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Entscheidungsstichwort (Thema)
Aussetzung des Verfahrens wegen Vorgreiflichkeit
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Leitsatz (NV)
Ein verfassungsrechtlich erheblicher Eingriff erfolgt ggf. erst durch die Anwendung der nach dem Vorlagebeschluss vom 22. Mai 2002 II R 61/99 (BFHE 198, 342, BStBl II 2002, 598) f眉r verfassungswidrig gehaltenen Vorschrift des 搂 19 Abs. 1 ErbStG i.d.F. des JStG 1997 - jeweils in Verbindung mit den im Vorlagebeschluss genannten Vorschriften -, mithin also regelm盲脽ig erst durch die Festsetzung der Erbschaftsteuer und nicht schon durch die Feststellung der Grundbesitzwerte.
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Normenkette
FGO 搂 74; BewG 搂 138
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Verfahrensgang
Nieders盲chsisches FG (Urteil vom 02.03.2004; Aktenzeichen 1 K 562/99) |
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Tatbestand
I. Die Kl盲ger und Beschwerdef眉hrer (Kl盲ger) erbten am 25. M盲rz 1996 von ihrer Mutter das Grundst眉ck in H. Das Grundst眉ck war 1 250 qm gro脽 und mit der einen H盲lfte eines Doppelhauses bebaut; die andere H盲lfte stand auf einem Nachbargrundst眉ck. Gr枚脽e, Zuschnitt, Bebauung und Zustand des Grundst眉cks entsprachen den Verh盲ltnissen in der Umgebung. Das Grundst眉ck lag au脽erhalb eines Bebauungsplanes. Eine Bebauung des hinteren Grundst眉cksteils war einem Bauvorbescheid der Stadt H vom 21. August 2000 zufolge nicht zul盲ssig.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) stellte mit Bescheid vom 4. Februar 1998 den Wert des Grundst眉cks auf den 25. M盲rz 1996 in H枚he von 379 000 DM fest. Dieser Wert ergab sich als Mindestwert gem盲脽 搂 146 Abs. 6 des Bewertungsgesetzes (BewG) i.V.m. 搂 145 Abs. 3 BewG (1 250 qm x 379 DM/qm abz眉glich 20 %). Das FA rechnete hierbei den in der Bodenrichtwertkarte der Stadt H ausgewiesenen Bodenrichtwert von 500 DM/qm wegen der Grundst眉cksgr枚脽e nach dem in der Bodenrichtwertkarte vorgesehnen Umrechnungskoeffizienten auf den Wert von 379 DM/qm um (500 DM/qm x 85/112) und setzte ihn f眉r das gesamte Grundst眉ck an. Der --niedrigere-- Ertragswert nach 搂 146 Abs. 2 bis 5 BewG betrug 166 454 DM.
Einspruch und Klage, mit denen die Kl盲ger unter Vorlage des Gutachtens eines 枚ffentlich bestellten Sachverst盲ndigen f眉r die Bewertung von Grundst眉cken eine Feststellung auf einen niedrigeren gemeinen Wert von 234 000 DM beantragten, blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) begr眉ndete seine Entscheidung im Wesentlichen damit, dass das Gutachten nicht schl眉ssig und nachvollziehbar sei, insbesondere, dass das Grundst眉ck keine solchen Besonderheiten gegen眉ber dem Bodenrichtwertgrundst眉ck aufweise, die eine abweichende Beurteilung, insbesondere die vom Gutachter --ohne Begr眉ndung-- vorgenommene Aufteilung in Vorder- und Hinterland, rechtfertigten.
Mit der Nichtzulassungsbeschwerde machen die Kl盲ger Verfahrensfehler (搂 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) sowie grunds盲tzliche Bedeutung der Rechtssache (搂 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) geltend.
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II. Die Beschwerde ist, soweit sie nicht unzul盲ssig ist, unbegr眉ndet. Sie war daher zur眉ckzuweisen.
1. Mit der R眉ge, das FG h盲tte sich mit der Ermittlung und Anwendung des vom FA verwendeten Umrechnungskoeffizienten auseinander setzen m眉ssen, wird kein Verfahrenmangel ger眉gt. Insoweit ist die Beschwerde unzul盲ssig.
Verfahrensm盲ngel i.S. des 搂 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO sind Verst枚脽e des FG gegen Vorschriften des Gerichtsverfahrensrechts (vgl. Gr盲ber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl. 2002, 搂 115 Rz. 76, m.w.N.). Die Kl盲ger machen --soweit sie nicht lediglich Fehler des FA r眉gen-- keinen solchen Verfahrensmangel geltend, sondern eine fehlerhafte Anwendung des BewG (vgl. Gr盲ber/Ruban, a.a.O., 搂 115 Rz. 77). Das gilt auch f眉r die R眉ge, die Entscheidung sei nicht durch ausreichende tats盲chliche Feststellungen gedeckt (vgl. Gr盲ber/Ruban, a.a.O., 搂 115 Rz. 81).
2. Der Zulassungsgrund der grunds盲tzlichen Bedeutung der Rechtssache ist nicht in der gesetzlich erforderlichen Weise dargelegt (搂 115 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. 搂 116 Abs. 3 Satz 3 FGO); insoweit ist die Beschwerde ebenfalls unzul盲ssig.
