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Leitsatz (amtlich)
1. Die Abstandszahlung, die der Erwerber eines Grundst眉cks kurze Zeit nach dem Erwerb an den P盲chter eines auf diesem Grundst眉ck befindlichen Gewerbebetriebs leistet, um ihn zur R盲umung des Grundst眉cks vor Ablauf der vertraglich festgelegten Pachtzeit zu veranlassen, geh枚rt nicht zu den Anschaffungskosten des Grundst眉cks.
2. Der durch eine solche Abstandszahlung erlangte Vorteil ist als selbst盲ndig bewertbares Wirtschaftsgut zu aktivieren und im Zeitraum zwischen dem vereinbarten R盲umungstermin und dem im urspr眉nglichen Pachtvertrag vereinbarten Ablauf des Pachtverh盲ltnisses in gleichm盲脽igen Betr盲gen abzuschreiben.
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Normenkette
EStG 搂搂听5, 6 Abs. 1 Nrn.听1-2
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Tatbestand
Der I. Senat des BFH hat durch Beschlu脽 I 227/64 vom 9. Juli 1969 (BFH 96, 396, BStBl II 1969, 649) den Gro脽en Senat des BFH zur Entscheidung folgender Rechtsfragen angerufen:
1. Geh枚rt eine Abstandszahlung, die der Erwerber eines Grundst眉cks kurz nach dem Erwerb an den P盲chter eines auf diesem Grundst眉ck befindlichen Gewerbebebetriebs leistet, um ihn zur R盲umung des Grundst眉cks vor Ablauf der vertraglich festgelegten Pachtzeit zu veranlassen, zu den Anschaffungskosten des Grundst眉cks?
2. Kann bei Verneinung der Frage zu 1. der durch eine solche Abstandszahlung erlangte Vorteil als selbst盲ndig bewertbares Wirtschaftsgut aktiviert werden?
Diesen Rechtsfragen liegt folgender Sachverhalt zugrunde, 眉ber den der I. Senat zu entscheiden hat:
Der Revisionskl盲ger (Steuerpflichtiger), ein Kraftfahrzeugmeister, betrieb seit 1949 eine Reparaturwerkst盲tte und Tankstelle in gemieteten R盲umen, deren Benutzung ihm von der Bauaufsichtsbeh枚rde widerruflich gestattet war. Anfang des Jahres 1959 erwarb er ein anderes Grundst眉ck, auf dem sich ein Kfz-Werkst盲tten- und Garagenbetrieb befand, den der Voreigent眉mer verpachtet hatte. Im M盲rz 1959 klagte der Steuerpflichtige, dem die weitere Benutzung seiner Mietr盲ume von der Bauaufsichtsbeh枚rde mit Wirkung ab August 1959 untersagt worden war, gegen die P盲chterin der erworbenen Werkstattr盲ume auf vorzeitige Aufhebung des Pachtvertrages. Am 22./23. Mai 1959 traf er mit ihr eine Vereinbarung, nach der er f眉r die Herausgabe der R盲ume zum 31. Mai 1959 eine Abstandszahlung von 25 000 DM leistete. Diese Zahlung aktivierte der Steuerpflichtige und schrieb sie vom 31. Dezember 1959 an j盲hrlich mit einem Drittel, d. h. im Streitjahr 1959 mit 8 333 DM ab. Das FA und das FG rechneten bei der streitigen Einkommensteuerveranlagung 1959 die Abfindungssumme zu den Anschaffungskosten des Grundst眉cks und lie脽en nur eine AfA entsprechend der Nutzungsdauer des aufstehenden Betriebsgeb盲udes zu. Sie st眉tzten sich dabei auf das BFH-Urteil I 82/56 U vom 14. August 1956 (BFH 63, 322, BStBl III 1956, 321). Der I. Senat neigt dazu, nicht mehr an diesem Urteil festzuhalten.
Die Vorlage an den Gro脽en Senat nach 搂 11 Abs. 4 FGO ist zul盲ssig. Da die Ertragsteuersenate des BFH zu den aufgeworfenen Rechtsfragen keine einheitliche Meinung vertreten, durfte der I. Senat der Auffassung sein, da脽 die Fortbildung des Rechts und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Gro脽en Senats erfordern. Die vorgelegten Rechtsfragen sind auch f眉r die Entscheidung des I. Senats erheblich.
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贰苍迟蝉肠丑别颈诲耻苍驳蝉驳谤眉苍诲别
Aus den Gr眉nden:
Der Gro脽e Senat beantwortet die 1. Rechtsfrage verneinend, die 2. Rechtsfrage bejahend.
