听
Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerbesteuerrechtliche Organschaft und GmbH & atypisch Still
听
Leitsatz (NV)
Die Rechtsfolgen der gewerbesteuerrechtlichen Organschaft treten nicht ein, wenn am Gewerbebetrieb einer Organgesellschaft ein atypisch stiller Gesellschafter beteiligt ist.
听
Normenkette
GewStG 1978/1984 搂 2 Abs. 2 Nr. 2 S. 2; GewStG 1978/1984 搂 8 Nr. 8; GewStG 1978/1984 搂 9 Nr. 2; GewStG 1978/1984 搂 12 Abs. 3 Nr. 2
听
Verfahrensgang
听
Tatbestand
Die Kl盲gerin und Revisionskl盲gerin (Kl盲gerin) ist eine GmbH. An dem unter ihrer Firma betriebenen gewerblichen Unternehmen war in den Erhebungszeitr盲umen 1979 bis 1985 (Streitjahre) eine KG als atypisch stille Gesellschafterin beteiligt. Die KG war eine konzernleitende Holding und gewerbesteuerrechtlich Organtr盲ger f眉r mehrere Kapitalgesellschaften. Nach Ansicht des Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt -- FA --) war sie auch Organtr盲ger der Kl盲gerin. Nicht zum Organkreis geh枚rte nach Auffassung des FA dagegen die aus der Kl盲gerin und der KG bestehende Mitunternehmerschaft. Auf der Grundlage dieser Rechtsauffassung erlie脽 das FA f眉r die Streitjahre Gewerbesteuerme脽bescheide, die an den Gesch盲ftsf眉hrer der Kl盲gerin adressiert sind und den Hinweis enthalten, der Bescheid betreffe den Gewerbebetrieb der Kl盲gerin, an dem die KG schuldrechtlich (atypisch still) beteiligt sei, und er richte sich an die Kl盲gerin als Betriebsinhaberin und Steuerschuldnerin.
Die Kl盲gerin legte ohne Erfolg Einspr眉che ein.
W盲hrend des anschlie脽enden Klageverfahrens 盲nderte das FA den Gewerbesteuerme脽bescheid f眉r 1984 und setzte den einheitlichen Gewerbesteuerme脽betrag auf ... DM fest. Dabei ber眉cksichtigte es gem盲脽 搂 11 Abs. 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) einen Freibetrag f眉r Personengesellschaften in H枚he von 36 000 DM. Au脽erdem hob es den in den Bescheiden f眉r 1983 und 1985 enthaltenen Vorbehalt der Nachpr眉fung auf. Der 脛nderungsbescheid f眉r 1984 und die Bescheide 眉ber die Aufhebung des Vorbehalts der Nachpr眉fung sind an die Kl盲gerin adressiert und enthalten den gleichen Hinweis wie die durch sie ge盲nderten Bescheide. Die Kl盲gerin leitete sie in das Klageverfahren 眉ber.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegr眉ndet ab.
Die Kl盲gerin st眉tzt ihre Revision auf Verletzung des 搂 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung (GewStG a. F.).
听
贰苍迟蝉肠丑别颈诲耻苍驳蝉驳谤眉苍诲别
Die Revision war als unbegr眉ndet zur眉ckzuweisen (搂 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --). Das FG hat zutreffend erkannt, da脽 nach der Systematik des GewStG die Gewerbeertr盲ge und Gewerbekapitalien des unter der Firma der Kl盲gerin betriebenen gewerblichen Unternehmens nicht der KG als Organtr盲gerin zugerechnet werden d眉rfen. Aus 搂 8 Nr. 8, 搂 9 Nr. 2 und 搂 12 Abs. 3 Nr. 2 GewStG folgt, da脽 sie vorrangig bei der jeweiligen Mitunternehmerschaft zu erfassen sind und dadurch die Wirkungen des gewerbesteuerrechtlichen Organschaftsverh盲ltnisses (搂 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 GewStG a. F.; jetzt 搂 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG) verdr盲ngt werden.
