Dipl.-Finanzwirt Karl-Heinz G眉nther
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Leitsatz
Kosten f眉r Fahrten eines erwerbslosen Steuerpflichtigen im Rahmen eines Teilzeitstudiums sind nicht durch die Entfernungspauschale begrenzt.
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Sachverhalt
Streitig war, ob die Fernuniversit盲t in Hagen die erste T盲tigkeitsst盲tte des Steuerpflichtigen im Sinne des 搂 9 Abs. 4 EStG ist. Die Fernuniversit盲t in Hagen ist eine Bildungseinrichtung, die der Steuerpflichtige, da er arbeitslos war und somit in keinem Dienstverh盲ltnis stand, au脽erhalb eines Dienstverh盲ltnisses aufsuchte. Konkret ging es um die Frage, ob die Bildungseinrichtung "zum Zwecke eines Vollzeitstudiums oder einer vollzeitigen Bildungsma脽nahme" aufgesucht wurde. Die Finanzverwaltung nimmt dies (so auch im Streitfall) an, wenn der Steuerpflichtige im Rahmen des Studiums oder im Rahmen der Bildungsma脽nahme f眉r einen Beruf ausgebildet wird und daneben entweder keiner Erwerbst盲tigkeit nachgeht oder w盲hrend der gesamten Dauer des Studiums oder der Bildungsma脽nahme eine Erwerbst盲tigkeit mit durchschnittlich bis zu 20 Stunden regelm盲脽iger w枚chentlicher Arbeitszeit oder in Form eines geringf眉gigen Besch盲ftigungsverh盲ltnisses im Sinne von 搂 8 SGB IV und 搂 8a SGB IV aus眉bt (BMF, Schreiben v. 25.11.2020, IV C 5 鈥 S 2353/19/10011 :006, BStBl 2020 I S. 1228, Tz. 34). Entsprechend ber眉cksichtigte es die Fahrtkosten nur in H枚he der Entfernungspauschale.
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Entscheidung
Dies sah das Finanzgericht jedoch anders und gab der eingelegten Klage statt. Denn der Steuerpflichtige ist an der Fernuniversit盲t in Hagen ausdr眉cklich nur f眉r ein Teilzeitstudium eingeschrieben, das nach der eigenen Beschreibung der Fernuniversit盲t "in einem zeitlichen Umfang von etwa 20 Stunden w枚chentlich" stattfindet. Er suchte die Fernuniversit盲t daher gerade nicht f眉r ein Vollzeitstudium auf, das dort "in einem zeitlichen Umfang von etwa 40 Stunden w枚chentlich" ebenfalls angeboten wird. Der Wortlaut des 搂 9 Abs. 4 Satz 8 EStG verlangt f眉r die Anwendung der Entfernungspauschale ein "Vollzeitstudium oder eine vollzeitige Bildungsma脽nahme", die im Streitfall jedenfalls nach der eigenen Abgrenzung der Fernuniversit盲t in Hagen nicht gegeben war.
Die steuerliche Ber眉cksichtigung der Fahrtkosten des Steuerpflichtigen war daher nicht auf die Entfernungspauschale beschr盲nkt. Das gilt unabh盲ngig davon, ob er die Fahrten zu der Fernuniversit盲t in Hagen selbst oder zu privaten Arbeitsgemeinschaften in Wohnungen von Kommilitoninnen und Kommilitonen get盲tigt hat. Bei Letzteren ist die Beschr盲nkung auf die Entfernungspauschale schon deshalb nicht einschl盲gig, weil es sich nicht um eine Bildungseinrichtung handelt. Vielmehr k枚nnen die von dem Steuerpflichtigen in tats盲chlicher H枚he geltend gemachten Aufwendungen als Werbungskosten bei seinen Eink眉nften aus nichtselbstst盲ndiger Arbeit angesetzt werden.
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Hinweis
Das Verst盲ndnis des Bundesfinanzministeriums, wonach bei einem Studium oder einer Bildungsma脽nahme im Falle einer Erwerbslosigkeit stets ein Vollzeitstudium oder eine vollzeitige Bildungsma脽nahme gegeben ist, l盲sst sich nach Auffassung des FG nicht aus 搂 9 Abs. 4 Satz 8 EStG herleiten. Auch der Zweck der Vorschrift spricht gegen die Auffassung der Finanzverwaltung, wonach ein w盲hrend einer Erwerbslosigkeit durchgef眉hrtes Studium oder eine w盲hrenddessen ausge眉bte Bildungsma脽nahme stets als Vollzeitma脽nahme angesehen werden muss. Gegen die Entscheidung wurde Revision eingelegt, Az beim BFH VI R 7/22.
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Link zur Entscheidung
Nieders盲chsisches FG, Urteil vom 16.02.2022, 4 K 113/20