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Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
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Leitsatz (amtlich)
Bei einem um 100 v. H. in seiner Erwerbsf盲higkeit geminderten Arbeitnehmer, der einem Doppelbeinamputierten gleichsteht, ist ein Pkw als Arbeitsmittel zu behandeln.
F眉r die Fahrten eines solchen Arbeitnehmers zwischen Wohnung und Arbeitsst盲tte (ohne die mitt盲glichen Heimfahrten) sind die tats盲chlichen Kosten als Werbungskosten zu ber眉cksichtigen.
Zur H枚he der Kraftfahrzeugkosten als au脽ergew枚hnliche Belastung bei einem Doppelbeinamputierten.
EStG 1963 搂 9 Satz 1 Ziff. 4; LStDV 1962 搂 20 Abs. 2 Ziff. 2; LStR 1963 Abschn. 25 Abs. 2 letzter
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Normenkette
EStG 搂听9 S. 1 Ziff. 4, 搂听9/2; LStDV 搂听20 Abs. 2 Ziff. 2, 搂听20/3; LStR Abschn. 25 Abs. 2
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Tatbestand
Der Steuerpflichtige (Stpfl.) ist schwerkriegsbesch盲digt. Sein rechter Fu脽 ist amputiert; er hat au脽erdem Lungen- und Herzmuskelsch盲den. Sein Gehverm枚gen entspricht nach der Stellungnahme des Versorgungsamts dem eines Doppelbeinamputierten. Seine Erwerbsf盲higkeit ist um 100 v. H. gemindert. Der Stpfl. benutzt zur Fortbewegung einen Pkw (Opel-Rekord), der f眉r ihn umgebaut wurde. Mit ihm f盲hrt er auch von seiner Wohnung zu seiner etwa 7,5 km entfernten Arbeitsst盲tte. Da er w盲hrend der einst眉ndigen Mittagspause zur Mittagsmahlzeit nach Hause f盲hrt, legt er den Weg zwischen Wohnung und Arbeitsst盲tte viermal t盲glich zur眉ck. Die Gesamtkosten des Pkw betragen nach seiner Berechnung bei einer Fahrtstrecke von j盲hrlich 15.000 km insgesamt 2995 DM, also etwa 0,20 DM je Fahrtkilometer. Er beantragte, f眉r die vier Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsst盲tte an 233 Arbeitstagen unter Zugrundelegung eines Kilometersatzes von 0,20 DM je km bei der Lohnsteuer f眉r 1964 insgesamt 1398 DM als Werbungskosten anzuerkennen. Die restlichen Kraftfahrzeugkosten von 1557 DM bat er - abz眉glich anderweitig ersetzter 100 DM - als au脽ergew枚hnliche Belastungen zu ber眉cksichtigen.
Das Finanzamt (FA) legte nur die H盲lfte des als Werbungskosten geltend gemachten Betrags der Fahrtkosten zugrunde, da es die Mittagsheimfahrten nicht als beruflich bedingt ansah. Von den restlichen Fahrzeugkosten erkannte es die halben Treibstoffkosten (526 DM) nicht als au脽ergew枚hnliche Belastung an. Die Sprungberufung des Stpfl. hatte nur zu einem kleinen Teil Erfolg. Das Finanzgericht (FG) ber眉cksichtigte die Kosten der t盲glichen Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsst盲tte nur mit dem Pauschbetrag von 0,50 DM je Arbeitstag und km nach 搂 20 Abs. 2 Ziff. 2 LStDV. Die Aufwendungen f眉r die Mittagsheimfahrten seien keine Werbungskosten, sondern Teil der nach 搂 12 Ziff. 1 EStG nicht abzugsf盲higen Kosten der Lebenshaltung. Aus Abschn. 25 Abs. 2 LStR 1963 sei nicht herzuleiten, da脽 die tats盲chlichen Kraftfahrzeugaufwendungen anstelle des Pauschbetrags zugrunde gelegt werden k枚nnten; denn diese beg眉nstigende Regelung, die als Verwaltungsanweisung die Steuergerichte ohnehin nicht binde, betreffe nur Dienstfahrten, nicht aber Privatfahrten, wie die mitt盲glichen Heimfahrten. Im 眉brigen w盲re die Verwaltungsregelung f眉r den Stpfl. ung眉nstig, da seine tats盲chlichen Aufwendungen 0,20 DM betr眉gen, bei Anwendung des Pauschbetrags jedoch 0,25 DM je km ber眉cksichtigt w眉rden. Da脽 das FA die restlichen Pkw-Kosten nur zum Teil als au脽ergew枚hnliche Belastung anerkannt habe, sei nicht zu beanstanden, obwohl es zweifelhaft sei, ob diese Kosten 眉berhaupt zwangsl盲ufig im Sinn von 搂 33 EStG seien; denn m枚glicherweise w眉rde sich der Stpfl., auch wenn er nicht gehbehindert w盲re, einen Pkw halten. Wegen der bei F盲llen dieser Art gebotenen gro脽z眉gigen Behandlung sei jedoch dieser Teil der Pkw-Kosten, soweit sie nicht auf die mitt盲glichen Heimfahrten entfielen, eine au脽ergew枚hnliche Belastung im Sinne von 搂 33 EStG. Da脽 das FA dabei in Anlehnung an das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) IV 344/58 U vom 23. November 1961 (BStBl 1962 III S. 123, Slg. Bd. 74 S. 321) die Kosten f眉r die H盲lfte des verbrauchten Treibstoffs bei der Berechnung ausgeschieden habe, sei ebensowenig zu beanstanden, wie die Zubilligung des K枚rperbesch盲digten-Freibetrags von 1.500 DM, obwohl der Stpfl. eigentlich f眉r alle durch den K枚rperschaden verursachten Aufwendungen den Einzelnachweis h盲tte erbringen m眉ssen. Der vom FA zugestandene Jahresfreibetrag erh枚he sich danach von 3872 DM auf 3941 DM.
