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Entscheidungsstichwort (Thema)
(Ehrenamtliche T盲tigkeit im Aufsichtsrat einer kommunalen Eigengesellschaft)
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Leitsatz (amtlich)
Die T盲tigkeit im Aufsichtsrat einer kommunalen Eigengesellschaft, die von einem Ratsmitglied ausge眉bt wird, kann als ehrenamtliche T盲tigkeit unter den weiteren Voraussetzungen des 搂 4 Nr.26 Buchst.b UStG 1980 steuerfrei sein.
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Normenkette
UStG 1980 搂 4 Nr. 26 Buchst. b; UStR 1992 Abschn. 120; AO 1977 搂 52
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Tatbestand
I. Der Kl盲ger und Revisionsbeklagte (Kl盲ger) ist als Steuerberater freiberuflich t盲tig. Daneben war er in den Streitjahren Mitglied des Rates der Stadt D und wurde in dieser Eigenschaft in den Verwaltungsrat der Stadtsparkasse sowie in den Aufsichtsrat der Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft mbH (DVV) entsandt. Einziger Gesellschafter der DVV ist die Stadt D. Der Beklagte und Revisionskl盲ger (das Finanzamt --FA--) unterwarf die Aufsichtsratsverg眉tungen (250 DM pro Sitzung; pro Jahr weniger als 3 000 DM netto) der Umsatzsteuer. Der Kl盲ger meinte demgegen眉ber, da脽 er nicht selbst盲ndig t盲tig geworden sei, da脽 die erhaltenen Sitzungsgelder zumindest aber f眉r eine ehrenamtliche T盲tigkeit gew盲hrt worden und damit gem盲脽 搂 4 Nr.26 Buchst.b des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1980 steuerfrei seien. Der nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) statt: Es handele sich um eine ehrenamtliche T盲tigkeit, deren Entgelt nur in Auslagenersatz und einer angemessenen Entsch盲digung f眉r Zeitvers盲umnis bestehe. Die gesetzliche Differenzierung zeige, da脽 auch im privatrechtlich organisierten Bereich T盲tigkeiten ehrenamtlich ausge眉bt werden k枚nnten. Das Merkmal der Ehrenamtlichkeit verlange, da脽 die T盲tigkeit der Ehre wegen ausge眉bt werde, d.h. im allgemeinen Interesse liege. F眉r die Bejahung einer ehrenamtlichen T盲tigkeit sei entscheidend, da脽 die T盲tigkeit der DVV und damit auch die der Aufsichtsratsmitglieder im Rahmen der 脺berwachung der Gesch盲ftsf眉hrung als Bestandteil gemeindlicher Daseinsvorsorge auf die F枚rderung der Belange der Allgemeinheit gerichtet sei.
Mit der Revision r眉gt das FA unter Bezugnahme auf das rechtskr盲ftige Urteil des FG D眉sseldorf vom 4. September 1990 16 K 197/86 U Verletzung des 搂 4 Nr.26 Buchst.b UStG 1980. Zwar sei eine ehrenamtliche T盲tigkeit nicht schon deshalb abzulehnen, weil die T盲tigkeit im Aufsichtsrat einer GmbH ausge眉bt worden sei. Allerdings m眉sse ein Bezug zur Erf眉llung 枚ffentlicher Aufgaben vorhanden sein. Sei die Gemeinn眉tzigkeit nicht in der Satzung festgelegt und handele es sich mithin um ein Erwerbsunternehmen, so spreche dies gegen einen unmittelbaren Bezug zum 枚ffentlichen Gemeinwohl und damit gegen eine ehrenamtliche T盲tigkeit. Dementsprechend werde auch im Schrifttum die Auffassung vertreten, da脽 die T盲tigkeit im Aufsichts- oder Verwaltungsrat eines Versorgungsbetriebs einer Gemeinde, der in der Rechtsform einer AG oder einer GmbH betrieben werde, nicht ehrenamtlich sei. Die DVV sei nicht als gemeinn眉tzig anerkannt; ihr Zweck sei auf die Durchsetzung wirtschaftlicher Interessen gerichtet.
Das FA beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage
abzuweisen.
