Handwerkerleistungen in einer unentgeltlich überlassenen Wohnung

Unter einem "Haushalt" i. S. des § 35a Abs. 4 Satz 1 EStG ist nach der BFH-Rechtsprechung die Wirtschaftsführung mehrerer (in einer Familie) zusammenlebender Personen oder einer einzelnen Person zu verstehen, wobei die Wohnung der räumliche Bereich ist, in dem sich der Haushalt entfaltet.
Auslegung des Haushaltsbegriffs
Der BFH legt den Begriff "im Haushalt" in ständiger Rechtsprechung räumlich-funktional aus. Deshalb werden die Grenzen des Haushalts nicht ausnahmslos - unabhängig von den Eigentumsverhältnissen - durch die Grundstücksgrenzen abgesteckt. Vielmehr kann auch die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen, die jenseits der Grundstücksgrenze auf fremdem, beispielsweise öffentlichem Grund erbracht werden, begünstigt sein. Es muss sich dabei allerdings um Leistungen handeln, die in unmittelbarem räumlichem Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt werden und dem Haushalt dienen.
Unentgeltlich überlassene Wohnung
Auch für eine, dem Steuerpflichtigen unentgeltlich überlassene Wohnung, kann in gleicher Weise wie bei einem Mieter die ٱܱäßܲԲ nach § 35a EStG in Anspruch genommen werden, wenn er die entsprechenden Aufwendungen getragen hat und entsprechend nachweisen kann. Dies deckt sich auch mit der Auffassung der Finanzverwaltung (BMF, Schreiben v. 9.11.2016, IV C 8 - S 2296 - b/07/10003 :008).
Sächsisches FG nicht überzeugt
Trotzdem lehnte ein Finanzamt und anschließend das Sächsische FG (Urteil v. 16.12.2020, 2 K 157/20) eine ٱܱäßܲԲ nach § 35a EStG bei einem Objekt ab, welches sich nicht im Eigentum des Klägers, sondern der Mutter befand. Der Kläger meldete sich im Wohnhaus seiner Mutter mit Nebenwohnsitz an und zahlte der Mutter die anteiligen Nebenkosten für diese Wohnung. Der Kläger ließ aber auf seine Rechnung (inkl. Zahlung) das Dach des Wohnhauses der Mutter neu decken und begehrte hierfür eine ٱܱäßܲԲ.
Das FG argumentierte, dass es nicht davon überzeugt ist, dass der Kläger die Aufwendungen, die er geltend macht, auch tatsächlich hatte. Dies beruhe zunächst darauf, dass die Aufwendungen dem ganzen Haus zugutegekommen sind und er als Mieter nicht verpflichtet gewesen sei, diese Aufwendungen zu leisten. Auch habe er nicht das ganze Haus als seinen Haushalt bewohnt, sondern nur einen Teil.
BFH gewährt ٱܱäßܲԲ
Nach dem Beschwerdeverfahren hat der BFH die Revision zugelassen und nun anders als das FG geurteilt (BFH Urteil vom 20.04.2023 - VI R 23/21).
Die Inanspruchnahme der ٱܱäßܲԲ für Handwerkerleistungen verlangt neben der (tatsächlichen) Führung eines Haushalts kein besonderes Nutzungsrecht des Steuerpflichtigen. Der Steuerpflichtige kann auch in unentgeltlich überlassenen Räumlichkeiten einen Haushalt führen.
Liegen die Voraussetzungen der ٱܱäßܲԲ nach § 35a Abs. 3 EStG im Übrigen vor, kann die Steuermäßigung auch in Anspruch genommen werden, wenn sich der Steuerpflichtige gegenüber einem Dritten zur Tragung der Aufwendungen für die Handwerkerleistungen verpflichtet hat. Es ist ohne Bedeutung, wenn der Kläger gegenüber seiner Mutter nicht verpflichtet war, das Dach ihres Hauses sanieren zu lassen.
Dachdeckerarbeiten im Wohnhaus, in dem der Steuerpflichtige - wie im Urteilsfall - die Dachgeschosswohnung bewohnt, dienen auch diesem Haushalt, sodass es sich dabei um Handwerkerleistungen "in" dem Haushalt i. S. des § 35a Abs. 4 i. V. m Abs. 3 EStG handelt. Die Arbeiten erfolgten damit in unmittelbarem räumlichem Zusammenhang mit dem dort vom Kläger geführten Haushalt (räumlich-funktionale Auslegung, es muss um Leistungen handeln, die in unmittelbarem räumlichem Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt werden und dem Haushalt dienen). Dass die Sanierung "dem ganzen Haus" zugutekommt, ist ohne Bedeutung.
Rechnung und Zahlung auf das Konto des Erbringers
Die Inanspruchnahme der ٱܱäßܲԲ für Handwerkerleistungen setzt gemäß § 35a Abs. 5 Satz 3 EStG des Weiteren voraus, dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten hat und die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Leistung erfolgt ist. Auch dies ist im Urteilsfall geschehen, sodass der Kläger auf seine eigene Verbindlichkeit geleistet hat. Daher ist auch ohne Bedeutung ob die Aufwendungen ggf. beim Dritten (Mutter) Werbungskosten (abgekürzter Zahlungsweg) darstellen könnten.
Auch liegt kein abgekürzter Vertragsweg vor, da dem Kläger als Nutzer der Dachgeschosswohnung die Arbeiten ebenfalls zugutekamen.
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