Der Stpfl. beantragt mit seiner nach dem Inkrafttreten der FGO als Revision zu behandelnden Rechtsbeschwerde
die Anerkennung der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsst盲tte entsprechend Abschn. 25 Abs. 2 LStR, insbesondere also Anerkennung der Kosten der Mittagsheimfahrten als Werbungskosten.
Ber眉cksichtigung der gesamten nicht als Werbungskosten in Betracht kommenden Kraftfahrzeugkosten als au脽ergew枚hnliche Belastung. Zur Begr眉ndung dieser Antr盲ge f眉hrt er aus: Da er einem Doppelbeinamputierten gleichstehe, habe er nach dem Versorgungsgesetz Anspruch auf einen Selbstfahrer (Krankenfahrstuhl). Ein Fahrzeug mit Handbetrieb k枚nne er wegen seiner anderen K枚rperbesch盲digungen nicht benutzen, zumal er in einer bergigen Gegend wohne. Das Versorgungsamt habe ihm deshalb einen Zuschu脽 zur Beschaffung eines Pkw gew盲hrt. Au脽erdem habe er von der Hauptf眉rsorgestelle f眉r sonderbetreute Kriegsbesch盲digte ein Darlehen zur Beschaffung des Pkw erhalten. Nachdem er zehn Jahre in Kliniken und Sanatorien zugebracht und jahrelang arbeitslos gewesen sei, h盲tte er sich ohne diese Hilfen damals keinen Pkw anschaffen k枚nnen. Nach Abschn. 25 Abs. 2 LStR k枚nnen anstelle der Pauschs盲tze nach 搂 20 LStDV die tats盲chlichen Aufwendungen f眉r einen Pkw, also auch soweit sie auf die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsst盲tte entfielen, als Werbungskosten ber眉cksichtigt werden. Die Zahl dieser Fahrten stehe im Ermessen des Arbeitnehmers. Die Kosten f眉r Mittagsheimfahrten seien nicht Kosten der privaten Lebenshaltung; denn urs盲chlich sei in erster Linie das Arbeitsverh盲ltnis. Die Sozialgerichte stellten deshalb folgerichtig alle Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsst盲tte unter den Versicherungsschutz. Wenn das FG auch den vollen K枚rperbesch盲digten-Freibetrag ohne Einzelnachweis zugestanden habe, so habe es dabei nicht ber眉cksichtigt, da脽 dieser Freibetrag mit den gesteigerten Lebenshaltungskosten nicht Schritt gehalten habe und bereits durch die Kosten der Di盲t sowie durch Arznei- und Arztkosten aufgezehrt sei. Wenn ein Arbeitnehmer mehrfach am Tag zwischen Wohnung und Arbeitsst盲tte hin und her fahre, sei die gegenw盲rtige Pauschalregelung dieser Fahrtkosten rechtlich nicht tragbar. Bei den nicht als Werbungskosten in Betracht kommenden Kraftfahrzeugkosten, die als au脽ergew枚hnliche Belastung zu ber眉cksichtigen seien, h盲tten das FA und das FG nicht beachtet, da脽 seine Ehefrau und seine Kinder keinen F眉hrerschein h盲tten und der Wagen au脽erdem wegen seiner K枚rperbesch盲digung so umgebaut sei, da脽 andere Personen ihn nicht benutzen k枚nnten. Die Vorinstanzen h盲tten die Schwere seiner K枚rperbesch盲digung nicht gen眉gend gew眉rdigt und au脽er Betracht gelassen, da脽 er bei fast allen Wegen au脽erhalb des Hauses zur Fortbewegung auf den Pkw angewiesen sei. Da die Kosten f眉r einen motorlosen, handbetriebenen Selbstfahrer ber眉cksichtigungsf盲hig w盲ren, m眉脽ten es auch die Aufwendungen f眉r den Pkw sein. Wenn schon f眉r Gehbehinderte mit 70 v. H. und mehr Erwerbsminderung j盲hrlich 750 DM als steuerfrei anerkannt w眉rden, m眉脽ten bei Schwerstgehbehinderten