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Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwendung des 90 %-Einstiegstests bei Handelsunternehmen
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Leitsatz (amtlich)
搂 13b Abs. 2 Satz 2 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) ist dahingehend auszulegen, dass bei Handelsunternehmen, deren beg眉nstigungsf盲higes Verm枚gen aus Finanzmitteln im Sinne des 搂 13b Abs. 4 Nr. 5 ErbStG besteht und nach seinem Hauptzweck einer T盲tigkeit im Sinne des 搂 15 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes dient, f眉r den dort verankerten sogenannten 90 %-Einstiegstest die betrieblich veranlassten Schulden von den Finanzmitteln in Abzug zu bringen sind.
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Normenkette
ErbStG 搂听13a Abs.听1-2, 搂听13b Abs.听2 S. 2, Abs.听4 Nr. 5 S盲tze听1, 4; EStG 搂 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
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Verfahrensgang
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Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts M眉nster vom 24.11.2021 - 3 K 2174/19 Erb aufgehoben.
Der Schenkungsteuerbescheid vom 20.04.2023 wird dahingehend ge盲ndert, dass die Schenkungsteuer auf 0 鈧 festgesetzt wird.
Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
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Tatbestand
I.
Rz. 1
Die Kl盲gerin und Revisionsbeklagte (Kl盲gerin) erwarb von ihrem Vater durch notariell beurkundeten Vertrag vom 07.03.2017 schenkweise alle Anteile an der GmbH, einem pharmazeutischen Handelsunternehmen mit T盲tigkeit in Vertrieb und Forschung.
Rz. 2
Das zust盲ndige Finanzamt stellte mit Bescheid vom 19.04.2018 gem盲脽 搂听151 Abs.听1 Satz听1 Nr.听3 des Bewertungsgesetzes (BewG) den Wert des Anteils der GmbH mit 555.975听鈧 und gem盲脽 搂听13b Abs.听10 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) die Summen der gemeinen Werte der Finanzmittel mit 2.517.649听鈧, der jungen Finanzmittel mit 60.000听鈧, des Verwaltungsverm枚gens nach 搂听13b Abs.听4 Nr.听1 bis 4 ErbStG und des jungen Verwaltungsverm枚gens jeweils mit 0听鈧 sowie der Schulden mit 3.138.504听鈧 f眉r Zwecke der Schenkungsteuer auf den Bewertungsstichtag 07.03.2017 gesondert und einheitlich fest. Weitere Feststellungen traf es zu der Anzahl der Besch盲ftigten mit 21听Personen und der Ausgangslohnsumme mit 984.330听鈧. Nachrichtlich wurde vermerkt, dass der Hauptzweck des Unternehmens eine T盲tigkeit im Sinne des 搂听13 Abs.听1, des 搂听15 Abs.听1 Satz听1 Nr.听1 oder des 搂听18 Abs.听1 Nr.听1 und 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sei.
Rz. 3
Mit Bescheid vom 25.10.2018 setzte der Beklagte und Revisionskl盲ger (Finanzamt --FA--) Schenkungsteuer in H枚he von 51.675听鈧 fest. Dabei ging das FA von einem Wert des Erwerbs in H枚he von 544.598听鈧 (Wert des festgestellten Anteils in H枚he von 555.975听鈧 abz眉glich Kosten und Geb眉hren von insgesamt 11.377听鈧) zuz眉glich einer Vorschenkung in H枚he von 200.000听鈧 aus und brachte einen Freibetrag in H枚he von 400.000听鈧 in Abzug. In den Erl盲uterungen zum Bescheid wurde angef眉hrt, dass nach 搂听13b Abs.听2 Satz听2 ErbStG (sogenannter 90听%-Einstiegstest) eine Beg眉nstigung nach 搂听13a ErbStG nicht gew盲hrt werden k枚nne.
Rz. 4
Mit ihrem dagegen eingelegten Einspruch beantragte die Kl盲gerin die Gew盲hrung der Regelverschonung f眉r Betriebsverm枚gen. Den Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 09.07.2019 als unbegr眉ndet zur眉ck.
Rz. 5
Die Klage vor dem Finanzgericht (FG) hatte Erfolg. Der schenkweise Erwerb der GmbH-Anteile bleibe als beg眉nstigtes Verm枚gen nach 搂听13a Abs.听1 ErbStG zu 85听% steuerfrei und nach 搂听13a Abs.听2 ErbStG au脽er Ansatz. Der 90听%-Einstiegstest nach 搂听13b Abs.听2 Satz听2 ErbStG stehe der Beg眉nstigung des 眉bertragenen Verm枚gens nicht entgegen. 搂听13b Abs.听2 Satz听2 ErbStG sei nach seinem Normzweck im Wege der teleologischen Reduktion dahingehend einschr盲nkend auszulegen, dass der 90听%-Einstiegstest in den F盲llen des 搂听13b Abs.听1 Nr.听3 ErbStG dann nicht zur Anwendung komme, wenn die betreffende Kapitalgesellschaft --wie im Streitfall-- ihrem Hauptzweck nach einer T盲tigkeit im Sinne des 搂听13 Abs.听1, des 搂听15 Abs.听1 Satz听1 Nr.听1 oder des 搂听18 Abs.听1 Nr.听1 und 2 EStG diene. Das Urteil ist ver枚ffentlicht in Entscheidungen der Finanzgerichte 2022, 343.
Rz. 6
W盲hrend des Revisionsverfahrens erlie脽 das zust盲ndige Finanzamt als Ergebnis einer Verst盲ndigung in der Au脽enpr眉fung am 13.01.2023 einen ge盲nderten Feststellungsbescheid. Darin wurden der Wert des Anteils an der GmbH nunmehr mit 1.250.000听鈧, die Summen der gemeinen Werte der Finanzmittel mit 2.517.649听鈧, der jungen Finanzmittel mit 60.000听鈧, des Verwaltungsverm枚gens nach 搂听13b Abs.听4 Nr.听1 bis 4 ErbStG und des jungen Verwaltungsverm枚gens mit 0听鈧, der gemeinen Werte der Schulden mit 3.138.504听鈧, sowie die Anzahl der Besch盲ftigten mit 21听Personen und die Ausgangslohnsumme mit 984.330听鈧 festgestellt. Als nachrichtliche Angabe enthielt der Bescheid wiederum den Vermerk, dass der Hauptzweck des Unternehmens eine T盲tigkeit im Sinne des 搂听13 Abs.听1, des 搂听15 Abs.听1 Satz听1 Nr.听1 oder des 搂听18 Abs.听1 Nr.听1 und 2 EStG sei.
