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Leitsatz (amtlich)
1. Die h枚chstpers枚nliche und 枚ffentlich-rechtliche Natur der gegen einen Steuerpflichtigen verh盲ngten kriminellen Geldstrafe verbietet es, sie durch ihre steuerrechtliche Behandlung als Betriebsausgabe zu einem Teil auf die Allgemeinheit zu verlagern.
2. Die steuerrechtliche Gleichbehandlung der Kosten des Strafverfahrens (Gerichtskosten und Kosten der Strafverteidigung) ist gerechtfertigt, weil die Tragung der Gerichtskosten kraft Gesetzes die notwendige Folge der rechtskr盲ftigen Verurteilung des Angeklagten ist und in diesem Falle eine - auch nur teilweise - Verlagerung der Kosten seiner Strafverteidigung auf die Allgemeinheit aus dem Gedanken der Einheit der Rechtsordnung heraus nicht vertretbar erscheint.
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Normenkette
EStG 搂 4 Abs. 4
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Tatbestand
Der Revisionskl盲ger (Steuerpflichtiger) ist Altmetall- und Altmaterialienh盲ndler. Er wurde durch Urteil der Gro脽en Strafkammer des Landgerichts (LG) W. vom 17. April 1959 wegen fortgesetzter Sachhehlerei an Stelle einer an sich verwirkten Gef盲ngnisstrafe von 80 Tagen zu 4 000 DM Geldstrafe verurteilt. Der Steuerpflichtige zahlte an Strafverteidigungskosten im Jahre 1958 664 DM, im Jahre 1959 899 DM sowie an Gerichtskosten im Jahre 1959 1 484 DM. Der Revisionsbeklagte (das FA) lehnte die Anerkennung dieser Zahlungen als Betriebsausgaben ab. Einspruch und Berufung blieben ohne Erfolg. Das FG f眉hrte aus.
Die Kosten eines Strafverfahrens, das mit der Verurteilung des Angeklagten endet, seien steuerlich nicht abzugsf盲hig (Urteil des BFH IV 63/59 S vom 13. Oktober 1960, BFH 72, 45, BStBl III 1961, 18). Diese ihre rechtliche W眉rdigung folge aus der Nichtabzugsf盲higkeit der Geldstrafe (BFH-Urteil I 322/56 S vom 10. September 1957, BFH 65, 471, BStBl III 1957, 415). Dem BFH-Urteil VI 99/59 S vom 25. August 1961 (BFH 73, 591, BStBl III 1961, 482), mit dem die Aufwendungen eines Beamten aus Anla脽 eines Dienststrafverfahrens als Werbungskosten anerkannt wurden, k枚nne nichts Gegenteiliges entnommen werden; denn ein Dienststrafverfahren ber眉hre - anders als ein ordentliches Strafverfahren, das der Aburteilung kriminellen Unrechts diene - unmittelbar das Dienstverh盲ltnis des Beamten als Arbeitnehmer. Den Aufwendungen, die ein Beamter deshalb aus Anla脽 eines Dienststrafverfahrens mache, k枚nnten die streitigen Verteidigungskosten des Steuerpflichtigen selbst dann nicht gleichgestellt werden, wenn sie zur Erhaltung seiner betrieblichen Einnahmen h盲tten aufgewendet werden m眉ssen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die als Revision zu behandelnde Rechtsbeschwerde, zu deren Begr眉ndung der Steuerpflichtige vortragen l盲脽t:
