听
Entscheidungsstichwort (Thema)
Innergemeinschaftliche Lieferung; Anforderungen an den Belegnachweis; keine Bindung des FA an 脛u脽erungen eines Betriebspr眉fers
听
Leitsatz (NV)
1. Mit einer erst nach Ausf眉hrung einer Lieferung erstellten, falschen Best盲tigung 眉ber die Bef枚rderung des Gegenstands der Lieferung kann der Lieferer den erforderlichen Belegnachweis nicht erbringen.
2. F眉r eine verbindliche Zusage, eine tats盲chliche Verst盲ndigung oder eine sonstige Bindung des FA nach Treu und Glauben ist gleicherma脽en erforderlich, dass auf Seiten des FA ein f眉r die Entscheidung 眉ber die Steuerfestsetzung zust盲ndiger Amtstr盲ger beteiligt ist. 脛u脽erungen eines Betriebspr眉fers reichen grunds盲tzlich nicht aus.
听
Normenkette
UStG 1999 搂听4 Nr. 1 Buchst. b, 搂听6a Abs.听1, 3-4; UStDV 1999 搂 17c; AO 1977 搂搂听201, 204, 206; FGO 搂 115 Abs. 2 Nrn.听1-2; BGB 搂 242
听
Verfahrensgang
听
Tatbestand
I. Die Kl盲gerin und Beschwerdef眉hrerin (Kl盲gerin) nahm am 6. Dezember 2001 einen PKW in der Auto-Niederlassung A in Empfang und 眉bergab diesen sofort danach gegen Barzahlung an einen Vertreter der italienischen Firma B.
Im Rahmen ihrer Umsatzsteuer-Voranmeldung f眉r das 4. Quartal des Jahres 2001 behandelte die Kl盲gerin die Lieferung des PKW unter Berufung auf 搂 4 Nr. 1 Buchst. b, 搂 6a des Umsatzsteuergesetzes (UStG 1999) als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung. Dem folgte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) im Anschluss an eine Au脽enpr眉fung nicht, weil die Kl盲gerin keine schriftliche Versicherung des Abnehmers 眉ber die Bef枚rderung des Gegenstands der Lieferung in das 眉brige Gemeinschaftsgebiet (搂 17a Abs. 2 Nr. 4 der Umsatzsteuer-Durchf眉hrungsverordnung --UStDV 1999--) habe vorlegen k枚nnen.
Mit einem an den Pr眉fer gerichteten Schreiben vom 21. Oktober 2003 眉bersandte die Kl盲gerin die Kopie eines italienischen Kfz-Scheines, aus dem entnommen werden k枚nne, dass der PKW am 21. Dezember 2001 in Italien zugelassen worden sei. Der Pr眉fer erkl盲rte daraufhin am 3. November 2003 gegen眉ber dem Steuerberater der Kl盲gerin fernm眉ndlich, dass eine Korrektur in der Voranmeldung f眉r das 4. Quartal 2003 (Streitzeitraum) zu erfolgen habe.
Die Kl盲gerin "minderte" dementsprechend in ihrer Umsatzsteuervoranmeldung f眉r den Streitzeitraum "ihre steuerpflichtigen Ums盲tze". Dem folgte das FA im Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid f眉r den Streitzeitraum vom 14. Juni 2004 nicht, weil die Kl盲gerin nicht nachgewiesen habe, dass die Lieferung des PKW nach Italien durch sie bewirkt worden sei. Die Lieferung habe auch an einen Inl盲nder erfolgen k枚nnen, der den PKW nach Italien verbracht habe.
Gegen diesen Bescheid legte die Kl盲gerin Einspruch ein und reichte beim FA die Kopie einer Versandbest盲tigung f眉r Umsatzsteuerzwecke ein, wonach B pers枚nlich den PKW am 4. Dezember 2001 nach Italien bef枚rdert habe. Das FA wies den Einspruch dennoch als unbegr眉ndet zur眉ck, weil weiter nicht feststehe, dass die Lieferung nach Italien durch die Kl盲gerin bewirkt worden sei. Die Versandbest盲tigung sei nachtr盲glich erstellt worden und ihr Inhalt widerspreche dem Vorbringen der Kl盲gerin im Einspruchsverfahren. Zudem k枚nne die Kl盲gerin keine Ablichtungen der Ausweispapiere des Abholers vorlegen.
