听
Entscheidungsstichwort (Thema)
Abrechnung der Kraftfahrzeugsteuer bei Insolvenzer枚ffnung 眉ber das Verm枚gen des Fahrzeughalters
听
Leitsatz (NV)
Wird w盲hrend des Zeitraums, f眉r den die Kraftfahrzeugsteuer im Voraus entrichtet worden ist, das Insolvenzverfahren 眉ber das Verm枚gen des Fahrzeughalters er枚ffnet, ist die entrichtete auf den Zeitraum nach Er枚ffnung des Insolvenzverfahrens entfallende Steuer der Insolvenzmasse zu erstatten. Gegen den Erstattungsanspruch kann das FA mit Insolvenzforderungen aufrechnen, sofern keine insolvenzrechtlichen Aufrechnungsverbote bestehen (Best盲tigung der Rechtsprechung).
听
Normenkette
InsO 搂搂听38, 55 Abs. 1 Nr. 1, 搂听96 Abs. 1 Nr. 1; KraftStG 搂 7 Nr. 1
听
Verfahrensgang
FG Mecklenburg-Vorpommern (Urteil vom 14.12.2011; Aktenzeichen 1 K 54/09) |
听
Tatbestand
Rz. 1
I. Der Kl盲ger und Beschwerdef眉hrer (Kl盲ger) ist Insolvenzverwalter in dem am 1. September 2008 眉ber das Verm枚gen der X-GmbH (Schuldnerin) er枚ffneten Insolvenzverfahren. Die Schuldnerin war Halter eines zur sp盲teren Insolvenzmasse geh枚renden Kraftfahrzeugs, f眉r das sie die Kraftfahrzeugsteuer in H枚he von 339 鈧 zu Beginn des vom 5. Januar 2008 bis zum 4. Januar 2009 laufenden Entrichtungszeitraums gezahlt hatte.
Rz. 2
Nach Er枚ffnung des Insolvenzverfahrens berechnete der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) die auf den Zeitraum 5. Januar bis 31. August 2008, also bis zur Insolvenzer枚ffnung, entfallende Kraftfahrzeugsteuer f眉r die Schuldnerin mit 222 鈧 neu und wies dementsprechend ein Guthaben f眉r die Schuldnerin in H枚he von 117 鈧 aus.
Rz. 3
W盲hrend des Insolvenzverfahrens wurde das Fahrzeug bis zu seiner Abmeldung am 4. November 2008 zur Fortf眉hrung des Betriebs der Schuldnerin genutzt. F眉r diesen Zeitraum (1. September bis 3. November 2008) setzte das FA Kraftfahrzeugsteuer in H枚he von 64 鈧 gegen den Kl盲ger fest.
Rz. 4
Das f眉r die Schuldnerin ermittelte Guthaben in H枚he von 117 鈧 verrechnete das FA mit einer offenen Umsatzsteuerschuld f眉r Mai 2008. Nachdem der Kl盲ger dieser Aufrechnung widersprochen und seinerseits die Aufrechnung gegen die ihm gegen眉ber festgesetzte Kraftfahrzeugsteuer erkl盲rt hatte, erlie脽 das FA einen Abrechnungsbescheid, mit dem es das Erl枚schen des Erstattungsanspruchs von 117 鈧 durch Aufrechnung feststellte.
Rz. 5
Die hiergegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) ab. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 16. November 2004 VII R 62/03 (BFHE 207, 371, BStBl II 2005, 309) sei davon auszugehen, dass die auf den gesamten Entrichtungszeitraum entfallene Kraftfahrzeugsteuer auf die Zeitr盲ume vor und nach der Er枚ffnung des Insolvenzverfahrens aufzuteilen sei. W盲hrend die nach Insolvenzer枚ffnung f眉r das Halten des Fahrzeugs der Schuldnerin entstandene Kraftfahrzeugsteuer als Masseverbindlichkeit gegen den Kl盲ger als Insolvenzverwalter neu festzusetzen sei, m眉sse der von der Schuldnerin im Voraus entrichtete Steuerbetrag, soweit er auf den Zeitraum nach Insolvenzer枚ffnung entfalle, der Insolvenzmasse erstattet werden, sofern er nicht --wie im Streitfall-- mit Insolvenzforderungen des FA verrechnet werde. Insolvenzrechtliche Aufrechnungsverbote st眉nden der im Streitfall erkl盲rten Aufrechnung nicht entgegen.