Rz. 7
W盲hrend des Revisionsverfahrens erging am 20.04.2023 in Umsetzung des Feststellungsbescheids vom 13.01.2023 ein ge盲nderter Schenkungsteuerbescheid. Das FA setzte nunmehr Schenkungsteuer in H枚he von 197.334听鈧 fest, wobei es von einem Wert des Erwerbs in H枚he von 1.238.623听鈧 (festgestellter Wert des Anteils in H枚he von 1.250.000听鈧 abz眉glich Kosten und Geb眉hren von insgesamt 11.377听鈧) zuz眉glich einer Vorschenkung in H枚he von 200.000听鈧 ausging und einen Freibetrag in H枚he von 400.000听鈧 in Abzug brachte.
Rz. 8
Mit seiner Revision macht das FA eine Verletzung von 搂听13b Abs.听1 und Abs.听2 Satz听2 ErbStG geltend. Die Auslegung der Vorschriften durch das FG f眉hre zu einer durch den Gesetzgeber nicht gewollten Beg眉nstigung. Sie h盲tte zur Folge, dass auch Gesellschaften mit geringf眉giger gewerblicher T盲tigkeit die Beg眉nstigung nach 搂听13a ErbStG erhielten. Die Nichtanwendung des 90听%-Einstiegstests, wenn die Gesellschaft auch eine origin盲r gewerbliche T盲tigkeit aus眉be, versto脽e gegen den Wortlaut des 搂听13b Abs.听2 Satz听2 ErbStG. Eine teleologische Reduktion des Anwendungsbereichs der Vorschrift, veranlasst durch den allgemeinen Gleichheitssatz des Art.听3 Abs.听1 des Grundgesetzes (GG), komme nicht in Betracht, da der Regelung eine rechtspolitische Entscheidung des Gesetzgebers zugrunde liege. Dieser habe mit der Neufassung der 搂搂听13a, 13b ErbStG durch das Gesetz zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vom 04.11.2016 (BGBl I 2016, 2464) bewusst keine Hauptzweckbetrachtung eingef眉hrt, sondern sich f眉r eine Beibehaltung des Verwaltungsverm枚genskatalogs mit all seinen Folgen entschieden. Der Gesetzgeber habe in 搂听13b Abs.听2 Satz听2 ErbStG den Umfang des Verwaltungsverm枚gens klar definiert und damit auch festgelegt, von welchen Werten f眉r die Anwendung des 90听%-Einstiegstests auszugehen sei. Dies folge auch aus einem Umkehrschluss zu 搂听13b Abs.听3 ErbStG. Diese Regelung nehme Altersversorgungsverpflichtungen und zu deren Erf眉llung angeschaffte Verm枚gensgegenst盲nde aus dem Verwaltungsverm枚genskatalog aus. Folglich entspreche es der gesetzgeberischen Intention, keine weiteren Verm枚genspositionen von der Regelung des 搂听13b Abs.听2 Satz听2 ErbStG auszuklammern.
Rz. 9
Der Gesetzgeber habe mit 搂听13b Abs.听2 Satz听2 ErbStG eine besondere Missbrauchsvermeidungsvorschrift geschaffen. Eine steuerliche Beg眉nstigung solle vollst盲ndig ausgeschlossen sein, wenn das Verm枚gen eines Betriebs oder einer Gesellschaft zu 90听% aus Verwaltungsverm枚gen bestehe. Unerheblich sei, ob tats盲chlich ein Missbrauch vorliege. Eine missbr盲uchliche Gestaltung sei nicht als Tatbestandsmerkmal in die Ausgestaltung des 搂听13b Abs.听2 Satz听2 ErbStG aufgenommen worden.
Rz. 10
Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Rz. 11
Die Kl盲gerin beantragt, die Revision als unbegr眉ndet zur眉ckzuweisen.
Rz. 12
Das Bundesministerium der Finanzen ist mit Schriftsatz vom 14.04.2022 dem Verfahren nach 搂听122 Abs.听2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) beigetreten. Es stellt keinen Antrag.
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II.
Rz. 13
Die Revision f眉hrt aus verfahrensrechtlichen Gr眉nden zur Aufhebung der Vorentscheidung, weil sich w盲hrend des Revisionsverfahrens der Verfahrensgegenstand, 眉ber dessen Rechtm盲脽igkeit das FG zu entscheiden hatte, ge盲ndert hat (搂听127 FGO). An die Stelle des Schenkungsteuerbescheids vom 25.10.2018, der Gegenstand der Vorentscheidung war, ist w盲hrend des Revisionsverfahrens der Schenkungsteuerbescheid vom 20.04.2023 getreten und nach 搂听121 Satz听1 i.V.m. 搂听68 Satz听1 FGO Gegenstand des Revisionsverfahrens geworden. Das angefochtene Urteil ist daher gegenstandslos und aufzuheben. Einer Zur眉ckverweisung der Sache an das FG nach 搂听127 FGO bedarf es jedoch nicht, da sich aufgrund des 脛nderungsbescheids an den zwischen den Beteiligten streitigen Punkten nichts ge盲ndert hat. Die vom FG getroffenen tats盲chlichen Feststellungen bilden nach wie vor die Grundlage f眉r die Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH); sie fallen durch die Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils nicht weg, da das finanzgerichtliche Urteil nicht an einem Verfahrensmangel leidet (vgl. BFH-Urteil vom 14.11.2018听- II听R听63/15, BFHE 266, 133, BStBl II 2021, 184, Rz听10).
