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Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
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Leitsatz (amtlich)
Wenn bei der Besteuerung die Beurteilung von h盲uslichen Verh盲ltnissen wesentlich ist, kommt der allgemeinen Lebenserfahrung f眉r die W眉rdigung der Umst盲nde des Einzelfalles eine besondere Bedeutung zu.
Zur steuerlichen Beurteilung der Aufwendungen eines Lehrers f眉r sein h盲usliches Arbeitszimmer.
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Normenkette
EStG 搂 9
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Tatbestand
Streitig ist die Anerkennung der Aufwendungen f眉r ein h盲usliches Arbeitszimmer als Werbungskosten. Das Finanzamt hat bei dem Beschwerdef眉hrer (Bf.), der Volksschullehrer ist, bei der Einkommensteuerveranlagung f眉r 1953 die mit 366 DM angegebenen Aufwendungen nicht als Werbungskosten ber眉cksichtigt. Die Sprungberufung des Bf. hatte keinen Erfolg.
Das Finanzgericht f眉hrte aus: Die Kosten f眉r ein h盲usliches Arbeitszimmer seien bei Arbeitnehmern, denen der Arbeitgeber keinen eigenen Arbeitsraum zur Verf眉gung stelle, nur dann Werbungskosten, wenn das Arbeitszimmer notwendig sei und jede irgendwie geartete Benutzung des Zimmers f眉r Wohnzwecke so gut wie ausgeschlossen sei. Auf Grund einer Ortsbesichtigung und des Gesamteindrucks der m眉ndlichen Verhandlung sei ein h盲usliches Arbeitszimmer des Bf. im Hinblick auf den 眉brigen ihm zur Verf眉gung stehenden Wohnraum nicht als notwendig anzusehen. Der Bf. habe im Fr眉hjahr 1946 bei der baulichen Umgestaltung seiner Wohnung den streitigen Raum in diese einbezogen. Es handle sich um eine Kammer von 5,5 qm, die fr眉her nur von der Treppe und nicht von der Wohnung aus zug盲nglich gewesen sei. Die Wohnung des Bf. bestehe nunmehr aus einer K眉che, einem Wohnzimmer, einem Schlafzimmer, einer Kinderschlafkammer und dem als Arbeitszimmer bezeichneten Raum. In dem Arbeitszimmer bef盲nden sich ein Schreibtisch, ein Schreibmaschinentisch mit Schreibmaschine, ein B眉cherschrank, ein eiserner Zimmerofen und zwei St眉hle. Wenn auch Umfang und Bedeutung der beruflichen Korrektur- und Vorbereitungsarbeiten des Bf. nicht verkannt werden d眉rften, so handle es sich dabei doch um T盲tigkeiten, die der Bf. auch in seiner 眉brigen Wohnung verrichten k枚nne. Es sei auch ohne das Arbeitszimmer m枚glich, da脽 sich der Bf. von seinen beiden Kindern im Alter von 3 1/4 und 9 1/4 Jahren zur Durchf眉hrung seiner Arbeiten isoliere. Bei dem Bf. spr盲chen gewichtige Gr眉nde f眉r das untrennbare Ineinanderflie脽en privater und beruflicher Zwecke. Allein die Tatsache, da脽 das Zimmer t盲glich nur drei bis vier Stunden und in den gro脽en Ferien gar nicht oder nur sehr wenig beruflich benutzt werde, rechtfertige die Annahme, da脽 der Raum auch f眉r private Zwecke verwendet werde, ohne da脽 eine Trennung zwischen beruflicher und privater Nutzung durchf眉hrbar sei. Im 眉brigen entspreche es einer alten 眉bung und der Lebenserfahrung, da脽 die im Lehrberuf T盲tigen grunds盲tzlich zu Hause arbeiteten. Sie h盲tten entsprechend ihrem Lebensstandard einen Platz in der Wohnung, an dem sie privat zu lesen und zu schreiben pflegten. F眉r die h盲uslichen Berufsarbeiten, die an dem gleichen Platz erledigt w眉rden, werde daher kein zus盲tzlicher Raum ben枚tigt. Auch im Hinblick auf diese typische Betrachtungsweise k枚nnten die Aufwendungen f眉r die vom Bf. als Arbeitsraum bezeichnete Kammer nicht als Werbungskosten anerkannt werden.
