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Leitsatz (amtlich)
Ein Arzt, der aus seiner mit beh枚rdlicher Erlaubnis gef眉hrten 盲rztlichen Abgabestelle f眉r Arzneien (sog. 盲rztliche Hausapotheke) gegen Entgelt Medikamente an Patienten abgibt, wird nicht in Aus眉bung heilberuflicher T盲tigkeit i. S. des 搂 4 Nr. 14 Satz 1 UStG 1967, sondern gewerblich t盲tig.
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Normenkette
UStG 1967 搂 4 Nr. 14 S. 1
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Tatbestand
Der Kl盲ger und Revisionskl盲ger (Kl盲ger) ist Arzt f眉r Allgemeinmedizin. Neben seiner Praxis f眉hrt er eine 盲rztliche Abgabestelle f眉r Arzneien (盲rztliche Hausapotheke). Die Erlaubnis zur F眉hrung dieser Hausapotheke hatte die zust盲ndige Verwaltungsbeh枚rde zuletzt mit Schreiben vom 13. August 1968 best盲tigt. Auf Grund dieser Erlaubnis war der Kl盲ger gem盲脽 搂 25 Abs. 4 der (bayerischen) Verordnung 眉ber das Apothekenwesen vom 17. September 1955 (Apothekenbetriebsordnung, Bereinigte Sammlung des bayerischen Landesrechts II S. 311 - BayBS II, 311) nur berechtigt, Arzneien an solche Personen abzugeben, die zum Zeitpunkt der Abgabe in seiner Behandlung standen. Nach einer Erkl盲rung der zust盲ndigen Verwaltungsbeh枚rde war f眉r die Erteilung der Genehmigung ausschlaggebend gewesen, da脽 nach den Feststellungen der 枚rtlichen Beh枚rden die Fortf眉hrung der Hausapotheke zur Versorgung der Bev枚lkerung unbedingt erforderlich ist; die n盲chstgelegenen Apotheken bef盲nden sich in 12 bis 15 km Entfernung und seien mit 枚ffentlichen Verkehrsmitteln nur schwer zu erreichen.
Bei der Umsatzsteuerveranlagung f眉r das Jahr 1970 versagte der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) dem Kl盲ger f眉r die Ums盲tze aus dem Arzneienverkauf die Steuerfreiheit gem盲脽 搂 4 Nr. 14 Satz 1 UStG 1967 und setzte unter Zugrundelegung des allgemeinen Steuersatzes von 11 v. H. die Umsatzsteuer 1970 auf 4 997,80 DM fest.
Im Laufe des Einspruchsveriahrens f眉hrte das FA beim Kl盲ger eine Betriebspr眉fung f眉r die Jahre 1969 mit 1971 durch. Nach den getroffenen Feststellungen hat der Kl盲ger im Jahre 1970 neben Ums盲tzen aus freiberuflicher T盲tigkeit in H枚he von 95 459 DM (heilberufliche T盲tigkeit als Arzt) Ums盲tze aus dem Betrieb der Hausapotheke in H枚he von 106 998 DM bewirkt. Da der Pr眉fer die Hausapothekenums盲tze als steuerpflichtig beurteilte, hat er gem盲脽 搂 15 Abs. 3 und 4 Nr. 2 UStG 1967 die diesen Ums盲tzen zuzurechnenden und gem盲脽 搂 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1967 abziehbaren Vorsteuerbetr盲ge mit 7 622,05 DM ermittelt. Das FA hat sich dieser Beurteilung angeschlossen und durch Berichtigungsbescheid vom 24. Oktober 1973 gem盲脽 搂 222 Abs. 1 Nr. 2 AO die Umsatzsteuer 1970 auf 4 147,70 DM festgesetzt.
