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Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeldauszahlung an nur einen Berechtigten und Obhutsprinzip verfassungsgem盲脽
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Leitsatz (amtlich)
1. Es verst枚脽t nicht gegen das GG oder sonstiges Recht,
- dass das Kindergeld gem盲脽 搂 64 Abs. 1 EStG an nur einen
Berechtigten zu zahlen ist und
- dass es gem盲脽 搂 64 Abs. 2 Satz 1 EStG an denjenigen Berechtigten zu zahlen ist, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat (Obhutsprinzip).
2. Der Begriff der Haushaltsaufnahme i.S. des 搂 64 Abs. 2 Satz 1 EStG ist unter Ber眉cksichtigung seines Zwecks dahin auszulegen, dass ein Kind, welches sich in den Haushalten beider Elternteile in einer Besuchscharakter 眉berschreitenden Weise aufh盲lt, demjenigen Elternteil zuzuordnen ist, in dessen Haushalt es sich 眉berwiegend aufh盲lt und seinen Lebensmittelpunkt hat.
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Normenkette
EStG 搂 64 Abs.听1-2; GG Art.听3, 6 Abs. 1, Art.听20 Abs. 1; EMRK Art.听8, 14; EuGrdRCh Art.听7, 20, 23 Abs. 1, Art.听24
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Verfahrensgang
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Nachgehend
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Tatbestand
A. Der Kl盲ger und Revisionskl盲ger (Kl盲ger) ist der Vater von zwei 1993 bzw. 1995 geborenen T枚chtern. Er lebt seit 1996 von deren Mutter getrennt. Die Ehe wurde im M盲rz 2001 geschieden. Die T枚chter leben im Haushalt der Mutter und sind dort mit ihrem Hauptwohnsitz gemeldet. Die Mutter zog nach der Trennung von F nach E. Durch Beschluss des zust盲ndigen Familiengerichts vom Mai 1997 wurde der Mutter das alleinige Sorgerecht 眉bertragen.
Der Kl盲ger darf im Rahmen seines Umgangsrechts die T枚chter jedes zweite Wochenende von Freitagnachmittag bis Montagmorgen zu sich nehmen. Die Schulferien verbringen sie zur H盲lfte bei dem Kl盲ger und zur H盲lfte bei ihrer Mutter, so dass sich die T枚chter zu 65 v.H. ihrer Zeit bei der Mutter und zu 35 v.H. bei ihrem Vater aufhalten.
Auf Antrag der Mutter setzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (Beklagter) mit Bescheid vom 24. Juli 1997 das Kindergeld r眉ckwirkend ab Dezember 1996 zu ihren Gunsten fest. Gleichzeitig hob das f眉r den Kl盲ger an seinem damaligen Wohnort zust盲ndige Arbeitsamt (Familienkasse) die Kindergeldfestsetzung zugunsten des Kl盲gers auf. Die Klage des Kl盲gers gegen diesen Aufhebungsbescheid hatte keinen Erfolg.
Am 24. November 2000 beantragte der Kl盲ger, der im November 1998 ebenfalls nach E gezogen war, beim Beklagten, ihm Kindergeld f眉r seine beiden Kinder zu gew盲hren. Der Beklagte lehnte dies mit der Begr眉ndung ab, dass die Kinder nicht in den Haushalt des Kl盲gers aufgenommen worden seien. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.
Mit seiner Klage begehrte der Kl盲ger, den Beklagten zu verpflichten, ihm f眉r die Zeit ab 1. November 1996 f眉r seine beiden T枚chter das h盲lftige Kindergeld zu bewilligen. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Es entschied, bei getrennt lebenden Eltern sei eine Haushaltsaufnahme des Kindes i.S. des 搂 64 Abs. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und damit ein Kindergeldanspruch nur bei dem Elternteil gegeben, von dem das Kind 眉berwiegend betreut und versorgt werde und in dessen Haushalt es seinen Lebensmittelpunkt habe. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2003, 401 ver枚ffentlicht.
Das FG hat die Revision mit der Begr眉ndung zugelassen, dass der Begriff der Haushaltsaufnahme i.S. des 搂 64 Abs. 2 Satz 1 EStG trotz mehrerer hierzu ergangener Entscheidungen h枚chstrichterlich noch nicht hinreichend gekl盲rt sei.
