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Leitsatz (amtlich)
Legt der Steuerpflichtige gegen einen w盲hrend des finanzgerichtlichen Verfahrens ergangenen Berichtigungsbescheid zun盲chst Einspruch ein und wird danach dieser Bescheid auf Antrag des Kl盲gers nach 搂 68 FGO Gegenstand des Verfahrens, dann beinhaltet der Antrag auch die Zur眉cknahme des Einspruchs.
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Orientierungssatz
1. Ist w盲hrend des finanzgerichtlichen Verfahrens ein 脛nderungsbescheid ergangen und hat der Kl盲ger sowohl einen Einspruch gegen den 脛nderungsbescheid eingelegt als auch einen Antrag nach 搂 68 FGO gestellt, bedarf es keiner Aussetzung des Verfahrens nach 搂 74 FGO, weil der Bescheid der den Regelungsinhalt des Erstbescheids in sich aufnimmt, Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens geworden ist (vgl. BFH-Rechtsprechung).
2. Ist w盲hrend des Revisionsverfahrens ein 脛nderungsbescheid ergangen, der gem盲脽 搂 68, 搂 123 FGO Gegenstand des Verfahrens geworden ist, ist eine Zur眉ckverweisung auch dann geboten, wenn dieser Bescheid zwar keine neuen Streitpunkte enth盲lt, es aber zu den bisherigen Streitpunkten an Tatsachenfeststellungen fehlt, die f眉r eine Sachentscheidung erforderlich sind (vgl. BFH-Urteil vom 26.10.1973 VI R 144-145/70).
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Normenkette
FGO 搂搂听68, 123 S. 2, 搂搂听127, 74
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Tatbestand
Der Kl盲ger und Revisionskl盲ger (Kl盲ger) erhob nach erfolglosem Vorverfahren gegen den unter dem Vorbehalt der Nachpr眉fung stehenden Einkommensteuerbescheid 1977 am 22.April 1980 Klage. Am 30.Oktober 1980 erlie脽 der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) einen berichtigten Einkommensteuerbescheid 1977, in dem er im wesentlichen die Eink眉nfte aus Gewerbebetrieb sowie aus Vermietung und Verpachtung erh枚hte. Daraufhin beantragte der Kl盲ger mit Schriftsatz vom 22.Dezember 1980, den ge盲nderten Bescheid zum Gegenstand des Verfahrens zu machen. Er hatte gegen den Bescheid au脽erdem am 24.November 1980 Einspruch eingelegt. Das Finanzgericht (FG) wies ihn darauf hin, da脽 er in der Einkommensteuersache 1977 nicht gleichzeitig das Einspruchsverfahren und das Klageverfahren betreiben k枚nne. Hierauf erwiderte der Kl盲ger am 16.Januar 1981, er bitte, mit R眉cksicht auf die verfahrensrechtliche Lage das gerichtliche Verfahren bis zur Entscheidung 眉ber den Einspruch auszusetzen. Mit Beschlu脽 vom 20.Februar 1981 setzte das FG das Klageverfahren bis zur rechtskr盲ftigen Entscheidung 眉ber den berichtigten Einkommensteuerbescheid 1977 aus.
Mit Einspruchsentscheidung vom 26.August 1981, die eine Verb枚serung enthielt und dem Kl盲ger am 27.August 1981 zugestellt wurde, wies das FA den Einspruch als unbegr眉ndet zur眉ck.
Der Kl盲ger hatte au脽erdem nach erfolglosem Einspruch gegen die Einkommensteuerbescheide 1974 bis 1976 Klage erhoben, die beim FG unter dem Aktenzeichen V 153/81 gef眉hrt wird. In diesem Verfahren nahm er mit seinem Schriftsatz vom 29.September 1981 --Eingang beim FG am 30.September 1981-- zur Sache Stellung und wies darauf hin, da脽 nunmehr "alle Verwaltungsakte des Beklagten vorliegen, hinsichtlich der angefochtenen Bescheide der Jahre 1974 bis 1976 und 1977".