die vollen 眉ber die Werbungskosten hinausgehenden Kosten als au脽ergew枚hnliche Belastung angesehen werden. Auch sei zu beachten, da脽 die Aufwendungen f眉r eine typische Di盲tverpflegung die Mehraufwendungen gegen眉ber einer normalen Verpflegung abgelten sollten. Die Di盲taufwendungen wegen seiner Herz- und Lungensch盲den gingen aber in dem K枚rperbesch盲digten-Freibetrag wegen seiner Beinverletzung unter. Folgerichtig m眉脽ten die zus盲tzlichen Fahrtkosten f眉r mitt盲gliche Heimfahrten anstelle der Mehraufwendungen f眉r Krankendi盲t als au脽ergew枚hnliche Belastung anerkannt werden.
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Die Revision f眉hrt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung.
Die Besonderheit des Streitfalles besteht darin, da脽 das Gehverm枚gen des Stpfl. dem eines Doppelbeinamputierten entspricht, und da脽 er noch andere schwere K枚rpersch盲den hat, so da脽 er im ganzen um 100 v. H. erwerbsgemindert ist. Der Senat ist mit dem FG der Auffassung, da脽 vor allem solche Steuerpflichtige steuerlich nicht kleinlich zu behandeln sind. Da脽 der Stpfl. nach dem Bundesversorgungsgesetz die Gestellung eines Selbstfahrers (Krankenfahrstuhl) beanspruchen kann und da脽 ihm ein Zuschu脽 zur Beschaffung eines Pkw gew盲hrt wurde, weil er wegen seiner anderen K枚rpersch盲den ein handbetriebenes Fahrzeug nicht benutzen kann, ist rechtlich von entscheidender Bedeutung, weil unter diesen Umst盲nden der Pkw nicht nur ein unentbehrliches Mittel zur Fortbewegung ist, sondern auch ein Arbeitsmittel, ohne das der Stpfl. keinen Beruf aus眉ben kann. Die Lage ist anders als bei einem schwerk枚rperbesch盲digten Arbeitnehmer, der seinen Arbeitsplatz auch zu Fu脽 oder mit den 枚ffentlichen Verkehrsmitteln erreichen kann (siehe Urteil des Senats VI 297/65 U vom 12. Dezember 1965, BStBl 1966 III S. 208).
Ist der Pkw aber ein Arbeitsmittel f眉r den Stpfl., so sind die dienstlich veranla脽ten Fahrtkosten f眉r ihn Werbungskosten. Die Regelung in 搂 20 Abs. 2 Ziff. 2 LStDV greift bei dieser Sachlage nicht unmittelbar ein; denn die Regelung gilt die Fahrtkosten f眉r die typischen F盲lle ab, in denen die Stpfl. an sich die 枚ffentlichen Verkehrsmittel benutzen k枚nnten, aber aus freien St眉cken statt dessen mit einem Kraftfahrzeug zu ihrer Arbeitsst盲tte hin und zur眉ck fahren. Die Verwaltungsanweisung in Abschn. 25 Abs. 2 letzter Satz 1963, die als solche zwar die Steuergerichte nicht bindet, enth盲lt aber eine vertretbare Auslegung des geltenden Rechts, wenn sie bei schwer k枚rperbehinderten Arbeitnehmern anstelle der Pauschalierung nach 搂 20 Abs. 2 Ziff. 2 LStDV zul盲脽t, die tats盲chlichen Aufwendungen als Werbungskosten zu ber眉cksichtigen. Der Senat ist allerdings der Auffassung, da脽 diese nur f眉r Arbeitnehmer gilt, bei denen das Fahrzeug wegen ihrer besonders schweren K枚rperbehinderung ein Arbeitsmittel ist. Diese Voraussetzung ist bei dem Stpfl. erf眉llt, da er nach den Versorgungsvorschriften Anspruch auf einen Selbstfahrer h盲tte. Die Kosten, die ihm durch seinen Pkw f眉r die Fahrten zur Arbeitsst盲tte am Morgen und zur R眉ckfahrt am Abend entstehen, sind daher in tats盲chlicher H枚he Werbungskosten.