III.
Rz. 14
Im Revisionsverfahren hat die Klage erneut Erfolg. Der Bescheid vom 20.04.2023 ist rechtswidrig und verletzt die Kl盲gerin in ihren Rechten (搂听100 Abs.听1 Satz听1 FGO). Er wird antragsgem盲脽 dahingehend ge盲ndert, dass die Schenkungsteuer auf 0听鈧 festgesetzt wird. Bei den GmbH-Anteilen handelt es sich um beg眉nstigtes Verm枚gen, das mit Ausnahme der jungen Finanzmittel dem Verschonungsabschlag im Sinne des 搂听13a Abs.听1 ErbStG unterliegt und auf das der Abzugsbetrag nach 搂听13a Abs.听2 ErbStG anwendbar ist. Der Beg眉nstigung steht der 90听%-Einstiegstest im Sinne des 搂听13b Abs.听2 Satz听2 ErbStG nicht entgegen, da dessen Voraussetzungen nicht erf眉llt sind.
Rz. 15
1. Nach 搂听13a Abs.听1 Satz听1 ErbStG bleibt beg眉nstigtes Verm枚gen im Sinne des 搂听13b Abs.听2 ErbStG grunds盲tzlich zu 85听% steuerfrei (Verschonungsabschlag), wenn der Erwerb beg眉nstigten Verm枚gens im Sinne des 搂听13b Abs.听2 ErbStG zuz眉glich der Erwerbe im Sinne des 搂听13a Abs.听1 Satz听2 ErbStG insgesamt 26听Mio.听鈧 nicht 眉bersteigt. Gem盲脽 搂听13a Abs.听2 Satz听1 ErbStG bleibt der nach Anwendung von 搂听13a Abs.听1 ErbStG verbleibende Teil des beg眉nstigten Verm枚gens au脽er Ansatz, soweit der Wert dieses Verm枚gens insgesamt 150.000听鈧 nicht 眉bersteigt (Abzugsbetrag). Nach 搂听13b Abs.听2 Satz听1 ErbStG ist das beg眉nstigungsf盲hige Verm枚gen jedoch nur beg眉nstigt, soweit sein gemeiner Wert den um das unsch盲dliche Verwaltungsverm枚gen im Sinne des Absatzes听7 gek眉rzten Nettowert des Verwaltungsverm枚gens im Sinne des Absatzes听6 眉bersteigt (beg眉nstigtes Verm枚gen). Dies gilt nach 搂听13b Abs.听2 Satz听2 ErbStG jedoch nicht, wenn das Verwaltungsverm枚gen nach Absatz听4 vor der Anwendung des Absatzes听3 Satz听1, soweit das Verwaltungsverm枚gen nicht ausschlie脽lich und dauerhaft der Erf眉llung von Schulden aus durch Treuhandverh盲ltnisse abgesicherten Altersversorgungsverpflichtungen dient und dem Zugriff aller 眉brigen nicht aus diesen Altersversorgungsverpflichtungen unmittelbar berechtigten Gl盲ubiger entzogen ist, sowie der Schuldenverrechnung und des Freibetrags nach Absatz听4 Nummer听5 sowie der Abs盲tze听6 und 7 mindestens 90听% des gemeinen Werts des beg眉nstigungsf盲higen Verm枚gens betr盲gt.
Rz. 16
2. 搂听13b Abs.听2 Satz听2 ErbStG ist dahingehend auszulegen, dass bei Handelsunternehmen, deren beg眉nstigungsf盲higes Verm枚gen aus Finanzmitteln im Sinne des 搂听13b Abs.听4 Nr.听5 ErbStG besteht und deren Hauptzweck einer T盲tigkeit im Sinne des 搂听15 Abs.听1 Satz听1 EStG dient, f眉r den dort verankerten 90听%-Einstiegstest die betrieblich veranlassten Schulden von den Finanzmitteln in Abzug zu bringen sind. Dies ist aus systematischen und verfassungsrechtlichen Gr眉nden geboten und widerspricht auch nicht dem Anliegen/Ziel des Gesetzgebers, durch den 90听%-Einstiegstest den Missbrauch der Beg眉nstigung von Betriebsverm枚gen nach 搂听13a ErbStG zu verhindern.
Rz. 17
a) Ma脽gebend f眉r die Interpretation eines Gesetzes ist der in ihm zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers. Der Feststellung des zum Ausdruck gekommenen objektivierten Willens des Gesetzgebers dienen die Auslegung aus dem Wortlaut der Norm (grammatikalische Auslegung), dem Zusammenhang (systematische Auslegung), ihrem Zweck (teleologische Auslegung) sowie den Gesetzesmaterialien und der Entstehungsgeschichte (historische Auslegung); zur Erfassung des Inhalts einer Norm darf sich der Richter dieser verschiedenen Auslegungsmethoden gleichzeitig und nebeneinander bedienen. Insbesondere bei der Auslegung einer Norm aus ihrem Wortlaut ist zu ber眉cksichtigen, dass diese nur eine von mehreren anerkannten Auslegungsmethoden ist, zu denen --wie ausgef眉hrt-- auch die systematische Auslegung z盲hlt. Nach Letzterer ist darauf abzustellen, dass einzelne Rechtss盲tze, die der Gesetzgeber in einen sachlichen Zusammenhang gebracht hat, grunds盲tzlich so zu interpretieren sind, dass sie logisch miteinander vereinbar sind. Ziel jeder Auslegung ist die Feststellung des Inhalts einer Norm, wie er sich aus dem Wortlaut und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt ist (BFH-Urteil vom 18.12.2014听- IV听R听22/12, BFHE 248, 354, BStBl II 2015, 606, Rz听24).
