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Normenkette
FGO 搂 62; VGFG-EntlG Art. 3 搂 1; ZPO 搂 80
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Verfahrensgang
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Tatbestand
Die Revisionskl盲gerinnen sind die Erben der w盲hrend des Revisionsverfahrens verstorbenen Steuerpflichtigen D (Steuerpflichtige).
Der Bevollm盲chtigte der Steuerpflichtigen reichte dem Finanzgericht (FG) innerhalb der nach Art. 3 搂 1 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit (VGFG-EntlG) gesetzten Frist von zwei Wochen (Verf眉gung zugestellt am 18. Februar 1981, Schriftsatz vom 27. Februar 1981, eingegangen bei dem FG am 3. M盲rz 1981) eine von der Steuerpflichtigen unterschriebene Vollmacht ein, in der der Raum f眉r die Angabe des Bevollm盲chtigten unausgef眉llt geblieben war.
Mit Verf眉gung vom 1. April 1981 wurde dem Proze脽bevollm盲chtigten der Mangel der Vollmacht mitgeteilt und ihm weiter anheimgegeben, einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu stellen. Mit Schriftsatz vom 23. September 1981 legten die Bevollm盲chtigten ein vollst盲ndig ausgef眉lltes und von der Steuerpflichtigen unterschriebenes Vollmachtsformular vor. Die Bevollm盲chtigten machten geltend, es beruhe auf einem Versehen, da脽 sie nicht auf dem mit dem Schriftsatz vom 27. Februar 1981 eingereichten Vollmachtsformular bezeichnet worden seien.
Das FG wies die Klage als unzul盲ssig ab und begr眉ndete dies wie folgt: Gem盲脽 搂 62 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) sei die Proze脽vollmacht schriftlich zu erteilen. Dies erfordere, da脽 dem Gericht eine vom Vollmachtgeber eigenh盲ndig unterschriebene Urkunde, die eine die Proze脽f眉hrung umfassende Erkl盲rung enthalte, vorgelegt werde (Thomas/Putzo, ZPO, Zivilproze脽ordnung mit Nebengesetzen, 10. Aufl., 搂 80 Anm. 2). Umfassend sei die Erkl盲rung 眉ber die Proze脽f眉hrung aber nur dann, wenn aus ihr eindeutig die mit der Vertretungsmacht betraute Person ersichtlich sei (Stein/Jonas/Pohle, Kommentar zur Zivilproze脽ordnung, 19. Aufl., Anm. I und II, V zu 搂 80; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., 搂 62 FGO Tz. 9).
Das von den Proze脽vertretern innerhalb der Ausschlu脽frist vorgelegte Vollmachtsformular habe diesen Anforderungen nicht entsprochen. Denn das von der Steuerpflichtigen unterschriebene Formular habe keine Erkl盲rung 眉ber die von ihr mit der Vertretungsmacht betrauten Personen enthalten.
Wiedereinsetzungsgr眉nde seien weder innerhalb der gesetzlichen Frist des 搂 56 Abs. 2 FGO vorgetragen worden noch seien solche Gr眉nde ersichtlich.
Mit der Revision wird geltend gemacht: Die am 3. M盲rz 1981 bei Gericht eingegangene Vollmacht sei wirksam. Die Unterschrift der Steuerpflichtigen sei deutlich lesbar. Der Proze脽bevollm盲chtigte habe diese Vollmacht, die mit seinem Schriftsatz vom 27. Februar 1981 verbunden gewesen sei, dem Gericht eingereicht. Bis zu diesem Zeitpunkt sei die Steuerpflichtige ausschlie脽lich durch den Bevollm盲chtigten vertreten gewesen. Ein vollst盲ndig ausgef眉lltes Vollmachtsformular sei sp盲ter nachgereicht worden. Es h盲tten somit keinerlei ernstliche Zweifel an der Bevollm盲chtigung des Proze脽bevollm盲chtigten bestehen k枚nnen. Jede andere Auslegung w盲re formelhaft und w眉rde den Sinn des Gesetzes und vor allen Dingen die garantierten Grundrechte verletzen. Das VGFG-EntlG habe die Rechtsstellung eines Steuerpflichtigen nicht in so einschneidender Weise, wie durch den Rechtsspruch des FG geschehen, beeintr盲chtigen wollen. Fr眉her habe man die Vollmacht noch in der Revisionsinstanz nachreichen k枚nnen. Ber眉cksichtigt werden m眉sse auch, da脽 die Proze脽bevollm盲chtigten durch Standesrichtlinien gebunden seien und deshalb nicht willk眉rlich dem Gericht eine Vollmacht einreichen w眉rden, ohne hierzu befugt zu sein.
Im vorliegenden Fall sei auch entgegen den sonstigen Gepflogenheiten eine au脽ergew枚hnlich kurze Ausschlu脽frist gesetzt und damit die Grunds盲tze des rechtlichen Geh枚rs verletzt worden.