Der Stpfl. kann aber nicht auch die Kosten der mitt盲glichen Heimfahrten zu den Werbungskosten rechnen. Diese Aufwendungen geh枚ren in den Bereich der privaten Lebenshaltung, die nach 搂 12 Ziff. 1 EStG bei der Einkommensteuer (Lohnsteuer) nicht abzugsf盲hig sind, auch wenn der Arbeitnehmer das Mittagessen aus gesundheitlichen Gr眉nden zu Hause einnimmt (siehe Urteile des Senats VI 9/60 U vom 29. April 1960, BStBl 1960 III S. 258, Slg. Bd. 71 S. 33; VI 98/61 S vom 7. Dezember 1962, BStBl 1963 III S. 134, Slg. Bd. 76 S. 363). Im Streitfall kommt dieser Frage jedoch keine Bedeutung zu, da bei der schweren Gehbehinderung grunds盲tzlich alle Kraftfahrzeugkosten, soweit sie nicht Werbungskosten sind, als au脽ergew枚hnliche Belastung anzuerkennen sind. Das FG geht von derselben 眉berlegung aus und hat die Kosten deshalb bis auf die Kosten f眉r die H盲lfte des verbrauchten Treibstoffs (526 DM) als au脽ergew枚hnliche Belastung im Sinne von 搂 33 EStG behandelt. Der Senat tritt dieser Sch盲tzung des FG nicht bei. Bei Zugrundelegung der vom Stpfl. errechneten Betriebskosten w盲ren nach der Vorentscheidung die Aufwendungen f眉r etwa 2500 km im Streitjahr keine au脽ergew枚hnliche und zwangsl盲ufige Belastung. Ber眉cksichtigt man, da脽 der Stpfl. so gehbehindert ist, da脽 er sich au脽erhalb des Hauses nur mit Hilfe seines Kraftwagens bewegen kann, so sind nicht nur die unvermeidbaren Kosten zur Erledigung privater Angelegenheiten au脽ergew枚hnlich und zwangsl盲ufig im Sinne von 搂 33 EStG, sondern in angemessenem Rahmen auch die Kosten f眉r Erholungs-, Freizeit- und Besuchsfahrten. Eine genaue Ermittlung der nicht ber眉cksichtigungsf盲higen Kraftfahrzeugkosten, die auf die - auch bei gro脽z眉giger Beurteilung - nicht notwendigen Privatfahrten entfallen, ist nicht m枚glich; diese Kosten k枚nnen nur griffweise gesch盲tzt werden. Bei dem Ausma脽 der Behinderung des Stpfl. h盲lt es der Senat f眉r gerechtfertigt, diese auch nach 搂 33 EStG nicht ber眉cksichtigungsf盲higen Aufwendungen allenfalls mit 200 DM im Streitjahr anzusetzen.
Das FG hat dem Stpfl. neben den nach 搂 33 EStG ber眉cksichtigten Kraftfahrzeugkosten noch einen Pauschbetrag nach 搂 26 Abs. 1 LStDV in H枚he von 1500 DM zugebilligt, obwohl dieser Pauschbetrag bei Schwerbesch盲digten auch wohl mit zur Abgeltung der Kraftfahrzeugkosten dient. Diese Sachbehandlung ist nicht zu beanstanden. Bei der schweren K枚rperbesch盲digung erscheint es glaubhaft, da脽 schon die anderen durch den k枚rperlichen Zustand bedingten Aufwendungen des Stpfl. den Pauschbetrag erreichen, so da脽 es gerechtfertigt ist, die Kraftfahrzeugkosten in der glaubhaft gemachten H枚he daneben zu ber眉cksichtigen (siehe auch BFH-Urteil IV 344/58 U vom 23. November 1961, BStBl 1962 III S. 123, Slg. Bd. 74 S. 321).
Da die Vorentscheidung zum Teil zu anderen Ergebnissen gelangt ist, war sie aufzuheben. Die Sache wird an das FA zur眉ckverwiesen, damit es den Lohnsteuerfreibetrag entsprechend den obigen Ausf眉hrungen festsetzt.
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Fundstellen
亿兆体育-Index 411966 |
BStBl III 1966, 291 |
BFHE 1966, 224 |
BFHE 85, 224 |