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Leitsatz (amtlich)
1. Dem Erfordernis der Revisionsbegr眉ndung ist gen眉gt, wenn sich das Revisionsbegehren auch ohne ausdr眉ckliche Angabe einzelner Paragraphen des Gesetzes aus der Revisionsschrift und der Revisionsbegr眉ndung eindeutig ergibt.
2. Eine von einem Proze脽bevollm盲chtigten eingereichte Klageschrift mu脽 von ihm eigenh盲ndig unterschrieben sein. Die Unterschrift eines nichtbevollm盲chtigten Kanzleiangestellten gen眉gt nicht.
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Normenkette
FGO 搂听64 Abs. 1, 搂搂听120, 155; ZPO 搂听253 Abs. 4, 搂听130 Nr. 6
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Tatbestand
Durch Berichtigungsbescheid vom 14. Dezember 1966 war der Einheitswert des Betriebsverm枚gens der KG - k眉nftig mit X-KG bezeichnet - (Kl盲gerin und Revisionskl盲gerin) u. a. zum 1. Januar 1963 festgestellt worden. Der Wirtschaftspr眉fer und Steuerberater - k眉nftig mit A bezeichnet - legte im Auftrage der Pflichtigen Einspruch ein, der erfolglos blieb. Die Einspruchsentscheidung wurde am 8. Januar 1969 zur Post gegeben. Sie gilt nach 搂 17 VwZG mit dem 11. Januar 1969 als zugestellt. Die Frist zur Erhebung der Klage lief nach 搂搂 47, 54 FGO in Verbindung mit 搂 222 ZPO, 搂搂 187, 188 BGB am 11. Februar 1969 ab. Wenn auch der 11. Januar 1969 ein Samstag war, so greift 搂 193 BGB nicht Platz, da dessen Regelung stets nur den Fall trifft, da脽 der letzte Tag der Frist oder der Termin auf einen Sonntag, Feiertag oder Sonnabend f盲llt (Soergel-Siebert, B眉rgerliches Gesetzbuch, 10. Aufl., 搂 193 Anm. 2). Am 7. Februar 1969 ging beim FG folgendes Schreiben mit Briefkopf des Proze脽bevollm盲chtigten A, datiert 6. Februar 1969, ein:
"Klage
der Firma X-KG,...
gegen
das Finanzamt...
wegen Einspruchsentscheidungen vom 7. Januar 1969 ...
Ich beantrage Klageerhebung wegen obiger Einspruchsentscheidungen 眉ber die Feststellung der Einheitswerte f眉r den gewerblichen Betrieb auf den 1.1.1963 und auf den 1.1.1966
Die Begr眉ndung der Klage werde ich in den n盲chsten Tagen nachreichen."
Unter diesem Schreiben befindet sich ein Stempelabdruck:
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Dr. A"
sowie eine handschriftliche Unterschrift
"i. V. B.".
Bei dem Unterschreibenden handelt es sich um einen B眉roangestellten des Bevollm盲chtigten der Kl盲gerin. Ein Schriftsatz mit einer eigenh盲ndigen handschriftlichen Unterschrift des Bevollm盲chtigten der Kl盲gerin ging erst am 12. Februar 1969 - nach Ablauf der Klagefrist - beim FG ein.
Der Proze脽bevollm盲chtigte f眉hrte dem FG gegen眉ber aus, das Schreiben vom 6. Februar 1969 sei in seinem Auftrage in Vollmacht von seinem Mitarbeiter B f眉r ihn unterschrieben worden. Eigenh盲ndige Unterschrift des Proze脽bevollm盲chtigten sei nicht vorgeschrieben; es gen眉ge die handschriftliche Unterzeichnung von einem dazu erm盲chtigten Mitarbeiter in Vollmacht des Proze脽bevollm盲chtigten. Aus der Klageschrift gehe eindeutig hervor, wer der Kl盲ger bzw. sein Vertreter sei.
