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Leitsatz (amtlich)
Es ist nicht zu beanstanden, wenn die Verwaltung 眉ber einen nach Eintritt der Unanfechtbarkeit gestellten Antrag auf Ma脽nahmen nach 搂搂 94 Abs. 1 Nr. 1, 131 AO in getrennten Verwaltungsakten entscheidet. Die Entscheidung nach 搂 131 AO kann auch vor der Entscheidung nach 搂 94 AO getroffen werden. Das Fehlen einer Entscheidung nach 搂 94 AO macht die Entscheidung nach 搂 131 AO jedenfalls dann nicht fehlerhaft, wenn sie noch vor der Entscheidung 眉ber die gegen die letztgenannte Entscheidung eingelegte Beschwerde nachgeholt wird (Anschlu脽 an BFHE 106, 268, BStBl II 1972, 806).
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Normenkette
AO 搂听94 Abs. 1 Nr. 1, 搂听131
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Tatbestand
Die Zollabfertigungsstelle des Beklagten und Revisionsbeklagten (HZA) forderte mit rechtskr盲ftigen Bescheiden f眉r Abfertigungen vom 28. Mai, 4. und 9. Juni 1971 Angleichungszoll in H枚he von insgesamt 7 523,44 DM an. Der Angleichungszoll ist entrichtet worden.
Mit Schreiben vom 13. April 1972 beantragte die Kl盲gerin und Revisionskl盲gerin (Kl盲gerin) beim HZA "eine Erstattung dieser Angleichungsz枚lle aus Billigkeitsgr眉nden". Sie begr眉ndete den Antrag damit, da脽 sie f眉r die zur gleichen Zeit 眉ber das ZA S abgewickelten Einfuhren im Rahmen der Altkontraktregelung eine Freistellung vom Angleichungszoll beantragt habe. Nachdem dieses ZA die Freistellung am 23. Juni 1971 zun盲chst abgelehnt habe, habe es sp盲ter dem Antrag entsprochen und am 31. August 1971 den erhobenen Angleichungszoll erstattet. Wegen der dortigen urspr眉nglichen Ablehnung des Antrages habe sie gegen die vom HZA erlassenen Bescheide keine Rechtsbehelfe eingelegt, weil kaum Erfolgsaussichten bestanden h盲tten. Mit Schreiben vom 21. Juli 1972 an das HZA bat die Kl盲gerin mit Bezug auf ihren Antrag vom 13. April 1972, ihr Nachricht zu geben, sofern bei dem in Rede stehenden Antrag Erstattung aus Rechtsgr眉nden in Frage kommen sollte, da ein solcher Antrag gegen眉ber einer Billigkeitsma脽nahme Vorrang habe.
Das HZA lehnte den Antrag auf Erstattung vom 13. April 1972 mit Verf眉gung vom 12. November 1972 ab. Zur Begr眉ndung f眉hrte es aus, es gehe nicht an, auf dem Weg 眉ber 搂 131 AO eine rechtskr盲ftig abgeschlossene Steuerfestsetzung unter Gesichtspunkten wieder aufzurollen, die im ordentlichen Rechtsbehelfsverfahren h盲tten geltend gemacht werden k枚nnen. Der Steuerpflichtige sei gehalten, gegen ihn ergehende Steuerbescheide auf ihre Richtigkeit zu pr眉fen. Dies sei im vorliegenden Fall nicht geschehen, obwohl es der Kl盲gerin m枚glich und zumutbar gewesen w盲re. Es habe in ihrem freien Ermessen gestanden, auf eine Anfechtung der Bescheide zu verzichten. Irrige Beurteilung der Erfolgsaussichten k枚nne kein Grund f眉r eine Billigkeitsma脽nahme sein. Pers枚nliche Billigkeitsgr眉nde seien weder vorgetragen worden noch erkennbar.
Gegen den ablehnenden Bescheid legte die Kl盲gerin am 23. Dezember 1972 Beschwerde ein.
Mit Schreiben vom 9. Juli 1973 lehnte das HZA unter Bezugnahme auf den "Antrag" der Kl盲gerin vom 21. Juli 1972 eine Berichtigung der Bescheide nach 搂 94 Abs. 1 Nr. 1 AO ab. Zur Begr眉ndung f眉hrte es aus, nach st盲ndiger h枚chstrichterlicher Rechtsprechung gelte der Grundsatz, da脽 die Berichtigung eines unanfechtbar gewordenen Bescheides nach 搂 94 Abs. 1 Nr. 1 AO nicht aus Gr眉nden verlangt werden k枚nne, die in einem Rechtsbehelfsverfahren h盲tten geltend gemacht werden k枚nnen. Die Bescheide seien unanfechtbar geworden. Die Kl盲gerin habe die Frist f眉r die Einlegung von Einspr眉chen bewu脽t und gewollt verstreichen lassen, da sie einem Rechtsbehelf kaum Erfolgsaussichten gegeben habe. Dies sei auch bei der Berichtigung von Zollbescheiden zu beachten, weil 搂 94 AO keine Vorteile bieten wolle, die nicht oder nicht mehr auf dem Rechtsbehelfsweg zu erreichen seien, sofern im Einzelfall nicht besondere Gr眉nder vorl盲gen. Solche Gr眉nde seien aber nicht gegeben.
