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Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Anwendung des 搂 173 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 AO
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Leitsatz (NV)
Zusammenh盲ngende Tatsachen im Sinne des 搂 173 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 AO, die sich - wie bei einem Ansatz eines nicht steuerbaren Mietwerts f眉r die eigengenutzte Wohnung und damit verbundener Aufwendungen f眉r das gesamte Geb盲ude - nicht auf nachtr盲glich bekannt gewordene Eink眉nfte als Unterschied zwischen steuerbaren Einnahmen und Erwerbsaufwand beziehen, bilden mit der Folge keine einheitliche Tatsache, dass es wegen der zu ber眉cksichtigenden steuererh枚henden Tatsache auf ein Verschulden des Steuerpflichtigen nicht ankommt.
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Normenkette
AO 搂 173 Abs. 1 Nrn.听1-2
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Verfahrensgang
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Tatbestand
I. Die Kl盲ger und Revisionskl盲ger (Kl盲ger) sind Eigent眉mer eines bebauten Grundst眉cks. In den Streitjahren (1999 bis 2002) vermieteten sie das Erd- und Obergeschoss des Hauses und nutzten das Dachgeschoss zu eigenen Wohnzwecken. Noch im Jahr 1998 nahmen die Kl盲ger die gro脽e 脺bergangsregelung (搂 52 Abs. 21 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes 1997 --EStG 1997--) in Anspruch, erkl盲rten also Eink眉nfte aus Vermietung und Verpachtung f眉r die selbstgenutzte Wohnung.
In den Einkommensteuererkl盲rungen f眉r die Streitjahre erkl盲rten die Kl盲ger f眉r das gesamte Grundst眉ck Eink眉nfte aus Vermietung und Verpachtung. Im Jahr 2003 teilten sie dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) mit, in den von ihnen erkl盲rten Eink眉nften aus Vermietung und Verpachtung sei auch der Mietwert der eigengenutzten Wohnung enthalten. Sie beantragten insoweit, die Einkommensteuerbescheide der Streitjahre nach 搂 173 Abs. 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) zu 盲ndern. Das lehnte das FA ab.
Auch die Klage blieb erfolglos. Das Finanzgericht (FG) f眉hrte in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2008, 660, ver枚ffentlichten Urteil zur Begr眉ndung aus, dem FA sei zwar die Tatsache, dass in den erkl盲rten Mieteinnahmen bei den Eink眉nften aus Vermietung und Verpachtung der Mietwert der eigengenutzten Wohnung sowie die entsprechenden anteiligen Werbungskosten enthalten gewesen seien, erst nachtr盲glich bekannt geworden. Diese Tatsache f眉hre auch zu einer niedrigeren Steuer; indes treffe die Kl盲ger ein grobes Verschulden daran, dass diese Tatsache nachtr盲glich bekannt geworden sei. Sie h盲tten erkennen m眉ssen, dass sie seit dem Jahr 1999 hinsichtlich der eigengenutzten Wohnung keine Eink眉nfte mehr erzielten und auch nicht erkl盲ren mussten. Dies ergebe sich bereits aus den Steuererkl盲rungsvordrucken der Streitjahre, die hinsichtlich der eigengenutzten Wohnung gegen眉ber denjenigen f眉r das Jahr 1998 keine eigenst盲ndige Zeile 8 ("Mietwert bei Nutzungswertbesteuerung") aufgewiesen h盲tten.
Hiergegen richtet sich die Revision der Kl盲ger, die sie auf Verletzung von 搂 173 Abs. 1 Nr. 2 AO st眉tzen. Zun盲chst habe das FG die Anforderungen f眉r ein grobes Verschulden der Kl盲ger 眉berspannt. Der Fehler h盲tte dem FA ebenso auffallen m眉ssen. Den nicht steuerlich beratenen Kl盲gern k枚nne als steuerlichen Laien nicht ein Mehr an steuerrechtlichen Kenntnissen abverlangt werden. 脺berdies habe die Vorentscheidung die offensichtlich einschl盲gige Rechtsnorm des 搂 173 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 AO 眉bersehen, so dass es auf ein Verschulden nicht ankomme.
Die Kl盲ger beantragen,
das angefochtene Urteil aufzuheben und das FA zu verpflichten, die Einkommensteuerbescheide f眉r 1999 vom 14. September 2000, f眉r 2000 vom 24. August 2001, f眉r 2001 vom 31. August 2002 und f眉r 2002 vom 16. Juni 2003 dahingehend zu 盲ndern, dass die Eink眉nfte aus Vermietung und Verpachtung f眉r das Grundst眉ck in X, Y-Stra脽e im Jahr 1999 um 23 064 DM, im Jahr 2000 um 7 628 DM, im Jahr 2001 um 17 984 DM und im Jahr 2002 um 1 542 鈧 gemindert werden.
Das FA beantragt,
die Revision als unbegr眉ndet zur眉ckzuweisen.
搂 173 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 AO sei nicht einschl盲gig; denn es handele sich nicht um zwei Tatsachen, die unter 搂 173 Abs. 1 Nr. 1 AO (ungek眉rzter Ansatz der Werbungskosten) und unter 搂 173 Abs. 1 Nr. 2 AO (Mietwertansatz) fielen, sondern um eine Tatsache, die unter 搂 173 Abs. 1 Nr. 2 AO falle.