Die Gr眉nde f眉r die Nichtabzugsf盲higkeit einer Geldstrafe k枚nnten die Entscheidung des FG hinsichtlich der Nichtabzugsf盲higkeit der Gerichtskosten und der Kosten der Strafverteidigung nicht tragen. Diese Kosten seien weder ein Teil der Strafe noch eine Nebenstrafe, wie sich aus 搂 257 StGB ergebe, demzufolge es nicht als Beg眉nstigung anzusehen sei, wenn die genannten Kosten von einem Dritten f眉r den Verurteilten bezahlt w眉rden. Der BFH habe im Urteil IV 63/59 S (a. a. O.) auch grunds盲tzlich anerkannt, da脽 die einem Angeklagten zur Last gelegte Tat sehr wohl Ausflu脽 seiner betrieblichen oder beruflichen T盲tigkeit sein k枚nne; er habe damit dem Umstand Rechnung getragen, da脽 die moderne Strafgesetzgebung - wie z. B. im Arzneimittelgesetz, im Devisen-, Verkehrs- und Wirtschaftsrecht - auch im betrieblichen oder beruflichen Bereich zu fassende Entschl眉sse der Steuerpflichtigen bestimme und die von ihnen gefa脽ten Entschl眉sse werte. Es sei deshalb nicht unbedenklich, wenn die Abzugsf盲higkeit der Kosten eines Strafverfahrens vom Ausgang des Verfahrens abh盲ngig gemacht werde. Entscheidend f眉r die Frage der Abzugsf盲higkeit sei vielmehr allein, ob das Strafverfahren durch die betriebliche oder berufliche T盲tigkeit des Steuerpflichtigen veranla脽t worden sei oder aber der Anla脽 im pers枚nlichen Bereich liege. Im Streitfall sei der betriebliche Anla脽 offenkundig. Der Steuerpflichtige sei wegen mangelnder Sorgfalt beim Ankauf von Fundmetallen verurteilt worden. Bei diesen habe es sich um Gescho脽h眉lsen gehandelt, die der Auflieferer am Truppen眉bungsplatz in G. gesammelt habe. Der Auflieferer habe den ordnungsgem盲脽en Erwerb nachzuweisen. Der Nachweis sei erbracht, wenn der Auflieferer selbst ein zugelassener H盲ndler sei. Der Auflieferer habe dem Steuerpflichtigen gegen眉ber Name und Adresse angegeben und m眉ndlich versichert, als Gewerbetreibender eingetragen und zugelassen zu sein. Gleichwohl habe der Steuerpflichtige die Vorlage des Gewerbeausweises verlangt, sich jedoch mit der Erkl盲rung des Auflieferers zufriedengegeben, den Ausweis im Moment nicht bei sich zu haben. Als sp盲ter Zweifel an der Eigenschaft des Auflieferers als zugelassener Metallh盲ndler aufgetaucht seien, habe der Steuerpflichtige die Annahme weiterer Lieferungen abgelehnt. Die Gro脽e Strafkammer habe durch diesen Sachverhalt den objektiven und subjektiven Straftatbestand der Sachhehlerei f眉r gegeben erachtet. W盲re der Steuerpflichtige nicht Metallh盲ndler, so w盲re er nicht in die Lage gekommen, Fundmetalle aufzukaufen und damit mit den Strafgesetzen in Konflikt zu geraten.
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Aus den Gr眉nden:
Die Revision ist nicht begr眉ndet.
1. Wie der BFH in st盲ndiger Rechtsprechung entschieden hat, ist eine Geldstrafe auch dann nicht abzugsf盲hig, wenn die Straftat, die die Verurteilung ausgel枚st hat, in oder bei Aus眉bung der betrieblichen oder beruflichen T盲tigkeit des Steuerpflichtigen begangen wurde. Die gleichen Gr眉nde, die f眉r diese Rechtsprechung bestimmend waren, hat der BFH unter dem Gesichtspunkt der Einheit der Rechtsordnung auch f眉r die Beurteilung der Frage nach Abzugsf盲higkeit oder Nichtabzugsf盲higkeit der Gerichtskosten eines Strafverfahrens und der Kosten der Strafverteidigung als bestimmend angesehen. Dabei wurde nicht verkannt, da脽 diese Kosten weder ein Teil der Strafe noch eine Nebenstrafe sind (搂搂 14 ff. StGB); sie werden jedoch 盲hnlich wie Geldstrafen behandelt (搂 30 StGB, 搂 465 Abs. 3 der Strafproze脽ordnung - StPO -).
