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Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialpolitik. Richtlinie 2003/88/EG Art. 7. Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub. Durch eine nationale Regelung aufgestellte Anspruchsvoraussetzung. Fehlzeiten des Arbeitnehmers. Dauer des Urlaubsanspruchs nach Ma脽gabe der Ursache der Fehlzeiten. Der Richtlinie 2003/88 entgegenstehende nationale Regelung. Rolle des nationalen Richters
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Beteiligte
Centre informatique du Centre Ouest Atlantique |
Pr茅fet de la r茅gion Centre |
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Tenor
1. Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG des Europ盲ischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 眉ber bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung ist dahin auszulegen, dass er nationalen Bestimmungen oder Gepflogenheiten entgegensteht, nach denen der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub von einer effektiven Mindestarbeitszeit von zehn Tagen oder einem Monat w盲hrend des Bezugszeitraums abh盲ngt.
2. Das vorlegende Gericht wird, um die volle Wirksamkeit von Art. 7 der Richtlinie 2003/88 zu gew盲hrleisten und zu einem Ergebnis zu gelangen, das mit dem von der Richtlinie verfolgten Ziel im Einklang steht, unter Ber眉cksichtigung des gesamten innerstaatlichen Rechts und insbesondere von Art. L. 223-4 des Code du travail und unter Anwendung der nach diesem Recht anerkannten Auslegungsmethoden zu pr眉fen haben, ob es dieses Recht in einer Weise auslegen kann, die es erlaubt, die Fehlzeiten des Arbeitnehmers aufgrund eines Wegeunfalls einem der in diesem Artikel des Code du travail aufgef眉hrten Tatbest盲nde gleichzustellen.
Wenn eine solche Auslegung nicht m枚glich ist, wird das nationale Gericht zu pr眉fen haben, ob in Anbetracht der Rechtsnatur der Beklagten im Ausgangsverfahren diesen gegen眉ber die unmittelbare Wirkung von Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88 geltend gemacht werden kann.
Falls das nationale Gericht das von Art. 7 der Richtlinie 2003/88 vorgeschriebene Ergebnis nicht erreichen kann, kann die durch die Unvereinbarkeit des nationalen Rechts mit dem Unionsrecht gesch盲digte Partei sich auf das Urteil vom 19. November 1991, Francovich u. a. (C-6/90 und C-9/90), berufen, um gegebenenfalls Ersatz des entstandenen Schadens zu erlangen.
3. Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88 ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Bestimmung nicht entgegensteht, nach der je nach Ursache der Fehlzeiten des krankgeschriebenen Arbeitnehmers die Dauer des bezahlten Jahresurlaubs l盲nger als die von dieser Richtlinie gew盲hrleistete Mindestdauer von vier Wochen oder genauso lang wie diese ist.
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Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Cour de cassation (Frankreich) mit Entscheidung vom 2. Juni 2010, beim Gerichtshof eingegangen am 7. Juni 2010, in dem Verfahren
Maribel Dominguez
gegen
Centre informatique du Centre Ouest Atlantique,
Pr茅fet de la r茅gion Centre
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DER GERICHTSHOF (Gro脽e Kammer)
unter Mitwirkung des Pr盲sidenten V. Skouris, der Kammerpr盲sidenten A. Tizzano, J. N. Cunha Rodrigues, K. Lenaerts und U. L玫hmus sowie der Richter A. Rosas, E. Levits (Berichterstatter), A. 脫 Caoimh, L. Bay Larsen, T. von Danwitz und A. Arabadjiev,
Generalanw盲ltin: V. Trstenjak,
Kanzler: R. 艦ere艧, Verwaltungsr盲tin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die m眉ndliche Verhandlung vom 17. Mai 2011,
unter Ber眉cksichtigung der Erkl盲rungen
- von Frau Dominguez, vertreten durch H. Masse-Dessen und V. Lokiec, avocats,
- des Centre informatique du Centre Ouest Atlantique, vertreten durch D. C茅lice, avocat,
- der franz枚sischen Regierung, vertreten durch G. de Bergues, A. Czubinski und N. Rouam als Bevollm盲chtigte,
- der d盲nischen Regierung, vertreten durch S. Juul J酶rgensen als Bevollm盲chtigten,
- der niederl盲ndischen Regierung, vertreten durch C. Wissels und M. Noort als Bevollm盲chtigte,
- der Europ盲ischen Kommission, vertreten durch M. van Beek und M. Van Hoof als Bevollm盲chtigte,
nach Anh枚rung der Schlussantr盲ge der Generalanw盲ltin in der Sitzung vom 8. September 2011
folgendes
Urteil
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Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG des Europ盲ischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 眉ber bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (ABl. L 299, S. 9).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Frau Dominguez und ihrem Arbeitgeber, dem Centre informatique du Centre Ouest Atlantique (im Folgenden: CICOA), 眉ber den Antrag von Frau Dominguez, ihr den bezahlten Jahresurlaub zu gew盲hren, den sie zwischen November 2005 und Januar 2007 wegen einer unfallbedingten Arbeitsunterbrechung nicht nehmen konnte, und, hilfsweise, wegen Urlaubsabgeltung.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
Art. 1 der Richtlinie 2003/88 bestimmt:
鈥濭egenstand und Anwendungsbereich
(1) Diese Richtlinie enth盲lt Mindestvorschriften f眉r Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeitszeitgestaltung.
(2) Gegenstand dieser Richtlinie sind
鈥 der Mindestjahresurlaub 鈥
鈥︹赌
Rz. 4
Art. 7 der Richtlinie lautet:
鈥濲补丑谤别蝉耻谤濒补耻产
(1) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderliche...