Antrag auf üԲپüڳܲԲ nach der Änderung eines Grundlagenbescheids

Wird ein Antrag auf üԲپüڳܲԲ gestellt, werden die Kapitaleinkünfte nach den allgemeinen Regelungen der tariflichen Einkommensteuer unterworfen. Bis zu welchem Zeitpunkt ein solcher Antrag gestellt werden kann, lässt sich § 32d Abs. 6 EStG nicht entnehmen.
Demnach handelt es sich bei dem Antrag (grundsätzlich) um ein unbefristetes Wahlrecht, das bis zum Eintritt der Festsetzungsverjährung ausgeübt werden kann. Der zeitlich unbefristete Antrag auf üԲپüڳܲԲ kann nach der Unanfechtbarkeit des Einkommensteuerbescheids aber nur dann zu einer Änderung der Einkommensteuerfestsetzung führen, wenn die Voraussetzungen einer Änderungsvorschrift erfüllt sind.
Durchbrechung der Bestandskraft
Ändert das Finanzamt z. B. einen Einkommensteuerbescheid nach Bestandskraft nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO (etwa wegen nachträglicher Betriebseinnahmen) und erhöht dabei die festzusetzende Einkommensteuer, durchbricht es hierdurch die Bestandskraft der Einkommensteuerfestsetzung in Höhe des Betrags der erhöhten Einkommensteuerfestsetzung.
In dieser Höhe besteht im Rahmen eines Einspruchs wieder ein Änderungsrahmen zu Gunsten des Steuerpflichtigen (§ 351 Abs. 1 Halbsatz 1 AO), sodass das Wahlrecht, einen Antrag auf üԲپüڳܲԲ der Kapitalerträge zu stellen, (wieder) auflebt.
Auch Grundlagenbescheid kann ohne Änderungsrahmen üԲپüڳܲԲ möglich machen
Der BFH hatte sich kürzlich mit der Frage beschäftigt, ob ein Antrag auf üԲپüڳܲԲ auch dann wirksam - nachträglich - gestellt werden, wenn die Voraussetzungen des § 32d Abs. 6 EStG erst durch einen geänderten Grundlagenbescheid erstmals geschaffen werden. Dies kann etwa der Fall sein, wenn ein Antrag auf üԲپüڳܲԲ erst nach einem geänderten Grundlagenbescheid Sinn ergibt (z. B. zunächst hohe gewerbliche Einkünfte, welche sich dann im Rahmen einer Änderung massiv mindern).
Der BFH kam dabei zu dem Ergebnis (Urteil v. 14.07.2020, VIII R 6/17), dass zwar kein Änderungsrahmen für eine noch weitergehende Herabsetzung der bestandskräftig festgesetzten Steuer durch die Änderung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO (Grundlagenbescheid) eröffnet wird. Allerdings kommt § 351 Abs. 1 Halbsatz 2 AO i. V. m. § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO zur Anwendung kommt, weil aufgrund des geänderten Grundlagenbescheids, nun erstmals ein Antrag auf üԲپüڳܲԲ greife.
Nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO kann ein Steuerbescheid geändert werden, wenn ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat. Ob ein Ereignis ausnahmsweise steuerlich in die Vergangenheit zurückwirkt, richtet sich allein nach den Normen des jeweils einschlägigen materiellen Steuerrechts. Es muss ein Bedürfnis bestehen, eine schon bestandskräftig getroffene Regelung an die nachträgliche Sachverhaltsänderung anzupassen.
Zeitpunkt des Vorliegens der Voraussetzungen für die Ausübung des Wahlrechts
Liegen die Voraussetzungen für die Ausübung des Wahlrechts nach § 32d Abs. 6 EStG bereits vor Eintritt der Bestandskraft vor, bestehe kein Bedürfnis, den erst nach Eintritt der Bestandskraft gestellten Antrag zurückwirken zu lassen. Dies sei aber anders, wenn die die Voraussetzungen erst nach der Änderung des Grundlagenbescheids vorliegen. Die Voraussetzung im 2. Halbsatz ist nach Meinung des BFH erfüllt, denn eine Änderung des bestandskräftigen Bescheides sei wegen eines rückwirkenden Ereignisses nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO vorzunehmen.