Der Bf. h盲lt mit der Rechtsbeschwerde (Rb.) seinen Antrag auf Anerkennung der Kosten f眉r sein h盲usliches Arbeitszimmer als Werbungskosten aufrecht. Da er infolge der Schulraumnot die au脽erhalb des Unterrichts anfallenden Arbeiten nicht in der Schule erledigen k枚nne, m眉sse er zu Hause arbeiten. Dazu ben枚tige er bei der Gr枚脽e seiner Familie einen eigenen Raum, um sich diesen Arbeiten mit der erforderlichen Ruhe und Konzentration widmen zu k枚nnen. Ein Arbeiten in der K眉che sei bei deren Gr枚脽e von 9,37 qm nicht m枚glich und auch nicht zumutbar. Das Wohnzimmer komme ebenfalls nicht als ruhiger Arbeitsplatz in Betracht; denn in diesem Zimmer m眉脽ten sich insbesondere seine beiden Kinder aufhalten. Entgegen der Ansicht des Finanzgerichts sei demnach das Arbeitszimmer f眉r seine h盲uslichen Arbeiten notwendig. Das Finanzgericht habe zur Begr眉ndung seiner gegenteiligen Auffassung eine typisierende Betrachtung angewendet. Dies sei nicht ang盲ngig, nachdem das Finanzgericht von den vom Bundesfinanzhof entwickelten Grunds盲tzen 眉ber die Anerkennung eines h盲uslichen Arbeitszimmer ausgegangen sei. Der Bundesfinanzhof habe im 眉brigen eine von den sogenannten typischen Verh盲ltnissen abweichende Beurteilung zugelassen, da eine ausnahmslose Durchf眉hrung der Typisierung bei einer Berufsgruppe den Grundsatz der geichm盲脽igen Behandlung aller Steuerpflichtigen durchbreche. Der jeweilige Sachverhalt sei grunds盲tzlich auch bei der Besteuerung zugrunde zu legen, was zur Anerkennung seines h盲uslichen Arbeitszimmers f眉hren m眉sse. Das Finanzgericht irre auch, wenn es den Abzug der Aufwendungen f眉r dieses Zimmer wegen einer teilweisen privaten Benutzung ablehne. Eine solche sei bei der geringen Gr枚脽e des Raumes so gut wie ausgeschlossen. Da die Kammer bei einer Gr枚脽e von 5,33 qm nur eine freie Fl盲che von 1 bis 1,5 qm habe, komme es nicht einmal als Auslauf f眉r die Kinder in Betracht. Im 眉brigen sei bei keinem h盲uslichen Arbeitszimmer eine geringf眉gige private Benutzung, wie z. B. zum Schreiben privater Briefe, g盲nzlich ausgeschlossen. Einer so geringf眉gigen privaten Benutzung k枚nne steuerlich aber keine Bedeutung beigemessen werden.
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Die wegen grunds盲tzlicher Bedeutung zugelassene Rb. ist im Streitpunkt nicht begr眉ndet.
Der Reichsfinanzhof hat in st盲ndiger Rechtsprechung die Kosten eines h盲uslichen Arbeitszimmers nicht zu den Werbungskosten gerechnet, und zwar selbst dann nicht, wenn der Arbeitnehmer bei seinem Arbeitgeber kein Arbeitszimmer hatte. Die ver枚ffentlichten Entscheidungen des Reichsfinanzhofs betrafen Richter (VI A 924/34 vom 28. November 1934, Reichssteuerblatt - RStBl - 1935 S. 125, Slg. Bd. 37 S. 100; VI A 511/36 vom 28. Oktober 1936, RStBl 1937 S. 425) und Hochschullehrer (IV A 74/36 vom 2. Juni 1937, RStBl 1937 S. 965, Slg. Bd. 41 S. 273; IV 284/37 vom 19. Mai 1938, RStBl 1938 S. 819). Nur in dem besonders gelagerten Fall IV 212/38 vom 14. Juli 1938 (RStBl 1938 S. 820, Slg. Bd. 44 S. 215), in dem ein Hochschullehrer zur Durchf眉hrung seiner Forschungsarbeiten eine Sekret盲rin besch盲ftigte und ihr in seinem Haushalt ein Schlafzimmer und ein Arbeitszimmer zur Verf眉gung gestellt hatte, wurden die Aufwendungen f眉r das Arbeitszimmer als Werbungskosten anerkannt. Der Bundesfinanzhof hat sich den vom Reichsfinanzhof entwickelten Grunds盲tzen angeschlossen, wenn er auch in den Urteilen IV 91/50 U vom 24. November 1950 (Bundessteuerblatt - BStBl - 1951 III S. 23, Slg. Bd. 55 S. 59) und IV 92/50 U vom 1. Dezember 1950 (BStBl 1951 III S. 42, Slg. Bd. 55 S. 108), welche die Arbeitszimmer eines Richters und eines Hochschullehrers zum Gegenstand hatten, die M枚glichkeit der Anerkennung von Aufwendungen f眉r ein h盲usliches Arbeitszimmer als Werbungskosten bejahte. Bei diesen beiden Entscheidungen, die Zur眉ckverweisungen an die Vorinstanzen aussprachen, darf aber nicht 眉bersehen werden, da脽 sie f眉r das zweite Kalenderhalbjahr 1948 ergangen sind, und