Mit Beschlu脽 vom 12.November 1981 hob das FG seinen Beschlu脽 眉ber die Aussetzung des Verfahrens auf und bat den Kl盲ger mit Schreiben vom 12.November 1981 um 脛u脽erung, wie das anh盲ngige Klageverfahren betreffend die Einkommensteuer 1977 fortgef眉hrt werden solle, nachdem er gegen die Einspruchsentscheidung des FA nicht innerhalb eines Monats einen Antrag auf gerichtlichen Rechtsschutz gestellt habe. Der Kl盲ger bat mit Schriftsatz vom 26.November 1981, ihm "Nachsicht" zu gew盲hren. Aus seinem gesamten Vorbringen ergebe sich, da脽 er mit den Entscheidungen des FA "keineswegs einverstanden" sei.
Das FG wies die Klage als unzul盲ssig ab, weil der berichtigte Einkommensteuerbescheid 1977 in Form der Einspruchsentscheidung bestandskr盲ftig geworden sei; damit sei dem bei ihm anh盲ngigen Verfahren gegen den urspr眉nglichen Bescheid der Boden entzogen.
Mit seiner Revision r眉gt der Kl盲ger die Verletzung der 搂搂 68, 74 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Das FG habe verkannt, da脽 bereits eine Klage gegen den berichtigten Bescheid 1977 vom 30.Oktober 1980 anh盲ngig gewesen sei und w盲hrend der Dauer der Aussetzung des gerichtlichen Verfahrens anh盲ngig geblieben sei, so da脽 es einer erneuten Klageerhebung gegen die Einspruchsentscheidung vom 26.August 1981, die keine 脛nderung des berichtigten Bescheids vom 30.Oktober 1980 mit sich gebracht habe, nicht bedurft h盲tte.
In seiner Revisionserwiderung weist das FA darauf hin, da脽 die Einspruchsentscheidung eine Verb枚serung hinsichtlich der Eink眉nfte aus Gewerbebetrieb enthalten habe. Schon aus diesem Grunde h盲tte der Kl盲ger sie anfechten m眉ssen.
W盲hrend des Revisionsverfahrens erlie脽 das FA am 4.November 1982 erneut einen Berichtigungsbescheid f眉r 1977, der die Eink眉nfte aus Gewerbebetrieb herabsetzte und gegen den der Kl盲ger wiederum Einspruch einlegte. Mit Schriftsatz vom 19.Januar 1983 erkl盲rte der Kl盲ger diesen Bescheid zum Gegenstand des Verfahrens.
Er beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache an das FG zur眉ckzuverweisen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegr眉ndet zur眉ckzuweisen.
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Die Revision ist begr眉ndet.
Sie f眉hrt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zur眉ckverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (搂 126 Abs.3 Nr.2, 搂 127 FGO). Das FG hat 搂 68 und 搂 74 FGO verletzt.
1. Entgegen der Auffassung des FG waren die Voraussetzungen einer Aussetzung des Verfahrens nach 搂 74 FGO nicht gegeben. Zu Unrecht beruft das FG sich auf den Beschlu脽 des Gro脽en Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 25.Oktober 1972 GrS 1/72 (BFHE 108, 1, BStBl II 1973, 231). Hiernach hat das Gericht, bei dem das Klage- oder Revisionsverfahren anh盲ngig ist, lediglich dann das Verfahren entsprechend 搂 74 FGO bis zum rechtskr盲ftigen Abschlu脽 des Verfahrens 眉ber den Berichtigungsbescheid auszusetzen, wenn der Steuerpflichtige einen Antrag nach 搂 68 FGO nicht gestellt hat. Hat er dagegen den Antrag gestellt, dann bedarf es keiner Aussetzung, weil der Bescheid, der den Regelungsinhalt des Erstbescheids in sich aufnimmt (BFHE 108, 1, BStBl II 1973, 231), Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens geworden ist. Das FG kann in der Sache entscheiden, ohne da脽 es der Durchf眉hrung eines Vorverfahrens nach 搂 44 FGO bedarf, und ohne durch den Umstand, da脽 auch gegen den Zweitbescheid Einspruch eingelegt wurde, gehindert zu sein (BFH-Urteile vom 28.Juni 1972 I R 102/70, BFHE 106, 415, BStBl II 1972, 952; vom 26.Oktober 1973 VI R 144-145/70, BFHE 110, 401, BStBl II 1974, 34, und vom 13.November 1973 VII R 32/71, BFHE 111, 10, BStBl II 1974, 111, st盲ndige Rechtsprechung).