Zur Begr眉ndung seiner Klage, mit der er die Aufhebung des vorbezeichneten Umsatzsteuerbescheides und die Festsetzung der Umsatzsteuer auf 0 DM begehrt, hat der Kl盲ger ausgef眉hrt: Die Abgabe von Medikamenten sei der 盲rztlichen Berufsaus眉bung zuzurechnen und deshalb steuerfrei nach 搂 4 Nr. 14 Satz 1 UStG 1967. Mit der von ihm betriebenen Hausapotheke werde, wie dem Erlaubnisbescheid der zust盲ndigen Verwaltungsbeh枚rde zu entnehmen sei, die Arzneimittelversorgung der Bev枚lkerung von S und Umgebung sichergestellt; dagegen werde nicht die Erzielung eines besonderen Gewinnes erstrebt. In diesem Zusammenhang bezieht sich der Kl盲ger auf das Urteil des RFH vom 20. September 1939 VI 531/39 (RStBl 1940, 14). Er beziehe die Arzneimittel von einer Apotheke zu einem erm盲脽igten Preis und gebe sie im Rahmen der medizinischen Betreuung an seine Patienten zum Listenpreis ab. Soweit er seine Patienten nicht aus seiner Hausapotheke habe versorgen k枚nnen, habe er sie mit dem Rezept in die n盲chste Apotheke geschickt. Im Streitjahr habe neben ihm nur ein Zahnarzt im gleichen Ort praktiziert.
Das FG hat die Klage abgewiesen.
Mit der vom FG wegen grunds盲tzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassenen Revision begehrt der Kl盲ger, unter Aufhebung der Vorentscheidung dem Klageantrag gem盲脽 zu entscheiden. Er r眉gt unrichtige Anwendung des 搂 4 Nr. 14 Satz 1 UStG 1967 und f眉hrt dazu aus: Das FG habe zu Unrecht nicht auf das Berufsbild des Arztes abgestellt, zu dem urspr眉nglich - vor der Ausbreitung des Apothekenwesens - auch die Abgabe der erforderlichen Medizin geh枚rt habe. Aus dem gesetzlichen Erfordernis einer besonderen Genehmigung zur Abgabe von Arzneimitteln durch 脛rzte sei zu schlie脽en, da脽 dort, wo die Arzneimittelversorgung durch Apotheken noch nicht sichergestellt sei, die Betrauung eines Arztes mit dieser Aufgabe gerecht und angemessen sei, weil dies seinem urspr眉nglichen Berufsbild entspreche. Die mit der 盲rztlichen Abgabestelle verbundene T盲tigkeit stehe in Akzessoriet盲t zur 盲rztlichen T盲tigkeit. Au脽erdem rechtfertige 搂 30 des Gesetzes 眉ber das Apothekenwesen vom 20. August 1960 (BGBl I 1960, 697) den Schlu脽, da脽 hinsichtlich der Hausapotheke keine gewerbliche T盲tigkeit vorliege.
Das FA beantragt, die Revision als unbegr眉ndet zur眉ckzuweisen. Es weist darauf hin, da脽 nach Art. 3 Abs. 1 bei 搂 19 des Gesetzes zur Vereinfachung verwaltungsrechtlicher Vorschriften vom 27. Oktober 1970 (Bayerisches Gesetz- und Verordnungsblatt 1970 S. 469) die Abgabe von Arzneien durch 脛rzte, soweit sie 眉ber die Anwendung bei Notf盲llen oder direkt am Patienten hinausgehe, der gewerblichen T盲tigkeit zuzuordnen sei.
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Die Revision ist unbegr眉ndet.
