听
Leitsatz (amtlich)
Dem FA ist es nicht verwehrt, aus der im Rahmen einer rechtm盲脽igen Au脽enpr眉fung erlangten Kenntnis bestimmter betrieblicher Verh盲ltnisse eines Steuerpflichtigen in den Jahren des Pr眉fungszeitraums (z.B. 1977 - 1979) Schlu脽folgerungen auf die tats盲chlichen Gegebenheiten in anderen Jahren vor oder nach dem Pr眉fungszeitraum zu ziehen und demgem盲脽 einen Steuerbescheid, der unter dem Vorbehalt der Nachpr眉fung steht, entsprechend zu 盲ndern.
听
Orientierungssatz
Rechtswidrig erlangte Au脽enpr眉fungsergebnisse d眉rfen nicht verwertet werden, wenn der Steuerpflichtige erfolgreich gegen die Pr眉fungsma脽nahmen vorgegangen ist. Abweichend von diesem Grundsatz kann die angebliche Rechtswidrigkeit von Pr眉fungsma脽nahmen, die nicht auf einem selbst盲ndig anfechtbaren Verwaltungsakt, wie z.B. einer Pr眉fungsanordnung i.S. von 搂 196 AO 1977, beruhen, im Veranlagungsverfahren eingewendet werden (vgl. BFH-Urteil vom 14.8.1985 I R 188/82).
听
Normenkette
AO 1977 搂搂听88, 164 Abs. 2, 搂搂听193ff, 193, 196, 118
听
Tatbestand
Der Kl盲ger und Revisionskl盲ger (Kl盲ger) ist selbst盲ndiger Handelsvertreter. In seinen Einkommen- und Gewerbesteuererkl盲rungen f眉r das Streitjahr 1976 wies er einen Gewinn aus Gewerbebetrieb aus; bei dessen Ermittlungen waren u.a. Kraftfahrzeugkosten in H枚he von 18 256,57 DM und Telefon- und Portokosten in H枚he von 3 857,49 DM als Betriebsausgaben abgezogen; ein Betrag von 833 DM war als Entnahme f眉r private Kfz-Nutzung den Erl枚sen wieder hinzugerechnet; f眉r die Telefonkosten war kein Privatanteil angesetzt. In der Umsatzsteuererkl盲rung f眉r das Streitjahr 1976 war nur der Betrag von 833 DM f眉r private Kfz-Nutzung als Eigenverbrauch angegeben. Auf der Grundlage dieser Steuererkl盲rungen erlie脽 der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) am 29./30.Mai 1978 unter dem Vorbehalt der Nachpr眉fung (搂 164 Abs.1 der Abgabenordnung --AO 1977--) Einkommen- und Gewerbesteuerbescheide f眉r 1976. Ein Umsatzsteuerbescheid f眉r 1976 erging nicht (搂 168 AO 1977).
1981 fand beim Kl盲ger eine Au脽enpr眉fung statt, die laut Pr眉fungsanordnung nur die Kalenderjahre 1977 bis 1979 erfa脽te. Der Pr眉fer stellte fest, da脽 der Privatanteil der Kfz-Kosten auf 10 v.H. der Jahreskosten und der Privatanteil an den Telefonkosten auf 360 DM j盲hrlich zu sch盲tzen sei; dies f眉hrte zu Mehrgewinnen f眉r 1977 bis 1979 sowie zu entsprechenden Erh枚hungen der Umsatzsteuer f眉r 1977 bis 1979. Auf dieser Grundlage erlie脽 das FA Einkommensteuer-, Gewerbesteuer- und Umsatzsteuerbescheide f眉r 1977 bis 1979.
Au脽erdem erlie脽 das FA gem盲脽 搂 164 Abs.2 AO 1977 ge盲nderte Einkommensteuer-, Gewerbesteuer- und Umsatzsteuerbescheide f眉r das Streitjahr 1976, die lediglich insofern von den urspr眉nglichen unter Vorbehalt der Nachpr眉fung ergangenen Steuerbescheiden abwichen, als das FA bei der Gewinnermittlung die Entnahmen f眉r private Kfz-Nutzung mit 10 v.H. der Gesamtkosten, also mit 1 825 DM (gegen眉ber bisher 833 DM), und f眉r private Telefonnutzung mit 360 DM (bisher 0 DM) ansetzte und bei der Berechnung der Umsatzsteuer diese Betr盲ge als zus盲tzlichen Eigenverbrauch behandelte. Hierzu war in den Erl盲uterungen des Einkommensteuerbescheids 1976 w枚rtlich vermerkt: "Der Privatanteil der Kfz-Kosten ist mit 10 v.H. der Gesamtkosten von 18 256 DM = 1 825 DM und der Privatanteil der Telefonkosten ist mit 360 DM ber眉cksichtigt worden. Die darauf entfallende Umsatzsteuer von 148,70 DM ist bei Zahlung als Privatentnahme zu buchen."
