Dieter Zens, Andreas Haßlbeck
Hinweis: Die in Klammern gesetzten Zahlenangaben [z.B. "(1)"] beziehen sich auf bis zum 30.6.2014 geltende Verwaltungsanweisungen der obersten und mittleren Landesfinanzbehörden, die ab 1.7.2014 aufgehoben wurden (vgl. Einf., Rz.99b) und deren Aktenzeichen bzw. Fundstellen in Abschnitt8. aufgeführt sind. Den diesen Anweisungen zugrunde liegenden Beurteilungen kommt auch ab dem 1.7.2014 weiterhin eine allgemeine Bedeutung zu (vgl. Einf., Rz.99c).
Rz. 01
Kurzübersicht zu Fahrzeugarten und Bemessungsgrundlagen nach §8 KraftStG:
§8 KraftStG |
Fahrzeugarten |
Bemessungsgrundlagen |
Nr.1 Buchst.a |
Pkw mit Erstzulassung bis 30.6.2009: a)Pkw mit Benzin- oder Dieselmotor (einschl. Hybridantrieb) b)Pkw mit Wankelmotor c)Pkw mit Elektromotor |
Hubraum, Schadstoff- und Kohlendioxidemissionen Zulässiges Gesamtgewicht Zulässiges Gesamtgewicht |
Nr.1 Buchst.a |
ڳٰä a)mit Hubkolbenmotor b)mit Wankelmotor |
Hubraum Zulässiges Gesamtgewicht |
Nr.1 Buchst.b |
Pkw mit Erstzulassung ab 1.7.2009: a)Pkw mit Benzin-, Wankel- oder Dieselmotor (einschl. Hybridantrieb) b)Pkw mit Elektromotor |
Kohlendioxidemissionen und Hubraum Zulässiges Gesamtgewicht |
Nr.1a |
Wohnmobile |
Zulässiges Gesamtgewicht und Schadstoffemissionen |
Nr.1b |
Dreirädrige und leichte vierrädrige Kfz mit Hubkolbenmotoren (z.B. sog. Trikes und Quads) |
Hubraum und Schadstoffemissionen |
Nr.2 |
Andere Fahrzeuge (z.B. Zugmaschi-nen, Lkw, Omnibusse, Anhänger), Kranken- und Leichenwagen |
Zulässiges Gesamtgewicht, bei Kfz über 3,5 t zusätzlich Schadstoff- und Geräuschemissionen |
Für die Festlegung der steuerlichen Bemessungsgrundlage gelten allgemeine verfassungsrechtliche Vorgaben. Der verfassungsrechtliche Gleichheitssatz (Art.3 Abs.1 GG) verlangt eine gleichheitsgerechte Ausgestaltung der Bemessungsgrundlage. Dabei gelten folgende Grundsätze (vgl. BVerfG v. 10.4.2018, 1 BvL 11/14, 1 BvL 12/14, 1 BvL 1/15, 1 BvR 639/11, 1 BvR 889/12, DStR 2018, 791):
- Die Bemessungsgrundlage muss, um die gleichmäßige Belastung der Stpfl. zu gewährleisten, so gewählt und ihre Erfassung so ausgestaltet sein, dass sie den mit der Steuer verfolgten Belastungsgrund in der Relation der Wirtschaftsgüter zueinander realitätsgerecht abbildet. Dies gilt besonders, wenn die Steuer mit einem einheitlichen Steuersatz erhoben wird, da aus der Bemessung resultierende Ungleichheiten dann nicht mehr auf einer späteren Ebene der Steuererhebung korrigiert oder kompensiert werden können.
- Das Steuergesetz muss das für den steuerlichen Belastungsgrund als maßgeblich erachtete Bemessungsziel erkennen lassen.
- Der Gesetzgeber hat für die Wahl der Bemessungsgrundlage und die Ausgestaltung der Regeln ihrer Ermittlung einen großen Spielraum, solange sie nur prinzipiell geeignet sind, den Belastungsgrund der Steuer zu erfassen.
- Verfassungsrechtlich ist der Gesetzgeber nicht verpflichtet, sich auf die Wahl nur eines Maßstabs zur Bemessung der Besteuerungsgrundlage festzulegen. Je nach Art und Vielfalt der von der Steuer erfassten Wirtschaftsgüter wird eine gleichheitsgerechte Bemessung der Erhebungsgrundlage ohnehin oft nur durch die Verwendung mehrerer Maßstäbe möglich sein.
- Bei der Wahl des geeigneten Maßstabs darf sich der Gesetzgeber auch von Praktikabilitätserwägungen leiten lassen, die je nach Zahl der zu erfassenden Bewertungsvorgänge an Bedeutung gewinnen und so auch in größerem Umfang Typisierungen und Pauschalierungen rechtfertigen können.
Die Festlegung der differenzierten kraftfahrzeugsteuerlichen Bemessungsgrundlagen in §8 KraftStG entspricht den relevanten verfassungsrechtlichen Vorgaben.
Die Bundesregierung plant (Stand: März 2019) keine gesetzlichen Änderungen in Bezug auf die Ausgestaltung der Bemessungsgrundlagen i.S.d. §8 KraftStG (vgl. Hinweis der Bundesregierung im Rahmen der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage v. 28.3.2019, BT-Drs. 19/8933). Ein entsprechender Änderungsbedarf ist auch derzeit nicht ersichtlich.
Die mit dem Siebten Gesetz zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes v. 16.10.2020 (BGBl I 2020, 2184; vgl. Einf., Rz.37s) normierten Regelungen werden 5 Jahre nach ihrem Inkrafttreten evaluiert. Ziel der Evaluation ist es zu prüfen, ob die Bemessungsgrundlagen der KraftSt auch zukünftig geeignet sind, solide dazu beizutragen, die Ausgaben im Bundeshaushalt nach dem Gesamtdeckungsprinzip zu finanzieren und weiterhin Anreize für umwelt- und klimaschonende Mobilität zu geben (vgl. Gesetzesbegründung, BT-Drs. 19/20978). Das Regelungsvorhaben betrifft die Bemessungsgrundlagen der Steuer für Pkw, die mehr als 70% des besteuerten inländischen Fahrzeugbestandes ausmachen. Weiterungen sind jedoch damit nicht ausgeschlossen (vgl. Antwort der Bundesregierung v. 27.8.2020 auf eine parlamentarische Anfrage, BT-Drs. 19/21936).
Sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene gab es bereits seit dem Jahr 2002 konkrete steuerpolitische Bestrebungen, die Kraftfahrzeugsteuer für Pkw unter Einbeziehung der Kohlendioxidemissionen (CO2) – vgl. Rz.04 – ökologisch fortzuentwicke...