Rz. 16
Die Genossenschaft ist im Lichte ihrer normativen und wirtschaftlichen Zwecksetzung eine organisatorisch und rechtlich verselbstständigte Selbsthilfeeinrichtung ihrer Mitglieder. Deren im Rahmen der eG verfolgter ›gemeinsamer Zweck‹ (vgl. §705BGB) liegt folglich gem. §1 Abs.1 zwingend und unabdingbar in der ›Förderung des Erwerb(s) oder der Wirtschaft ihrer Mitglieder oder deren soziale(r) oder kulturelle(r) Belange durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb‹. Die alleinige Beteiligung der Mitglieder am Unternehmensergebnis im Rahmen der Gewinnverwendung– als Charakteristikum der Kapitalgesellschaften– genügt hierfür nicht. Mangels eines förderwirtschaftlichen Geschäftsbetriebs können somit reine ›Vermögensverwaltungsgesellschaften‹, die sich lediglich der Verwaltung des eigenen Vermögens widmen, nicht in der Rechtsform der eG betrieben werden. Gleiches gilt hinsichtlich der vereinzelten Versuche zur Gründung von ›Dividendengenossenschaften‹, deren Zweckrichtung sich lediglich darauf beschränkt, im Geschäftsverkehr mit Nichtmitgliedern erwirtschaftete Erträge als ›Dividenden‹ an die Mitglieder auszuschütten (siehe hierzu: RGZ133,170ff.,178; OLG Hamburg, OLGZ 32,121; KGJ37; 168ff.,169; Bauer §1RN37; Beuthien §1RN8).
Rz. 17
Allerdings erscheint es wenig sinnvoll, damit zugleich die Frage zu verknüpfen, ob es der Genossenschaft im Grundsatz gestattet ist, Gewinne zu erwirtschaften. Die– wenn auch nicht alleinige– Ausrichtung der Unternehmenspolitik am Merkmal der Gewinnerzielung erweist sich in einer wettbewerblich strukturierten Wirtschaftsordnung regelmäßig als notwendige Funktionsbedingung des mittel- und längerfristigen Bestandsschutzes der eG– und dieser liegt nicht zuletzt im wohlverstandenen Interesse der Mitglieder. Dies gilt auch, wenn und soweit die Förderung der Mitglieder gerade nicht im Wege der Gewinnausschüttung, sondern in erster Linie vermittels der in der Satzung festgesetzten ›naturalen‹ Förderleistung zu erfolgen hat. Zudem handelt es sich bei der Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft um eine gesonderte Ausprägung des ›(wirtschaftlichen) Vereins‹, mit dessen normativer Zwecksetzung begriffsnotwendig das Streben nach wirtschaftlichen Vorteilen seitens der Mitglieder verbunden ist. Sieht man hiervon ab, so vermag der ›Förderauftrag‹ als normative ›Leitmaxime‹ des Genossenschaftsrechts in gewissem Umfange nicht nur das Ausmaß des Gewinnstrebens, sondern insbesondere die Art und Weise der Gewinnverwendung zu beeinflussen. So kann gem. §20 S.1 durch entsprechende Satzungsregelung die Gewinnverteilung an die Mitglieder ganz oder teilweise ausgeschlossen werden. Im Übrigen liegt die Entscheidung hinsichtlich der Feststellung des Jahresabschlusses sowie der Gewinnverwendung– unentziehbar– in der alleinigen Kompetenz der Generalversammlung (§48 Abs.1). Eine Befugnis des Vorstands zur Begründung einer eigenständigen Thesaurierungspolitik unter Hinweis auf den Förderauftrag besteht nur, soweit die Satzung ihn gem. §20 S.2 hierzu ermächtigt. Die Mitglieder entscheiden entweder im Wege der Satzungsgestaltung oder im Rahmen der Feststellung des Jahresabschlusses (§48 Abs.1) sowie der Beschlussfassung hinsichtlich der Verwendung des Jahresüberschusses über die Thesaurierung erzielter Gewinne. Auch darüber hinaus obliegt die Konkretisierung des jeweiligen Förderzwecks zuvörderst der Satzung (vgl. §6 Nr.2) und damit der Kompetenz des Mitgliederorgans, d.h. der Generalversammlung. So liegt es auch nach der Aufhebung des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes (WGG) in der Befugnis der Mitglieder einer Wohnungsgenossenschaft, die eG durch eine entsprechende Satzungsgestaltung weiterhin den Grundsätzen der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft zu verpflichten und entsprechend die Gewinnausschüttung an die Mitglieder zugunsten einer sozial gesicherten Wohnungsversorgung zu beschränken. Insofern bestehen keine Bedenken, den Hinweis auf die gemeinnützige Zielsetzung auch in der Firma beizubehalten (vgl. §3RN11 siehe aber: BGH GRUR 2003, S.448ff.).
Rz. 18
Innerhalb der durch Gesetz und Satzung gezogenen Grenzen erweist sich die Ausrichtung am Fördergrundsatz als maßgebliche Leitlinie für das Handeln sämtlicher Genossenschaftsorgane, d.h. Vorstand, Aufsichtsrat und Generalversammlung. Dabei ist im Rahmen des genossenschaftlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes allen Mitgliedern die Möglichkeit zu eröffnen, in angemessenem Umfange an den Förderleistungen der Genossenschaft zu partizipieren. Differenzierungen zwischen den Mitgliedern bedürfen somit in jedem Einzelfall einer sachlichen Rechtfertigung. Allerdings gilt es zu beachten, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz im Regelfall lediglich relativer Natur ist und keine ›schematische‹ Gleichstellung der Mitglieder verlangt. So vermögen sachliche Unterschiede, aber auch berechtigte wirtschaftliche Interessen der Genossenschaft in angemessenem Umfange eine unterschiedliche Behandlung der Mitglieder zu rechtfertigen (zur Unterscheidung ...