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II. Die Revision ist begr眉ndet und f眉hrt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zur眉ckverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (搂 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
1. Unzutreffend hat das FG das FA nicht dazu verpflichtet, die angefochtenen Steuerbescheide nach 搂 173 Abs. 1 Nr. 2 AO zu 盲ndern. Auf das diese Korrektur ausschlie脽ende grobe Verschulden der Kl盲ger am nachtr盲glichen Bekanntwerden im Hinblick auf den angesetzten Mietwert kommt es nach 搂 173 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 AO nicht an.
a) Nach dieser Vorschrift ist das Verschulden unbeachtlich, wenn die Tatsachen in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang mit anderen Tatsachen stehen, die zu einer h枚heren Steuer f眉hren und nach 搂 173 Abs. 1 Nr. 1 AO eine 脛nderung des Steuerbescheids zum Nachteil des Steuerpflichtigen gestatten.
Die Kl盲ger nehmen diese Vorschrift zu Recht f眉r sich --mit der Folge eines 脛nderungsrechts-- in Anspruch, da der in Bezug auf die selbst genutzte Wohnung erkl盲rte Mietwert zu h枚heren Steuern f眉hrte und in sachlichem Zusammenhang st眉nde zu den darauf entfallenden Werbungskosten, die zu einer geringeren Steuer f眉hrten.
Das FA hat erst nachtr盲glich erkannt, dass die Kl盲ger in die Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung der Streitjahre nach wie vor einen (nun nicht mehr steuerbaren) Mietwert einbezogen haben (steuermindernde Tatsache). Damit im sachlichen Zusammenhang stehen die auf diese Wohnung entfallenden Aufwendungen, die von den Kl盲gern ebenfalls geltend gemacht worden sind (steuererh枚hende Tatsachen). Beide Tatsachen stehen ersichtlich im unmittelbaren sachlichen Zusammenhang. Der steuererh枚hende Vorgang ist nicht ohne den steuermindernden Vorgang denkbar (vgl. dazu die st盲ndige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs --BFH--, z.B. BFH-Urteil vom 13. Januar 2005 II R 48/02, BFHE 208, 392, BStBl II 2005, 451, unter II. 2. b, m.w.N.).
b) Entgegen der Revisionserwiderung handelt es sich bei dem angesetzten Mietwert und den auf die eigengenutzte Wohnung entfallenden Aufwendungen nicht um听听 eine听听 Tatsache i.S. des 搂 173 Abs. 1 Nr. 2 AO.
Zwar sind nach der Rechtsprechung听听 Eink眉nfte als eine Tatsache听听 anzusehen und einheitliche Eink眉nfte nicht in Einnahmen und Ausgaben aufzuspalten (vgl. BFH-Urteile vom 24. April 1991 XI R 28/89, BFHE 164, 192, BStBl II 1991, 606, und vom 1. Oktober 1993 III R 58/92, BFHE 172, 397, BStBl II 1994, 346; wie die Rechtsprechung Pahlke/Koenig, Abgabenordnung 搂 173 Rz 132; kritisch von Groll in H眉bschmann/Hepp/ Spitaler, --HHSp--, 搂 173 AO Rz 304; Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, 搂 173 AO Rz 87). Diese Grunds盲tze sind aber nur anwendbar, wenn sich nachtr盲glich, z.B. nach einer Sch盲tzung, ergibt, dass Eink眉nfte einer Einkunftsart als Unterschied zwischen steuerbaren Einnahmen und Erwerbsaufwand nicht oder nicht richtig erkl盲rt und ber眉cksichtigt wurden (eingehend BFH-Urteil in BFHE 172, 397, BStBl II 1994, 346).
Darum geht es im Streitfall aber nicht. Denn bei den von den Kl盲gern in die Eink眉nfte einbezogenen Mietwerten handelt es sich nicht um steuerbare Einnahmen. Sie beruhen auf dem in den Streitjahren nicht (mehr) steuerbaren Vorgang des eigenen Wohnens. Folglich gibt es keine steuerbaren Eink眉nfte als Unterschied von Mietwert und Werbungskosten, die aufzuspalten w盲ren. Die nachtr盲glich bekanntgewordene Tatsache kann sich also bei den Besonderheiten des Streitfalls nicht auf das Ergebnis einer Saldierung von Aufwendungen und Ertr盲gen beziehen, weil es ein solches Ergebnis nicht gibt. Erkl盲rt worden sind zwei Tatsachen, einmal --integriert in die Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung-- der Mietwert der eigengenutzten Wohnung und --ebenfalls eingeordnet in den gesamten geb盲udebezogenen Aufwand-- die Aufwendungen, die auf die eigengenutzte Wohnung entfallen.
c) 搂 173 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 AO ist auch nicht deshalb unanwendbar, weil es hier um eine 脛nderung der Bescheide nach 搂 173 Abs. 1 Nr. 2 AO und nicht um eine solche nach 搂 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geht. Denn die Vorschrift ist nicht nur dann anwendbar, wenn ein auf 搂 173 Abs. 1 Nr. 1 AO beruhender 脛nderungsbescheid vorliegt. Es gen眉gt vielmehr, wenn f眉r sich gesehen die Voraussetzungen des 搂 173 Abs. 1 Nr. 1 AO erf眉llt sind (so BFH-Urteil in BFHE 208, 392, BStBl II 2005, 451, unter II. 2. b, m.w.N.; siehe auch von Groll in HHSp, 搂 173 AO Rz 303).
2. Kommt es nach diesen Ma脽st盲ben gem盲脽 搂 173 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 AO auf ein Verschulden der Kl盲ger nicht an, muss das FA die Bescheide der Streitjahre nach 搂 173 Abs. 1 Nr. 2 AO berichtigen. Die diese Verpflichtung ablehnende Vorentscheidung ist aufzuheben.
Die Sache ist aber nicht spruchreif. Das FG hat aus seiner Sicht folgerichtig noch nicht die geltend gemachten Betr盲ge 眉berpr眉ft. Dies wird es in einer neuen Verhandlung und Entscheidung nachzuholen haben.
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Fundstellen
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BFH/NV 2008, 1803 |