Au脽erdem habe das Gericht die Pr眉fung unterlassen, ob in der nachtr盲glichen Einreichung der Vollmacht ein Wiedereinsetzungsantrag i. S. von 搂 56 FGO zu erblicken sei. Des weiteren habe es das Gericht vers盲umt - gerade angesichts eines so schwierigen Falles -, die Gr眉nde f眉r eine Nachsichtgew盲hrung von Amts wegen zu pr眉fen.
Die Revisionskl盲gerinnen machen au脽erdem geltend: Die Steuerbescheide seien nichtig, da sie nicht h盲tten 枚ffentlich zugestellt werden d眉rfen. Eine wirksame Zustellung liege nicht vor. Die Steuerbescheide seien materiell-rechtlich fehlerhaft.
Die Revisionskl盲gerinnen beantragen, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Zul盲ssigkeit der Klage festzustellen, und hilfsweise, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Sache zur Entscheidung in sachlicher und materieller Hinsicht an das FG zur眉ckzuverweisen.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) beantragt, die Revision als unbegr眉ndet zur眉ckzuweisen.
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Die Revision ist nicht begr眉ndet.
Die Vorentscheidung verletzt nicht Art. 3 搂 1 VGFG-EntlG. Nach dieser Vorschrift kann f眉r das Einreichen der Vollmacht (搂 62 Abs. 3 FGO) eine Frist mit ausschlie脽ender Wirkung gesetzt werden. Die Vorschrift soll verhindern, da脽 die Vollmacht versp盲tet eingereicht wird und dadurch zus盲tzlicher Aufwand f眉r das FG entsteht (Begr眉ndung des Regierungsentwurfs - BT-Drucks. 8/842, 13). Ein schutzw眉rdiges Interesse des Steuerb眉rgers wird durch die Fristsetzung nicht verletzt, denn er hat es durch rechtzeitiges Einreichen der Vollmacht in der Hand, die Ausschlu脽wirkung des Art. 3 搂 1 VGFG-EntlG zu vermeiden. Wird die Vollmacht innerhalb der gesetzten Frist nicht eingereicht, so ist die Klage unzul盲ssig und durch Proze脽urteil abzuweisen (vgl. zuletzt Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 21. Februar 1980 V R 71-73/79, BFHE 130, 240, BStBl II 1980, 457, mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Nach der st盲ndigen Rechtsprechung des BFH fehlt es insoweit an einer Proze脽voraussetzung (Beschlu脽 vom 11. Juli 1975 III R 124/74, BFHE 116, 110, BStBl II 1975, 714, und Urteil vom 11. Januar 1980 VI R 11/79, BFHE 129, 305, BStBl II 1980, 229).
Die Pflicht zum Nachweis der Proze脽vollmacht gilt f眉r alle Proze脽bevollm盲chtigten. Ausnahmen f眉r Proze脽vertreter, die Standesrichtlinien unterliegen, bestehen nicht.
Der nicht fristgerechten Vorlage der Vollmacht ist es gleichzuachten, wenn zwar dem Gericht innerhalb der Frist eine schriftliche Vollmacht eingereicht wurde, diese indessen den an eine ordnungsm盲脽ige Vollmacht zu stellenden Anforderungen nicht entspricht. Denn auch die mit wesentlichen M盲ngeln behaftete Vollmachtsurkunde hindert das Gericht, eine Sachentscheidung zu f盲llen, weil auch in diesem Fall Unklarheit besteht, ob die Vollmacht jemals ihre volle rechtliche Wirksamkeit entfalten kann.
Eine schriftliche Proze脽vollmacht ist ihrem Wesen entsprechend dann mit wesentlichen M盲ngeln behaftet, wenn sie nicht erkennen l盲脽t, wer bevollm盲chtigt ist, wer bevollm盲chtigt hat und wozu bevollm盲chtigt wurde. Denn es darf kein Zweifel dar眉ber bestehen oder bestehenbleiben, wer im Au脽enverh盲ltnis Proze脽handlungen wirksam vornehmen darf, f眉r wen diese vorgenommen werden und in welchem Umfang dies geschehen kann. Deshalb entfaltet eine Proze脽vollmacht bei fehlender Bezeichnung des Bevollm盲chtigten in der Vollmachtsurkunde - ebenso wie z. B. die fehlende Unterschrift - bis zur Beseitigung des Mangels keine Rechtswirkungen (vgl. Urteil des Reichsgerichts - RG - vom 14. Juni 1929 VII 561/28, RGZ 124, 383, 386, in dem ausgesprochen ist, da脽 die Person des Bevollm盲chtigten erkennbar sein mu脽, unter Hinweis auf das RG-Urteil vom 15. Januar 1929 VII 323/28, Recht 1929 Nr. 479; Tipke-Kruse, a. a. O., 搂 62 FGO Tz. 9). Dauert dieser Mangel auch bei Ablauf einer Frist, wie z. B. einer solchen nach Art. 3 搂 1 VGFG-EntlG, noch an, so kann der prozessuale Mangel nicht mehr geheilt werden (BFH-Urteil vom 11. Januar 1980 VI R 11/79, BFHE 129, 305, BStBl II 1980, 229). Auch in einem solchen Fall fehlt es an einer Proze脽voraussetzung, so da脽 die Klage als unzul盲ssigabzuweisen ist.