Der Senat hat dem Kl盲ger mit einem am 20. Dezember 2003 zugestellten Beschluss Prozesskostenhilfe (PKH) f眉r das Revisionsverfahren bewilligt. Der Kl盲ger hat am 29. Dezember 2003 Revision eingelegt und wegen Vers盲umung der Frist f眉r die Einlegung der Revision Wiedereinsetzung in den vorigen Stand begeht. Er r眉gt, dass die Auslegung des 搂 64 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 EStG durch das FG fehlerhaft und nicht verfassungskonform sei und gegen Art. 8 und 14 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten i.d.F. der Bekanntmachung vom 17. Mai 2002 鈥旹MRK鈥 (BGBl II 2002, 1054) sowie Art. 7, 20, 23 Abs. 1 und 24 der Charta der Grundrechte der Europ盲ischen Union (Amtsblatt der Europ盲ischen Gemeinschaften 鈥旳BlEG鈥 2000 Nr. C 364/1) versto脽e.
Er beantragt,
die Vorentscheidung und die Einspruchsentscheidungen vom 4. April 2001 und vom 8. Januar 2002 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihm, dem Kl盲ger, ab dem 1. November 1996 f眉r seine beiden T枚chter jeweils das h盲lftige Kindergeld zu gew盲hren,
hilfsweise,
das Verfahren auszusetzen und die Sache dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) bzw. dem Gerichtshof der Europ盲ischen Gemeinschaften (EuGH) vorzulegen.
Der Beklagte beantragt,
die Revision als unbegr眉ndet zur眉ckzuweisen.
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B. Die Revision ist zul盲ssig, aber unbegr眉ndet.
Der Senat entscheidet gem盲脽 搂 126a der Finanzgerichtsordnung (FGO) durch Beschluss. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind erf眉llt. Die Beteiligten sind unterrichtet worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Der Senat h盲lt einstimmig die Revision f眉r unbegr眉ndet und eine m眉ndliche Verhandlung schon deshalb nicht f眉r erforderlich, weil die endg眉ltige Entscheidung 眉ber die vom Kl盲ger aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen dem BVerfG vorbehalten ist (Art. 93 des Grundgesetzes 鈥旼G鈥) und dem Kl盲ger die M枚glichkeit, Verfassungsbeschwerde einzulegen (搂搂 90, 93 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes 鈥旴VerfGG鈥), auch dann nicht abgeschnitten ist, wenn der Senat im Verfahren nach 搂 126a FGO entscheidet (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs 鈥旴FH鈥 vom 11. M盲rz 1992 II R 129/88, BFHE 167, 266, BStBl II 1992, 707).
I. Die Revision ist zul盲ssig. Dem Kl盲ger ist wegen der Vers盲umung der Frist f眉r die Einlegung der Revision (搂 120 Abs. 1 Satz 1 FGO) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem盲脽 搂 56 FGO zu gew盲hren. Er war an der Einhaltung der Frist ohne Verschulden gehindert, da er nach seinen pers枚nlichen und wirtschaftlichen Verh盲ltnissen die Kosten der Prozessf眉hrung nicht tragen konnte. Er hat nach der Bewilligung der PKH (搂 142 Abs. 1 FGO, 搂 114 der Zivilprozessordnung 鈥昛PO鈥) innerhalb von zwei Wochen und damit rechtzeitig Revision eingelegt. Dar眉ber besteht auch kein Streit.
II. Die Revision ist aber unbegr眉ndet und daher zur眉ckzuweisen (搂 126 Abs. 2 FGO). Das FG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
1. Soweit der Kl盲ger die Festsetzung von Kindergeld f眉r die Zeit bis zum Erlass des Aufhebungsbescheides vom 24. Juli 1997 beantragt, steht seinem Begehren bereits die Bestandskraft dieses Bescheides entgegen (vgl. zur Bindungswirkung von Ablehnungsbescheiden Urteile des BFH vom 25. Juli 2001 VI R 78/98, BFHE 196, 253, BStBl II 2002, 88; VI R 164/98, BFHE 196, 257, BStBl II 2002, 89; vom 23. November 2001 VI R 125/00, BFHE 197, 387, BStBl II 2002, 296; BFH-Beschluss vom 9. Juli 2003 VIII B 40/03, BFH/NV 2003, 1422). Nach den tats盲chlichen Feststellungen der Vorinstanz hat das Hessische FG die Klage gegen den Aufhebungsbescheid abgewiesen. Deshalb kann die Klage insoweit schon wegen der Bindungswirkung des Aufhebungsbescheides keinen Erfolg haben. Letztlich kommt es darauf aber nicht an.