Der Kl盲ger beantragt,
die Revision zur眉ckzuweisen,
und f眉hrt aus: Das FA enge den Begriff der ehrenamtlichen T盲tigkeit zu sehr ein. Auch Eigengesellschaften der Energieversorgung erf眉llten 枚ffentliche Aufgaben und tr眉gen zum 枚ffentlichen Gemeinwohl bei. Auch wenn Eigengesellschaften wie Eigenbetriebe nicht gemeinn眉tzig i.S. der 搂搂 51 ff. der Abgabenordnung (AO 1977) seien, dienten sie gleichwohl dem 枚ffentlichen Gemeinwohl. Die politische Verantwortung und Verbindung zum 枚ffentlichen Gemeinwohl komme auch in der Zusammensetzung des Aufsichtsrates zum Ausdruck. Abgesehen von den Bedingungen des Mitbestimmungsgesetzes k盲men die 眉brigen Aufsichtsr盲te ausnahmslos aus der Gemeindevertretung und der Gemeindeverwaltung. Der Gemeinderat w盲hle die Aufsichtsr盲te und entsende sie in die Aufsichtsgremien der Gesellschaften. Bei den Zahlungen an die Aufsichtsr盲te handele es sich nicht um die sonst 眉blichen Aufsichtsratsverg眉tungen, sondern lediglich um Entsch盲digungen f眉r die Teilnahme an Sitzungen.
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II. Die Revision ist unbegr眉ndet (搂 126 Abs.2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat die T盲tigkeit des Kl盲gers zutreffend als steuerfreie ehrenamtliche T盲tigkeit beurteilt.
1. Gem盲脽 搂 4 Nr.26 UStG 1980 ist von den unter 搂 1 Abs.1 Nr.1 bis 3 fallenden Ums盲tzen die ehrenamtliche T盲tigkeit steuerfrei, wenn sie f眉r juristische Personen des 枚ffentlichen Rechts ausge眉bt wird oder wenn das Entgelt f眉r diese T盲tigkeit nur in Auslagenersatz und einer angemessenen Entsch盲digung f眉r Zeitvers盲umnis besteht.
Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 27. Juli 1972 V R 33/72 (BFHE 106, 479, BStBl II 1972, 844) geh枚ren zu den ehrenamtlichen T盲tigkeiten zun盲chst alle die T盲tigkeiten, die in einem anderen Gesetz ausdr眉cklich als solche genannt werden. Unter den Wortlaut dieser Vorschrift fielen ferner die T盲tigkeiten, die man im allgemeinen Sprachgebrauch herk枚mmlicherweise als ehrenamtlich bezeichne. Das sei bei Aufsichtsrats- und Vorstandsmitgliedern von Genossenschaften der Fall, soweit diese ihre T盲tigkeit unentgeltlich bzw. lediglich gegen Aufwandsentsch盲digung und nebenberuflich aus眉bten. Ihre T盲tigkeit werde in der Literatur zum Genossenschaftswesen allgemein ausdr眉cklich als ehrenamtlich angesprochen. Die Verwendung des Begriffes ehrenamtlich lasse sich im Genossenschaftswesen damit erkl盲ren, da脽 die Genossenschaften ihrem Grundgedanken nach gemeinschaftliche Selbsthilfeeinrichtungen mit Selbstverwaltung seien und da脽 f眉r sie deshalb schon bei ihrer Entstehung Begriffe aus der Selbstverwaltung --in der den Ehren盲mtern und den ehrenamtlichen T盲tigkeiten herk枚mmlicherweise besondere Bedeutung zukomme-- entlehnt worden seien. Es best眉nden auch keine Anhaltspunkte f眉r die Annahme, da脽 die Steuerfreiheit auf die T盲tigkeiten habe beschr盲nkt werden sollen, die f眉r eine den 枚ffentlich-rechtlichen K枚rperschaften nach Ziel und Funktion vergleichbare juristische Person geleistet w眉rden. Durch Urteil vom 16. Dezember 1987 X R 7/82 (BFHE 152, 182, BStBl II 1988, 384) hat der BFH entschieden, da脽 ein Sch盲tzer der Oldenburgischen Landesbrandkasse, einer 枚ffentlich-rechtlichen Feuerversicherung genossenschaftlichen Ursprungs, seine Sachverst盲ndigent盲tigkeit ehrenamtlich aus眉be. Ergebe sich die Bezeichnung "ehrenamtlich" weder aus dem Gesetz, noch lasse sich ein diesbez眉glicher Sprachgebrauch ermitteln, so sei auf den Kern der Rechtsbegriffe "Ehrenamt" und "ehrenamtliche T盲tigkeit" zur眉ckzugreifen, wie er sich vor allem unter dem Blickwinkel der Beteiligung von B眉rgern an dem 枚ffentlichen Gemeinwesen, insbesondere im Bereich der kommunalen und sozialversicherungsrechtlichen Selbstverwaltung sowie in der Justiz geformt habe. Eine ehrenamtliche T盲tigkeit im Bereich des Verwaltungsrechts sei danach die typischerweise nebenberufliche, unentgeltlich ausge眉bte und von einem Tr盲ger 枚ffentlicher Gewalt 眉bertragene Wahrnehmung eines begrenzten und institutionell geordneten Wirkungskreises im Bereich 枚ffentlicher Gewalt (vgl. auch Abschn.120 der Umsatzsteuer-Richtlinien --UStR-- 1992).