Nach 搂 4 Nr. 14 UStG 1967 sind u. a. die Ums盲tze aus der T盲tigkeit als Arzt von der Umsatzsteuer befreit. Das FG hat im Ergebnis zutreffend entschieden, da脽 die Hausapothekenums盲tze des Kl盲gers keine Ums盲tze vorbezeichneter Art sind. Nach herrschender Meinung erfa脽t die Steuerbeg眉nstigung des 搂 4 Nr. 14 UStG 1967 nicht alle vom Arzt ausgef眉hrten Ums盲tze, sondern nur diejenigen, die er in Aus眉bung seiner freiberuflichen heilkundlichen T盲tigkeit bewirkt. Solche Ums盲tze als Arzt liegen nach 搂 2 Abs. 4 der Bundes盲rzteordnung in der Fassung vom 4. Februar 1970 (BGBl I 1970, 237) vor, wenn eine Aus眉bung der Heilkunde unter der Berufsbezeichnung "Arzt" oder "脛rztin" gegeben ist. In Anlehnung an 搂 1 Abs. 2 des Heilpraktikergesetzes vom 17. Februar 1939 (RGBl I 1939, 251) wird unter Aus眉bung der Heilkunde jede berufs- oder erwerbsm盲脽ig vorgenommene T盲tigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder K枚rpersch盲den am Menschen verstanden; sie setzt nach allgemeiner Auffassung 盲rztliche Kenntnisse voraus, sei es im Hinblick auf das Ziel, die Art oder die Methode der T盲tigkeit, sei es f眉r die Feststellung, ob im Einzelfall eine Behandlung begonnen werden darf (vgl. Urteil des BVerwG vom 25. Juni 1970 I C 53.66, BVerwGE 35, 308, sowie Eckhardt/Wei脽, Umsatzsteuer, Tz. 31 zu 搂 4 Nr. 14 UStG 1967 mit weiteren Nachweisen).
Die Abgabe von Medikamenten im Einzelhandel ist nicht berufstypisch f眉r die T盲tigkeit des Arztes, sondern des Apothekers. Das deutsche Arzneimittel- und Apothekenrecht geht von dem Grundsatz aus, da脽 Arzneimittel im Sinne des 搂 1 des Arzneimittelgesetztes vom 16. Mai 1961 (BGBl I 1961, 533), um die es im Streitfall auch nur geht (sog. apothekenpflichtige Ware), im Einzelhandel nur in Apotheken abgegeben werden d眉rfen (搂 28 des Arzneimittelgesetzes). Der Betrieb einer Apotheke bedarf einer beh枚rdlichen Erlaubnis, die im Regelfall nur einem approbierten Apotheker erteilt wird (搂 1 des Gesetzes 眉ber das Apothekenwesen in Verbindung mit 搂搂 1 und 2 der Bundes-Apothekerordnung vom 5. Juni 1968, BGBl I 1968, 601).
Soweit der Kl盲ger neben seiner T盲tigkeit als Arzt (Aus眉bung der Heilkunde) kraft beh枚rdlicher Erlaubnis auf Grund apothekenrechtlicher Vorschriften eine 盲rztliche Hausapotheke betreibt, ist sie ihrem Wesen nach nicht seiner 盲rztlichen T盲tigkeit zuzuordnen; sie ist vielmehr typisch f眉r die T盲tigkeit eines Apothekers. Der entgegenstehenden Auffassung des Kl盲gers, seine T盲tigkeit als Hausapotheker sei im Verh盲ltnis zu seiner 盲rztlichen T盲tigkeit akzessorisch und m眉sse deshalb derselben steuerlichen Behandlung unterworfen werden, vermag der Senat nicht beizutreten. Die heilkundliche T盲tigkeit des Arztes besteht im wesentlichen aus der Diagnose und Therapie von Krankheiten sowie der Vorsorgemedizin. Diese T盲tigkeiten schlie脽en im Falle des notwendigen Einsatzes von Medikamenten mit einer entsprechenden 盲rztlichen Verordnung ab. Im Regelfall ist es dem Arzt gem盲脽 搂 28 Abs. 3 des Arzneimittelgesetzes versagt, an den Patienten Arzneimittel abzugeben. Die Abgabe von Medikamenten wird in dieser Vorschrift ausschlie脽lich den Apothekern zugewiesen, woraus sich kraft Gesetzes eine klare Trennung zwischen den Bereichen des Arztes und des Apothekers ergibt. Soweit 脛rzte im Rahmen ihrer diagnostischen und therapeutischen T盲tigkeit Arzneimittel verabreichen, geschieht dies nicht im Einzelhandel, sondern im Rahmen tats盲chlicher heilkundlicher Verrichtungen des Arztes. Das ist der Fall, soweit der Arzt die Arzneimittel im Rahmen der 盲rztlichen Behandlung zwangsl盲ufig selbst verabreichen mu脽 (sog. Praxisbedarf, Notfallbehandlung, station盲re Aufnahme; siehe hierzu Eckhardt/Wei脽, a. a. O., Tz. 37 zu 搂 4 Nr. 14 UStG 1967).