Der hier vorliegende Mangel der Vollmacht ist auch nicht unter Heranziehung des Schriftsatzes des Proze脽vertreters vom 27. Februar 1981, dem die Vollmacht angeheftet war, beseitigt worden. Das FG hat hierzu ausgef眉hrt, da脽 es sich bei diesem Schriftsatz lediglich um eine Erkl盲rung des Proze脽vertreters der Steuerpflichtigen handele, aus der auf eine Bevollm盲chtigung durch die Steuerpflichtige nicht geschlossen werden k枚nne. Diese Ansicht des FG ist nicht zu beanstanden. Die Auslegung der Vollmacht durch das FG als Tatsachengericht ist vom Revisionsgericht nur beschr盲nkt darauf nachpr眉fbar, ob sie Verst枚脽e gegen die Denkgesetze oder Erfahrungss盲tze enth盲lt oder ob sonstige gesetzliche Auslegungsregeln verletzt sind (vgl. Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts - BVerwG - vom 10. Juli 1975 VII B 42/75, Buchholz, Sammel- und Nachschlagewerk der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, 310 搂 106 VwGO Nr. 8). Die Vorentscheidung ist insoweit ebenfalls frei von Rechtsirrtum. Bei der Auslegung der Vollmacht handelt es sich um die Erforschung der einseitig empfangsbed眉rftigen Willenserkl盲rung der Steuerpflichtigen als Vollmachtgeberin, wen sie bevollm盲chtigen wollte. Bleibt dies aus der Urkunde heraus selbst offen, so kann diese Ungewi脽heit wiederum nur durch eine Erkl盲rung der Vollmachtgeberin selbst beseitigt werden. Die Erkl盲rungen Dritter k枚nnen die Zweifel nicht beheben, ob diese Erkl盲rungen mit jenen der Vollmachtgeberin 眉bereinstimmen. Dies wird schon daraus deutlich, da脽 jeder, der in den Besitz der Blankovollmacht gelangt, diese dem Gericht h盲tte einreichen k枚nnen. Der BFH-Beschlu脽 vom 5. November 1973 GrS 2/72 (BFHE 111, 278, BStBl II 1974, 242), auf den sich die Revisionskl盲gerinnen offenbar st眉tzen wollen, spricht eher gegen als f眉r ihre Auffassung. Denn bei der dort zu entscheidenden Rechtsfrage handelte es sich um zwei Schrifts盲tze, die von einer Person eingereicht worden waren, also um Erkl盲rungen, die nicht von verschiedenen Personen herr眉hrten.
Die unter Hinweis auf BFHE 130, 240, BStBl II 1980, 457 erhobene R眉ge der Verletzung des rechtlichen Geh枚rs ist nicht begr眉ndet. Es trifft zwar zu, da脽 in diesem Urteil eine Frist von zwei Wochen f眉r die Beibringung der Vollmacht unter Ber眉cksichtigung der Besonderheiten des Falles als zu kurz angesehen worden ist mit der Folge, da脽 hier die Verletzung des rechtlichen Geh枚rs angenommen wurde. In dem dort entschiedenen Fall war die zu kurze Frist zur Beibringung der Vollmacht urs盲chlich f眉r den Verlust der Klage, weil in der kurzen Zeit es dem Bevollm盲chtigten nicht m枚glich war, die Vollmacht beizubringen. Das trifft im hier zu entscheidenden Fall indessen nicht zu. Denn die Vollmacht wurde innerhalb der Frist vorgelegt, so da脽 die Fristsetzung von zwei Wochen ausreichend war.
Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in entsprechender Anwendung des 搂 56 FGO hat das FG zutreffend nicht ausgesprochen. Die Steuerpflichtige hat weder nach dem Hinweis des FG, da脽 die Vollmacht mangelhaft sei, noch nach dem Erla脽 des Vorbescheides einen dahingehenden Antrag gestellt. Bei dem Stand der Dinge waren f眉r das FG auch keine Gr眉nde f眉r eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ersichtlich. Im 眉brigen h盲tte der Proze脽vertreter der Steuerpflichtigen bei Vers盲umung der Frist nach 搂 56 Abs. 2 FGO wiederum auch in diesem Falle Wiedereinsetzung in den vorigen Stand begehren k枚nnen. Denn auch die Frist in 搂 56 Abs. 2 Satz 1 FGO ist eine gesetzliche Frist, f眉r die bei deren Vers盲umung wiederum 搂 56 FGO anwendbar ist.
Bei dieser Rechtslage hatte das FG nicht dar眉ber zu entscheiden, ob die Bescheide nichtig sind, ob sie 枚ffentlich zugestellt werden durften und ob die Bescheide materiell fehlerhaft sind.
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Fundstellen
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BStBl II 1984, 802 |
BFHE 1985, 463 |