1. Gem盲脽 搂 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 GewStG 1978/1984 gilt eine Kapitalgesellschaft, die derart in ein anderes inl盲ndisches gewerbliches Unternehmen eingegliedert ist, da脽 die Voraussetzungen des 搂 14 Nr. 1 und 2 des 碍枚谤辫别谤蝉肠丑补蹿迟蝉迟别耻别谤驳别蝉别迟锄es (KStG) erf眉llt sind, als Betriebsst盲tte des anderen Unternehmens (sog. gewerbesteuerrechtliche Organschaft). Eine Kapitalgesellschaft kann auch dann Organgesellschaft sein, wenn sie Gesellschafterin einer Personengesellschaft ist, z. B. als pers枚nlich haftende Gesellschafterin einer Handelsgesellschaft in der Rechtsform der GmbH & Co. KG (s. Bundesfinanzhof -- BFH --, Urteile vom 8. Dezember 1971 I R 3/69, BFHE 104, 174, BStBl II 1972, 289; vom 2. M盲rz 1983 I R 85/79, BFHE 138, 94, BStBl II 1983, 427; vom 10. November 1983 IV R 56/80, BFHE 140, 93, BStBl II 1984, 150; vom 11. Juni 1985 VIII R 252/80, BFHE 144, 357, BStBl II 1987, 33, 35; ebenso Abschn. 17 Abs. 5 S盲tze 1 bis 3 der Gewerbesteuer-Richtlinien -- GewStR -- 1990, und z. B. Zacharias/Suttmeyer/Rinnewitz, Deutsches Steuerrecht -- DStR -- 1988, 128, 133; Lenski/Steinberg, Gewerbesteuergesetz, Kommentar, 8. Aufl., 搂 2 Anm. 122 a; Schmidt/M眉ller/St枚cker, Die Organschaft, 4. Aufl. 1993, Rdnr. 902; Glanegger/G眉roff, Gewerbesteuergesetz, Kommentar, 3. Aufl. 1994, 搂 2 Rdnr. 194). Die Personenhandelsgesellschaft, an der die Organgesellschaft beteiligt ist, kann dagegen -- da sie keine Kapitalgesellschaft ist -- nicht Organgesellschaft sein (s. BFH-Urteile vom 17. Januar 1973 I R 253/71, BFHE 108, 51, BStBl II 1973, 269; in BFHE 140, 93, BStBl II 1984, 150; in BFHE 144, 357, BStBl II 1987, 33; vom 17. April 1986 IV R 221/84, BFH/NV 1988, 116; ebenso Abschn. 17 Abs. 5 Satz 4 GewStR 1990, und z. B. Schmidt/M眉ller/St枚cker, a. a. O. Rdnr. 903; Lenski/Steinberg, a. a. O., 搂 2 Anm. 122; Glanegger/G眉roff, a. a. O., 搂 2 Rdnr. 194; Bl眉mich/Obermeier, Einkommensteuergesetz, 碍枚谤辫别谤蝉肠丑补蹿迟蝉迟别耻别谤驳别蝉别迟锄, Gewerbesteuergesetz, Kommentar, 14. Aufl., 搂 2 GewStG Rdnr. 682).
2. Umstritten ist, ob die Rechtsfolgen der gewerbesteuerrechtlichen Organschaft eintreten, wenn am Gewerbebetrieb einer Organgesellschaft ein atypisch stiller Gesellschafter beteiligt ist.
Die Finanzverwaltung verneint dies. Nach ihrer Auffassung sind der Gewerbeertrag und das Gewerbekapital des Betriebs bei der atypisch stillen Gesellschaft zu erfassen und nicht dem Organtr盲ger zuzurechnen (s. Abschn. 17 Abs. 5 Satz 6 GewStR 1990).
Dem hat sich der 眉berwiegende Teil der Literatur angeschlossen (s. Glanegger/G眉roff, a. a. O., 搂 2 Rdnr. 194; Bl眉mich/Obermeier, a. a. O., 搂 2 GewStG Rdnr. 682; Lenski/Steinberg, a. a. O., 搂 2 Anm. 122 a; Meyer- Scharenberg/Popp/Woring, Gewerbesteuer-Kommentar, 1989, 搂 2 Rdnr. 636; Bittner, Gewerbesteuer, Kommentar, 搂 2 Rdnr. 552; Binger, Der Betrieb -- DB -- 1988, 414; Sarrazin, Finanz-Rundschau -- FR -- 1989 S. 11). Anderer Ansicht sind Zacharias/Suttmeyer/Rinnewitz (DStR 1988, 128, 131 f.) und Knobbe-Keuk (Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl., 1993, 搂 21 II 7 b -- S. 769 --). Sie meinen, Besteuerungsgegenstand sei nicht ein Gewerbebetrieb der atypisch stillen Gesellschaft, sondern das gewerbliche Unternehmen des Gesch盲ftsinhabers. Ist dieser eine Kapital- und Organgesellschaft, tritt nach Ansicht dieser Autoren die Rechtsfolge des 搂 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG ein.