Das FG verwarf die Klage als unzul盲ssig, da sie nicht in der geh枚rigen Form unterzeichnet worden sei. Eine Klage m眉sse eigenh盲ndig und handschriftlich unterschrieben sein. Das FG verwies auf sein fr眉heres Urteil III 495-496/66 V vom 30. April 1968 (EFG 1968 S. 527) mit dem gleichen Proze脽bevollm盲chtigten und auf das Urteil des BFH III R 86/68 vom 29. August 1969 (BFH 97, 226, BStBl II 1970, 89), das die Revision damals zur眉ckgewiesen hat. Danach sei die Klage unzul盲ssig, wenn die eigenh盲ndige und handschriftliche Unterschrift des die Klage einreichenden Proze脽bevollm盲chtigten fehle und innerhalb der Frist zur Erhebung der Klage kein Schriftsatz eingehe, der die eigenh盲ndige und handschriftliche Unterschrift des Proze脽bevollm盲chtigten trage. Die Unterschrift eines B眉roangestellten des Bevollm盲chtigten k枚nne das Erfordernis der Eigenh盲ndigkeit und Handschriftlichkeit nicht ersetzen. Es fehle trotz des B眉rostempels die notwendige Klarheit dar眉ber, ob die Klage mit Wissen und Willen des Bevollm盲chtigten des Kl盲gers erhoben worden sei. Eine Unterbevollm盲chtigung sei bei den Anforderungen an die Klageschrift nicht zuzulassen. Sie liege im Streitfall auch gar nicht vor; denn der B眉roangestellte sei nur Erkl盲rungsbote ohne eigene Entscheidungsbefugnis gewesen. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, die auch gar nicht beantragt sei, k枚nne nicht gew盲hrt werden, da der Proze脽bevollm盲chtigte bereits in dem oben genannten fr眉heren Verfahren auf das Formalerfordernis der eigenh盲ndigen Unterschrift des Proze脽bevollm盲chtigten hingewiesen worden sei.
Das FG lie脽 die Revision ausdr眉cklich zu.
Mit der Revision beantragt die KG, das Urteil des FG aufzuheben und die Ordnungsm盲脽igkeit der Anfechtungsklage festzustellen. Zur Begr眉ndung f眉hrt sie aus, vorliegend sei die Klage eigenh盲ndig und handschriftlich auch im Sinne der vom FG angef眉hrten Rechtsprechung unterzeichnet. Aus einer gelockerten Formalauffassung k枚nnten im FG-Verfahren Unregelm盲脽igkeiten oder sonstige Nachteile nicht entstehen.
Das FA h盲lt die Revision f眉r unzul盲ssig, da die Revisionsbegr眉ndung die verletzte Rechtsnorm nicht benannt habe (vgl. BFH-Beschlu脽 V R 83/67 vom 9. Mai 1968, BFH 91, 564, BStBl II 1968, 443), andernfalls unter Bezugnahme auf das angefochtene Urteil f眉r unbegr眉ndet.
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Aus den Gr眉nden:
Die Revision ist zul盲ssig, aber nicht begr眉ndet.
Der Senat schlie脽t sich den Bedenken des FA hinsichtlich der Zul盲ssigkeit der Revision nicht an. Da die Aufhebung des angefochtenen Urteils eindeutig beantragt wird, ist das Antragserfordernis des 搂 120 FGO erf眉llt. Da zugleich in der Revisionsschrift die Feststellung der Ordnungsm盲脽igkeit der Klageerhebung begehrt und damit auf den einzigen Streitpunkt im FG-Urteil eingegangen wird, ist daraus eine Bezugnahme auf 搂搂 120, 155 FGO zu entnehmen. Dem Erfordernis der Revisionsbegr眉ndung ist gen眉gt, wenn sich die sachliche Bezogenheit auch ohne Benennung einzelner Paragraphen des Gesetzes eindeutig aus Revisionsschrift und Revisionsbegr眉ndung ergibt, zumal es sich dabei mehr um Rechtsgrunds盲tze als um einzelne Vorschriften handelt. Der vom FA angef眉hrte BFH-Beschlu脽 V R 83/67 vom 9. Mai 1968 h盲lt eine nur allgemeine Verneinung der Steuerpflicht mit Recht als Revisionsbegr眉ndung nicht f眉r ausreichend, im vorliegenden Fall ist aber der spezielle Revisionsgrund aus den Schrifts盲tzen ersichtlich.
