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Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausgaben zur Tilgung einer B眉rgschaftsverpflichtung als Werbungskosten
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Leitsatz (amtlich)
Ausgaben zur Tilgung einer B眉rgschaftsverpflichtung durch den Arbeitnehmer einer Gesellschaft f眉hren auch dann zu Werbungskosten bei den Eink眉nften aus nichtselbst盲ndiger Arbeit, wenn eine Gesellschafterstellung vereinbart ist.
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Normenkette
EStG 搂听9 Abs. 1 S. 1, 搂搂听17, 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
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Verfahrensgang
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Tatbestand
Rz. 1
I. Der Kl盲ger und Revisionskl盲ger (Kl盲ger) war seit Juli 1996 als Leiter des Rechnungswesens bei der A-GmbH in H鈥 (GmbH) besch盲ftigt und erzielte aus dieser T盲tigkeit im Jahr 1999 Einnahmen in H枚he von 鈥 DM. Das monatliche Gehalt belief sich bis November 1999 auf je 鈥 DM. Anschlie脽end verdoppelte es sich.
Rz. 2
Die im Baubereich t盲tige GmbH verf眉gte zun盲chst 眉ber ein Stammkapital von 鈥 DM. Alleinige Gesellschafter-Gesch盲ftsf眉hrer waren B und C.
Rz. 3
Die GmbH befand sich im Jahr 1999 in wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Einen Kreditantrag auf Gew盲hrung eines Darlehens in H枚he von 鈥 DM lehnte die E-Bank des Landes X im Sommer 1999 ab.
Rz. 4
Die F-Bank, die Hausbank der GmbH, teilte der GmbH am 鈥 September 1999 mit, dass sie 眉ber einen Antrag auf Erh枚hung des Kontokorrentkredites erst nach Vorlage verschiedener, im Einzelnen bezeichneter Unterlagen entscheiden k枚nne. In jedem Falle sollte die GmbH die Aufnahme eines neuen Gesellschafters, z.B. in der Person des Kl盲gers, bei gleichzeitiger Erh枚hung des Stammkapitals pr眉fen. Im November 1999 erkl盲rte sich die F-Bank bereit, eine "weitere Verbesserung der Lage des Unternehmens positiv" zu begleiten. Geplant war der Beitritt eines neuen Gesellschafters, der an einer Kapitalerh枚hung auf 鈥 DM teilnehmen und anschlie脽end mit 25 % beteiligt sein sollte.
Rz. 5
Die GmbH beantragte daraufhin erneut einen Kredit bei der E-Bank sowie die Erh枚hung ihres Kontokorrentkredites bei ihrer Hausbank.
Rz. 6
Im Dezember 1999 beschied die E-Bank den Kreditantrag 眉ber eine Summe von 鈥 DM positiv, verlangte aber u.a. Sicherheiten in Gestalt von H枚chstbetragsb眉rgschaften der Gesellschafter B und C in H枚he von jeweils 鈥 DM sowie des Kl盲gers in H枚he von 鈥 DM. Der Kl盲ger 眉bernahm am 鈥 Dezember 1999 eine entsprechende H枚chstbetragsb眉rgschaft. Die beiden Gesellschafter der GmbH 眉bernahmen jeweils eine H枚chstbetragsb眉rgschaft von 鈥 DM. Die E-Bank zahlte daraufhin das Darlehen aus.
Rz. 7
Am 鈥 Dezember 1999 beschlossen die Gesellschafter B und C, notariell beurkundet, eine Erh枚hung des Stammkapitals der GmbH von 鈥 DM auf 鈥 DM. Auf jeden Gesellschafter sollten nach Durchf眉hrung der Kapitalerh枚hung jeweils 鈥 DM entfallen.
Rz. 8
Ebenfalls am 鈥 Dezember 1999 und ebenfalls notariell beurkundet wurde der Kl盲ger zum weiteren Gesch盲ftsf眉hrer der GmbH bestellt. Au脽erdem traten die Gesellschafter B und C einen Gesch盲ftsanteil in H枚he von jeweils 鈥 DM mit Wirkung zum 鈥 Januar 2000 an den Kl盲ger ab; der Kaufpreis sollte sich auf insgesamt 鈥 DM belaufen und zwei Wochen nach Mitteilung des Handelsregisters des Amtsgerichts Y 眉ber die Eintragung einer bereits am 鈥 Dezember 1998 beschlossenen Verschmelzung mit der Z-GmbH sowie der am 鈥 Dezember 1999 beschlossenen Stammkapitalerh枚hung f盲llig werden. F眉r den Fall, dass es nicht zur Eintragung dieser Beschl眉sse im Handelsregister k盲me, sollte der Kl盲ger zur R眉ck眉bertragung der von ihm erworbenen Gesch盲ftsanteile oder zur Weiter眉bertragung auf einen von den Gesellschaftern B und C benannten Dritten verpflichtet sein. Tats盲chlich kam es nicht zur Eintragung der genannten Beschl眉sse im zust盲ndigen Handelsregister.
