Nichtanwendungserlass zu dieser Entscheidung
听
Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Beg眉nstigung von Sanierungsgewinnen vor Inkrafttreten des 搂 3a EStG
听
Leitsatz (amtlich)
Wenn ein Sanierungsgewinn dadurch entstanden ist, dass die Schulden vor dem 9. Februar 2017 erlassen worden sind, kommt weder eine Einkommensteuerbefreiung dieses Sanierungsgewinns nach 搂 3a EStG n.F. noch eine Billigkeitsma脽nahme nach den BMF-Schreiben vom 27. M盲rz 2003 (BStBl I 2003, 240) oder vom 27. April 2017 (BStBl I 2017, 741) in Betracht.
听
Normenkette
AO 搂 163; EStG 搂搂听3a, 52 Abs. 4a S. 1
听
Verfahrensgang
听
Tenor
Die Revision des Kl盲gers gegen das Urteil des S盲chsischen Finanzgerichts vom 15. Juli 2015听听6 K 1145/12 wird als unbegr眉ndet zur眉ckgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kl盲ger zu tragen.
听
Tatbestand
Rz. 1
I. Der Kl盲ger und Revisionskl盲ger (Kl盲ger) erzielte im Streitjahr 2006 Eink眉nfte aus Gewerbebetrieb. Diese Eink眉nfte setzten sich aus einem laufenden Verlust sowie einem au脽erordentlichen Ertrag aus einem Forderungsverzicht einer der Gl盲ubigerbanken des Kl盲gers in H枚he von 133.849,36听鈧 zusammen.
Rz. 2
Der Kl盲ger beantragte unter Berufung auf das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 27.听M盲rz 2003 (BStBl I 2003, 240) den Erlass der f眉r 2006 festgesetzten Einkommensteuer und der steuerlichen Nebenleistungen aus sachlichen Billigkeitsgr眉nden. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) lehnte den Erlassantrag mit der Begr眉ndung ab, weder habe die Gl盲ubigerbank in Sanierungsabsicht gehandelt noch sei die Sanierungseignung des Forderungsverzichts gegeben.
Rz. 3
Nach Zur眉ckweisung des Einspruchs blieb auch die Klage ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) f眉hrte aus, das BMF-Schreiben, auf das der Kl盲ger sein Erlassbegehren st眉tze, habe keine Rechtsgrundlage. Der Kl盲ger habe auch keinen besonderen H盲rtefall vorgetragen, sondern sich lediglich auf die Grunds盲tze des BMF-Schreibens berufen. Auf die zwischen den Beteiligten umstrittenen Fragen der Sanierungsabsicht und Sanierungseignung komme es daher nicht an.
Rz. 4
Mit seiner Revision hat der Kl盲ger sich zun盲chst auf den Vorlagebeschluss des erkennenden Senats vom 25.听M盲rz 2015 X听R听23/13 (BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696) berufen und sich dessen Inhalt zu eigen gemacht.
Rz. 5
Nachdem der Gro脽e Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) zwischenzeitlich entschieden hat, dass das genannte BMF-Schreiben gegen den Grundsatz der Gesetzm盲脽igkeit der Verwaltung verst枚脽t (Beschluss vom 28.听November 2016 GrS听1/15, BFHE 255, 482, BStBl II 2017, 393), hat der Kl盲ger erg盲nzend vorgetragen, der Gro脽e Senat habe ausdr眉cklich zugelassen, eine Billigkeitsma脽nahme in F盲llen des sanierungsbedingten Forderungsverzichts auf besondere, au脽erhalb des BMF-Schreibens liegende Gr眉nde des Einzelfalls, insbesondere auf pers枚nliche Billigkeitsgr眉nde, zu st眉tzen. Der Kl盲ger habe seinen Erlassantrag nie auf den "Sanierungsgewinn" eingeschr盲nkt.
Rz. 6
Der Kl盲ger beantragt sinngem盲脽, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das FG zur眉ckzuverweisen.
Rz. 7
Das FA beantragt, die Revision zur眉ckzuweisen.
Rz. 8
Es hat urspr眉nglich vorgetragen, die 贰苍迟蝉肠丑别颈诲耻苍驳蝉驳谤眉苍诲别 des angefochtenen Urteils spiegelten zwar nicht die Rechtsauffassung der Finanzverwaltung wider; das Ergebnis der Entscheidung sei aber zutreffend. Nach Bekanntwerden des Beschlusses des Gro脽en Senats des BFH hat das FA daran festgehalten, dass der Tenor der vorinstanzlichen Entscheidung als zutreffend anzusehen und diese daher zu best盲tigen sei. Die Pr眉fung von Billigkeitsma脽nahmen aus besonderen Gr眉nden des Einzelfalls k枚nne nicht im anh盲ngigen gerichtlichen Verfahren vorgenommen werden, sondern sei einem neuen Verwaltungsverfahren vorbehalten. Der Kl盲ger k枚nne sein Erlassbegehren im gerichtlichen Verfahren nicht mehr durch neue Billigkeitsgr眉nde erweitern. Er habe pers枚nliche Billigkeitsgr眉nde niemals dargelegt.
听
贰苍迟蝉肠丑别颈诲耻苍驳蝉驳谤眉苍诲别
Rz. 9
II. Die Revision ist unbegr眉ndet und nach 搂听126 Abs.听2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur眉ckzuweisen.