In der Sache kann die Revision jedoch keinen Erfolg haben. Das FG hat mit Recht die Klage als unzul盲ssig verworfen, da die Klageschrift nicht eigenh盲ndig und handschriftlich unterschrieben war. Nach 搂 64 Abs. 1 FGO ist - abgesehen vom hier nicht gegebenen Fall zur Niederschrift der Gesch盲ftsstelle - eine Klage bei dem Gericht schriftlich, also durch Einreichung der Klageschrift, zu erheben. Wie der erkennende Senat in dem Urteil III R 86/68 (a. a. O.) ausgef眉hrt hat, geh枚rt die Klageschrift zu den "bestimmenden Schrifts盲tzen", die nach einhelliger zivilprozessualer Praxis eigenh盲ndig unterschrieben sein m眉ssen. Das gilt nach 搂 155 FGO auch f眉r das finanzgerichtliche Verfahren. Die Unterschiede dieses Verfahrens gegen眉ber den Zivilprozessen 盲ndern hieran nichts.
In einem vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Fall 1 BvR 610/62 vom 19. Februar 1963 (BVerfGE 15, 288) wurde die fehlende handschriftliche Unterzeichnung der Verfassungsbeschwerde durch das handschriftlich unterschriebene Begleitschreiben zwar als derart erg盲nzt angesehen, da脽 sich aus beiden Schrifts盲tzen zusammen Verfasser und Inhalt des Rechtsmittels zweifelsfrei erg盲ben. Ein solcher oder 盲hnlicher Sonderfall liegt im Streitfall nicht vor.
Nach den Gr眉nden des BFH-Urteils III R 86/68 (a. a. O.), an denen der Senat festh盲lt, mu脽 sich aus der innerhalb der Klagefrist eingegangenen Klageschrift ergeben, da脽 der bestimmende Schriftsatz mit Wissen und Willen des Verfassers bei Gericht eingereicht wurde. Nachtr盲gliche Erkl盲rungen hierzu heilen die Unwirksamkeit der Klageerhebung wegen fehlender eigenh盲ndiger Unterschrift nicht. Im Streitfall lassen weder der Kopfbogen noch der B眉rostempel des Proze脽bevollm盲chtigten noch die Unterschrift eines Angestellten des Proze脽bevollm盲chtigten zweifelsfrei erkennen, da脽 die Klage mit Wissen und Willen des Proze脽bevollm盲chtigten dem FG eingereicht wurde. Eine Untervollmacht ist weder in der Klageschrift noch bis zum Ablauf der Klagefrist behauptet oder nachgewiesen worden. Die Auffassung der Kl盲gerin, es gen眉ge 眉berhaupt eine eigenh盲ndige Unterschrift (wohl gemeint im Gegensatz zum Faksimilestempel), nicht aber sei die des Proze脽bevollm盲chtigten (oder Kl盲gers) n枚tig, wird abgelehnt. Wenn die eigenh盲ndige Unterschrift zur Klarstellung der Klageerhebung notwendig ist, kann es sich logischerweise nur um die eigene Unterschrift des Proze脽bevollm盲chtigten oder des Kl盲gers, nicht um die eines Dritten handeln, da es sonst an der f眉r einen vor Gericht gef眉hrten Rechtsstreit notwendigen sicheren Grundlage fehlt. Hieran fehlt es im Streitfall, da der nachfolgende, vom Proze脽bevollm盲chtigten eigenh盲ndig unterschriebene Schriftsatz erst nach Ablauf der Klagefrist einging.
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach 搂 56 FGO wegen Vers盲umung der Klagefrist wurde nicht beantragt und vom FG zu Recht auch nicht von Amts wegen gew盲hrt. Dem Proze脽bevollm盲chtigten war aus den Urteilen des FG III 495-496/66 und des BFH III R 86/68 (a. a. O.) die streitige Rechtsfrage bekannt. Das Verschulden ihres Proze脽bevollm盲chtigten hat die Kl盲gerin nach st盲ndiger Rechtsprechung gegen sich gelten zu lassen.
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Fundstellen
亿兆体育-Index 69411 |
BStBl II 1971, 329 |
BFHE 1971, 349 |