Nach 搂 30 StGB kann eine Geldstrafe in den Nachla脽 des Verurteilten vollstreckt werden, wenn das Urteil zu Lebzeiten des Verurteilten rechtskr盲ftig geworden ist. Obwohl die Geldstrafe eine h枚chstpers枚nliche 枚ffentlichrechtliche Leistungspflicht begr眉ndet (Leipziger Kommentar zum Strafgesetzbuch, 8. Aufl., Anm. I 2 zu 搂 27), wird sie danach wie eine b眉rgerlich-rechtliche Schuld behandelt, f眉r die nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils auch der Erbe einzustehen hat. Nach 搂 465 StPO hat der Angeklagte die Kosten des Verfahrens "insoweit zu tragen, als sie durch das Verfahren wegen einer Tat entstanden sind, wegen deren er verurteilt ... wird"; auch f眉r diese Kosten haftet nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils der Nachla脽. Au脽erdem mu脽 jedes Strafurteil "dar眉ber Bestimmung treffen, von wem die Kosten des Verfahrens zu tragen sind" (搂 464 StPO). Die Auferlegung der Kosten ist danach eine vom Gesetz selbst angeordnete Folge der rechtskr盲ftigen Verurteilung des Angeklagten und als richterlicher Ausspruch Teil des Urteils. Es kann deshalb nicht als bedenklich angesehen werden, wenn auch im Bereich des Steuerrechts die Behandlung der Kosten unter dem Gesichtspunkt der Einheit der Rechtsordnung der Behandlung der Geldstrafe folgt.
Was die Frage nach der Abzugsf盲higkeit einer kriminellen Geldstrafe betrifft, so erscheint es dem Senat nicht vertretbar, da脽 eine dem Steuerpflichtigen wegen einer strafrechtlichen Verfehlung auferlegte Geldstrafe, die h枚chstpers枚nlicher und 枚ffentlich-rechtlicher Natur ist, durch ihre steuerrechtliche Behandlung als Betriebsausgabe zu einem Teil auf die Allgemeinheit abgew盲lzt wird. Demgegen眉ber treten 脺berlegungen wie die der Minderung des von den ordentlichen Gerichten ausgesprochenen Strafma脽es in seiner Wirkung und die der Vorrangigkeit strafrechtlicher vor steuerrechtlichen Vorschriften zur眉ck (BFH-Urteil IV 373/54 U vom 21. Juli 1955, BFH 61, 361, BStBl III 1955, 338). Der Gedanke, da脽 andererseits "das Steuerrecht von sittlichen Werten und der sittlichen Ordnung unabh盲ngig ist (搂 5 StAnpG)" (so Herrmann-Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und K枚rperschaftsteuer, Anm. 49d zu 搂 4 EStG), ist in diesem Zusammenhang deshalb nicht verwendbar, weil die genannte Vorschrift die Auswirkungen b眉rgerlich-rechtlicher Nichtigkeit im Bereich des Steuerrechts regeln will, d. h. von einem Tun oder Unterlassen des Steuerpflichtigen im b眉rgerlichrechtlichen Bereich ausgeht, nicht aber Situationen wie die hier vorliegende und deren gesetzliche Folgen betrifft.
Mit der Gleichbehandlung der Kosten des Strafverfahrens (Gerichtskosten und Kosten der Strafverteidigung) mit der Geldstrafe hat die Rechtsprechung nur der Tatsache Rechnung getragen, da脽 die Auferlegung der Kosten des Verfahrens die vom Gesetz selbst angeordnete notwendige Folge der rechtskr盲ftigen Verurteilung des Angeklagten ist und eine auch nur teilweise Verlagerung der Kosten seiner Strafverteidigung auf die Allgemeinheit in diesem Falle aus dem Gedanken der Einheit der Rechtsordnung heraus nicht vertretbar erscheint. Im Falle des Freispruchs fehlt es an dieser Folgewirkung, so da脽 die dem Steuerpflichtigen erwachsenen Kosten - je nach dem inneren Zusammenhang des dem Steuerpflichtigen zur Last gelegten Verhaltens mit seiner betrieblichen bzw. beruflichen Sph盲re einerseits oder mit seiner privaten Sph盲re andererseits - als Betriebsausgabe oder als au脽ergew枚hnliche Belastung ber眉cksichtigt werden (BFH-Urteil IV 63/59 S, a. a. O.), wenn auch die Bildung einer R眉ckstellung dieserhalb wegen der Ungewi脽heit des Ausgangs des Verfahrens (Freispruch oder Verurteilung) nicht zul盲ssig ist (BFH-Urteil IV 269/60 U vom 30. August 1962, BFH 76, 8, BStBl III 1963, 5). Was die steuerrechtliche Behandlung der Anordnung von Sicherungsma脽nahmen (BFH-Urteil IV 49/63 U vom 14. Januar 1965, BFH 82, 85, BStBl III 1965, 278) sowie der Anordnung der Abf眉hrung von Mehrerl枚sen (BFH-Urteil VI 9/64 U vom 23. Juli 1965, BFH 83, 233, BStBl III 1965, 585) betrifft, so ist auch hier die grunds盲tzliche Unterscheidung zwischen Strafma脽nahmen (kriminelle Strafe) einerseits und Ma脽nahmen anderer Art (Sicherungsma脽nahme bzw. Abf眉hrungsanordnung) f眉r die steuerrechtliche Behandlung der Kosten entscheidend.