Rz. 6
Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Kl盲gers, welche er auf die Zulassungsgr眉nde der grunds盲tzlichen Bedeutung der Rechtssache und der Fortbildung des Rechts (搂 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) st眉tzt.
听
贰苍迟蝉肠丑别颈诲耻苍驳蝉驳谤眉苍诲别
Rz. 7
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgr眉nde liegen nicht vor.
Rz. 8
Die insolvenzrechtliche Behandlung vor Insolvenzer枚ffnung entrichteter Kraftfahrzeugsteuer f眉r ein zur Insolvenzmasse des Schuldners geh枚rendes Fahrzeug ist durch die Rechtsprechung des beschlie脽enden Senats gekl盲rt. Nach dem Senatsurteil in BFHE 207, 371, BStBl II 2005, 309 ist die Kraftfahrzeugsteuerschuld eines Entrichtungszeitraums, in den die Insolvenzer枚ffnung f盲llt, auf die Tage vor und die Tage nach Er枚ffnung des Insolvenzverfahrens mit der Folge aufzuteilen, dass hinsichtlich der f眉r die Tage nach Er枚ffnung des Insolvenzverfahrens vom Insolvenzschuldner bereits entrichteten Kraftfahrzeugsteuer ein Erstattungsanspruch entsteht. Diese Rechtsgrunds盲tze hat das FG im Streitfall zutreffend angewendet.
Rz. 9
1. Die seitens der Beschwerde gegen das vorgenannte Senatsurteil vorgebrachten Einw盲nde wecken keine die Zulassung der Revision rechtfertigenden Zweifel, ob an dieser Rechtsprechung festzuhalten ist.
Rz. 10
Die Beschwerde macht insoweit im Wesentlichen geltend, dass sich mit der Er枚ffnung des Insolvenzverfahrens an der Haltereigenschaft des Insolvenzschuldners nichts 盲ndere, der Insolvenzverwalter daher nicht Halter des zur Insolvenzmasse geh枚renden Fahrzeugs und somit gem盲脽 搂 7 Nr. 1 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG) auch nicht Schuldner der Kraftfahrzeugsteuer werde. Es gebe keinen Grund, entgegen dem Wortlaut des Gesetzes die Steuerschuld von der Person des Halters zu l枚sen. Wegen der fortbestehenden Haltereigenschaft des Insolvenzschuldners und der blo脽en Fremdverwaltung seines Verm枚gens durch den Insolvenzverwalter entstehe bei Insolvenzer枚ffnung kein die Kraftfahrzeugsteuer betreffendes Steuerguthaben. Ein solches Guthaben entstehe erst bei Abmeldung des Fahrzeugs vor Ablauf des Entrichtungszeitraums.
Rz. 11
Der beschlie脽ende Senat hat allerdings in jenem Urteil in BFHE 207, 371, BStBl II 2005, 309 keineswegs in Abrede gestellt, dass nach 搂 7 Nr. 1 KraftStG derjenige Steuerschuldner ist, f眉r den das Fahrzeug zum Verkehr zugelassen ist, sondern hat seine Entscheidung auf die Vorschriften der Insolvenzordnung (InsO) gest眉tzt, die das Steuerrecht 眉berlagern und modifizieren. Da eine in den Tagen vor Er枚ffnung des Insolvenzverfahrens entstandene, jedoch nicht bezahlte Kraftfahrzeugsteuer gem盲脽 搂 38 InsO Insolvenzforderung sei, jedoch die f眉r dasselbe nach Verfahrenser枚ffnung weiterhin vom Insolvenzverwalter genutzte Fahrzeug entstandene Kraftfahrzeugsteuer eine Masseverbindlichkeit gem盲脽 搂 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO, sei dem insolvenzrechtlich unterschiedlichen Schicksal dieser Verbindlichkeiten auch dann Rechnung zu tragen, wenn die Kraftfahrzeugsteuer bereits vor Insolvenzer枚ffnung im Voraus entrichtet worden sei. Die nach Er枚ffnung des Insolvenzverfahrens entstandene Kraftfahrzeugsteuer sei durch Steuerbescheid gegen den Insolvenzverwalter festzusetzen, w盲hrend der entsprechende vor Verfahrenser枚ffnung bereits im Voraus entrichtete Betrag der Insolvenzmasse zu erstatten sei. An dieser Rechtsprechung ist wegen des Vorrangs der Insolvenzordnung festzuhalten.