Rz. 10
1. Der Kl盲ger hat sich zur Begr眉ndung seines Antrags auf Vornahme einer Billigkeitsma脽nahme urspr眉nglich auf das BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240 berufen.
Rz. 11
Der Gro脽e Senat des BFH hat allerdings entschieden, dass das genannte BMF-Schreiben gegen den Grundsatz der Gesetzm盲脽igkeit der Verwaltung verst枚脽t und daher von den Gerichten nicht angewendet werden darf (Beschluss in BFHE 255, 482, BStBl II 2017, 393). Diese Entscheidung bindet auch den erkennenden Senat.
Rz. 12
2. Der Kl盲ger kann eine Billigkeitsma脽nahme auch nicht aufgrund von anderen, einzelfallbezogenen Gr眉nden beanspruchen.
Rz. 13
Der Gro脽e Senat des BFH hat zwar ausgesprochen, dass Billigkeitsma脽nahmen auch in Sanierungsf盲llen auf besondere, au脽erhalb des BMF-Schreibens in BStBl I 2003, 240 liegende Gr眉nde des Einzelfalls, insbesondere auf pers枚nliche Billigkeitsgr眉nde gest眉tzt werden k枚nnen (Beschluss in BFHE 255, 482, BStBl II 2017, 393, Rz听145).
Rz. 14
Vorliegend hat aber bereits das FG --in der Sache zutreffend-- festgestellt, dass der Kl盲ger 眉ber den Verweis auf das BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240 hinaus weder einen besonderen H盲rtefall noch pers枚nliche Billigkeitsgr眉nde vorgetragen hatte. Auch im Revisionsverfahren --in dem neue Tatsachen wegen der Bindung an die Tatsachenfeststellungen des FG (搂听118 Abs.听2 FGO) ohnehin nicht mehr vorgetragen werden k枚nnen-- hat der Kl盲ger sich nicht auf konkrete Billigkeitsgr眉nde des Einzelfalls berufen.
Rz. 15
3. 搂听3a des Einkommensteuergesetzes i.d.F. des Gesetzes gegen sch盲dliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechte眉berlassungen vom 27.听Juni 2017 --EStG n.F.-- (BGBl I 2017, 2074) ist vorliegend nicht anwendbar.
Rz. 16
Diese Vorschrift enth盲lt eine Steuerbefreiung f眉r bestimmte Betriebsverm枚gensmehrungen aus einem Schuldenerlass zum Zwecke einer unternehmensbezogenen Sanierung. Sie betrifft indes bereits das Steuerfestsetzungsverfahren, nicht erst das --im vorliegenden Revisionsverfahren allein streitgegenst盲ndliche und verfahrensrechtlich getrennt zu behandelnde-- Billigkeitsverfahren.
Rz. 17
Im Streitfall kann 搂听3a EStG n.F. dar眉ber hinaus schon deshalb nicht angewendet werden, weil diese Vorschrift erstmals in den F盲llen anzuwenden ist, in denen die Schulden ganz oder teilweise nach dem 8.听Februar 2017 erlassen wurden (搂听52 Abs.听4a Satz听1 EStG n.F.). Vorliegend ist der Schuldenerlass aber bereits im Jahr 2006 ausgesprochen worden.
Rz. 18
4. Da die neue Steuerbefreiung des 搂听3a EStG n.F. keine R眉ckwirkung auf Altf盲lle hat, sieht die Finanzverwaltung vor, das BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240 in F盲llen, in denen der Forderungsverzicht bis zum 8.听Februar 2017 endg眉ltig vollzogen wurde, "weiterhin uneingeschr盲nkt anzuwenden" (BMF-Schreiben vom 27.听April 2017, BStBl I 2017, 741).
Rz. 19
F眉r dieses BMF-Schreiben fehlt es indes an einer Rechtsgrundlage. Wenn der urspr眉ngliche Sanierungserlass der Finanzverwaltung gegen den Grundsatz der Gesetzm盲脽igkeit der Verwaltung verst枚脽t, gilt dasselbe auch f眉r das nunmehrige BMF-Schreiben in BStBl I 2017, 741, wonach der Sanierungserlass f眉r die Vergangenheit weiterhin uneingeschr盲nkt anzuwenden sein soll. Im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens darf dieses BMF-Schreiben daher nicht beachtet werden. Eine 脺bergangsregelung f眉r Altf盲lle h盲tte nur durch den Gesetzgeber getroffen werden k枚nnen; dies ist aber nicht geschehen.
Rz. 20
5. Der Senat entscheidet mit Einverst盲ndnis der Beteiligten ohne m眉ndliche Verhandlung (搂听90 Abs.听2, 搂听121 Satz听1 FGO).
Rz. 21
Die Kostenentscheidung beruht auf 搂听135 Abs.听2 FGO.
听
Fundstellen
亿兆体育-Index 11283884 |
BFH/NV 2017, 1669 |
BFH/PR 2018, 11 |
BStBl II 2018, 236 |
BFHE 2018, 28 |
BB 2017, 2581 |
DB 2017, 2522 |
DStR 2017, 2326 |
DStRE 2017, 1404 |
DStZ 2017, 857 |