1 Satz 2 EStG als vereinbar angesehen, die anl盲脽lich einer Privatreise im beruflichen Interesse aussonderbar und nachweisbar aufgewendeten Mehrkosten als Betriebsausgaben abzuziehen. Der berufliche Zweck wird in der Regel anerkannt, wenn die Reise dem Besuch eines regelrechten Fachkurses dient. Aber auch au脽erhalb einer lehrgangm盲脽igen Organisation k枚nnen Betriebsausgaben angenommen werden, wenn nach den Umst盲nden ein privater Reisezweck nahezu ausgeschlossen ist. Andererseits liegt eine Berufsreise nicht vor, wenn auf einer typischen Erholungsreise auch einzelne berufliche Gesch盲fte wahrgenommen werden.
Wendet man diese auf den 搂 4 Abs. 4 und 搂 12 Nr. 1 EStG fu脽enden Grunds盲tze sinnvoll an, kann man dem FG unm枚glich darin folgen, da脽 die streitige Reise eindeutig Betriebscharakter trage mit der Folge, da脽 die Aufwendungen grunds盲tzlich Betriebsausgaben seien und nur die ausschlie脽lich privat veranla脽ten Mehrkosten ausgeschieden werden m眉脽ten. Folgende aus den Akten zu entnehmende Tatsachen ergeben vielmehr das Gesamtbild, da脽 die Reise ausschlie脽lich oder doch weit 眉berwiegend in pers枚nlichen Umst盲nden und Erw盲gungen, d. h. in der Lebensf眉hrung der Eheleute ihren Anla脽 hatte.
1. Bei der KG hatte sich ein Generationswechsel vollzogen. Der Ehemann war bisher pers枚nlich haftender Gesellschafter und Gesch盲ftsf眉hrer gewesen; nach den Akten hatte er die Gesch盲ftsleitung des Betriebes seit dem Jahre ... innegehabt. Nunmehr 眉bertrug er die Beteiligung als Komplement盲r und die Funktion des Gesch盲ftsf眉hrers seinem Sohn. Anschlie脽end suchte er auf einer l盲ngeren Reise zusammen mit seiner Ehefrau Erholung und Ausspannung. Die Ertr盲ge, die die KG unter seiner Gesch盲ftsf眉hrung erzielt hatte, rechtfertigten diese Absicht.
Der Absicht einer l盲ngeren Pause der Erholung und Ausspannung entsprach schon die Wahl des Bef枚rderungsmittels f眉r die 脺berfahrt. W盲hrend es dem terminbedr盲ngten und deshalb auf Reiseabk眉rzung bedachten Unternehmer m枚glich ist, sein Ziel in Amerika binnen 24 Stunden zu erreichen, w盲hlten die Eheleute nicht das Flugzeug, sondern die f眉r den Mitreisenden beschauliche Ruhe eines Frachtschiffes, das sie erst nach 46 Tagen am 11. August 1961 wieder verlie脽en. Im Schriftsatz vom 1. August 1963 hatten die Kl盲ger selbst vorgetragen, "die Dauer der Hinreise nach Kanada war ... als Urlaub gedacht". Mit diesem Akteninhalt ist es nicht vereinbar, wenn das FG in seinem Urteil gleichwohl meint, da脽 "auch der auf die Hinfahrt mit dem Schiff durch den Panama-Kanal entfallende Teil der Reise dem betrieblichen Aufwand zugerechnet werden mu脽". Schon allein dieser, einen der Zeit nach erheblichen Teil der Reise betreffende Fehler in den Feststellungen des steuererheblichen Tatbestands rechtfertigt die Aufhebung des angefochtenen Urteils.
2. Auf den weiteren 105 Tagen der Reise, d. h. bis zu ihrer Ankunft in New York, bedienten die Eheleute sich ihres aus Deutschland mitgebrachten PKW mit Wohnanh盲nger. Gerade diese Zusammenstellung ist typisch f眉r eine Erholungsreise. Sie erm枚glicht jeweils dort Aufenthalt zu nehmen, wo der Reiz der Landschaft oder andere Gr眉nde eine Fahrtunterbrechung erw眉nscht machen.
3. In die gleiche Richtung einer Urlaubsreise deuten die erheblichen Fotokosten von 3 401 DM.
4. Die Dauer der angeblichen Gesch盲ftsreise betrug 178 Tage. Kein Unternehmen wird seine Angestellten nur zum Zwecke von kurzen Besichtigungen und Besprechungen Gesch盲ftsreisen von einem halben Jahr machen lassen. Hier aber soll das gleich f眉r zwei Gesch盲ftsangeh枚rige zutreffen.
5. Schlie脽lich kann auch das Mi脽verh盲ltnis zwischen dem mageren gesch盲ftlichen Ergebnis der Reise und dem Aufwand nicht au脽er Betracht bleiben. Wenn auch der Erfolg nicht ausschlaggebend sein kann, so spielt doch der Umfang des m枚glichen Ergebnisses eine Rolle. Eigene Kunden in den USA haben die Eheleute unbestritten nicht besucht. Als sie nach Deutschland zur眉ckkehrten, hatten sie als gesch盲ftlichen Ertrag ihrer Reise nichts in H盲nden. Zwar kam nach 1 1/4 Jahren ein Agenturvertrag mit einer Firma zustande, doch hatten die Eheleute den Sitz dieses Unternehmens auf ihrer Fahrt durch die Staaten gerade nicht aufgesucht.
Diese aus der Lebenserfahrung gesch枚pften und nach den 搂搂 4 Abs. 4, 12 Nr. 1 EStG ausgerichteten Erw盲gungen lassen im Gegensatz zu dem angefochtenen Urteil nicht die Feststellung zu, da脽 die Reise ausschlie脽lich oder doch weit 眉berwiegend gesch盲ftlich veranla脽t war. Das FG l盲脽t die dem 搂 12 Abs. 1 Satz 2 EStG immanente und f眉r die Anwendung der Vorschrift gebotene typisierende Betrachtung unber眉cksichtigt. Es stellt unrichtigerweise auf die "Glaubw眉rdigkeit" der Beteiligten, die keinesfalls in Abrede gestellt werden soll, ab, statt auf die objektiven Umst盲nde. Insbesondere schon die Dauer der Reise und die gew盲hlten Bef枚rderungsmittel geben der Reise das Gepr盲ge einer privaten Erholungsfahrt, eines typischen "Amerika-Trip", durch den die Eheleute die Eindr眉cke einer fremden Welt genie脽en wollten. Da脽 sie dabei durch Besprechungen und Besichtigungen auch ihre gesch盲ftlichen Erfahrungen anreicherten, 盲ndert den Gesamtcharakter der Reise nicht. Diese an der Dauer der Reise gemessen als Einzelerscheinungen anzusprechenden Vorg盲nge sind kostenm盲脽ig unentwirrbar und unaussonderbar in der Gesamtreise enthalten.
Das von anderer Rechtsauffassung ausgehende Urteil des FG mu脽te daher aufgehoben werden. Der Senat ist nach 搂 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO in der Lage, selbst zu entscheiden. Er weist die Klage gegen den Gewinnfeststellungsbescheid 1961 des FA vom 15. Mai 1963 als unbegr眉ndet ab.
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Fundstellen
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BStBl II 1968, 676 |
BFHE 1968, 69 |