Rz. 12
2. Ebenso wenig lassen sich dem blo脽en Hinweis der Beschwerde, diese Rechtsprechung des Senats sei "in der Literatur teilweise kritisiert worden", Gr眉nde f眉r ihre 脛nderung und damit f眉r die Zulassung der Revision entnehmen. Der insoweit von der Beschwerde angef眉hrte Farr (Die Besteuerung in der Insolvenz, Rz 434) h盲lt die Rechtsprechung des beschlie脽enden Senats lediglich f眉r nicht zutreffend bzw. nicht 眉berzeugend und meint, der Insolvenzschuldner bleibe auch nach Verfahrenser枚ffnung Schuldner der Kraftfahrzeugsteuer, was allerdings im Senatsurteil in BFHE 207, 371, BStBl II 2005, 309 durchaus erwogen, jedoch im Ergebnis anders entschieden worden ist. Gundlach, Frenzel, Schirrmeister (Die Aufrechnung gegen Steuererstattungsanspr眉che in der Insolvenz, Deutsches Steuerrecht 2005, 1412) begr眉nden ihre Kritik mit dem Sinn und Zweck der Steuervorauszahlung. Dem stehen jedoch die Ausf眉hrungen im Senatsurteil in BFHE 207, 371, BStBl II 2005, 309 entgegen, der zufolge die Steuerschuld der Insolvenzmasse und die im Voraus entrichtete, jedoch nicht entstandene Steuerschuld des Insolvenzschuldners nur der H枚he nach identisch, wesensm盲脽ig jedoch verschieden sind.
Rz. 13
Ab Insolvenzer枚ffnung sind zwei, bei Freigabe von Verm枚gensgegenst盲nden aus der Insolvenzmasse sogar drei Verm枚gensmassen zu unterscheiden. Bei objektbezogenen Steuern wie der Kraftfahrzeugsteuer ist die Steuerschuld daher derjenigen Verm枚gensmasse zuzuordnen, zu welcher das Objekt geh枚rt. Dies wird auch in der Literatur nicht in Frage gestellt. Es erscheint deshalb nicht folgerichtig, wenn --was z.T. in der Literatur u.a. auch von den seitens der Beschwerde angef眉hrten Autoren vertreten wird-- die Zuordnung des Fahrzeugs zu den unterschiedlichen Verm枚gensmassen zu beachten sein soll, sofern die vor Insolvenzer枚ffnung festgesetzte Kraftfahrzeugsteuer pflichtwidrig nicht entrichtet wurde oder das Fahrzeug freigegeben wurde und zum insolvenzfreien Verm枚gen des Schuldners geh枚rt, nicht aber, wenn die vor Insolvenzer枚ffnung festgesetzte Kraftfahrzeugsteuer entrichtet und das Fahrzeug nunmehr vom Insolvenzverwalter weiter genutzt wird.
Rz. 14
Im 脺brigen hat das Senatsurteil in BFHE 207, 371, BStBl II 2005, 309 Kritik in der Literatur (und auch im Streitfall der Beschwerde) vor allem hervorgerufen, weil das FA in jenem Fall gegen den Erstattungsanspruch der Insolvenzmasse mit Insolvenzforderungen aufrechnen konnte. Die Frage, ob ein Erstattungsanspruch der Insolvenzmasse entstanden ist, l盲sst sich aber nicht mit der Begr眉ndung verneinen, eine dadurch entstehende Aufrechnungsm枚glichkeit des FA sei kein w眉nschenswertes Ergebnis.