Mit der hiergegen gerichteten Klage trug die Kl盲gerin vor, der PKW sei am 6. Dezember 2001 von der Kl盲gerin in Empfang genommen und sogleich an einen Vertreter des B 眉bergeben worden.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Es vertrat in seinem Urteil die Auffassung, im Streitfall sei eine Steuerfreiheit der Lieferung des PKW im 4. Quartal 2003 bereits deshalb ausgeschlossen, weil in diesem Voranmeldungszeitraum keine Lieferung erfolgt sei. W眉rden Belege nachgereicht, wirke dies auf den Zeitpunkt der Lieferung zur眉ck. Die nachgereichten Belege k枚nnten deshalb allenfalls zu einer Steuerbefreiung im Rahmen der Steuerfestsetzung f眉r das 4. Quartal 2001 f眉hren.
Unabh盲ngig davon sei die Steuerbefreiung auch aus materiell-rechtlichen Gr眉nden ausgeschlossen. Denn die Kl盲gerin habe das Vorliegen einer steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung nicht hinreichend nachgewiesen. Die Versandbest盲tigung des B sei nachtr盲glich erstellt und falsch. Sie sei daher zum Nachweis einer innergemeinschaftlichen Lieferung ungeeignet. Wenn --wie die Kl盲gerin vortrage-- das Fahrzeug erst am 6. Dezember 2001 von ihr in Empfang genommen und gegen Barzahlung an einen Vertreter des B 眉bergeben worden sei, sei es ausgeschlossen, dass B das Fahrzeug bereits am 4. Dezember 2001 nach Italien bef枚rdert habe. Hinzu komme, dass die Kl盲gerin stets vorgetragen habe, das Fahrzeug sei von einem Mitarbeiter des B abgeholt worden, die Bescheinigung 眉ber die Bef枚rderung des Fahrzeugs jedoch von B unterschrieben worden sei und somit der Eindruck erweckt werde, B selbst habe das Fahrzeug abgeholt. Die Kl盲gerin habe weder den Namen und die Adresse des Abholers festgehalten noch Belege 眉ber dessen Namen, Adresse sowie eine Vollmacht vorlegen k枚nnen, obwohl der Lieferung des hochwertigen PKW ein Barkauf zugrunde liege.
Der Klage k枚nne auch die Berufung auf die am 3. November 2003 telefonisch erteilte Auskunft des Pr眉fers, wonach die Korrektur in der Voranmeldung f眉r das 4. Quartal 2003 zu erfolgen habe, nicht zum Erfolg verhelfen. Diese Auskunft sei u.a. deshalb nicht geeignet, eine Bindungswirkung zu entfalten, weil sie nicht von einem f眉r die sp盲tere Entscheidung im Veranlagungsverfahren zust盲ndigen Beamten erteilt worden sei.
Mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision macht die Kl盲gerin geltend, die Rechtssache habe grunds盲tzliche Bedeutung. Au脽erdem sei die Revision zur Fortbildung des Rechts zuzulassen.
听
贰苍迟蝉肠丑别颈诲耻苍驳蝉驳谤眉苍诲别
II. Die Beschwerde der Kl盲gerin hat keinen Erfolg.
1. Nach 搂 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision u.a. zuzulassen, wenn die Rechtssache grunds盲tzliche Bedeutung hat (搂 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordert (搂 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO). Die Nichtzulassung kann mit der Beschwerde angefochten werden (搂 116 Abs. 1 FGO). Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollst盲ndigen Urteils zu begr眉nden. In der Beschwerdebegr眉ndung m眉ssen die Voraussetzungen des 搂 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden (搂 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Wenn sich die angefochtene Vorentscheidung auf mehrere, jeweils selbst盲ndig tragende Begr眉ndungen st眉tzt, muss f眉r jede Begr眉ndung ein Zulassungsgrund erfolgreich geltend gemacht werden (z.B. BFH-Beschl眉sse vom 29. M盲rz 2006 I B 81/05, nicht ver枚ffentlicht; vom 21. Juli 1999 V B 54/99, BFH/NV 2000, 239).
Die von der Kl盲gerin begehrte Zulassung der Revision nach 搂 115 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 FGO setzt voraus, dass es im Streitfall um eine vom BFH kl盲rbare und kl盲rungsbed眉rftige Rechtsfrage geht (BFH-Beschl眉sse vom 9. Februar 2006 X B 107/05, BFH/NV 2006, 938; vom 16. November 2004 V B 104/04, BFH/NV 2005, 391). Eine Rechtsfrage ist nicht kl盲rungsbed眉rftig, wenn sie bereits durch die Rechtsprechung hinreichend gekl盲rt ist und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Pr眉fung und Entscheidung durch den BFH erforderlich machen (st盲ndige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschluss vom 4. Juli 2005 V B 195/04, BFH/NV 2005, 2064, m.w.N.).