Die OFD wies die Beschwerde gegen den Bescheid vom 12. November 1972 mit Entscheidung vom 5. Dezember 1973 ab. Sie f眉hrte aus, die Einwendungen der Kl盲gerin, das HZA habe den Angleichungszoll zu Unrecht erhoben, h盲tten in dem daf眉r vorgesehenen Rechtsbehelfsverfahren unter Wahrung der Rechtsbehelfsfrist erhoben werden m眉ssen. Das sei jedoch nicht geschehen. Gleichwohl habe das HZA das Vorbringen der Kl盲gerin zum Anla脽 genommen, auch nach Eintritt der Unanfechtbarkeit die Frage einer Berichtigung der Bescheide nach 搂 94 Abs. 1 Satz 1 AO zu pr眉fen. Es habe es jedoch im Rahmen des ihm in dieser Vorschrift einger盲umten Ermessens abgelehnt, die Abgabenbescheide zu berichtigen. Diese Verf眉gung des HZA sei unanfechtbar. Unter diesen Umst盲nden k枚nnten Einw盲nde gegen die Rechtm盲脽igkeit der Abgabenbescheide im Billigkeitsverfahren nicht mehr ber眉cksichtigt werden.
Mit der angefochtenen Entscheidung wies das FG die Klage ab. Es f眉hrte aus: Entscheidungen der Verwaltungsbeh枚rden 眉ber Antr盲ge auf Erstattung von Steuern aus Billigkeitsgr眉nden (搂 131 AO) seien Ermessensentscheidungen. HZA und OFD h盲tten ohne erkennbaren Rechtsfehler das Vorliegen einer Unbilligkeit verneint.
Hiergegen richtet sich die Revision der Kl盲gerin, mit der Verletzung formellen und materiellen Rechts ger眉gt wird.
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Die Revision ist nicht begr眉ndet.
1. Das FG hat zu Recht nur gepr眉ft, ob die Verf眉gung des HZA vom 12. November 1972 und die Beschwerdeentscheidung der OFD vom 5. Dezember 1973 im Hinblick auf 搂 131 AO ermessensfehlerfrei waren.
Wenn ein Steuerpflichtiger nach Eintritt der Unanfechtbarkeit eines Zollbescheides beantragt, den festgesetzten Abgabenbetrag ganz oder teilweise zu erstatten, und sich f眉r sein Begehren auf Gr眉nde beruft, die eine Berichtigung rechtfertigen k枚nnten, so darf die Beh枚rde nicht von der Pr眉fung absehen, ob sie von der ihr nach 搂 94 Abs. 1 Nr. 1 AO erteilten Befugnis zur 脛nderung des Bescheides Gebrauch machen kann (vgl. Urteile des erkennenden Senats vom 4. Juli 1972 VII R 103/69, BFHE 106, 268, BStBl II 1972, 806; vom 18. Januar 1977 VII R 94/73, BFHE 121, 246). Dabei kann der Wortlaut des Antrags auf Erstattung grunds盲tzlich f眉r die von der Sache der gebotene Pr眉fung des Falles nicht ma脽gebend sein. Auch wenn in einem solchen Antrag ausdr眉cklich nur die Erstattung nach 搂 131 AO aus Billigkeitsgr眉nden begehrt wird, hat ihn die Verwaltung auch nach 搂 94 Abs. 1 Nr. 1 AO zu pr眉fen (vgl. das zitierte Urteil VII R 103/69). Das Schreiben der Kl盲gerin vom 13. April 1972 ist als ein solcher Antrag auf eine Ma脽nahme der in den 搂搂 94, 131 AO erw盲hnten Art anzusehen, obwohl es ausdr眉cklich nur die Erstattung aus Billigkeitsgr眉nden erw盲hnt. Die Kl盲gerin hatte die Erstattung des aufgrund der Einfuhren vom 18. Mai, 4. Juni und 9. Juni 1971 erhobenen Angleichungszolls begehrt. Aus der Begr眉ndung des Antrags ergab sich, da脽 die Kl盲gerin die Erhebung dieses Zolls wegen des Vorliegens von Altkontrakten f眉r rechtswidrig hielt.