Die Sachbehandlung des FG beruht jedoch auf dem richtigen Gedanken, da脽 der Steuerpflichtige nicht das Einspruchsverfahren und das Klageverfahren nebeneinander betreiben kann (BFH-Beschlu脽 vom 19.Mai 1971 IV B 60/70, nicht ver枚ffentlicht; siehe auch Ziemer/Haarmann/Lohse/Beermann, Rechtsschutz in Steuersachen, Tz.7491). Von dieser Auffassung geht auch der erkennende Senat aus, wenn er in seinem Urteil vom 11.Dezember 1984 VIII R 131/76 (BFHE 142, 549, 552, BStBl II 1985, 354, 356) ausf眉hrt, da脽 眉ber einen Einspruch nicht mehr sachlich entschieden werden kann, nachdem der ihm zugrunde liegende Bescheid --hier durch Antrag nach 搂 68 FGO-- in ein anderes Verfahren gelangt ist.
In Fortentwicklung dieser Grunds盲tze tritt der Senat der im Schrifttum verbreiteten Meinung (siehe Gr盲ber, Finanzgerichtsordnung, 搂 68 Anm.6 A, 2 a; H眉bschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, 8.Aufl., 搂 68 FGO Anm.14) bei, da脽 ein nach Einspruchseinlegung gegen den Zweitbescheid gestellter Antrag nach 搂 68 FGO die konkludente R眉cknahme des Einspruchs beinhaltet. Nur dieses Ergebnis wird dem verfahrens枚konomischen Zweck des 搂 68 FGO gerecht, eine gerichtliche 脺berpr眉fung des Zweitbescheids ohne Durchf眉hrung eines Vorverfahrens zu erm枚glichen. Au脽erdem bewahrt es den Steuerpflichtigen vor der M枚glichkeit einer Verb枚serung nach 搂 367 Abs.2 Satz 2 der Abgabenordnung (AO 1977), wie sie im Streitfall vom FA vorgenommen wurde. Berichtigungen zum Nachteil des Steuerpflichtigen kann das FA in diesem Verfahrensstadium nur durchf眉hren, wenn die Voraussetzungen der 搂搂 172 ff. der Abgabenordnung (AO 1977) gegeben sind.
2. Auch die Annahme des FG, bei ihm sei nur das urspr眉ngliche Verfahren anh盲ngig und diesem sei durch die bestandskr盲ftige Einspruchsentscheidung des FA gegen den Zweitbescheid die Grundlage entzogen, ist unzutreffend. Selbst nach der --wie dargelegt unrichtigen-- Aussetzung des Verfahrens bleibt aufgrund des unwiderruflichen Antrags nach 搂 68 FGO (siehe BFH-Urteil vom 29.M盲rz 1973 IV R 158/68, BFHE 109, 47, BStBl II 1973, 489) Gegenstand des beim FG weiter rechtsh盲ngigen Verfahrens der Zweitbescheid. Eine Klage gegen die --nach den obigen Ausf眉hrungen zu Unrecht ergangene (siehe auch BFHE 142, 549, 552, BStBl II 1985, 354, 356)-- Einspruchsentscheidung des FA w盲re demnach nicht nur nicht erforderlich, sondern wegen doppelter Rechtsh盲ngigkeit (搂 66 Abs.2 FGO) sogar unzul盲ssig.
3. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG wird nunmehr in die Sachpr眉fung eintreten m眉ssen.
Die Zur眉ckverweisung erfolgt auch wegen 搂 127 FGO, weil gem盲脽 搂 68, 搂 123 Satz 2 FGO der 脛nderungsbescheid vom 4.November 1982 Gegenstand des Verfahrens geworden ist. Zwar enth盲lt dieser Bescheid keine neuen Streitpunkte. Eine Zur眉ckverweisung ist aber gleichwohl geboten, weil es bei den bisherigen Streitpunkten an Tatsachenfeststellungen fehlt, die f眉r eine Sachentscheidung erforderlich sind (vgl. BFHE 110, 401, BStBl II 1974, 34).
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Fundstellen
亿兆体育-Index 60921 |
BStBl II 1986, 302 |
BFHE 145, 106 |
BFHE 1986, 106 |
BB 1986, 866-867 (ST) |
DB 1986, 628-628 (ST) |
HFR 1986, 189-190 (ST) |