2. Denn das Kindergeld ist auch deshalb nicht an den Kl盲ger zu zahlen, weil die beiden T枚chter nach zutreffender Auffassung der Vorinstanz nicht i.S. des 搂 64 Abs. 2 Satz 1 EStG in den Haushalt des Kl盲gers, sondern in denjenigen ihrer Mutter aufgenommen sind, in dem sie sich 眉berwiegend aufhalten und ihren Lebensmittelpunkt haben.
a) Sowohl der Kl盲ger als auch seine geschiedene Ehefrau erf眉llen die tatbestandlichen Voraussetzungen der 搂搂 62 Abs. 1 Nr. 1, 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. 搂 32 Abs. 1 Nr. 1 EStG f眉r einen Anspruch auf Kindergeld f眉r die beiden gemeinsamen T枚chter. Gem盲脽 搂 64 Abs. 1 EStG wird jedoch f眉r jedes Kind nur einem Berechtigten Kindergeld gezahlt. Aus diesem Grund sind in 搂 64 Abs. 2 und 3 EStG Regelungen daf眉r getroffen, an welchen Berechtigten das Kindergeld bei konkurrierenden Anspr眉chen mehrerer Berechtigter zu zahlen ist. Gem盲脽 搂 64 Abs. 2 Satz 1 EStG wird das Kindergeld bei mehreren Berechtigten demjenigen gezahlt, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat.
b) Nach der Rechtsprechung des BFH ist eine Haushaltsaufnahme i.S. des 搂 64 Abs. 2 Satz 1 EStG dann gegeben, wenn das Kind in die Familiengemeinschaft mit einem dort begr眉ndeten Betreuungs- und Erziehungsverh盲ltnis aufgenommen worden ist; neben dem 枚rtlich gebundenen Zusammenleben m眉ssen Voraussetzungen materieller Art (Versorgung, Unterhaltsgew盲hrung) und immaterieller Art (F眉rsorge, Betreuung) erf眉llt sein (Urteile vom 20. Juni 2001 VI R 224/98, BFHE 195, 564, BStBl II 2001, 713; vom 26. August 2003 VIII R 91/98, BFH/NV 2004, 324; vom 16. Dezember 2003 VIII R 67/00, BFH/NV 2004, 934). Dabei muss die Betreuung des Kindes im Haushalt eines Berechtigten einen zeitlich bedeutsamen Umfang haben und die Aufenthalte des Kindes d眉rfen nicht nur Besuchs- oder Feriencharakter haben. Eine den Besuchscharakter 眉berschreitende Dauer liegt auf jeden Fall bei einem Aufenthalt des Kindes im Haushalt des Berechtigten von mehr als drei Monaten im Jahr vor (vgl. BFH-Urteile in BFHE 195, 564, BStBl II 2001, 713; in BFH/NV 2004, 324).
Der BFH hat das Obhutsprinzip des 搂 64 Abs. 2 Satz 1 EStG f眉r verfassungsgem盲脽 gehalten. Es tr盲gt der Lebenserfahrung Rechnung, dass derjenige am meisten mit dem Kindesunterhalt belastet ist, der das Kind betreut, erzieht und versorgt (vgl. Urteil vom 19. August 2003 VIII R 60/99, BFH/NV 2004, 320, m.w.N.). Au脽erdem dient die Ankn眉pfung an die Haushaltszugeh枚rigkeit der Verfahrensvereinfachung, weil sich diese im Regelfall leicht feststellen l盲sst (BFH-Beschluss vom 10. November 1998 VI B 125/98, BFHE 187, 477, BStBl II 1999, 137).