Das HZA hatte daher grunds盲tzlich in eine Pr眉fung der fraglichen Bescheide auch unter dem Gesichtspunkt des 搂 94 AO einzutreten und dar眉ber zu entscheiden. Das bedeutete jedoch nicht eine unbedingte Pflicht, diese Entscheidung uno actu in einer Verf眉gung vorzunehmen, wenn auch der enge sachliche Zusammenhang der Entscheidungen nach 搂 131 AO und nach 搂 94 AO eine gleichzeitige Entscheidung beider Fragen nahelegte. Schon der Umstand, da脽 gegen eine Entscheidung nach 搂 131 AO einerseits und nach 搂 94 AO andererseits verschiedene Rechtsbehelfe gegeben sind, spricht daf眉r, da脽 die Verwaltung berechtigt ist, beide Entscheidungen auch in getrennten Bescheiden zu treffen. Auch gibt es keinen Rechtssatz, der die Verwaltung verpflichtete, die Entscheidung nach 搂 94 AO unbedingt vor der Billigkeitsentscheidung nach 搂 131 AO zu treffen. Eine solche Verfahrensweise w盲re beispielsweise in jenen F盲llen nicht sinnvoll, in denen die Billigkeitsgr眉nde auf der Hand liegen, zur Kl盲rung der Frage der Rechtm盲脽igkeit jedoch schwierige Rechtsfragen zu entscheiden w盲ren. Soweit sich aus dem zitierten Urteil VII R 103/69 etwas anderes ergibt, h盲lt der Senat daran nicht mehr fest.
Wenn also die Verwaltung auf einen Antrag, der als ein solcher auf Ma脽nahmen nach 搂 131 und nach 搂 94 AO anzusehen ist, zun盲chst nur eine Entscheidung nach 搂 131 AO trifft, wie dies im vorliegenden Fall geschehen ist, so ist diese Verf眉gung wegen des Fehlens einer Entscheidung 眉ber eine Erstattung nach 搂 94 AO noch nicht ohne weiteres fehlerhaft, sondern lediglich unvollst盲ndig. Es kann hier dahinstehen, ob von einer Fehlerhaftigkeit eines solchen Bescheides dann auszugehen w盲re, wenn die Verwaltung die Entscheidung nach 搂 94 AO nicht bis zur letzten Verwaltungsentscheidung, d. h. der Entscheidung 眉ber die gegen die Ablehnung des Billigkeitserweises eingelegte Beschwerde, nachholte. Im vorliegenden Fall hat das HZA jedenfalls diese Entscheidung zwar getrennt von der Entscheidung nach 搂 131 AO, aber noch vor der Beschwerdeentscheidung getroffen. Das ist nicht zu beanstanden. Die Vorentscheidung und die Beschwerdeentscheidung sind daher, ohne die Frage zu er枚rtern, im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, da脽 die angefochtene Verf眉gung vom 12. November 1972 nicht deswegen fehlerhaft war, weil sie nur die Entscheidung nach 搂 131 AO enthielt.
Der Vorentscheidung und der Beschwerdeentscheidung ist im Ergebnis ferner auch darin zu folgen, da脽 Gegenstand der Pr眉fung nur die Verf眉gung des HZA vom 12. November 1972, nicht auch jene vom 9. Juli 1973 war. Die letztgenannte Entscheidung ist nicht etwa ohne weiteres zum Gegenstand des von der Kl盲gerin gegen die Verf眉gung vom 12. November 1972 angestrengten Beschwerdeverfahrens geworden. Davon h盲tte allenfalls dann ausgegangen werden k枚nnen, wenn die Verf眉gung vom 9. Juli 1973 als eine Berichtigung der Verf眉gung vom 12. November 1972 anzusehen gewesen w盲re (vgl. auch Woerner, BB 1970, 289; v. Wallis-List in H眉bschmann-Hepp-Spitaler, Kommentar zur Reichsabgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, 1. bis 6. Aufl., 搂 68 FGO Anm. 4). Das ist jedoch nicht der Fall. Wie ausgef眉hrt, durfte die Verwaltung die Entscheidungen nach 搂 131 AO einerseits und nach 搂 94 AO andererseits in getrennten Verwaltungsakten treffen, so da脽 nicht der zweite Verwaltungsakt als die Berichtigung des ersten verstanden werden kann. Beide Entscheidungen waren vielmehr selbst盲ndige Verwaltungsakte mit verschiedenen Inhalten. Die Kl盲gerin hat die Anfechtung des zweiten unterlassen. Weder die OFD in ihrer Beschwerdeentscheidung noch die Vorinstanz hatten also Anla脽, die Frage zu pr眉fen, ob die Ablehnung einer 脛nderung des Bescheides nach 搂 94 Abs. 1 Nr. 1 AO rechtm盲脽ig war.
2. Die Vorentscheidung weist auch insoweit keine Rechtsfehler auf, als sie davon ausgegangen ist, da脽 HZA und OFD zu Recht die Voraussetzungen f眉r einen Billigkeitserweis nach 搂 131 AO verneint haben (wird ausgef眉hrt).
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Fundstellen
亿兆体育-Index 72486 |
BStBl II 1977, 855 |
BFHE 1978, 440 |