Dipl.-Finw. (FH) Helmut Lehr
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Leitsatz
Der Vorsteuerabzug kann einem Unternehmer aus Lieferungen eines Scheinunternehmens verweigert werden, wenn er von "seiner Beteiligung" an einem Umsatzsteuerkarussell wusste oder dies h盲tte wissen m眉ssen.
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Sachverhalt
Der Kl盲ger handelte im Streitjahr 1996 mit Computerteilen. Er stand im gesch盲ftlichen Verkehr mit Unternehmen, die an einem der Hinterziehung von Umsatzsteuer dienenden "Karussell" beteiligt waren. Er wickelte einen nicht unerheblichen Teil seiner Gesch盲fte in bar ab, u. a. direkt mit einem wegen Steuerhinterziehung rechtskr盲ftig verurteilten Gesch盲ftsf眉hrer einer Firma, die 眉ber keinen Sitz verf眉gt. Zudem hatte er h盲ufig Kontakt zu den zwischenzeitlich inhaftierten oder sich einer Verhaftung durch Flucht ins Ausland entziehenden T盲tern - auch noch nach deren Flucht. Nach umfangreichen Feststellungen der Steuerfahndung, Staatsanwaltschaft etc. war es anscheinend offenkundig, dass der Kl盲ger selbst als letztes Glied in ein Umsatzsteuerkarussell eingeschaltet war. Den Vorsteuerabzug aus den entsprechenden Eingangsrechnungen verweigerte das Finanzamt deshalb.
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Entscheidung
Nach Ansicht des Finanzgerichts konnte der Computerteile-H盲ndler keinen Vorsteuerabzug geltend machen, weil er nach Ermittlungen der Kriminalpolizei offenbar in einen international agierenden Ring von H盲ndlern, die mit Computerteilen (Prozessoren/CPU) handelten und Umsatzsteuerkarusselle aufgebaut hatten, eigeschaltet war. Die Beweislast f眉r die f眉r den Vorsteuerabzug eines an einem Umsatzsteuerkarussell beteiligten Unternehmers erforderliche "Gutgl盲ubigkeit" tr盲gt der Unternehmer selbst. Das gilt auch f眉r den Negativbeweis, dass er nichts vom Tatplan bzw. der Tatbeteiligung eines Vorlieferanten wissen konnte. Hinweise auf fehlende Gutgl盲ubigkeit k枚nnen die rechtlichen, wirtschaftlichen und personellen Verbindungen zwischen den "Akteuren" liefern. Je n盲her die Verbindung zu den bei dem Karussell Handelnden ist, desto wahrscheinlicher ist die Kenntnis von der Einbindung in eine Mehrwertsteuerhinterziehung.
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Hinweis
Nach den EuGH-Urteilen vom 6.7.2006 (C - 439/04 und C - 440/04) m眉ssen solche Wirtschaftsteilnehmer vor Umsatzsteuerbetr眉gereien gesch眉tzt werden, die selbst alle Ma脽nahmen treffen, die vern眉nftigerweise von ihnen verlangt werden k枚nnen, um sicherzustellen, dass ihre Ums盲tze nicht in einen Betrug verwickelt sind. Haben sie dies getan, sind sie gutgl盲ubig. In solchen F盲llen sind ihnen auch falsche Angaben des Rechnungsausstellers nicht bei der Geltendmachung des Vorsteuerabzugs zum Nachteil auszulegen. Im hier vorliegenden Streitfall waren die Feststellungen der Steuerfahndung sowie der Kriminalpolizei allerdings offenbar eindeutig, wonach der Kl盲ger an einem Umsatzsteuerkarussell beteiligt war, zumindest aber h盲tte wissen m眉ssen, dass es sich bei seinen Lieferanten um Teilnehmer eines solchen Karussells gehandelt hat. Gegen die Entscheidung des Finanzgerichtes des Landes Sachsen-Anhalt wurde Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt (Az. des BFH u.a. XI B 90/08). F眉r die Praxis ist bis auf Weiteres zu beachten, dass der BFH noch entscheiden muss, ob der Vorsteuerabzug versagt werden kann, wenn der in der Rechnung angegebene Sitz des Lieferanten als Scheinsitz anzusehen ist (anh盲ngiges Verfahren: V R 19/07). Ebenso sind die Revisionsverfahren XI R 51/07 und V R 15/07 von Interesse, wenn einem Leistungsempf盲nger der Vorsteuerabzug wegen angeblicher Beteiligung an einem Umsatzsteuerbetrug versagt worden ist.
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Link zur Entscheidung
FG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 14.07.2008, 1 K 346/03