Dipl.-Finw. (FH) Helmut Lehr
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Leitsatz
Ein selbstst盲ndiger Apotheker, der Heil- und Arzneimittel an eine Krankenkasse liefert, vereinnahmt das Entgelt bereits bei Zahlung der Krankenkasse an das beauftragte Inkassounternehmen. Das Entgelt wird aus Sicht des Apothekers nicht uneinbringlich, wenn 眉ber das Verm枚gen des Inkassounternehmers das Insolvenzverfahren er枚ffnet wird.
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Sachverhalt
Der Kl盲ger betreibt als selbstst盲ndiger Unternehmer eine Apotheke, die den gesetzlichen Krankenkassen die Arznei- oder Heilmittel liefert, die die Versicherten gem盲脽 搂 2 SGB V als Sachleistungen erhalten. Er berechnet die entstandene Umsatzsteuer nach vereinbarten Entgelten und gibt monatliche Voranmeldungen ab. In einem "Vertrag zur 脺bernahme der Abrechnungst盲tigkeit und des Einzugs von Rezeptforderungen" beauftragte er ein Rechenzentrum mit der Abrechnung mit den Krankenkassen (vgl. 搂 300 Abs. 2 SGB V). Nachdem das beauftragte Rechenzentrum insolvent wurde, stritt der Kl盲ger mit dem Finanzamt bez眉glich der Voranmeldungszeitr盲ume August und September 2020 dar眉ber, ob er geschuldete Umsatzsteuerbetr盲ge gem盲脽 搂 17 Abs. 1 Satz 1 UStG berichtigen durfte. Konkret ging es um Betr盲ge, die das Rechenzentrum bereits von den Krankenkassen eingezogen bzw. erhalten hatte, die wegen der Insolvenz aber nie an den Kl盲ger ausgezahlt/weitergeleitet wurden.
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Entscheidung
Die Klage vor dem Finanzgericht hatte keinen Erfolg. Es ist grunds盲tzlich unstrittig, dass der Kl盲ger in den streitbefangenen Monaten aufgrund der besonderen Vorgaben des SGB umsatzsteuerpflichtige Lieferungen an die jeweiligen Krankenkassen erbracht hat, indem er die Medikamente/Heilmittel an seine Kunden (Patienten) herausgab. Es spielt insoweit keine Rolle, dass der Kl盲ger seine Kaufpreisanspr眉che an das Abrechnungszentrum abgetreten hat. Die Ums盲tze des Kl盲gers wurden nicht dadurch uneinbringlich, dass das Rechenzentrum wegen der eingetretenen Insolvenz Teile des Entgelts nicht mehr an den Kl盲ger weitergeleitet hat. Insoweit sind die Leistungsverh盲ltnisse zwischen dem Kl盲ger und den Krankenkassen einerseits und dem Abrechnungszentrum andererseits getrennt zu betrachten. Die Krankenkassen haben die von ihnen geschuldeten Zahlungen auf den Kaufpreis tats盲chlich bewirkt, und zwar ganz offenkundig mit Einwilligung des Kl盲gers. Mit diesen Zahlungen ist der Anspruch des Kl盲gers auf den Kaufpreis jeweils erloschen. Mithin hat der Kl盲ger sein Entgelt bereits in dem Augenblick vereinnahmt, in dem die Krankenkassen auf dessen Rechnung an das Abrechnungszentrum zahlten.
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Hinweis
Dem Vernehmen nach brachte die Pleite des privaten Rechenzentrums im Jahr 2020 fast 3000 Apotheken in finanzielle Bedr盲ngnis. Versch盲rfend wirkte in dieser Situation, dass die Finanz盲mter Umsatzsteuerberichtigungen gem盲脽 搂 17 UStG 鈥 soweit ersichtlich 鈥 nahezu durchgehend ablehnten. Manche stundeten zwar die Steuerzahlungen, die Eingaben der steuerlichen Berater blieben aber im Wesentlichen ohne Erfolg. Es d眉rften derzeit unz盲hlige Finanz盲mter mit entsprechenden Einspruchsverfahren zu tun haben. Die zugelassene Revision wurde zwischenzeitlich auch eingelegt, Az beim BFH XI R 15/22, sodass der BFH nun konkret 眉ber folgende Rechtsfrage zu entscheiden hat: "Ist der geschuldete Steuerbetrag gem盲脽 搂 17 Abs. 1 Satz 1 UStG zu berichtigen, wenn 眉ber das Verm枚gen eines Dritten, der das vom Leistungsempf盲nger geschuldete Entgelt f眉r Rechnung des Leistenden eingezogen hat, das Insolvenzverfahren er枚ffnet wurde, bevor der Dritte das Entgelt an den Leistenden weitergeleitet hat?" Nat眉rlich sollten Steuerfestsetzungen in vergleichbaren F盲llen weiter offengehalten werden. Da die Leistungsbeziehungen allerdings offenbar nicht streitig sind und die Krankenkassen insoweit tats盲chlich gezahlt haben, ist es aus meiner Sicht nicht 眉berwiegend wahrscheinlich, dass der BFH in der Sache zugunsten der Apotheker entscheidet.
Hinzuweisen ist allerdings darauf, dass das FG ausdr眉cklich nicht 眉ber eine Billigkeitsma脽nahme nach 搂 163 AO bzw. 搂 227 AO zu entscheiden hatte. Wom枚glich stehen die Chancen in einem Billigkeitsverfahren besser, da das von der Finanzverwaltung gefundene Ergebnis zumindest bei rein wirtschaftlicher Betrachtung nicht sachgerecht erscheint.
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Link zur Entscheidung
FG Baden-W眉rttemberg, Urteil v. 31.03.2022, 1 K 2073/21