Manche sehen in der steuerrechtlichen Behandlung des abzuf眉hrenden Mehrerl枚ses als betriebliche Schuld eine gewisse Abkehr vom Gedanken der Einheit der Rechtsordnung. Erkenne man an, da脽 es sich bei der Abf眉hrung des Mehrerl枚ses ebenso wie bei der Anordnung der Einziehung als Sicherungsma脽nahme nicht um eine Strafe oder Nebenstrafe handele, so sei nicht einzusehen, warum Kosten der hier vorliegenden Art, die ebenfalls keine Strafe seien, als nicht abzugsf盲hig behandelt w眉rden (so Barske, Anmerkung zum BFH-Urteil VI 9/64 U vom 23. Juli 1965 in "Die steuerliche Betriebspr眉fung" 1965 S. 332, 334). Diese Auffassung 眉bersieht jedoch nach Ansicht des Senats, da脽 die Pflicht zur Kostentragung der kriminellen Strafe kraft Gesetzes zugeordnet ist und deshalb auch im steuerrechtlichen Bereich nicht anders als diese behandelt werden kann, will man nicht eben einen Teil der aus dem Schuldspruch sich ergebenden Folgen auf die Allgemeinheit verlagern. Dasselbe gilt f眉r die Kosten der Strafverteidigung, die im Falle der Verurteilung vom Steuerpflichtigen aus dem Gedanken der Einheit der Rechtsordnung heraus allein getragen werden m眉ssen. Demgegen眉ber ist die abweichende Rechtsprechung bez眉glich der Behandlung der Sicherungsma脽nahmen und der Abf眉hrung von Mehrerl枚sen - einschlie脽lich ihrer Kostenfolgen - nur deshalb gerechtfertigt, weil es sich insoweit nicht um kriminelle Strafen und deren Kostenfolgen handelt.
2. Aus diesen Ausf眉hrungen folgt auch, da脽 es f眉r die steuerrechtliche Behandlung der kriminellen Geldstrafe und ihrer Kostenfolgen nicht darauf ankommen kann, ob der Steuerpflichtige im spezifischen Rahmen seiner betrieblichen oder beruflichen T盲tigkeit straff盲llig wurde, um in diesem Falle Strafe und Kosten als betrieblich veranla脽t und damit als Betriebsausgaben anzuerkennen (so der Vorschlag von Herrmann-Heuer, a. a. O., Anm. 49e f眉r die Behandlung der Proze脽kosten, die aus der Verurteilung wegen einer im Gesch盲ftsverkehr - mit Gewinnstreben - begangenen Straftat wie Urkundenf盲lschung und Betrug folgen). Der im Streitfalle keiner besonderen, in vielleicht schwer 眉berschaubaren Wirtschaftsgesetzen enthaltenen Strafrechtsnorm zugeordnete Versto脽 des Steuerpflichtigen (Sachhehlerei) mag im betrieblichen Bereich liegen. Gleichwohl rechtfertigt dies nicht die Abzugsf盲higkeit der durch ihn ausgel枚sten Kosten des Strafverfahrens und der Strafverteidigung, weil bestimmte Aufwendungen, auch wenn sie durch den Betrieb veranla脽t worden sind, aus dem Gedanken der Einheit der Rechtsordnung keine, auch keine teilweise, Abw盲lzung auf die Allgemeinheit erlauben.
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Fundstellen
亿兆体育-Index 68363 |
BStBl II 1969, 74 |
BFHE 1969, 56 |