die damals bestehenden besonders schlechten Wohnungsverh盲ltnisse die Entscheidungen offenbar weitgehend beeinflu脽t haben. Aus diesen F盲llen kann daher nicht der Schlu脽 gezogen werden, der Bundesfinanzhof habe die fr眉her vom Reichsfinanzhof vertretenen Grunds盲tze aufgegeben. Ob der Bundesfinanzhof die beiden F盲lle f眉r die sp盲teren Jahre in gleicher Weise entschieden haben w眉rde, ist zweifelhaft. Wenn die Wohnraumknappheit auch l盲ngst noch nicht behoben ist, so mu脽 doch, mehr als es in diesen beiden Urteilen geschehen ist, betont werden, da脽 die Aufwendungen f眉r die Wohnung typische Kosten der Lebenshaltung sind, die nach der Systematik des Einkommensteuerrechts nicht einkommensmindernd ber眉cksichtigt werden d眉rfen. Das gilt nicht nur f眉r Arbeitnehmer, sondern in gleicher Weise auch f眉r selbst盲ndig T盲tige und f眉r Gewerbetreibende, bei denen hinsichtlich der Aufwendungen f眉r h盲usliche Arbeitszimmer eine unterschiedliche Behandlung nicht gerechtfertigt ist. Nach der den Entscheidungen des Bundesfinanzhofs zugrunde liegenden Auffassung k枚nnen die Kosten f眉r ein h盲usliches Arbeitszimmer dann nicht als Werbungskosten angesehen werden, wenn eine Benutzung f眉r private Zwecke m枚glich ist (z. B. Urteil des Bundesfinanzhofs IV 309/55 U vom 8. November 1956, BStBl 1957 III S. 56, Slg. Bd. 64 S. 147). Hieran wird festgehalten.
Das Finanzgericht hat im vorliegenden Fall festgestellt, da脽 die Benutzung des Arbeitszimmers des Bf. f眉r private Zwecke trotz der geringen Ausma脽e dieses Raumes nicht ausgeschlossen ist. Der Senat ist an diese auf dem Gebiet der Tatsachenw眉rdigung liegende Feststellung, die auf Grund einer 枚rtlichen Besichtigung getroffen wurde, gem盲脽 搂 288 Abs. 1 der Reichsabgabenordnung (AO) gebunden, da kein Versto脽 gegen den klaren Inhalt der Akten oder gegen das geltende Recht erkennbar ist. Die Ausf眉hrungen des Bf. in seiner Rb. und in der m眉ndlichen Verhandlung sowie die von ihm vorgelegten Gutachten wenden sich im wesentlichen gegen diese tats盲chliche Feststellung des Finanzgerichts. Sie sind jedoch nicht geeignet, die W眉rdigung des Finanzgerichts zu ersch眉ttern. Es kann nicht Aufgabe der Finanzbeh枚rden und der Finanzgerichte sein, die h盲uslichen Verh盲ltnisse eines Steuerpflichtigen in allen Einzelheiten zu erforschen; denn ein zu weitgehendes Eindringen in den pers枚nlichen Lebensbereich des Steuerpflichtigen und seiner Familie w眉rde den modernen Anschauungen 眉ber das Verh盲ltnis zwischen dem Staat und seinen B眉rgern widersprechen. Daraus folgt aber umgekehrt, da脽 bei der Beurteilung der f眉r die Besteuerung wesentlichen h盲uslichen Umst盲nde nicht au脽er Betracht gelassen werden kann, wie sie sich im allgemeinen in 盲hnlichen Verh盲ltnissen darstellen. Die allgemeine Lebenserfahrung spielt hier eine besondere Rolle. Es bedeutet daher keinen Rechtsversto脽, wenn das Finanzgericht im Rahmen der freien Beweisw眉rdigung die M枚glichkeit einer privaten Benutzung des Arbeitszimmers des Bf. gepr眉ft hat und dabei zu dem Ergebnis gekommen ist, da脽 die Verwendung des Raumes f眉r Wohnzwecke nicht ausgeschlossen ist. Es ist dem Finanzgericht beizupflichten, da脽 es nach der Erfahrung des Lebens unwahrscheinlich ist, da脽 der Bf. den mit der Wohnung verbundenen streitigen Raum nicht mindestens auch z. B. zur Erledigung seines privaten Schriftwechsels, der bei der Verwaltung seines Mietwohnhauses anfallenden schriftlichen Arbeiten und bei Gelegenheit auch f眉r famili盲re Zwecke benutzt. Die gegenteilige Behauptung des Bf. steht jedenfalls angesichts der geringen Gr枚脽e seiner Wohnung mit der allgemeinen Lebenserfahrung so sehr in Widerspruch, da脽 sie bei der den Finanzgerichten obliegenden W眉rdigung der Verh盲ltnisse unbeachtet bleiben konnte. Die Vorentscheidung ist demnach im Streitpunkt rechtlich nicht zu beanstanden.
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Fundstellen
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BStBl III 1959, 47 |
BFHE 1959, 122 |
BFHE 68, 122 |