3. Der erkennende Senat schlie脽t sich -- wie bereits der VIII. Senat im Urteil vom 25. Juli 1995 VIII R 54/93 (BFHE 178, 448, BStBl II 1995, 794) -- der von der Verwaltung und dem weit 眉berwiegenden Teil der Literatur vertretenen Rechtsansicht an. Denn aus 搂 8 Nr. 8, 搂 9 Nr. 2 und 搂 12 Abs. 3 Nr. 2 GewStG ergibt sich, da脽 die Besteuerung der Mitunternehmerschaft Vorrang gegen眉ber der Organschaft hat (BFH-Urteil in BFHE 178, 448, BStBl II 1995, 794).
a) Trotz der Fiktion des 搂 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 GewStG 1978/1984 bilden die Organgesellschaften und der Organtr盲ger kein einheitliches Unternehmen. Sie bleiben vielmehr selbst盲ndige Unternehmen, die einzeln f眉r sich bilanzieren und deren Gewerbeertr盲ge und Gewerbekapitalien getrennt zu ermitteln sind (st盲ndige Rechtsprechung des BFH; s. z. B. BFH-Urteile vom 17. Februar 1972 IV R 17/68, BFHE 105, 383, BStBl II 1972, 582; vom 6. November 1985 I R 56/82, BFHE 145, 78, BStBl II 1986, 73; vom 23. Januar 1992 XI R 47/89, BFHE 167, 158, BStBl II 1992, 630; vom 2. Februar 1994 I R 10/93, BFHE 173, 426, BStBl II 1994, 768). Dabei sind K眉rzungen und Hinzurechnungen nach den 搂搂 8, 9 und 12 Abs. 2 und 3 GewStG vorzunehmen (BFH-Entscheidungen in BFHE 173, 426, BStBl II 1994, 768; in BFHE 167, 158, BStBl II 1992, 630, 631; vom 27. Juni 1990 I R 183/85, BFHE 161, 157, BStBl II 1990, 916, 918; vom 25. Mai 1988 I B 8/88, BFH/NV 1989, 454, 455; vom 6. November 1985 I R 56/82, BFHE 145, 78, BStBl II 1986, 73). Erst auf einer zweiten Stufe werden die so ermittelten Werte -- um Mehrfacherfassungen korrigiert -- zu einem Gewerbeertrag und einem Gewerbekapital zusammengefa脽t und beim Organtr盲ger der Gewerbesteuer unterworfen.
b) Die vorgenannten K眉rzungs- und Hinzurechnungsvorschriften des GewStG sollen die Doppelerfassung von Verlusten oder Gewinnen und von Verm枚genswerten bei Mitunternehmerschaften vermeiden und zu einer zutreffenden Objektbesteuerung f眉hren. Verluste, Gewinne und Verm枚genswerte sollen sich gewerbesteuerrechtlich nur einmal und allein in dem Unternehmen auswirken, in dem sie entstanden sind (vgl. BFH-Urteile vom 10. Juni 1987 I R 301/83, BFHE 150, 441, BStBl II 1987, 816, 817 zu 搂 9 Nr. 2 GewStG; vom 23. Oktober 1986 IV R 319/84, BFHE 148, 67, BStBl II 1987, 64; vom 7. Dezember 1971 VIII 16/65, BFHE 104, 460, BStBl II 1972, 388; vom 7. Februar 1985 IV R 31/83, BFHE 143, 280, BStBl II 1985, 372, 373; Abschn. 53 Abs. 3 GewStR 1990; Knobbe-Keuk, a. a. O., S. 745). Gegenstand der Gewerbesteuer sind nur der Gewerbeertrag und das Gewerbekapital, die auf den eigenen Betrieb entfallen (BFH-Urteile vom 5. September 1990 X R 20/89, BFHE 162, 135, BStBl II 1991, 25, 27; in BFHE 148, 67, BStBl II 1987, 64, 65).