Rz. 18
b) 搂听13b Abs.听2 Satz听2 ErbStG trifft die Entscheidung, ob nach 搂听13b Abs.听2 Satz听1 ErbStG grunds盲tzlich beg眉nstigungsf盲higes Verm枚gen vollst盲ndig nicht beg眉nstigt ist, durch eine Berechnung im Rahmen einer mathematischen Formel mit Z盲hler und Nenner. Der Wortlaut des 搂听13b Abs.听2 Satz听2 ErbStG muss wohl dahingehend verstanden werden, dass er als ma脽geblichen Z盲hler das Verwaltungsverm枚gen nach 搂听13b Abs.听4 ErbStG unter anderem "vor" der Schuldenverrechnung und des 15%igen Freibetrags nach 搂听13b Abs.听4 Nr.听5 ErbStG festlegt (Stalleiken in von听Oertzen/Loose, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, 2.听Aufl., 搂听13b Rz听87; Kirnberger in Wilms/Jochum, ErbStG/BewG/GrEStG, 搂听13b ErbStG Rz听53, Stand 11/2022; Wachter in Fischer/Pahlke/Wachter, ErbStG, 8.听Aufl., 搂听13b Rz听285; ebenso R听E听13b.10 Satz听3 der Erbschaftsteuer-Richtlinien 2019 vom 16.12.2019, BStBl I 2019, Sondernummer听1/2019 --ErbStR 2019--). Die Bedeutung des Wortes "vor" ist bei der ersten Lekt眉re zwar nicht zweifelsfrei (Kirnberger in Wilms/Jochum, ErbStG/BewG/GrEStG, 搂听13b ErbStG Rz听53, Stand 11/2022; Stalleiken in von听Oertzen/Loose, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, 2.听Aufl., 搂听13b Rz听87; Wachter in Fischer/Pahlke/Wachter, ErbStG, 8.听Aufl., 搂听13b Rz听273). F眉r eine einfachere Lesart w盲re es daher deutlicher gewesen, w盲re das Wort "vor" zus盲tzlich im zweiten Teil des Hauptsatzes dem Wort "sowie" nach- und dem Wort "Schuldenverrechnung" vorangestellt worden, sodass der Beginn des zweiten Teils des Hauptsatzes gelautet h盲tte "鈥, sowie vor der Schuldenverrechnung und des Freibetrags 鈥". Ohne die Voranstellung des Wortes "vor" ist dem zweiten Hauptsatz aber kein Sinn zu entnehmen, sodass es dort mit hineinzulesen ist.
Rz. 19
aa) F眉r den Z盲hler der mathematischen Berechnungsformel in 搂听13b Abs.听2 Satz听2 ErbStG ergibt sich nach diesem Verst盲ndnis des Wortsinns, dass ein spezifisches Verwaltungsverm枚gen zu berechnen ist, das einen Bruttobetrag ohne Schuldenabzug darstellt. Heranzuziehen ist die Summe aus dem festgestellten Wert des Verwaltungsverm枚gens einschlie脽lich des jungen Verwaltungsverm枚gens und dem festgestellten Wert der Finanzmittel einschlie脽lich der jungen Finanzmittel (vgl. 搂听13b Abs.听10 Satz听1 ErbStG). Die Schuldenverrechnung bei den Finanzmitteln, der 15%ige Sockelbetrag beim Finanzmitteltest (搂听13b Abs.听4 Nr.听5 Satz听1 ErbStG), die quotale Schuldenverrechnung mit dem Verwaltungsverm枚gen (搂听13b Abs.听6 ErbStG) und die Regelung, nach der 10听% des Verwaltungsverm枚gens als unsch盲dlich anzusehen sind (搂听13b Abs.听7 Satz听1 ErbStG), bleiben unber眉cksichtigt. Bei Verwaltungsverm枚gen, das der Sicherung von Schulden aus Altersversorgungsverpflichtungen dient, werden Schulden insoweit in Abzug gebracht, als die Verpflichtungen durch Treuhandverh盲ltnisse abgesichert sind (vgl. auch R听E听13b.10 ErbStR 2019). Bei dem Z盲hler der Berechnungsformel handelt es sich daher um eine Bruttogr枚脽e.
Rz. 20
bb) Den Nenner des Bruchs bildet der festgestellte (vgl. 搂听13b Abs.听10 ErbStG) gemeine Wert (搂听109 Abs.听2 BewG) des gesamten beg眉nstigungsf盲higen Verm枚gens. Der gemeine Wert wird unter Heranziehung von 搂听11 Abs.听2 BewG bestimmt. Hierbei ist die Summe der Einzelteile des Betriebsverm枚gens nicht identisch mit dem gemeinen Wert des Betriebs. Denn im Rahmen der Berechnung des gemeinen Werts werden Schulden disquotal ber眉cksichtigt (vgl. Kirnberger in Wilms/Jochum, ErbStG/BewG/GrEStG, 搂听13b ErbStG Rz听54.1, Stand 11/2022; vgl. auch Korezkij, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2017, 745, 748听f.). Der Nenner der Berechnungsformel stellt daher eine Nettogr枚脽e dar.
Rz. 21
cc) F眉r die Ermittlung des 眉berm盲脽igen Verwaltungsverm枚gens, wie es die Finanzverwaltung bezeichnet (vgl. R听E听13b.10 ErbStR 2019), wird somit ein Bruttowert (spezifisch berechnetes Verwaltungsverm枚gen im Z盲hler) zu einem Nettowert (gemeiner Wert des Betriebsverm枚gens; Unternehmenswert im Nenner) ins Verh盲ltnis gesetzt (vgl. auch Wachter in Fischer/Pahlke/Wachter, ErbStG, 8.听Aufl., 搂听13b Rz听286).