1. Der RFH hat - soweit ersichtlich - zum ersten Mal in dem Urteil VI A 1198/29 vom 17. Juli 1930 (RStBl 1931, 7) entschieden, da脽 sich Abfindungssummen, die f眉r die Freigabe von Mietr盲umen im Zusammenhang mit dem Erwerb eines Geb盲udes f眉r Gesch盲ftszwecke gezahlt wurden, steuerlich als Teil des Anschaffungspreises des Geb盲udes darstellen. Er hat dabei auf seine Rechtsprechung hingewiesen, nach der die Aktivierung von Abstandssummen f眉r die Freimachung gemieteter R盲ume mit der Begr眉ndung bejaht worden sei, da脽 die Zahlung von Abstandsgeldern eine Aufwendung sei, deren Nutzungen sich 眉ber einen l盲ngeren Zeitraum erstreckten. Er hat aus dieser Rechtsprechung gefolgert, da脽 eine Verpflichtung zur Aktivierung erst recht dann gegeben sei, wenn die Abstandssumme im Zusammenhang mit dem Erwerb eines Gesch盲ftsgeb盲udes verausgabt werde. F眉r seine weitere Folgerung, da脽 sie dann steuerlich einen Teil des Anschaffungspreises darstelle, hat er allerdings keine n盲here Begr眉ndung gegeben. Der BFH hat sich mit der steuerlichen Behandlung von Ausgaben, die dem Erwerber eines Betriebsgrundst眉cks nach dem Erwerb f眉r Abstandszahlungen an die Mieter entstehen, erstmals im Urteil I 82/56 U (a. a. O.) befa脽t. Er hat dort die Auffassung vertreten, der Begriff Anschaffungskosten sei nicht zu eng zu fassen; er sei nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bestimmen. Zur Begr眉ndung dieser Auffassung hat sich der BFH auf Urteile berufen, die zur Frage des anschaffungsnahen Aufwands bei Betriebsgrundst眉kken ergangen sind. Diese Rechtsprechung hat jedoch der Gro脽e Senat des BFH in dem Beschlu脽 Gr. S. 2/66 vom 22. August 1966 (BFH 86, 792, BStBl III 1966, 672) ausdr眉cklich insoweit aufgegeben, als in ihr der anschaffungsnahe Aufwand als Teil der Anschaffungskosten angesehen oder jedenfalls wie Anschaffungskosten behandelt wird. Dabei hat sich der Gro脽e Senat von der Erw盲gung leiten lassen, da脽 Anschaffungskosten nur die Kosten seien, die aufgewendet w眉rden, um das Wirtschaftsgut von einem anderen zu erwerben, oder - anders ausgedr眉ckt - um es von der fremden in die eigene wirtschaftliche Verf眉gungsgewalt zu 眉berf眉hren. Der Erwerbsvorgang sei abgeschlossen, wenn der Steuerpflichtige die wirtschaftliche Verf眉gungsgewalt erlangt habe. Dieser Zeitpunkt sei bei einem Grundst眉ck eingetreten, wenn Eigentum und Besitz auf den Steuerpflichtigen 眉bergegangen seien.
Diese Erw盲gungen sind auch f眉r die hier zu entscheidende Frage bedeutsam. Ebenso wie Arbeiten, die der Steuerpflichtige nach diesem Zeitpunkt an dem Grundst眉ck ausf眉hrt, nicht dazu dienen, dieses zu erwerben, sondern es in seinem Zustand zu erhalten oder zu ver盲ndern, dienen auch Abstandszahlungen an Mieter oder P盲chter des erworbenen Grundst眉cks, die der Steuerpflichtige nach diesem Zeitpunkt leistet, nicht mehr dem Erwerb des Grundst眉cks. Sie dienen vielmehr dazu, die eigengewerbliche Nutzung des Grundst眉cks vor Ablauf des Miet- oder Pachtverh盲ltnisses zu erm枚glichen. Sie haben praktisch denselben Zweck, der mit einer vorzeitigen K眉ndigung des Miet- oder Pachtvertrages erreicht werden k枚nnte, wenn diese vorgesehen w盲re. Zu diesen Ma脽nahmen ist der Steuerpflichtige auf Grund des Erwerbs befugt, weil durch den Erwerb das Eigentum und die Rechte und Pflichten des Vermieters oder Verp盲chters (搂搂 873, 571, 581 BGB) und damit die wirtschaftliche Verf眉gungsgewalt 眉ber das Grundst眉ck auf ihn 眉bergegangen sind. Es ist dabei ohne Bedeutung, ob der Steuerpflichtige schon beim Erwerb des Grundst眉cks die Absicht hat, die vorzeitige R盲umung des Grundst眉cks zu erreichen, oder ob er diese Absicht erst sp盲ter fa脽t. Der Senat ist aus diesen Gr眉nden der Auffassung, da脽 derartige Abstandszahlungen nicht zu den Anschaffungskosten des Grundst眉cks geh枚ren. Das gilt um so mehr, wenn sie - wie hier - f眉r einen Zeitraum gezahlt werden, der im Verh盲ltnis zur Restnutzungsdauer der auf dem Grundst眉ck stehenden Geb盲ude nur kurz ist.