Wendet man danach die vorstehenden Grunds盲tze auf den Streitfall an, so k枚nnte eine Aufnahme der beiden T枚chter sowohl in den Haushalt ihrer Mutter als auch in den des Kl盲gers zu bejahen sein. Denn die T枚chter halten sich etwa 35 v.H. ihrer Zeit und damit mehr als drei Monate im Jahr im Haushalt des Kl盲gers auf und werden dort von ihm betreut und versorgt.
c) Bei der Auslegung des Begriffs der Haushaltsaufnahme i.S. des 搂 64 Abs. 2 Satz 1 EStG ist aber dem Umstand Rechnung zu tragen, dass das Merkmal der Haushaltsaufnahme dazu dienen soll, nur einem von mehreren Kindergeldberechtigten gegen眉ber den anderen eine Vorrangstellung einzur盲umen. Denn gem盲脽 搂 64 Abs. 1 EStG ist das Kindergeld an nur einen Berechtigten zu zahlen. Das hat zur Folge, dass entgegen dem Begehren des Kl盲gers eine Aufteilung des Kindergeldes auf mehrere Berechtigte nicht zul盲ssig ist (vgl. BFH-Beschluss vom 18. Dezember 1998 VI B 215/98, BFHE 187, 559, BStBl II 1999, 231; BFH-Urteil vom 16. Dezember 2003 VIII R 76/99, BFH/NV 2004, 933).
aa) Die Regelung, dass das Kindergeld an nur einen Berechtigten zu zahlen ist und nicht aufgeteilt werden darf, ist nach zutreffender Auffassung der Vorinstanz verfassungsgem盲脽. Sie ist durch sachliche Gr眉nde gerechtfertigt, weil sie dazu dient, eine Doppel- oder Mehrfachgew盲hrung von Kindergeld zu vermeiden (vgl. BFH-Beschluss in BFHE 187, 559, BStBl II 1999, 231; Greite in Korn, Einkommensteuergesetz, Kommentar, 搂 64 Rn. 5). Au脽erdem f眉hrt es zu einer Verwaltungsvereinfachung, wenn das Kindergeld an nur einen Berechtigten ausgezahlt wird.
Die verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit des 搂 64 Abs. 1 EStG besteht auch unabh盲ngig davon, ob das Kindergeld im konkreten Fall der steuerlichen Freistellung des Existenzminimums des Kindes (搂 31 Satz 1 EStG) oder der F枚rderung der Familie (搂 31 Satz 2 EStG) dient.
(1) Im erstgenannten Fall besteht zwischen den unterhaltsverpflichteten Eltern grunds盲tzlich ein zivilrechtlicher Ausgleichsanspruch (vgl. 搂 1612b des B眉rgerlichen Gesetzbuchs 鈥旴GB鈥 n.F., 搂 1615g BGB a.F.). Dieser f眉hrt im wirtschaftlichen Ergebnis zu einer Gleichbehandlung der Elternteile (vgl. auch Greite, a.a.O., 搂 64 Rn. 5). Soweit nach 搂 1612b Abs. 5 BGB die Anrechnung des Kindergeldes unterbleibt und dies zu verfassungswidrigen Ergebnissen f眉hrt (vgl. dazu den Vorlagebeschluss des Senats vom 30. November 2004 VIII R 51/03, juris), betrifft die Verfassungswidrigkeit die 搂搂 31 Satz 5 und 36 Abs. 2 Satz 1 EStG und nicht die Regelung, dass das Kindergeld an nur einen Berechtigten zu zahlen ist.
(2) F眉r den letztgenannten Fall der F枚rderung der Familie ist der Staat nach der st盲ndigen Rechtsprechung des BVerfG durch das Schutzgebot des Art. 6 Abs. 1 GG nicht gehalten, jegliche die Familie treffende Belastung auszugleichen oder die Familie ohne R眉cksicht auf andere 枚ffentliche Belange zu f枚rdern. Aus der Wertentscheidung des Art. 6 Abs. 1 GG i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip l盲sst sich zwar die allgemeine Pflicht des Staates zu einem Familienlastenausgleich entnehmen, nicht aber die Entscheidung dar眉ber, in welchem Umfang und in welcher Weise ein solcher sozialer Ausgleich vorzunehmen ist. Aus dem Verfassungsauftrag, einen wirksamen Familienlastenausgleich zu schaffen, lassen sich konkrete Folgerungen f眉r die einzelnen Rechtsgebiete und Teilsysteme, in denen der Familienlastenausgleich zu verwirklichen ist, nicht ableiten. Insoweit besteht vielmehr grunds盲tzlich Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers (BVerfG-Urteile vom 7. Juli 1992 1 BvL 51/86, 50/87, 1 BvR 873/90, 761/91, BVerfGE 87, 1, 35 f.; vom 3. April 2001 1 BvR 1629/94, BVerfGE 103, 242, 259 f.; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des BVerfG vom 6. Mai 2004 2 BvR 1375/03, juris; H枚chstrichterliche Finanzrechtsprechung 鈥旽FR鈥 2004, 692).