F眉r den nicht 枚ffentlich-rechtlichen Bereich, der mit den Rechtsformen des Privatrechts gestaltet wird, gilt nach Auffassung des Senats eine entsprechend modifizierte Begriffsbestimmung. Neben dem Fehlen eigenn眉tzigen Erwerbsstrebens, das bei Unentgeltlichkeit der T盲tigkeit indiziert ist, und der fehlenden Hauptberuflichkeit ist hier besonderes Kennzeichen ehrenamtlicher T盲tigkeit der Einsatz f眉r eine fremdn眉tzig bestimmte Einrichtung; diese Konstellation ist z.B. bei T盲tigkeiten f眉r Selbsthilfeeinrichtungen anzutreffen, wie etwa im genossenschaftlichen Bereich, oder auch im Verbandsbereich, nicht hingegen bei reinen Erwerbsgesellschaften.
2. Im Streitfall sind die Voraussetzungen des 搂 4 Nr.26 Buchst.b UStG 1980 erf眉llt. Die T盲tigkeit des Kl盲gers war unentgeltlich; er erhielt nach den Feststellungen des FG lediglich Auslagenersatz und eine angemessene Entsch盲digung f眉r Zeitvers盲umnis. Die T盲tigkeit als Mitglied des Aufsichtsrates der DVV 眉bte der Kl盲ger nicht als Hauptberuf aus. Die T盲tigkeit war auch nicht mit seinem Hauptberuf verbunden, wie es bei den aus dem Kreis der Gemeindeverwaltung berufenen Aufsichtsratsmitgliedern der Fall ist ("Annext盲tigkeit"). Die Aufsichtsratst盲tigkeit des Kl盲gers war vielmehr Ausflu脽 seiner (ehrenamtlichen) Ratst盲tigkeit; er wurde durch den Gemeinderat in den Aufsichtsrat der DVV gew盲hlt. Ohne Ratsmitgliedschaft w盲re ihm dieses Amt verschlossen geblieben; seine T盲tigkeit ist nicht dem Erwerbsbereich (dem Bereich eigenn眉tzigen Erwerbsstrebens) zuzuordnen. Die T盲tigkeit der DVV als kommunaler Eigengesellschaft war auf 枚ffentliche Daseinsvorsorge gerichtet. Gegenstand des Unternehmens sind nach 搂 2 Abs.1 der Satzung die Versorgung mit Elektrizit盲t, Gas, Wasser und W盲rme sowie die Erf眉llung von Verkehrsaufgaben jeder Art, insbesondere des 枚ffentlichen Nahverkehrs. Die Rechtsform der GmbH steht dieser Beurteilung nicht entgegen. Entscheidend ist die Art der T盲tigkeit. Ob die T盲tigkeit in der Rechtsform des Eigenbetriebs oder der Eigengesellschaft ausge眉bt wird, ist nach Auffassung des Senats ohne Bedeutung. Entgegen der Auffassung des FA setzt Ehrenamtlichkeit nicht (in die Satzung aufgenommene) Gemeinn眉tzigkeit i.S. der 搂搂 51 ff. AO 1977 voraus. So hat der BFH in dem Urteil in BFHE 106, 479, BStBl II 1972, 844 die T盲tigkeit von Aufsichtsrats- und Vorstandsmitgliedern einer Genossenschaft als ehrenamtlich beurteilt, ohne da脽 sich die Genossenschaft in ihrer Satzung als gemeinn眉tzig bezeichnet h盲tte. Ausreichend ist eine fremdn眉tzige T盲tigkeit, wie z.B. im Bereich von Selbsthilfeeinrichtungen oder bei 枚ffentlicher Daseinsvorsorge; Gemeinn眉tzigkeit i.S. der 搂搂 51 ff. AO 1977 ist weder in sachlicher noch in formaler Hinsicht erforderlich.
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Fundstellen
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BFH/NV 1994, 73 |
BStBl II 1994, 773 |
BFHE 174, 573 |
BFHE 1995, 573 |
BB 1994, 1844 |
BB 1994, 1844 (LT) |
DStR 1994, 1377-1378 (KT) |
DStZ 1994, 667-668 (KT) |
HFR 1994, 734-735 (LT) |
StE 1994, 540 (K) |