Dipl.-Psych. Julia Scharnhorst
In Zeiten steigender psychischer Belastung kann es eine interessante und kostengünstige Maßnahme für Unternehmen sein, ein Employee-Assistance-Program (EAP) anzubieten. Damit ist eine externe Beratungsmöglichkeit für Mitarbeitende gemeint, die diese sowohl bei beruflichen, als auch bei privaten Problemen in Anspruch nehmen können. Die Finanzierung übernimmt der Arbeitgeber. In den USA ist es bereits seit langem weit verbreitet – dort bieten rund 90% der größeren Firmen ihren Beschäftigten ein solches Programm an.
Der Gedanke dahinter: Es ist sinnvoll, Probleme der Mitarbeitenden, die deren Leistungsfähigkeit und Gesundheit beeinträchtigen können, frühzeitig anzugehen und zu lösen. Die Gespräche werden mit externen Experten entweder telefonisch oder in einem persönlichen Treffen geführt. Wichtig ist, dass die Experten nicht der Firma angehören und diese auch nicht erfährt, welcher Mitarbeitende mit welchem Problem die Beratung in Anspruch nimmt. Die Beratung erfolgt völlig anonym. Ein funktionierender Datenschutz ist hier existentiell wichtig. Damit genießen die EAP bei den Beschäftigten auch größeres Vertrauen, als z.B. interne Sozialberatungsstellen.
Verschiedene Untersuchungen haben gezeigt, dass mit einem EAP das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit der Beschäftigten gesteigert werden können. Dadurch, dass die Probleme frühzeitig angegangen werden, lassen sich Leistungsabfälle oder eine Arbeitsunfähigkeit oft vermeiden. Damit sparen diese Programme sogar letztendlich Kosten: Man geht davon aus, dass der Return-on-Investment bei ca. 1 zu 5 liegt. Entsprechende Programme werden von Mitarbeitenden am besten angenommen, wenn sie ihrer Firma i. Allg. vertrauen. In Zeiten der Krise oder des Misstrauens werden derartige Angebote nur zögerlich angenommen.
Datenschutz
Falls Sie ein EAP für Ihr Unternehmen anbieten möchten, achten Sie auf absoluten Datenschutz. Damit steht und fällt die Akzeptanz dieses Angebotes bei der Belegschaft. Falls Sorgen bestehen, dass Informationen über die Probleme oder gar psychischen Störungen der Ratsuchenden an den Arbeitgeber gelangen, wird niemand die Beratungsmöglichkeit wahrnehmen.
Es gibt verschiedene Firmen, die EAP für Unternehmen anbieten. Normalerweise werden Pauschalverträge vereinbart, die Bezahlung richtet sich nach der Anzahl der Beschäftigten. Nach Erfahrungen der Anbieter liegt die tatsächliche Inanspruchnahme, also die Kontaktaufnahme von Mitarbeitenden mit den Beratern, im Durchschnitt bei 10%.
Wichtig bei der Auswahl und Beauftragung eines externen Anbieters von EAP ist die gute Qualität der zuständigen Berater. Gerade für schwierige Probleme oder gar psychische Störungen sind Psychologen die richtigen Berater. Einige EAP-Anbieter arbeiten leider mit unzureichend und nur oberflächlich ausgebildeten Beratern. Gute Berater sollten über Kenntnisse und Erfahrungen in Psychopathologie und ressourcenorientierter Beratung sowie eine geeignete Grundqualifikation verfügen.
Psychische Erkrankungen
Im Laufe des Beratungsgesprächs kann es sich herausstellen, dass ein Mitarbeiter unter einer behandlungsbedürftigen psychischen Störung leidet. Die Behandlung psychischer Erkrankungen ist aber nicht Aufgabe eines EAP. In diesem Fall müssen die Betroffenen an entsprechende psychotherapeutische Behandler weitergeleitet werden.