Rz. 9
Im April 2000 stellte die GmbH einen Antrag auf Er枚ffnung eines Insolvenzverfahrens. Am 鈥 Mai 2000 k眉ndigte die E-Bank den Darlehensvertrag. Das Insolvenzverfahren 眉ber das Verm枚gen der GmbH wurde am 鈥 Mai 2000 er枚ffnet. Am 鈥 Juni 2000 endete das Arbeitsverh盲ltnis des Kl盲gers bei der GmbH.
Rz. 10
Mit Schreiben vom 鈥 Juni 2000 forderte die BG als Rechtsnachfolgerin der F-Bank den Kl盲ger zur Zahlung von 鈥 DM auf. Am 鈥 September 2000 nahm die E-Bank den Kl盲ger aus der von ihm 眉bernommenen B眉rgschaft in Anspruch. Am 鈥 Dezember 2002 schlossen die E-Bank und der Kl盲ger einen Vergleich, auf Grund dessen der Kl盲ger einen Gesamtbetrag in H枚he von 鈥 鈧 in monatlichen Raten von 鈥 鈧 an die Bank zu zahlen hatte; der Vergleich wurde durch ein notarielles abstraktes Schuldanerkenntnis des Kl盲gers abgesichert. Grund f眉r den Vergleich war der Umstand, dass der Kl盲ger nicht in der Lage war, den gesamten B眉rgschaftsbetrag von 鈥 DM zu zahlen.
Rz. 11
Der Kl盲ger zahlte im Jahr 2002 einen Betrag von 鈥 鈧 und im Streitjahr (2003) einen Betrag von 鈥 鈧.
Rz. 12
Der Kl盲ger machte in der Einkommensteuererkl盲rung f眉r das Streitjahr den Betrag von 鈥 鈧 als (nachtr盲gliche) Werbungskosten bei seinen Eink眉nften aus nichtselbst盲ndiger Arbeit geltend. Dies lehnte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) ab. Das Einspruchsverfahren blieb erfolglos.
Rz. 13
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 1423 genannten Gr眉nden ab.
Rz. 14
Mit der Revision r眉gt der Kl盲ger die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
Rz. 15
Der Kl盲ger beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und das FA dahingehend zur 脛nderung des Einkommensteuerbescheids 2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung zu verpflichten, im Streitjahr antragsgem盲脽 die Aufwendungen des Kl盲gers aus seiner B眉rgschaftsverpflichtung in H枚he von 鈥 鈧 als Werbungskosten i.S. von 搂 9 Abs. 1 Satz 1, 搂 19, 搂 24 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) oder ersatzweise als (nachtr盲gliche) Anschaffungskosten im Rahmen des 搂 17 Abs. 2, 搂 24 Nr. 2 EStG anzusetzen, hilfsweise ggf. anteilig auf mehrere Steuergegenstandsteile (Einkunftsarten) im Wege der Sch盲tzung aufzuteilen.
Rz. 16
Das FA beantragt, die Revision zur眉ckzuweisen.
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Rz. 17
II. Die Revision des Kl盲gers ist begr眉ndet. Sie f眉hrt zur Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils und zur Stattgabe der Klage. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden (搂 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung).
Rz. 18
Die vom Kl盲ger geltend gemachten Aufwendungen sind als Werbungskosten bei seinen Eink眉nften aus nichtselbst盲ndiger Arbeit zu ber眉cksichtigen (搂 9 Abs. 1 Satz 2, 搂 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG).
Rz. 19
1. Werbungskosten sind nach 搂 9 Abs. 1 Satz 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Nach st盲ndiger Rechtsprechung liegen Werbungskosten vor, wenn die Aufwendungen durch den Beruf bzw. durch die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst sind. Das ist der Fall, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf besteht und die Aufwendungen subjektiv zur F枚rderung des Berufs get盲tigt werden (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 7. Februar 2008 VI R 75/06, BFHE 220, 407, BStBl II 2010, 48).