Eine Rechtssache hat grunds盲tzliche Bedeutung (搂 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), wenn eine Frage zu entscheiden ist, an deren Beantwortung ein allgemeines Interesse besteht, weil ihre Kl盲rung das Interesse der Allgemeinheit an der Fortentwicklung und Handhabung des Rechts betrifft. Es muss sich um eine aus rechtssystematischen Gr眉nden bedeutsame und f眉r die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln. Diese Voraussetzungen m眉ssen in der Beschwerdeschrift dargelegt werden (搂 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Dazu gen眉gt die blo脽e Behauptung, die Streitsache habe grunds盲tzliche Bedeutung, nicht. Vielmehr muss die Beschwerde konkret auf die Rechtsfrage, ihre Kl盲rungsbed眉rftigkeit und ihre 眉ber den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingehen (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 7. Oktober 2004 VIII B 76/04, BFH/NV 2005, 337, m.w.N. zur st盲ndigen Rechtsprechung). Insbesondere sind Ausf眉hrungen erforderlich, aus welchen Gr眉nden, in welchem Umfang und von welcher Seite die Rechtsfrage umstritten ist (BFH-Beschl眉sse vom 26. August 2004 II B 117/03, BFH/NV 2004, 1625; in BFH/NV 2005, 337, und vom 3. November 2004 X B 121/03, BFH/NV 2005, 350, jeweils m.w.N.).
a) Der Frage der r眉ckwirkenden Anwendung der 搂搂 138 ff. BewG i.d.F. des Jahressteuergesetzes (JStG) 1997 auf Erwerbe ab 1. Januar 1996 kommt keine grunds盲tzliche Bedeutung mehr zu. Sie ist bereits h枚chstrichterlich dahin entschieden, dass die R眉ckwirkung verfassungsgem盲脽 ist (BFH-Urteile vom 5. Mai 2004 II R 45/01, BFHE 204, 570; vom 2. Juli 2004 II R 55/01, BFHE 205, 492, BStBl II 2004, 703; vom 20. Oktober 2004 II R 74/00, BFH/NV 2005, 136; vom 14. Dezember 2004 II R 41/03, juris STRE200550328).
b) Die weitere, von den Kl盲gern als grunds盲tzlich aufgeworfene Rechtsfrage, ob unabh盲ngig von der Grundst眉cksgr枚脽e zwingend eine Bindung an den vom Gutachterausschuss ermittelten Umrechnungskoeffizienten besteht, ist nicht schl眉ssig dargelegt. Die Kl盲ger sind nicht konkret auf die Rechtsfrage, ihre Kl盲rungsbed眉rftigkeit und ihre 眉ber den Einzelfall hinausgehende Bedeutung sowie darauf eingegangen, aus welchen Gr眉nden, in welchem Umfang und von welcher Seite die Rechtsfrage umstritten ist.
3. Die R眉ge, das FG habe gegen die Grundordnung des Verfahrens versto脽en, da es das Verfahren nicht ausgesetzt habe (搂 74 FGO), ist unbegr眉ndet.
Bei einem als Verfahrensmangel ger眉gten Versto脽 gegen 搂 74 FGO ist zu ber眉cksichtigen, dass nach dieser Vorschrift die Aussetzung des Verfahrens wegen Vorgreiflichkeit im Ermessen des FG steht. Daher muss vom Beschwerdef眉hrer mit seiner Verfahrensr眉ge dargetan werden, aufgrund welcher konkreten Umst盲nde seines Falles das FG ausnahmsweise aufgrund einer Ermessensreduzierung auf Null zu einer Aussetzung des Verfahrens verpflichtet war (BFH-Beschl眉sse vom 19. Oktober 1995 II B 31/95, BFH/NV 1996, 237; vom 5. M盲rz 2003 VII B 381/02, BFH/NV 2003, 931). Ob die Beschwerdeschrift dieser --auf den konkreten Streitfall bezogenen-- Darlegungspflicht gen眉gt, kann offen bleiben. Die R眉ge ist jedenfalls unbegr眉ndet.
Zwar hat der Senat, worauf die Kl盲ger zutreffend hinweisen, in seiner Entscheidung vom 20. Februar 2004 II R 44/01 (BFH/NV 2004, 967) in einem dem Streitfall vergleichbaren Fall selbst das Verfahren ausgesetzt. Doch hat der Senat in der Folgezeit an dieser Entscheidung nicht mehr festgehalten. Er hat sich hierbei von der Erkenntnis leiten lassen, dass nach seinem Vorlagebeschluss vom 22. Mai 2002 II R 61/99 (BFHE 198, 342, BStBl II 2002, 598) der verfassungsrechtlich erhebliche Eingriff erst durch die Anwendung der f眉r verfassungswidrig gehaltenen Vorschrift des 搂 19 Abs. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes i.d.F. des JStG 1997 --jeweils in Verbindung mit den im Vorlagebeschluss genannten Vorschriften-- erfolgt, mithin also regelm盲脽ig erst durch die Festsetzung der Erbschaftsteuer und nicht schon --wie im Streitfall-- durch die Feststellung der Grundbesitzwerte.
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Fundstellen
亿兆体育-Index 1434777 |
BFH/NV 2005, 1984 |