Rz. 15
Dar眉ber hinaus gibt es allerdings auch zustimmende Literaturmeinungen (vgl. L眉dtke in Hamburger Kommentar zum Insolvenzrecht, 搂 38 InsO Rz 57; Jarchow, ebenda, 搂 55 InsO Rz 65; M眉nchKomm InsO, Insolvenzsteuerrecht Rz 228 ff.; Graf-Schlicker, InsO, 搂 55 Rz 21 f.; Busch/Hilbertz, Aufrechnung von Kraftfahrzeugsteuer im er枚ffneten Insolvenzverfahren, Zeitschrift f眉r das gesamte Insolvenzverfahren 2005, 195). Letztere f眉hren zu Recht aus, Verbindlichkeiten, die der Insolvenzverwalter nach der Er枚ffnung des Verfahrens begr眉nde, seien Masseverbindlichkeiten und k枚nnten nicht auf die vor Insolvenzer枚ffnung durch den Insolvenzschuldner vorausgezahlten Betr盲ge angerechnet werden, weil dies zu einer unzul盲ssigen Vermischung der verschiedenen Verm枚gensmassen f眉hre.
Rz. 16
3. Besteht aber ein zur Insolvenzmasse geh枚render Erstattungsanspruch, kann der Schuldner dieser Forderung mit eigenen Anspr眉chen aufrechnen, sofern keine insolvenzrechtlichen Aufrechnungsverbote bestehen.
Rz. 17
Im Streitfall hat das FG zu Recht entschieden, dass 搂 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO die seitens des FA erkl盲rte Aufrechnung mit einer Umsatzsteuerforderung aus der Zeit vor Er枚ffnung des Insolvenzverfahrens nicht hindert. Das FA ist nicht erst nach Er枚ffnung des Insolvenzverfahrens etwas zur Masse schuldig geworden, vielmehr ist der Erstattungsanspruch insolvenzrechtlich als bereits vor Verfahrenser枚ffnung begr眉ndet anzusehen. Es entspricht der st盲ndigen Rechtsprechung des beschlie脽enden Senats, dass f眉r einen auf Vorauszahlungen beruhenden steuerrechtlichen Erstattungsanspruch der Rechtsgrund im insolvenzrechtlichen Sinne im Zeitpunkt der Vorauszahlung gelegt worden ist, da der Steuerpflichtige bei Steuervorauszahlungen bereits mit deren Entrichtung einen Erstattungsanspruch unter der aufschiebenden Bedingung erlangt, dass am Ende des Besteuerungszeitraums die geschuldete Steuer geringer ist als die Vorauszahlung (vgl. Senatsurteil vom 6. Februar 1996 VII R 116/94, BFHE 179, 547, BStBl II 1996, 557; Senatsbeschluss vom 7. Juni 2006 VII B 329/05, BFHE 212, 436, BStBl II 2006, 641; ebenso Farr, a.a.O., Rz 435).
Rz. 18
Soweit die Beschwerde dieser Auffassung entgegentritt, bezeichnet sie keinen Grund f眉r die Zulassung der Revision. Von einer doppelten Entrichtung der Kraftfahrzeugsteuer --wie die Beschwerde meint-- kann nicht die Rede sein. Durch die Verrechnung des Kraftfahrzeugsteuerguthabens mit der Umsatzsteuerforderung Mai 2008 wurde nicht die Kraftfahrzeugsteuer f眉r die Zeit nach Insolvenzer枚ffnung ein weiteres Mal entrichtet, sondern die Umsatzsteuerforderung erf眉llt.
听
Fundstellen
亿兆体育-Index 6466549 |
BFH/NV 2014, 581 |
BFH/PR 2014, 154 |