Rz. 20
a) Diese Grunds盲tze gelten auch f眉r nachtr盲gliche Werbungskosten, die entstehen k枚nnen, wenn der Arbeitnehmer nach Beendigung des Dienstverh盲ltnisses Aufwendungen im Zusammenhang mit demselben erbringen muss. In einem solchen Fall muss bereits zu dem Zeitpunkt, in dem der Grund f眉r die Aufwendungen gelegt wird, der dargestellte berufliche Zusammenhang bestehen. Danach k枚nnen grunds盲tzlich auch Ausgaben zur Tilgung einer B眉rgschaftsverpflichtung Werbungskosten sein. Werden sie als nachtr盲gliche Werbungskosten geltend gemacht, muss demgem盲脽 bereits die 脺bernahme der B眉rgschaftsverpflichtung beruflich veranlasst gewesen sein (BFH-Urteile vom 20. Dezember 1988 VI R 55/84, BFH/NV 1990, 23; vom 2. M盲rz 2005 VI R 36/01, BFH/NV 2006, 33).
Rz. 21
b) Ist der Steuerpflichtige nicht nur Arbeitnehmer einer Gesellschaft, sondern auch deren Gesellschafter, kann die 脺bernahme einer B眉rgschaft auch durch seine Gesellschafterstellung veranlasst sein. Stehen Aufwendungen mit mehreren Einkunftsarten in einem objektiven Zusammenhang, sind sie bei der Einkunftsart zu ber眉cksichtigen, zu der sie nach Art und Weise die engere Beziehung haben (BFH-Urteile vom 25. November 2010 VI R 34/08, BFHE 232, 86, BFH/NV 2011, 680; vom 26. November 1993 VI R 3/92, BFHE 173, 69, BStBl II 1994, 242; vom 17. Juli 1992 VI R 125/88, BFHE 169, 148, BStBl II 1993, 111). Ma脽gebend sind insoweit die Gesamtumst盲nde des jeweiligen Einzelfalls (BFH-Beschluss vom 10. Februar 2005 IX B 169/03, BFH/NV 2005, 1057).
Rz. 22
Allerdings geht die Rechtsprechung davon aus, dass die 脺bernahme einer B眉rgschaft oder anderer Sicherheiten durch einen Gesellschafter-Gesch盲ftsf眉hrer mit nicht nur unwesentlicher Beteiligung am Stammkapital der Gesellschaft regelm盲脽ig weniger durch die berufliche T盲tigkeit, sondern eher durch die Gesellschafterstellung veranlasst ist (BFH-Urteile in BFH/NV 1990, 23; in BFH/NV 2006, 33; in BFHE 173, 69, BStBl II 1994, 242; in BFHE 169, 148, BStBl II 1993, 111; vom 5. Oktober 2004 VIII R 64/02, BFH/NV 2005, 54; Schmidt/Drenseck, EStG, 30. Aufl., 搂 19 Rz 60 Stichwort B眉rgschaft; von Bornhaupt, in: Kirchhof/S枚hn/Mellinghoff, EStG, 搂 9 Rz B 701 ff.; Schneider, in: Kirchhof/S枚hn/Mellinghoff, EStG, 搂 17 Rz C 33). Dabei ist jedoch stets Voraussetzung, dass ein steuermindernder Abzug der Aufwendungen aus einer Anwendung des 搂 17 EStG m枚glich ist.
Rz. 23
2. Nach diesen Rechtsgrunds盲tzen erf眉llen die vom Kl盲ger geltend gemachten Kosten zur Tilgung der Verpflichtung aus der B眉rgschafts眉bernahme bzw. des am 鈥 Dezember 2002 geschlossenen Vergleichs die Voraussetzungen des 搂 9 Abs. 1 Satz 1 EStG. Die 脺bernahme der B眉rgschaft stand im Zusammenhang mit dem Beruf und der Arbeitnehmerstellung des Kl盲gers. Dies wird auch vom FG nicht in Zweifel gezogen. Der vom FG angenommene weitere Veranlassungszusammenhang mit der geplanten Gesellschafterstellung des Kl盲gers verdr盲ngt diesen beruflichen Zusammenhang hier nicht, weil der Kl盲ger nicht Gesellschafter der GmbH geworden ist. Eine steuermindernde Ber眉cksichtigung der geltend gemachten Kosten als Aufl枚sungsverluste gem盲脽 搂 17 Abs. 4 EStG scheidet deshalb aus den vom FG genannten Gr眉nden aus. Der steuermindernde Abzug der im steuerbaren Bereich angefallenen Aufwendungen ist aber nach Auffassung des Senats zwingend erforderlich. Ihre Beurteilung als einkommensteuerrechtlich irrelevante Ausgaben auf das Verm枚gen widerspricht dem das Einkommensteuergesetz pr盲genden objektiven Nettoprinzip.
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Fundstellen
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BFH/NV 2012, 506 |
BFH/PR 2012, 108 |
BStBl II 2012, 343 |
BFHE 2012, 61 |
BFHE 236, 61 |
BB 2012, 221 |
DB 2012, 148 |
DStR 2012, 125 |
DStRE 2012, 195 |
DStZ 2012, 97 |
HFR 2012, 283 |