Die T盲tigkeit von Personengesellschaften, bei denen die Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen sind, ist stets und in vollem Umfang als Gewerbebetrieb anzusehen (vgl. 搂 2 Abs. 2 Nr. 1 GewStG a. F.; jetzt 搂 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG i. V. m. 搂 15 Abs. 3 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes -- EStG --). Der Betrieb dieser Gesellschaften bildet einen selbst盲ndigen Steuergegenstand. Gewerbeertrag und Gewerbekapital sind nur bei dieser Gesellschaft anzusetzen. Insoweit unterbleibt eine Zusammenrechnung im Rahmen eines Organschaftsverh盲ltnisses mit einer an dieser Gesellschaft beteiligten Kapitalgesellschaft als Organgesellschaft. Vielmehr bleiben diese Ertr盲ge und Verm枚genswerte au脽erhalb des Organschaftsverh盲ltnisses (BFH-Urteil in BFHE 138, 94, BStBl II 1983, 427, 428 m. w. N.).
Bei einer gewerblichen Personengesellschaft sind im Regelfall die Gesellschafter die Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebes sowohl in einkommen- als auch in gewerbesteuerrechtlicher Sicht (Beschlu脽 des Gro脽en Senats des BFH vom 3. Mai 1993 GrS 3/92, BFHE 171, 246, BStBl II 1993, 616, 621). Sie sind, wenn sie Mitunternehmerrisiko tragen und Mitunternehmerinitiative aus眉ben k枚nnen, als Mitunternehmer und damit als Unternehmer des Betriebes anzusehen. Nach der in den Streitjahren geltenden Fassung des 搂 2 Abs. 2 Nr. 1 GewStG war die T盲tigkeit der OHG, der KG und anderer Gesellschaften, bei denen die Gesellschafter Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebes waren, stets und in vollem Umfang als Gewerbebetrieb anzusehen. Sachlich gewerbesteuerpflichtig sind danach die Mitunternehmer, unabh盲ngig von ihrer dinglichen Beteiligung am Gesellschaftsverm枚gen. Das gilt auch f眉r die Gesellschafter einer atypisch stillen Gesellschaft, die eine "andere Gesellschaft" i. S. von 搂 2 Abs. 2 Nr. 1 GewStG ist (vgl. Senatsurteile vom 10. November 1993 I R 20/93, BFHE 173, 184, BStBl II 1994, 327, 331 m. w. N.; vom 10. August 1994 I R 133/93, BHE 175, 357, 360, BStBl II 1995, 171).
Soweit der VIII. Senat im Urteil vom 12. November 1985 VIII R 364/83 (BFHE 145, 408, BStBl II 1986, 311) eine abweichende Auffassung vertreten haben sollte, hat er sie im Urteil in BFHE 178, 448, BStBl II 1995, 794 ausdr眉cklich aufgegeben. Unber眉hrt davon bleibt die Beurteilung der subjektiven Steuerpflicht bei der atypisch stillen Gesellschaft (BFH-Urteil in BFHE 178, 448, BStBl II 1995, 794). Wegen des Fehlens eines Gesellschaftsverm枚gens als Vollstreckungsgrundlage ist Steuerschuldner der Gewerbesteuer nach 搂 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG allein der Gesch盲ftsinhaber (vgl. BFH-Urteile in BFHE 145, 408, BStBl II 1986, 311, 316; vom 12. November 1985 VIII R 414/83, BFH/NV 1987, 393; vom 14. September 1989 IV R 85/88, BFH/NV 1990, 591; in BFHE 173, 184, BStBl II 1994, 327, 329). Die f眉r die Gesellschaft ermittelten Besteuerungsmerkmale sind deshalb in dem gegen ihn als Steuerschuldner festzusetzenden Gewerbesteuerme脽betrag zu erfassen (vgl. Urteil in BFH/NV 1990, 591).
Die angefochtenen Bescheide entsprechen dem. Das FG hat daher die Klage zu Recht abgewiesen.
听
Fundstellen
亿兆体育-Index 421058 |
BFH/NV 1996, 504 |