Gegen diese Bescheide erhob der Kl盲ger Einspruch mit der Begr眉ndung, es sei nicht zul盲ssig, die Feststellungen des Au脽enpr眉fers auch f眉r ein Jahr zu verwerten, f眉r das keine Pr眉fungsanordnung vorgelegen habe. Das FA wies den Einspruch zur眉ck. Auch die Klage hatte keinen Erfolg.
Mit der Revision, die das Finanzgericht (FG) wegen grunds盲tzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen hat, beantragt der Kl盲ger, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Einkommensteuer-, Gewerbesteuer- und Umsatzsteuerveranlagungen dahin zu 盲ndern, da脽 die erh枚hten Privatanteile f眉r die Kfz-Nutzung und Telefonnutzung in H枚he von insgesamt 1 352 DM au脽er Betracht bleiben. Der Kl盲ger r眉gt Verletzung des 搂 164 Abs.2 und des 搂 196 AO 1977.
Das FA beantragt, die Revision als unbegr眉ndet zur眉ckzuweisen.
听
贰苍迟蝉肠丑别颈诲耻苍驳蝉驳谤眉苍诲别
Die Revision ist unbegr眉ndet.
1. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) d眉rfen rechtswidrig erlangte Au脽enpr眉fungsergebnisse nicht verwertet werden, "wenn der Steuerpflichtige erfolgreich gegen die Pr眉fungsma脽nahmen vorgegangen ist", d.h. wenn durch gerichtliche Entscheidung (oder z.B. eine Beschwerdeentscheidung der Oberfinanzdirektion --OFD--) die Rechtswidrigkeit der fraglichen Pr眉fungsma脽nahme festgestellt worden ist. Dieser Grundsatz erleidet insofern eine Ausnahme, als die angebliche Rechtswidrigkeit von Pr眉fungsma脽nahmen, die nicht auf einem selbst盲ndig anfechtbaren Verwaltungsakt, wie z.B. einer Pr眉fungsanordnung i.S. von 搂 196 AO 1977, beruhen, im Veranlagungsverfahren eingewendet werden kann (z.B. BFH-Urteil vom 14.August 1985 I R 188/82, BFHE 144, 339, BStBl II 1986, 2). F眉r den Streitfall folgt hieraus, da脽 im Klageverfahren gegen die angefochtenen Steuerbescheide auch 眉ber das vom Kl盲ger geltend gemachte "Verwertungsverbot" zu befinden ist, soweit dieses aus Ma脽nahmen abgeleitet wird, die nicht selbst盲ndig anfechtbar sind.
2. Ein Verwertungsverbot besteht (allenfalls und nur) f眉r Erkenntnisse tats盲chlicher Art, die auf rechtswidrige Weise erlangt worden sind.
a) Im Streitfall hat die Au脽enpr眉fung f眉r die Jahre 1977 bis 1979 u.a. zu der tats盲chlichen Feststellung gef眉hrt, da脽 der Kl盲ger in diesen Jahren seinen PKW mindestens zu 10 v.H. f眉r private Zwecke genutzt hat und da脽 von den Telefonkosten des Kl盲gers in diesen Jahren ein Betrag von j盲hrlich 360 DM auf Privatgespr盲che entf盲llt. Diese Tatsachenkenntnisse hat das FA zweifelsfrei auf rechtm盲脽ige Weise erlangt; auch der Kl盲ger stellt nicht in Frage, da脽 die Anordnung und Durchf眉hrung der Au脽enpr眉fung f眉r 1977 bis 1979 rechtm盲脽ig waren.
b) Das Streitjahr 1976 war nicht Gegenstand einer Au脽enpr眉fung. Ausweislich des Pr眉fungsberichts hat der Pr眉fer insoweit keine Pr眉fungsma脽nahmen vorgenommen, demgem盲脽 auch keine Pr眉fungsfeststellungen getroffen. Die angefochtenen Steuerbescheide beruhen nicht auf Tatsachenermittlungen des Pr眉fers f眉r das Streitjahr 1976. Der Pr眉fer hat nicht untersucht, in welchem Umfange der Kl盲ger im Streitjahr 1976 den PKW und das Telefon f眉r private Zwecke nutzte.
c) Das FA hat lediglich die Feststellungen der Au脽enpr眉fung 眉ber die in den Pr眉fungsjahren 1977 bis 1979 bestehenden tats盲chlichen Verh盲ltnisse zum Anla脽 genommen, daraus nach den Regeln der Lebenserfahrung den R眉ckschlu脽 zu ziehen, da脽 der Kl盲ger seinen PKW und sein Telefon auch in 1976 f眉r private Zwecke nutzte, und zwar in gleichem Umfange wie in den Pr眉fungsjahren 1977 bis 1979. Nur in dieser Weise, n盲mlich als Basis f眉r eine bestimmte Schlu脽folgerung tats盲chlicher Art, hat das FA Tatsachen verwertet, die es im Rahmen der Au脽enpr眉fung erlangt hat. Diese Verwertung war zul盲ssig, weil die verwerteten Tatsachen solche der Pr眉fungsjahre 1977 bis 1979 waren und diese Tatsachen, wie bereits ausgef眉hrt, auf rechtm盲脽ige Weise zur Kenntnis des FA gelangt sind.