Diese Beurteilung findet ihre erg盲nzende St眉tze in der rechtlichen Bewertung der Hausapotheke durch den Gesetzgeber auf dem Gebiet des Apothekenrechts. Zum einen unterliegt der Arzt, der eine 盲rztliche Hausapotheke f眉hrt, insoweit einer besonderen Genehmigungspflicht, die im Freistaat Bayern nach Art. 1 und 19 des Gesetzes 眉ber das Apothekenwesen vom 16. Juni 1952 (BayBS II, 307) erteilt wird. Zum anderen haben die 盲rztlichen Abgabestellen f眉r Arzneimittel (Hausapotheken) eine Sonderregelung im Rahmen des Gesetzes 眉ber das Apothekenwesen erfahren. Soweit der Kl盲ger aus 搂 30 des Gesetzes 眉ber das Apothekenwesen, welcher die 盲rztlichen Hausapotheken von den Vorschriften dieses Gesetzes ausnimmt, die Zuordnung dieser Apotheken zum 盲rztlichen Bereich herleiten will, irrt er; denn damit ist die Regelung f眉r Hausapotheken der Landesgesetzgebungskompetenz zugewiesen. Hier finden sich Regelungen im Gesetz 眉ber das Apothekenwesen vom 16. Juni 1952 (BayBS II, 307) und in der Apothekenbetriebsordnung vom 17. September 1955 (BayBS II, 311).
Die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung der Hausapotheke als ein vom Kl盲ger im Rahmen seiner unternehmerischen T盲tigkeit gesondert gef眉hrter (gewerblicher) Betrieb ist auch unter dem Gesichtspunkt der steuerlichen Gleichbehandlung gleichartiger Leistungen geboten. Die im alten Umsatzsteuerrecht verankerte Beg眉nstigung f眉r die Lieferung von Medikamenten durch Apotheken (搂 4 Nr. 11 UStG 1951) ist entfallen. Diesem gesetzgeberischen Willen entsprechend kann die Lieferung von Medikamenten durch einen Arzt dann nicht anders behandelt werden, wenn der Arzt einen Apothekenbetrieb f眉hrt. Da der Arzt auch in diesem Fall die Medikamente zum Listenpreis abgibt - die Apothekerspanne ihm mithin verbleibt -, w眉rde er bei Gew盲hrung der Steuerbefreiung des 搂 4 Nr. 14 Satz 1 UStG 1967 in den Genu脽 einer Verg眉nstigung kommen, die das Gesetz nicht ihm, sondern den Sozialversicherungstr盲gern und im Wege typisierender Regelung den Privatpatienten zugedacht hat. Im Hinblick darauf vermag sich der Senat den Ausf眉hrungen des zur Gewerbesteuer ergangenen Urteils des RFH VI 531/39, da脽 eine Hausapotheke ein notwendiges Hilfsmittel f眉r die Aus眉bung der 盲rztlichen T盲tigkeit dann sein k枚nne, wenn das Aufsuchen der n盲chstgelegenen Apotheke schon wegen deren r盲umlicher Entfernung f眉r den Patienten beschwerlich oder unzumutbar w盲re, aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht nicht anzuschlie脽en.
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Fundstellen
亿兆体育-Index 72499 |
BStBl II 1977, 879 |
BFHE 1978, 199 |