Die Festsetzung der Steuer in einem Änderungsbescheid, die aufgrund darin berücksichtigter veränderter Besteuerungsgrundlagen dem Steuerpflichtigen nach Eintritt der Bestandskraft erstmals eine erfolgreiche Antragstellung gemäß § 32d Abs. 6 EStG ermöglicht, sei ein rückwirkendes Ereignis und löse daher einen korrekturbedürftigen Zustand aus. Erst zum Zeitpunkt der geänderten Mitteilung lägen die Voraussetzungen für die Ausübung des Wahlrechts nach § 32 d Abs. 6 EStG vor, so dass ein Bedürfnis besteht, den erst nach Eintritt der Bestandskraft des ursprünglichen Bescheides gestellten Antrag zurückwirken zu lassen.
Neues Revisionsverfahren beim BFH anhängig
In diesem Zusammenhang ist auf ein neues Revisionsverfahren (Az beim BFH VIII R 10/21) hinzuweisen. Hier geht es um die Frage, ob nach Erlass eines auf § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO gestützten Änderungsbescheids, der zu keiner Änderung der festgesetzten Einkommensteuer geführt hat, erstmals ein Antrag auf üԲپüڳܲԲ gestellt werden kann. Im Unterschied zu dem o. a. Verfahren vor dem BFH ergab sich im Rahmen einer Entscheidung des FG Düsseldorf (Urteil v. 16.07.2020, 15 K 279/19 E) nach der Änderung des Grundlagenbescheides keine Minderung der festzusetzenden Steuer, sodass die üԲپüڳܲԲ auch schon im Rahmen der Abgabe der Steuererklärung gegriffen hätte.
Der Kläger sah aber einen vergleichbaren Sachverhalt, weil auch bei ihm die gewerblichen Einkünfte gemindert worden seien (aber keine Änderung der festzusetzenden Steuer); um das Thema der Steuererstattung ginge es auf der ersten Stufe gar nicht. Das FG kam aber m. E. zutreffend zu dem Ergebnis, dass kein vergleichbarer Sachverhalt vorliegt, weil der Änderungsbescheid weder zu einer Änderung des Steuerbetrages geführt hat und auch keine Umstände begründet wurden, die erstmals die Voraussetzungen einer üԲپüڳܲԲ eröffneten oder sinnvoll erscheinen ließen.
Das FG hat die Revision nicht zugelassen. Die eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde war aber erfolgreich, sodass der BFH wohl noch wegen der Frage, ob in dem Umstand, dass die üԲپüڳܲԲ nach Erlass des Änderungsbescheids erstmals zu einer Herabsetzung der Einkommensteuer führen würde, ein rückwirkendes Ereignis liegt (2. Leitsatz), klärungsbedarf sieht.
Aktualisierung vom 23.11.2023: Entscheidung des BFH
Wie zu erwarten war, hat sich der aktuell der Auffassung des FG angeschlossen. Die geänderte Zusammensetzung der Besteuerungsgrundlagen in einem Änderungsbescheid ist kein rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr, 2 AO, wenn durch den Erlass des Änderungsbescheids die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Antragsstellung gemäß § 32d Abs. 6 Satz 1 EStG nicht erstmals eintreten.
Zusätzlich hat der BFH klargestellt, dass Besteuerungsgrundlagen aus einem Grundlagenescheid, die das Finanzamt im Einkommensteuerbescheid nicht umgesetzt hat, für die üԲپüڳܲԲ im Hinblick auf diesen Bescheid nicht zu berücksichtigen sind. Dies gilt auch, wenn das Finanzamt insoweit seiner Anpassungspflicht gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO nicht genügt hat.
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