Rz. 22
c) Die wortlautgetreue Anwendung dieser in 搂听13b Abs.听2 Satz听2 ErbStG verankerten Berechnungsformel f眉hrt also dazu, dass grunds盲tzlich beg眉nstigungsf盲higes Betriebsverm枚gen von Handelsunternehmen, deren Hauptzweck in einer gewerblichen T盲tigkeit besteht und die am Tag der Entstehung der Steuer zur Aufrechterhaltung ihrer unternehmerischen T盲tigkeit 眉ber einen hohen Bestand an Finanzmitteln --insbesondere Forderungen aus Lieferungen und Leistungen-- verf眉gen, wegen der Fallbeilwirkung der Regelung in vollem Umfang von der erbschaft- und schenkungsteuerrechtlichen Beg眉nstigung ausgeschlossen ist. Gleichzeitig und dazu widerspr眉chlich k枚nnte das Verwaltungsverm枚gen im Sinne des 搂听13b Abs.听4 ErbStG solcher Handelsunternehmen deutlich niedriger -gegebenenfalls sogar mit 0听鈧- festzustellen sein, weil die grunds盲tzlich als steuersch盲dliches Verwaltungsverm枚gen einzustufenden betriebsnotwendigen Finanzmittel, nach Abzug des 眉blicherweise bei solchen Handelsunternehmen ebenfalls hohen Bestands an Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen, regelm盲脽ig weniger als 15听% des anzusetzenden Betriebsverm枚gens betragen, sie mithin keine steuersch盲dlichen Finanzmittel darstellen und damit im Ergebnis nicht als steuersch盲dliches Verwaltungsverm枚gen zu ber眉cksichtigen sind und auch dar眉ber hinaus kein steuersch盲dliches Verwaltungsverm枚gen gegeben ist (vgl. Viskorf in Viskorf/Schuck/W盲lzholz, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Bewertungsgesetz, 7.听Aufl., 搂听13b ErbStG Rz听171; Korezkij, DStR 2017, 745).
Rz. 23
d) Die neben dem Wortsinn zu ber眉cksichtigenden Methoden zur Auslegung einer Norm aus dem Zusammenhang (systematische Auslegung), ihrem Zweck (teleologische Auslegung) sowie den Gesetzesmaterialien und der Entstehungsgeschichte (historische Auslegung) gebieten eine den Wortlaut eingrenzende Auslegung des 搂听13b Abs.听2 Satz听2 ErbStG dahingehend, dass zumindest bei typischen Handelsunternehmen f眉r den 90听%-Einstiegstest die betrieblich veranlassten Schulden von den Finanzmitteln im Sinne des 搂听13b Abs.听4 Nr.听5 ErbStG in Abzug zu bringen sind.
Rz. 24
aa) Was der Gesetzgeber als steuersch盲dliches Verwaltungsverm枚gen ansieht, hat er in der seit dem 01.07.2016 geltenden Fassung der 搂搂听13a, 13b ErbStG in dem enumerativen Verwaltungsverm枚genskatalog des 搂听13b Abs.听4 Nr.听1 bis 5 ErbStG geregelt (vgl. BTDrucks 18/8911, S.听41; vgl. auch BFH-Urteil vom 16.03.2021听- II听R听3/19, BFHE 272, 508, BStBl II 2022, 706, Rz听34, zu 搂听13b Abs.听2 Satz听2 Nr.听1 bis 5 ErbStG a.F.). Nach 搂听13b Abs.听4 Nr.听5 ErbStG stellen auch Finanzmittel steuersch盲dliches Verwaltungsverm枚gen dar, soweit sie 15听% des anzusetzenden Werts des Betriebsverm枚gens der Gesellschaft 眉bersteigen. Von den Finanzmitteln ist jedoch nach Satz听1 der Vorschrift der gemeine Wert der betrieblichen Schulden abzuziehen. Es ist daher nach dieser Vorschrift eine Nettogr枚脽e zu bilden, sodass Ma脽stab f眉r die Steuersch盲dlichkeit der Finanzmittel nicht deren Bestand als solcher, sondern lediglich deren H枚he nach der Verrechnung mit betrieblichen Schulden ist. Die Anwendung des Freibetrags in 搂听13b Abs.听4 Nr.听5 ErbStG setzt zudem voraus, dass das beg眉nstigungsf盲hige Verm枚gen der Gesellschaft nach seinem Hauptzweck einer T盲tigkeit im Sinne des 搂听13 Abs.听1, des 搂听15 Abs.听1 Satz听1 Nr.听1 oder des 搂听18 Abs.听1 Nr.听1 und 2 EStG dient (搂听13b Abs.听4 Nr.听5 Satz听4 ErbStG). Andernfalls stellen die Finanzmittel stets unproduktives Verwaltungsverm枚gen dar (vgl. nachfolgend unter III.2.d听cc听(1)). Dadurch sollen bereits dem Grunde nach Gesellschaften von der Beg眉nstigung ausgeschlossen werden, die nicht oder nur geringf眉gig gewerblich t盲tig sind, unabh盲ngig von der H枚he ihrer Finanzmittel nach Schuldenverrechnung. Der Gesetzgeber hatte dabei insbesondere die sogenannten Cash-Gesellschaften vor Augen, die nur aus Finanzmitteln bestehen und lediglich gegr眉ndet werden, um die erbschaft- und schenkungsteuerrechtliche Beg眉nstigung zu erhalten.
Rz. 25
bb) Der Senat h盲lt es danach bei einer systematischen Auslegung des 搂听13b Abs.听2 Satz听2 ErbStG f眉r geboten, dass bei dem 90听%-Einstiegstest bei Finanzmitteln entsprechend der Regelung des 搂听13b Abs.听4 Nr.听5 ErbStG der gemeine Wert der betrieblich veranlassten Schulden abgezogen wird. Diese erweiternde Auslegung ist dadurch zu begrenzen, dass das beg眉nstigungsf盲hige Verm枚gen nach seinem Hauptzweck einer gewerblichen T盲tigkeit im Sinne des 搂听15 Abs.听1 Satz听1 Nr.听1 EStG dient. Zwar wurde der "Hauptzweckansatz" entgegen dem Regierungsentwurf (vgl. BTDrucks 18/5923, S.听12) nach der Stellungnahme des Bundesrats nicht w枚rtlich in 搂听13b Abs.听2 Satz听2 ErbStG wiedergegeben (vgl. BRDrucks 353/15, S.听18). 搂听13b Abs.听2 Satz听2 ErbStG nimmt jedoch die Gesetzessystematik des 搂听13b Abs.听4 ErbStG auf, indem er in seinem ersten Nebensatz auf diese Vorschrift verweist. Es ist deshalb erforderlich, den Hauptzweckansatz des 搂听13b Abs.听4 Nr.听5 ErbStG auch im Rahmen des 90听%-Einstiegstests heranzuziehen, um zu verhindern, dass Erwerber von Cash-Gesellschaften Steuerbeg眉nstigungen erhalten, die nur f眉r origin盲r betriebliche T盲tigkeiten vorgesehen sind. Mit der Anwendung des "Hauptzweckansatzes" im Rahmen des 搂听13b Abs.听2 ErbStG ist f眉r die Finanzverwaltung kein administrativer Mehraufwand verbunden. Bei der Ermittlung der steuersch盲dlichen Finanzmittel nach 搂听13b Abs.听4 Nr.听5 ErbStG muss sie ohnehin den Hauptzweck der gesellschaftlichen T盲tigkeit pr眉fen.
Rz. 26
cc) Dieser Auslegung steht der von der Finanzverwaltung in der Revisionsbegr眉ndung hervorgehobene Missbrauchsgedanke nicht entgegen.
Rz. 27
(1) Bei 搂听13b Abs.听2 Satz听2 ErbStG handelt es sich um eine besondere Missbrauchsvermeidungsvorschrift (vgl. Wachter in Fischer/Pahlke/Wachter, ErbStG, 8.听Aufl., 搂听13b Rz听278 und Viskorf in Viskorf/Schuck/W盲lzholz, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Bewertungsgesetz, 7.听Aufl., 搂听13b ErbStG Rz听171). Als unproduktives Verwaltungsverm枚gen ist bei origin盲r gewerblich T盲tigen solches Verm枚gen anzusehen, das der Betrieb zu seiner Fortf眉hrung nicht notwendigerweise ben枚tigt, das also hinweggedacht werden kann, ohne dass die Fortf眉hrung des Betriebs gef盲hrdet ist.
Rz. 28
(2) Zu ber眉cksichtigen ist dabei jedoch, dass Handelsunternehmen, deren Betriebsverm枚gen im Hauptzweck einer gewerblichen T盲tigkeit im Sinne des 搂听15 Abs.听1 Satz听1 Nr.听1 EStG dient, am f眉r die Einordnung von Wirtschaftsg眉tern als Verwaltungsverm枚gen ma脽gebenden Stichtag der Entstehung der Steuer aus ihrer origin盲ren Gesch盲ftst盲tigkeit einen hohen Bestand an Forderungen aus Lieferungen und Leistungen haben k枚nnen, der tagesbezogen variiert und von der Zahlungsmoral der Gesch盲ftspartner abh盲ngt. Bei solchen Unternehmen w眉rde es dem Gesetzeszweck der Beg眉nstigung von produktivem Verm枚gen nicht gerecht, w眉rde man f眉r den 90听%-Einstiegstest diese Forderungen aus Lieferungen und Leistungen, die unstreitig Finanzmittel nach 搂听13b Abs.听4 Nr.听5 Satz听1 ErbStG darstellen, isoliert ohne die Schuldenverrechnung heranziehen. Zumindest in einem solchen Fall ist das unproduktive Verm枚gen stets gem盲脽 搂听13b Abs.听5 Satz听1 ErbStG als Differenz zwischen den Finanzmitteln und den betrieblichen Schulden anzusehen. Denn die betrieblichen Schulden dienen dazu, produktives Verm枚gen zu erwerben und so die Fortf眉hrung des Betriebs sicherzustellen.
Rz. 29
(3) Auch bei dieser vom Senat vorgenommenen Auslegung des 搂听13b Abs.听2 Satz听2 ErbStG ist es weiterhin ausgeschlossen, dass kleine Unternehmen, die mit einem hohen (Netto-)Bestand an Finanzmitteln im Sinne des 搂听13b Abs.听4 Nr.听5 ErbStG ausgestattet sind, aufgrund des 90听%-Einstiegstests in den Genuss der Steuerbeg眉nstigung kommen.
Rz. 30
(4) Sollte die vorgenommene Auslegung des 搂听13b Abs.听2 Satz听2 ErbStG im Einzelfall dazu f眉hren, dass sich Unternehmen, die der Gesetzgeber aufgrund ihrer hohen Verwaltungsverm枚gensquote von mindestens 90听% steuerrechtlich nicht beg眉nstigen wollte, aufgrund missbr盲uchlicher Gestaltung die Beg眉nstigung erschleichen, ist die Anwendung von 搂听42 der Abgabenordnung nicht ausgeschlossen (vgl. Urteil des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 17.12.2014听- 1听BvL听21/12, BVerfGE 138, 136, Rz听255).
Rz. 31
dd) Der vom Senat vorgenommenen Auslegung steht auch der aus den Gesetzesmaterialien erkennbare Wille des Gesetzgebers nicht entgegen. Den Gesetzesmaterialien ist nicht eindeutig zu entnehmen, dass bei dem 90听%-Einstiegstest nach 搂听13b Abs.听2 Satz听2 ErbStG Finanzmittel im Sinne des 搂听13b Abs.听4 Nr.听5 ErbStG ohne Abzug der betrieblich veranlassten Schulden zu ber眉cksichtigen sind.
Rz. 32
(1) Nach den Gesetzesmaterialien sollte durch 搂听13b Abs.听2 ErbStG --den Vorgaben des BVerfG in seinem Urteil vom 17.12.2014听- 1听BvL听21/12 (BVerfGE 138, 136) folgend-- von der bis dato in 搂听13b Abs.听2 Satz听1 ErbStG a.F. verankerten typisierenden Verwaltungsverm枚gensgrenze in H枚he von 50听% zur Bestimmung des Anteils des nicht beg眉nstigten Verm枚gens, die die M枚glichkeit von sogenannten Kaskadengestaltungen --das hei脽t die mehrfache Ausnutzung der 50听%-Grenze-- er枚ffnete, auf den um das unsch盲dliche Verwaltungsverm枚gen (搂听13b Abs.听7 ErbStG) gek眉rzten Nettowert des Verwaltungsverm枚gens umgestellt werden. Schulden sollten wie nach altem Recht im Rahmen des Finanzmitteltests (搂听13b Abs.听4 Nr.听5 ErbStG) saldiert werden und dar眉ber hinaus quotal zu ber眉cksichtigen sein. 搂听13b Abs.听2 Satz听2 ErbStG sollte solches beg眉nstigungsf盲higes Verm枚gen von der Verschonung ausnehmen, das nahezu ausschlie脽lich aus Verwaltungsverm枚gen besteht. Denn in einem solchen Fall sei davon auszugehen, dass das gesamte betriebliche Verm枚gen nicht schutzw眉rdig sei. Dadurch, dass Gesellschaften mit einer Verwaltungsverm枚gensquote von mehr als 90听% von der Verschonung ausgenommen seien, w眉rden Gestaltungsm枚glichkeiten ausger盲umt, die nach dem BVerfG-Urteil vom 17.12.2014听- 1听BvL听21/12 (BVerfGE 138, 136) verfassungswidrig sein k枚nnten. W盲ren Gesellschaften mit einem ganz 眉berwiegenden Teil an Verwaltungsverm枚gen beg眉nstigt, k枚nnten mittels einer geringf眉gigen land- und forstwirtschaftlichen, origin盲r gewerblichen oder freiberuflichen T盲tigkeit gro脽e Werte an Verwaltungsverm枚gen 眉bertragen werden, f眉r die gegebenenfalls eine Teilverschonung --wie bei den Finanzmitteln in H枚he von 15听% des gemeinen Werts des Betriebs-- beansprucht werden k枚nnte. Um diese Gestaltungsm枚glichkeiten auszuschlie脽en, werde dem Grunde nach beg眉nstigungsf盲higes Verm枚gen, das zu mindestens 90听% aus Verwaltungsverm枚gen bestehe, wieder aus der Verschonung ausgenommen (s. Empfehlung der Aussch眉sse vom 15.09.2015 in BRDrucks 353/1/15, S.听20听f.; Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses vom 22.06.2016, BTDrucks 18/8911, S.听40). Dadurch hat der Gesetzgeber lediglich zum Ausdruck gebracht, dass alle Gesellschaften, die 眉ber eine Verwaltungsverm枚gensquote von mindestens 90听% verf眉gen, erbschaft- und schenkungsteuerrechtlich nicht beg眉nstigt werden sollen.
Rz. 33
(2) In der Beschlussempfehlung und dem Bericht des Finanzausschusses vom 22.06.2016 (BTDrucks 18/8911, S.听40) wird zwar nachfolgend im letzten Absatz zu Absatz听2 ausgef眉hrt, dass f眉r den 90听%-Einstiegstest das Verwaltungsverm枚gen vor der Verrechnung der Finanzmittel mit den Schulden und der K眉rzung um den Freibetrag zugrunde gelegt werden soll. Dabei handelt es sich aber lediglich um die Wiedergabe des sp盲teren Gesetzestexts des 搂听13b Abs.听2 Satz听2 ErbStG, wie er kurz vor Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens formuliert wurde. Eine Begr眉ndung f眉r diese zus盲tzlichen Vorgaben im Rahmen des 90听%-Einstiegstests l盲sst sich den Materialien nicht entnehmen. Die zus盲tzlichen Vorgaben stehen vielmehr im Widerspruch zu dem in der Gesetzesbegr眉ndung ebenfalls genannten Anliegen des Gesetzgebers, die als steuersch盲dlich angesehenen Finanzmittel erst nach Schuldenverrechnung von der Verschonung auszunehmen. Den Ausf眉hrungen kann deshalb f眉r die Auslegung von 搂听13b Abs.听2 Satz听2 ErbStG kein Mehrwert entnommen werden.
Rz. 34
ee) Diese Auslegung, die zu einer Einschr盲nkung des 90听%-Einstiegstests im Sinne des 搂听13b Abs.听2 Satz听2 ErbStG f眉hrt, ist auch aus verfassungsrechtlichen Gr眉nden geboten, um dem aus Art.听3 Abs.听1 GG folgenden Gebot der folgerichtigen Ausgestaltung des steuerrechtlichen Ausgangstatbestands zu gen眉gen.
Rz. 35
(1) Der Gleichheitssatz bel盲sst dem Gesetzgeber einen weit reichenden Entscheidungsspielraum sowohl bei der Auswahl des Steuergegenstandes als auch bei der Bestimmung des Steuersatzes. Abweichungen von der mit der Wahl des Steuergegenstandes einmal getroffenen Belastungsentscheidung m眉ssen sich indessen ihrerseits am Gleichheitssatz messen lassen (Gebot der folgerichtigen Ausgestaltung des steuerrechtlichen Ausgangstatbestands). Demgem盲脽 bed眉rfen sie eines besonderen sachlichen Grundes, der die Ungleichbehandlung zu rechtfertigen vermag. Dabei steigen die Anforderungen an den Rechtfertigungsgrund mit Umfang und Ausma脽 der Abweichung (vgl. BVerfG-Beschluss vom 23.06.2015听- 1听BvL听13/11, 1听BvL听14/11, BVerfGE 139, 285, BStBl II 2015, 871, Rz听72, m.w.N.).
Rz. 36
(2) Auch wenn es sich bei den Regelungen des 搂听13b Abs.听2 i.V.m. Abs.听4 ErbStG um eine Ausnahme zu der gesetzgeberischen Grundentscheidung handelt, Betriebsverm枚gen nach 搂听13a Abs.听1 und 2 ErbStG im Verh盲ltnis zu anderem Verm枚gen zu beg眉nstigen, muss sie folgerichtig ausgestaltet sein. Sie darf nicht willk眉rlich unter Versto脽 gegen Art.听3 Abs.听1 GG produktive Handelsunternehmen beg眉nstigen oder von der Beg眉nstigung ausschlie脽en, je nachdem, ob per Zufall am Steuerstichtag betriebliche Schulden --bestehend aus Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen-- durch die vorhandenen Finanzmittel getilgt wurden oder nicht. Die vorgenommene verfassungskonforme Auslegung, durch die eine Verletzung von Art.听3 Abs.听1 GG verhindert wird (zur Notwendigkeit, ein grunds盲tzlich verfassungsm盲脽iges Gesetz verfassungskonform auszulegen BVerfG-Beschluss vom 14.10.2008听- 1听BvR听2310/06, BVerfGE 122, 39), stellt sicher, dass solche Unternehmen, die der Gesetzgeber aus den unter III.2.d听cc听(2) dargelegten Gr眉nden beg眉nstigen wollte, auch tats盲chlich beg眉nstigt werden.
Rz. 37
3. Nach diesen Grunds盲tzen hat das FG im Ergebnis zutreffend entschieden, dass im vorliegenden Fall der 90听%-Einstiegstest nach 搂听13b Abs.听2 Satz听2 ErbStG der Gew盲hrung der steuerrechtlichen Beg眉nstigungen nach 搂听13a Abs.听1 und 2 ErbStG f眉r den Erwerb der GmbH-Anteile nicht entgegensteht.
Rz. 38
a) Bei der Anwendung des 90听%-Einstiegstests nach 搂听13b Abs.听2 Satz听2 ErbStG sind nach der von dem Senat vorgenommenen Auslegung von der Summe der gemeinen Werte der Finanzmittel in H枚he von 2.517.649听鈧 zuz眉glich der Summe der gemeinen Werte der jungen Finanzmittel in H枚he von 60.000听鈧 die im Feststellungsbescheid vom 13.01.2023 ebenfalls festgestellten Schulden in H枚he von 3.138.504听鈧 abzuziehen, sodass keine steuersch盲dlichen Finanzmittel vorliegen. Da im Feststellungsbescheid vom 13.01.2023 nachrichtlich angegeben wurde, dass der Hauptzweck der GmbH eine T盲tigkeit im Sinne des 搂听13 Abs.听1, des 搂听15 Abs.听1 Satz听1 Nr.听1 oder des 搂听18 Abs.听1 Nr.听1 und 2 EStG war, sind die Voraussetzungen f眉r eine einschr盲nkende Auslegung des 搂听13b Abs.听2 Satz听2 ErbStG vorliegend erf眉llt.
Rz. 39
b) Beg眉nstigtes Verm枚gen im Sinne des 搂听13b Abs.听2 Satz听1 ErbStG liegt in H枚he von 1.190.000听鈧 vor. Dies setzt sich auf der Grundlage des Feststellungsbescheids vom 13.01.2023 zusammen aus dem Wert der GmbH-Anteile in H枚he von 1.250.000听鈧 abz眉glich der jungen Finanzmittel in H枚he von 60.000听鈧. Letztere sind nach 搂听13b Abs.听4 Nr.听5 Satz听2 Halbsatz听2 ErbStG steuersch盲dliches Verwaltungsverm枚gen. Die weiteren Voraussetzungen des 搂听13a Abs.听1 und 2 ErbStG sind zwischen den Beteiligten unstreitig erf眉llt.
Rz. 40
c) Nach 搂听13a Abs.听1 Satz听1 ErbStG bleibt das beg眉nstigte Verm枚gen von 1.190.000听鈧 in H枚he von 85听% --also 1.011.500听鈧-- steuerfrei. Es verbleibt ein Teil des restlichen beg眉nstigten Verm枚gens in H枚he von 178.500听鈧. Dieser Betrag 眉bersteigt die Wertgrenze von 150.000听鈧 nach 搂听13a Abs.听2 Satz听1 ErbStG. Deshalb verringert sich der Abzugsbetrag nach 搂听13a Abs.听2 Satz听2 ErbStG um 50听% des die Wertgrenze von 150.000听鈧 眉bersteigenden Betrags von 28.500听鈧, also um 14.250听鈧. Es verbleibt ein Abzugsbetrag in H枚he von 135.750听鈧.
Rz. 41
d) Der Abzugsbetrag nach 搂听13a Abs.听2 ErbStG wurde f眉r Erwerbe der Kl盲gerin seit 2007 noch nicht in Anspruch genommen. Der Wert des Erwerbs der Kl盲gerin setzt sich zusammen aus dem verbleibenden beg眉nstigten Verm枚gen in H枚he von 178.500听鈧 abz眉glich des verminderten Abzugsbetrags in H枚he von 135.750听鈧, also in H枚he von 42.750听鈧. Diesem Erwerb von beg眉nstigtem Verm枚gen sind die jungen Finanzmittel in H枚he von 60.000听鈧 hinzuzurechnen, sodass der Wert des Erwerbs der Kl盲gerin 102.750听鈧 betr盲gt.
Rz. 42
e) Dem Erwerb ist eine Vorschenkung in H枚he von 200.000听鈧 hinzuzuf眉gen. Der Erwerb betr盲gt 302.750听鈧. Von diesem Erwerb ist ein Freibetrag nach 搂听16 Abs.听1 Nr.听2 ErbStG in H枚he von 400.000听鈧 in Abzug zu bringen, sodass der steuerpflichtige Erwerb 0听鈧 betr盲gt und die Schenkungsteuer auf 0听鈧 festzusetzen ist.
Rz. 43
4. Die Kostenentscheidung beruht auf 搂听135 Abs.听2 FGO.
听
Fundstellen
亿兆体育-Index 16132106 |
BFH/NV 2024, 226 |
BFH/PR 2024, 88 |
BStBl II 2024, 566 |
BB 2023, 2965 |
DB 2024, 83 |
DB 2024, 92 |
DStR 2023, 2788 |
DStR 2024, 28 |
DStRE 2024, 51 |