Dem Kl盲ger war es unbenommen, im einzelnen darzutun und nachzuweisen, da脽 und ggf. aus welchen Gr眉nden diese Schlu脽folgerungen des FA auf die im Streitjahr 1976 gegebenen tats盲chlichen Verh盲ltnisse der Sache nach unzutreffend waren.
Eine Norm, die dem FA verwehrt, aus der rechtm盲脽ig erlangten Kenntnis bestimmter tats盲chlicher Verh盲ltnisse in den Pr眉fungsjahren 1977 bis 1979 nach Ma脽gabe der Regeln der Lebenserfahrung Schlu脽folgerungen auf die tats盲chlichen Gegebenheiten in anderen Jahren vor oder nach dem Pr眉fungszeitraum zu ziehen, ist nicht ersichtlich.
Ob bei dieser Art der Ermittlung des Sachverhalts f眉r das Streitjahr 1976 (vgl. 搂 88 AO 1977) angenommen werden k枚nnte, da脽 dem FA nachtr盲glich Tatsachen bekannt geworden sind, so wie dies 搂 173 Abs.1 Nr.1 AO 1977 voraussetzt, kann offenbleiben, denn die angefochtenen 脛nderungsbescheide beruhen nicht auf dieser Vorschrift. Sie finden ihre verfahrensrechtliche Rechtsgrundlage vielmehr ausschlie脽lich in 搂 164 Abs.2 AO 1977. Zu Recht betont das FG, da脽 ein Steuerbescheid, der unter dem Vorbehalt der Nachpr眉fung ergangen ist, grunds盲tzlich ohne jede sachliche Einschr盲nkung und demgem盲脽 z.B. auch aufgrund von Tatsachen ge盲ndert werden kann, die bereits bei Erla脽 des Steuerbescheids bekannt waren, denn "der Steuerfall bleibt nach allen Seiten offen" (Klein/Orlopp, Abgabenordnung, 3.Aufl., 搂 164 Anm.3).
3. Die Einw盲nde der Revision k枚nnen nicht 眉berzeugen.
a) Es mag sein, da脽 Feststellungen eines Au脽enpr眉fers, die nicht durch eine Pr眉fungsanordnung gedeckt sind, "unverwertbar" sind. Im Streitfall hat der Pr眉fer jedoch keine Feststellungen zum Streitjahr 1976 getroffen, sondern nur f眉r den Pr眉fungszeitraum 1977 bis 1979. Diese waren durch die (unstreitig rechtm盲脽ige und auch bestandskr盲ftige) Pr眉fungsanordnung f眉r 1977 bis 1979 gedeckt.
b) Unerheblich ist, ob das FA die unter dem Vorbehalt der Nachpr眉fung ergangenen Steuerbescheide f眉r 1976 auch (und in gleicher Weise wie geschehen) ge盲ndert h盲tte, wenn keine Au脽enpr眉fung f眉r 1977 bis 1979 stattgefunden h盲tte. Selbst wenn dies zu verneinen w盲re, 盲ndert dies nichts daran, da脽 der Pr眉fer f眉r das Jahr 1976 keine Pr眉fungsma脽nahmen ergriffen und demgem盲脽 auch keine Pr眉fungsfeststellungen getroffen hat, die mangels Pr眉fungsanordnung einem Verwertungsverbot unterworfen w盲ren. Hiervon abgesehen kann allein der Umstand, da脽 das FA die Veranlagungen f眉r 1975 endg眉ltig nach Ma脽gabe der Steuererkl盲rungen des Kl盲gers durchgef眉hrt hat, noch nicht die Annahme rechtfertigen, gleiches w盲re auch f眉r 1976 geschehen; allein schon die M枚glichkeit eines Sachbearbeiterwechsels schlie脽t dies aus; die gegenteilige Vermutung der Revision ist Spekulation.
c) Verfehlt ist schlie脽lich der Einwand, durch die 脛nderung der Veranlagungen f眉r 1976 werde im Endergebnis der Pr眉fungszeitraum erweitert. Die angefochtenen Steuerbescheide sind offensichtlich nicht das Resultat einer umfassenden Pr眉fung der tats盲chlichen betrieblichen Verh盲ltnisse des Kl盲gers im Streitjahr 1976; sie weichen lediglich in der Frage der privaten PKW- und Telefonnutzung von den Steuererkl盲rungen und den urspr眉nglichen Vorbehaltsbescheiden ab.
听
Fundstellen
亿兆体育-Index 61782 |
BStBl II 1988, 2 |
BFHE 150, 506 |
BFHE 1987, 506 |
DStR 1987, 799-799 (ST) |