Der danach dem Gesetzgeber zustehende weite Gestaltungsspielraum f眉r staatliche Leistungen gestattet es ihm, das Kindergeld, soweit es eine soziale Transferleistung ist, so auszugestalten, dass es aus Vereinfachungsgr眉nden und zur Vermeidung von Mehrfachzahlungen an nur einen Berechtigten ausgezahlt werden darf. Davon geht auch das BVerfG als selbstverst盲ndlich aus. Zwar hat es in einem Beschluss vom 29. Oktober 2002 1 BvL 16/95, 1 BvL 17/95, 1 BvL 16/97 (BVerfGE 106, 166; HFR 2003, 292) 搂 3 Abs. 3 Satz 1 des Bundeskindergeldgesetzes (BKGG) i.d.F. des Ersten Gesetzes zur Umsetzung des Spar-, Konsolidierungs- und Wachstumsprogramms (1.SKWPG) vom 21. Dezember 1993 (BGBl I 1993, 2353) f眉r mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar gehalten. Es hat es als nicht gerechtfertigt angesehen, dass die gesetzlich einger盲umte M枚glichkeit, durch einvernehmliche Berechtigtenbestimmung die gesetzliche Zuordnung zu 盲ndern, auf verheiratet zusammenlebende Eltern beschr盲nkt ist. Es hat dabei jedoch nicht die Regelung in Frage gestellt, dass bei mehreren Anspruchsberechtigten das Kindergeld nur an einen Berechtigten gezahlt wird.
bb) Ist die gesetzliche Vorgabe des 搂 64 Abs. 1 EStG, dass das Kindergeld an nur einen Berechtigten zu zahlen ist, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dann ist sie auch bei der Auslegung der in den beiden nachfolgenden Abs盲tzen des 搂 64 EStG getroffenen Konkurrenzregelungen zu ber眉cksichtigen.
d) Bei der Konkretisierung des Begriffs der Haushaltsaufnahme i.S. des 搂 64 Abs. 2 Satz 1 EStG ist au脽erdem der gesetzlichen Grundentscheidung Rechnung zu tragen, dass bei mehreren Berechtigten das Kindergeld an denjenigen Berechtigten gezahlt werden soll, der am meisten mit dem Kindesunterhalt belastet ist. Dies ist nach der Vorstellung des Gesetzgebers derjenige, der das Kind in seiner Obhut hat, es also betreut, erzieht und versorgt (BTDrucks 13/1558, S. 165, zu 搂 3 Abs. 2 BKGG; Senatsurteil in BFH/NV 2004, 324, unter 2.b. der Gr眉nde). Das Obhutsprinzip ist durch das Jahressteuergesetz 1996 (JStG 1996) vom 11. Oktober 1995 (BGBl I 1995, 1250, BStBl I 1995, 438) ausdr眉cklich auf die Anspruchskonkurrenz zwischen Vater und Mutter erstreckt worden (vgl. dazu BTDrucks 13/1558, S. 165, zu 搂 3 Abs. 2 BKGG).
Der Gesetzgeber hat den Gedanken, dass derjenige Berechtigte das Kindergeld erhalten soll, der die h枚chsten Lasten f眉r den Kindesunterhalt tr盲gt, in 搂 64 Abs. 2 und 3 EStG folgerichtig umgesetzt. So erh盲lt nach 搂 64 Abs. 3 S盲tze 1 und 2 EStG dann, wenn ein Kind nicht in den Haushalt eines Berechtigten aufgenommen worden ist und mehrere Berechtigte eine Unterhaltsrente zahlen, derjenige das Kindergeld, der dem Kind die h枚chste Unterhaltsrente zahlt.
e) Die Vorschrift, dass das Kindergeld an nur einen Berechtigten gezahlt und nicht aufgeteilt wird, und der gesetzliche Grundgedanke, dass bei mehreren Berechtigten das Kindergeld an denjenigen gezahlt werden soll, der die gr枚脽te Belastung tr盲gt, f眉hren in ihrem Zusammenspiel dazu, dass der Begriff der Haushaltsaufnahme i.S. des 搂 64 Abs. 2 Satz 1 EStG nicht f眉r alle Sachverhalte gleicherma脽en, sondern nur fallgruppenspezifisch konkretisiert werden kann. Er ist f眉r die Fallgruppe, dass die Dauer der Aufenthalte des Kindes in den Haushalten beider Elternteile 眉ber einen Besuchs- oder Feriencharakter hinausgeht, einschr盲nkend auszulegen. Bei diesem Sachverhalt ist f眉r die Annahme einer Haushaltsaufnahme zus盲tzlich zu den oben (unter B.II.2.b. der Gr眉nde) dargestellten Merkmalen erforderlich, dass sich das Kind dort 眉berwiegend aufhalten und seinen Lebensmittelpunkt haben muss. Dies beruht auf der typisierenden Annahme, dass derjenige Kindergeldberechtigte die gr枚脽eren Unterhaltslasten f眉r das Kind tr盲gt, der es 眉berwiegend in seinem Haushalt betreut und versorgt (vgl. auch BFH-Urteil vom 14. April 1999 X R 11/97, BFHE 188, 330, BStBl II 1999, 594, zu 搂搂 10e, 34f EStG). Wie zu entscheiden w盲re, wenn ein Kind in beiden Haushalten ann盲hernd gleich viel Zeit verbringt, kann im Streitfall offen bleiben.
3. Die Auslegung des Gesetzes durch den Senat f眉hrt entgegen der Auffassung der Revision auch bei einem bed眉rftigen und auf Sozialleistungen angewiesenen Elternteil nicht zu einer Beeintr盲chtigung seiner Grundrechte. Da ein solcher Elternteil aufgrund seiner wirtschaftlichen Verh盲ltnisse nicht zur Einkommensteuer herangezogen wird, erstrebt er die Auszahlung des Kindergeldes als einer Leistung zur F枚rderung der Familie i.S. des 搂 31 Satz 2 EStG. F眉r diesen Fall sind nach der Rechtsprechung des BVerfG die Ma脽st盲be zum Gebot der steuerlichen Verschonung des Existenzminimums nicht anzuwenden; vielmehr steht dem Gesetzgeber insoweit eine gr枚脽ere Gestaltungsfreiheit zu (vgl. Beschl眉sse der 3. Kammer des Zweiten Senats des BVerfG vom 6. November 2003 2 BvR 1240/02, nicht ver枚ffentlicht, betreffend das Senatsurteil VIII R 68/00; vom 6. Mai 2004 2 BvR 1375/03, juris, betreffend das Senatsurteil VIII R 76/02). Wegen dieser unterschiedlichen verfassungsrechtlichen Ausgangslage kann es entgegen der Auffassung der Revision nicht zu einem Versto脽 gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG f眉hren, dass bei Elternteilen, die zur Einkommensteuer herangezogen werden, im Rahmen der sog. G眉nstigerpr眉fung (搂 31 Satz 4 EStG) jeweils ein (h盲lftiger) Kinderfreibetrag (搂 32 Abs. 6 EStG) anzusetzen und ggf. abzuziehen ist, w盲hrend das Kindergeld nur an einen Elternteil gezahlt wird.
Ob die vom Senat bef眉rwortete Gesetzesauslegung dann gegen Art. 6 Abs. 1 GG i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG versto脽en k枚nnte, wenn die Versagung eines 鈥昳m Gesetz nicht vorgesehenen鈥 anteiligen Kindergeldes im Einzelfall zur Folge h盲tte, dass es einem bed眉rftigen Elternteil unm枚glich gemacht w眉rde, von seinem Umgangsrecht mit seinem Kind (vgl. 搂 1684 BGB) tats盲chlich Gebrauch zu machen, kann offen bleiben. Denn dies ist nicht der Fall. Einem Elternteil ohne ausreichend hohes eigenes Einkommen oder Verm枚gen wird die Aus眉bung seines Umgangsrechts mit seinem Kind dadurch erm枚glicht, dass die dadurch entstehenden Kosten ein Teil des notwendigen Lebensunterhalts sind und daher einmalige oder besondere Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) rechtfertigen k枚nnen (vgl. Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats des BVerfG vom 25. Oktober 1994 1 BvR 1197/93, Zeitschrift f眉r das gesamte Familienrecht 鈥旻amRZ鈥 1995, 86; Urteil des Bundesverwaltungsgerichts 鈥旴VerwG鈥 vom 22. August 1995 5 C 15.94, FamRZ 1996, 105). Au脽erdem hat der Kl盲ger in seinem Schriftsatz vom 6. Dezember 2004 selbst vorgetragen, dass bei der Bewilligung des Wohngeldes seine beiden T枚chter bedarfserh枚hend ber眉cksichtigt worden seien.