2. Nach diesen Grunds盲tzen hat die Beschwerde keinen Erfolg.
a) Das FG hat seine Auffassung, die Klage sei abzuweisen, wie folgt alternativ begr眉ndet:
-听听听听听听听听听 eine Ber眉cksichtigung des Vorgangs im Streitzeitraum sei bereits deshalb ausgeschlossen, weil die Nachholung des Belegnachweises auf den Zeitpunkt der Ausf眉hrung des Umsatzes (hier: das 4. Quartal 2001) zur眉ckwirke.
-听听听听听听听听听 Unabh盲ngig davon habe die Kl盲gerin das Vorliegen einer innergemeinschaftlichen Lieferung nicht hinreichend nachgewiesen, weil die vorgelegte Versandbest盲tigung falsch sei.
Hinsichtlich beider Begr眉ndungen hat das FG eine Bindung des FA an den Hinweis des Pr眉fers vom 3. November 2003 u.a. deshalb verneint, weil dieser Hinweis nicht von einem f眉r die Umsatzsteuerveranlagung der Kl盲gerin zust盲ndigen Beamten stamme.
b) Jedenfalls im Hinblick auf die Begr眉ndung des FG, die Kl盲gerin habe das Vorliegen einer innergemeinschaftlichen Lieferung nicht hinreichend nachgewiesen, weil die Versandbest盲tigung des B falsch sei, ist die Beschwerde unbegr眉ndet.
aa) Soweit die Kl盲gerin die Rechtsfrage aufgeworfen hat, "wie hoch die Anforderungen an den Nachweis einer innergemeinschaftlichen Lieferung sein d眉rfen, wenn die Lieferung in einen anderen Mitgliedstaat unstreitig vorliegt", ist dies im Streitfall weder kl盲rungsbed眉rftig noch kl盲rbar.
Durch die Rechtsprechung des Senats ist bereits gekl盲rt, dass bei innergemeinschaftlichen Lieferungen der Unternehmer durch Belege nachweisen muss, dass er oder der Abnehmer den Gegentand der Lieferung in das 眉brige Gemeinschaftsgebiet bef枚rdert oder versendet hat; bei einem Barverkauf eines hochwertigen PKW sind an die Nachweispflichten besonders hohe Anforderungen zu stellen (BFH-Urteil vom 15. Juli 2004 V R 1/04, BFH/NV 2005, 81). Mit einer erst nach Ausf眉hrung einer Lieferung erstellten, falschen Best盲tigung 眉ber die Bef枚rderung des Gegenstands der Lieferung kann der Lieferer den erforderlichen Belegnachweis nicht erbringen (BFH-Urteil vom 18. Juli 2002 V R 3/02, BFHE 199, 80, BStBl II 2003, 616). So liegt es nach den tats盲chlichen Feststellungen des FG, die den Senat nach 搂 118 Abs. 2 FGO binden, im Streitfall.
Entgegen der Auffassung der Kl盲gerin stellt sich im Streitfall auch nicht die Frage, ob die deutschen Anforderungen an den Belegnachweis mit dem gemeinschaftsrechtlichen Verh盲ltnism盲脽igkeitsgrundsatz vereinbar sind. Denn vorliegend steht --anders als im Fall des Vorlagebeschlusses des Senats vom 10. Februar 2005 V R 59/03 (BFHE 208, 502, BStBl II 2005, 537) und im Fall des von der Kl盲gerin zitierten Erkenntnisses des 脰sterreichischen Verfassungsgerichtshofs vom 12. Dezember 2003 B 916/02 (脰sterreichische Steuer-Zeitung 2004, Beilage Nr. 19, 547)-- nicht zweifelsfrei fest, dass die Lieferung der Kl盲gerin eine innergemeinschaftliche war.
bb) Auch die von der Kl盲gerin aufgeworfene Rechtsfrage, ob "ein Betriebspr眉fer, der einem Steuerpflichtigen eine bestimmte rechtliche Beurteilung eines Sachverhalts vorschl盲gt und ihn im Interesse einer schnellen Beendigung der Betriebspr眉fung dazu veranlasst, diese Behandlung zu akzeptieren, einen Vertrauenstatbestand schaffen kann, den das FA nach den Grunds盲tzen von Treu und Glauben gegen sich gelten lassen muss", ist nicht kl盲rungsbed眉rftig.