2. Bei der Beantwortung der 2. Rechtsfrage ist davon auszugehen, da脽 der Begriff des Wirtschaftsguts nach der Rechtsprechung des BFH weit zu fassen ist. Er umfa脽t nicht nur Gegenst盲nde im Sinne des b眉rgerlichen Rechts, wie Sachen und Rechte, sondern auch tats盲chliche Zust盲nde, konkrete M枚glichkeiten und Vorteile f眉r den Betrieb, deren Erlangung der Kaufmann sich etwas kosten l盲脽t und die nach der Verkehrsauffassung einer besonderen Bewertung zug盲nglich sind (vgl. BFH-Entscheidungen Gr. S. 2/68 vom 3. Februar 1969, BFH 95, 31, BStBl II 1969, 291, und IV 403/62 U vom 29. April 1965, BFH 82, 461, BStBl III 1965, 414). In dem Urteil IV 403/62 U (a. a. O.) hat der IV. Senat unter Hinweis auf das BFH-Urteil I 46/57 U vom 13. August 1957 (BFH 65, 307, BStBl III 1957, 350) ausgef眉hrt, wenn ein Kaufmann zur Erlangung solcher betrieblichen Vorteile einen einmaligen Betrag aufwende, der im Rahmen der sonstigen Aufwendungen des Betriebs nicht unbedeutend sei und sich klar und einwandfrei von den 眉brigen Aufwendungen abgrenzen lasse, so schaffe er einen besonderen Wert, der sowohl handels- als auch steuerbilanzm盲脽ig als Wirtschaftsgut (Verm枚gensgegenstand) zu erfassen sei. Der IV. Senat hat weiter ausgef眉hrt, f眉r die Entscheidung, ob mit solchen Aufwendungen ein Wirtschaftsgut erworben werde, sei es von besonderer Bedeutung, ob die Aufwendungen dem Kaufmann einen 眉ber mehrere Wirtschaftsjahre sich erstreckenden greifbaren Nutzen verschafften und ob ein K盲ufer des Betriebs den durch die Aufwendungen geschaffenen Vorteil bei Berechnung des Kaufpreises ber眉cksichtigen w眉rde. Geht man von diesen zutreffenden Erw盲gungen aus, so ist der Vorteil, den der Steuerpflichtige mit der Zahlung der Abstandssumme an die bisherigen Mieter oder P盲chter erlangt hat, als selbst盲ndig zu bewertendes Wirtschaftsgut anzusehen. Die im Urteil IV 403/62 U (a. a. O.) daf眉r geforderten Voraussetzungen liegen vor. Die Aufwendungen bringen dem Steuerpflichtigen einen 眉ber mehrere Wirtschaftsjahre sich erstreckenden greifbaren Nutzen, der darin besteht, da脽 das Grundst眉ck und die darauf stehenden Geb盲ude schon drei Jahre vor dem Ablauf des Miet- oder Pachtvertrages eigengewerblich genutzt werden k枚nnen. Es kann auch angenommen werden, da脽 ein K盲ufer des Betriebs diesen Vorteil bei der Berechnung des Kaufpreises ber眉cksichtigen w眉rde, wenn man einen Verkauf des Betriebs innerhalb der drei Jahre unterstellt. Denn dann w眉rde ihm dieser Vorteil ebenfalls zugute kommen.
Zu demselben Ergebnis kommt man auch dann, wenn man nicht von den aus 搂 6 EStG entwickelten steuerlichen Aktivierungsgrunds盲tzen, sondern von der in 搂 5 EStG ausgesprochenen Bindung der Steuerbilanz an die Handelsbilanz ausgeht. Das hier zu beurteilende Recht des Steuerpflichtigen, auf Grund der gezahlten Abstandssumme die vorzeitige R盲umung des Grundst眉cks von dem Mieter oder P盲chter zu verlangen, ist nach den Grunds盲tzen ordnungsm盲脽iger Buchf眉hrung zumindest aktivierungsf盲hig. Damit besteht steuerlich, wie der Gro脽e Senat in dem Beschlu脽 Gr. S. 2/68 (a. a. O.) ausf眉hrlich dargetan hat, eine Aktivierungspflicht. Es kann deshalb wie in diesem Beschlu脽 auch hier die Frage offengelassen werden, ob sich die Aktivierungspflicht eines Wirtschaftsguts aus 搂 5 EStG in Verbindung mit den Grunds盲tzen ordnungsm盲脽iger Buchf眉hrung oder unmittelbar aus 搂 6 EStG ergibt.
Der Gro脽e Senat ist aus diesen Gr眉nden der Auffassung, da脽 der durch eine solche Abstandszahlung erlangte Vorteil als selbst盲ndig bewertbares Wirtschaftsgut zu aktivieren ist. Da sich dieser Vorteil bis zum Ablauf der urspr眉nglich vereinbarten Miet- oder Pachtzeit ersch枚pft, ist dieses Wirtschaftsgut in der Zeit zwischen dem vereinbarten R盲umungstermin und dem urspr眉nglich vereinbarten Ende des Miet- oder Pachtverh盲ltnisses in gleichm盲脽igen Betr盲gen abzuschreiben.
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Fundstellen
亿兆体育-Index 412942 |
BStBl II 1970, 382 |
BFHE 98, 360 |