4. Die Regelung, dass nur ein Berechtigter das Kindergeld erh盲lt (搂 64 Abs. 1 EStG), und die Konkretisierung des 搂 64 Abs. 2 Satz 1 EStG dahin, dass das Kindergeld an denjenigen Elternteil auszuzahlen ist, in dessen Haushalt sich das Kind 眉berwiegend aufh盲lt und in dem es seinen Lebensmittelpunkt hat, versto脽en entgegen der R眉ge des Kl盲gers auch nicht gegen Art. 8 Abs. 1 und 14 EMRK. Nach der erstgenannten Vorschrift hat jede Person das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihrer Korrespondenz. Aus dieser Regelung kann sich ein Sorge- und Umgangsrecht der Eltern nach der Trennung oder Scheidung ergeben (vgl. Frowein/Peukert, Europ盲ische Menschenrechtskonvention, 2. Aufl., Art. 8 Rn. 23). Anspr眉che gegen den Staat auf eine wirtschaftliche F枚rderung der Familie durch Kindergeld begr眉ndet diese Vorschrift jedoch nicht. Deshalb kann die Versagung des Anspruchs auf Kindergeld auch nicht zu einem Versto脽 gegen Art. 8 Abs. 1 EMRK oder das Diskriminierungsverbot des Art. 14 EMRK f眉hren. Denn das Diskriminierungsverbot des Art. 14 EMRK bezieht sich nur auf Rechte und Freiheiten, die in der Konvention anerkannt sind.
5. Auch der Hinweis des Kl盲gers auf Art. 7, 20, 23 Abs. 1 und 24 der Charta der Grundrechte der Europ盲ischen Union vermag der Revision nicht zum Erfolg zu verhelfen. Denn der Charta der Grundrechte der Europ盲ischen Union kommt in den Mitgliedstaaten keine rechtsverbindliche Wirkung zu, weil sie zwar proklamiert, von den Mitgliedstaaten aber nicht ratifiziert worden ist (vgl. BFH-Beschluss vom 28. April 2004 VII B 44/04, BFH/NV 2004, 1297). Dar眉ber hinaus steht das deutsche Recht aber auch mit den genannten Vorschriften im Einklang. Denn aus ihnen ergibt sich kein Anspruch auf Kindergeld als Sozialleistung und f眉r den Fall, dass ein Mitgliedsstaat die Zahlung eines Kindergeldes vorsieht, auch kein Anspruch auf seine h盲lftige Aufteilung auf beide Elternteile. Dem durch Art. 24 Abs. 3 der Charta garantierten Anspruch eines Kindes auf regelm盲脽ige pers枚nliche Beziehungen und direkte Kontakte zu beiden Elternteilen w眉rde selbst dann, wenn diese Vorschrift mittelbar einen Anspruch auf finanzielle staatliche F枚rderung gew盲hren sollte, durch die oben dargestellten Anspr眉che auf Leistungen nach dem BSHG und dem Wohngeldgesetz ausreichend Rechnung getragen.
6. Bei Anwendung der vorstehenden Grunds盲tze auf den Streitfall hat das FG die Klage zu Recht abgewiesen. Die Aufenthalte der T枚chter in dem Haushalt des Kl盲gers beschr盲nken sich gem盲脽 dem Umgangsrecht des Kl盲gers auf jedes zweite Wochenende und die H盲lfte der Ferien. Da die T枚chter somit die weit 眉berwiegende Zeit im Haushalt ihrer sorgeberechtigten Mutter verbringen, haben sie dort ihren Lebensmittelpunkt, so dass sie i.S. des 搂 64 Abs. 2 Satz 1 EStG in deren Haushalt aufgenommen sind. Das Kindergeld ist damit zu Recht an die Mutter und nicht an den Kl盲ger gezahlt worden.
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Fundstellen
亿兆体育-Index 1326324 |
BFH/NV 2005, 616 |
BStBl II 2008, 762 |
BFHE 208, 220 |
BB 2005, 649 |
DB 2005, 591 |
DStRE 2005, 446 |
DStZ 2005, 210 |
HFR 2005, 429 |