Selbst wenn man, was vom FG so nicht festgestellt ist, zugunsten der Kl盲gerin von solch einem Geschehensablauf ausginge, w盲re diese Rechtsfrage --entgegen der Auffassung der Kl盲gerin-- durch die Rechtsprechung des BFH bereits hinreichend gekl盲rt. F眉r eine verbindliche Zusage, eine tats盲chliche Verst盲ndigung oder eine sonstige Bindung des FA nach Treu und Glauben ist gleicherma脽en erforderlich, dass auf Seiten des FA ein f眉r die Entscheidung 眉ber die Steuerfestsetzung zust盲ndiger Amtstr盲ger (Vorsteher oder Sachgebietsleiter) beteiligt ist (vgl. BFH-Beschluss vom 9. Dezember 2004 VII B 129/04, BFH/NV 2005, 663, zur Bindung an eine Mitteilung nach Treu und Glauben; BFH-Urteile vom 7. Juli 2004 X R 24/03, BFHE 206, 292, BStBl II 2004, 975, zur tats盲chlichen Verst盲ndigung; vom 31. M盲rz 2004 I R 71/03, BFHE 206, 42, BStBl II 2004, 742, zur verbindlichen Zusage). 脛u脽erungen des Betriebspr眉fers, Berichte oder Mitteilungen der Au脽enpr眉fung reichen f眉r eine solche Bindung nicht aus (BFH-Urteile vom 21. Juni 2001 V R 33/99, BFH/NV 2001, 1619; vom 23. Mai 1991 V R 1/88, BFH/NV 1991, 846; vom 31. Juli 1996 XI R 78/95, BFHE 181, 103, BStBl II 1996, 625, zur Bindung an eine "tats盲chliche Verst盲ndigung" im Rahmen einer Au脽enpr眉fung).
Neue Gesichtspunkte, die eine erneute Pr眉fung und Entscheidung dieser Rechtsfrage durch den BFH erforderlich machen und eine Zulassung der Revision rechtfertigen k枚nnten (vgl. BFH-Beschluss vom 30. August 2005 IV B 102/03, BFHE 210, 365, BStBl II 2005, 864, unter II.1.a, m.w.N.), sind nicht erkennbar.
c) Der Senat kann deshalb offen lassen, ob die weitere Begr眉ndung des FG, eine Steuerbefreiung sei allenfalls im 4. Quartal 2001 zu gew盲hren, in vollem Umfang mit den Grunds盲tzen des BFH-Urteils vom 30. M盲rz 2006 V R 47/03 (Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2006, 397) 眉bereinstimmt, das erst nach der angefochtenen Vorentscheidung ergangen ist. Insoweit hat das FG zwar nicht festgestellt, ob die Kl盲gerin zwischenzeitlich in einer Rechnung Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen und diese erst im Streitzeitraum berichtigt hat. Mangels Entscheidungserheblichkeit dieses Umstands kommt eine Zulassung der Revision wegen sog. "nachtr盲glicher Divergenz" (vgl. dazu BFH-Beschl眉sse vom 31. Oktober 2002 IV B 126/01, BFH/NV 2003, 291; vom 14. Januar 2000 V B 182/99, BFH/NV 2000, 957) jedoch nicht in Betracht: Selbst wenn man zugunsten der Kl盲gerin diese Sachlage unterstellt, liegen die Voraussetzungen der 搂 4 Nr. 1 Buchst. b, 搂 6a Abs. 3 UStG 1999, 搂 17a UStDV 1999 nicht vor, weil das FG die Versandbest盲tigung des B f眉r falsch gehalten hat.
3. Soweit die Kl盲gerin im Klageverfahren geltend gemacht hat, das FA habe denselben Sachverhalt zwei Mal besteuert, hat das FG dies nicht festgestellt. Hieran ist der Senat zwar nach 搂 118 Abs. 2 FGO gebunden, er h盲lt es aber dennoch f眉r zweckm盲脽ig, auf 搂 174 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) hinzuweisen, sollte der Vortrag der Kl盲gerin zutreffen.
听
Fundstellen
亿兆体育-Index 1571985 |
BFH/NV 2006, 2139 |
BFH/NV 2006, 2140 |