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Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausgleichszahlungen an den auf den Versorgungsausgleich verzichtenden Ehegatten als sofort abziehbare Werbungskosten
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Leitsatz (amtlich)
Ausgleichzahlungen, die ein zum Versorgungsausgleich verpflichteter Ehegatte auf Grund einer Vereinbarung gem盲脽 搂 1587o BGB an den anderen Ehegatten leistet, um K眉rzungen seiner Versorgungsbez眉ge (搂 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG) zu vermeiden, sind sofort als Werbungskosten abziehbar.
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Normenkette
EStG 搂听9 Abs. 1, 搂听19 Abs. 1 S. 1 Nr. 2
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Verfahrensgang
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Tatbestand
I. Die Beteiligten streiten dar眉ber, ob die im Zusammenhang mit der Scheidung dem Ehepartner gezahlten Ausgleichsbetr盲ge f眉r den Verzicht auf die Durchf眉hrung des Versorgungsausgleichs als Werbungskosten abziehbar sind.
Der Kl盲ger und Revisionsbeklagte (Kl盲ger) erzielte im Streitjahr (1996) Eink眉nfte aus nichtselbst盲ndiger T盲tigkeit. Er hatte Anspruch auf eine Altersversorgung nach beamtenrechtlichen Grunds盲tzen. Der Kl盲ger lebte seit Mai 1994 von seiner Ehefrau getrennt. Im Zusammenhang mit der Scheidung verzichteten die Eheleute in einer notariell beurkundeten Vereinbarung vom 18. April 1996 auf die Durchf眉hrung des Versorgungsausgleichs. Zum Ausgleich sollte der Kl盲ger 16 500 DM an seine fr眉here Ehefrau zahlen. Das Amtsgericht genehmigte den vereinbarten Ausschluss des Versorgungsausgleichs und schied die Ehe durch Urteil vom 24. April 1996.
Die als Werbungskosten geltend gemachte Ausgleichszahlung lie脽 der Beklagte und Revisionskl盲ger (das Finanzamt 鈥旻A鈥) unber眉cksichtigt. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2000, 351 ver枚ffentlichten Urteil statt. Die Zahlung, die nach seinen Feststellungen nur zum Versorgungsausgleich geleistet worden sei, h盲nge mit dem Erzielen sp盲terer Eink眉nfte gem盲脽 搂 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) wirtschaftlich zusammen.
Hiergegen richtet sich die Revision des FA, die es auf Verletzung von 搂 9 Abs. 1 Satz 1 EStG st眉tzt. Ausgleichszahlungen an den geschiedenen Ehegatten zur Abwendung einer drohenden K眉rzung seiner Versorgungsbez眉ge seien nicht durch das Erzielen sp盲terer Versorgungsbez眉ge veranlasst.
Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kl盲ger beantragt, die Revision als unbegr眉ndet zur眉ckzuweisen.
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II. Die Revision ist unbegr眉ndet und deshalb zur眉ckzuweisen (搂 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung 鈥旻GO鈥). Das FG hat zutreffend die vom Kl盲ger im Zusammenhang mit seiner Ehescheidung an seine Ehefrau geleistete Ausgleichszahlung als Werbungskosten steuermindernd ber眉cksichtigt.
1. Werbungskosten i.S. des 搂 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Sie sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind (搂 9 Abs. 1 Satz 2 EStG), auch wenn mit dem Aufwand zusammenh盲ngende Einnahmen noch nicht erzielt werden. Voraussetzung f眉r die Ber眉cksichtigung solcher vorab entstandener Werbungskosten ist ein ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der Einkunftsart, der sich nach der wertenden Beurteilung des die betreffenden Aufwendungen ausl枚senden Moments richtet (Beschluss des Gro脽en Senats des Bundesfinanzhofs 鈥旴FH鈥 vom 4. Juli 1990 GrS 1/89, BFHE 160, 466, BStBl II 1990, 830; BFH-Urteil vom 11. Januar 2005 IX R 15/03, BFHE 209, 77, BStBl II 2005, 477).
2. Nach diesen Ma脽st盲ben sind die Zahlungen des Kl盲gers an seine Ehefrau als Werbungskosten bei den Eink眉nften aus nichtselbst盲ndiger Arbeit zu ber眉cksichtigen. Der Kl盲ger wandte sie auf, um nach seiner Pensionierung weiterhin in den Genuss ungek眉rzter Versorgungsbez眉ge zu gelangen.
a) Dabei ist die Vorinstanz in 脺bereinstimmung mit der Rechtsprechung des BFH (vgl. BFH-Urteil vom 5. Mai 1993 X R 128/90, BFHE 172, 31, BStBl II 1993, 867) zutreffend davon ausgegangen, dass es f眉r die Beurteilung des wirtschaftlichen Zusammenhangs keinen Unterschied macht, ob der Ausgleichsverpflichtete die Minderung seiner Pensionsbez眉ge (搂 57 des Beamtenversorgungsgesetzes 鈥旴eamtVG鈥) vermeidet, indem er sie durch Beitragszahlungen wieder auff眉llt (搂 58 BeamtVG) oder ob er sie 鈥晈ie hier鈥 durch entsprechende Zahlungen an den Ausgleichsberechtigten auf Grund einer Vereinbarung gem盲脽 搂 1587o des B眉rgerlichen Gesetzbuchs (BGB) von vornherein abwendet. In beiden F盲llen stellt er den ungeschm盲lerten Zufluss der nachtr盲glichen Einnahmen aus nichtselbst盲ndiger Arbeit (搂 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG) sicher.
b) Damit stehen Ausgleichszahlungen 鈥昬benso wie auch Wiederauff眉llungszahlungen鈥 ersichtlich in wirtschaftlichem Zusammenhang mit k眉nftigen Einnahmen des Kl盲gers und sind sofort als (vorab entstandene) Werbungskosten abzuziehen (so die herrschende Meinung zu Zahlungen nach 搂 58 BeamtVG, vgl. das Bundesministerium der Finanzen 鈥旴MF鈥 vom 20. Juli 1981, BStBl I 1981, 567; Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 搂 22 Rz. 117; Pfl眉ger in Herrmann/Heuer/Raupach, 搂 19 EStG Anm. 317; Stuhrmann, Deutsches Steuerrecht 鈥旸StR鈥 1977, 468, 鈮470鈮; ders., DStR 1983, 255, 鈮257鈮; ders. in Bl眉mich, EStG, 搂 22 Rz. 166; Meilicke, Steuerberater-Jahrbuch 鈥昐tbJb鈥 1977/1978, 243, 鈮256鈮; Meincke, Steuerberaterkongress-Report 1978, 389, 鈮400鈮; Biergans, Der Betrieb 鈥旸B鈥 1979, 955, 鈮958鈮; Tiemann/Ferger, Neue Juristische Wochenschrift 鈥昇JW鈥 1977, 2137, 2140; Uelner, StbJb 1980/1981, 385, 409, 鈮413鈮; Labus, Betriebs-Berater 鈥旴B鈥 1977, 1041, 鈮1043鈮; differenziert von Bornhaupt, in: Kirchhof/S枚hn/Mellinghoff, EStG, 搂 9 Rdnr. B 700 Stichwort "Versorgungsausgleichsleistungen", m.w.N.; vgl. dazu auch den BFH-Beschluss vom 1. Februar 2006 X B 166/05, DStR 2006, 313, unter II. 4. b aa, m.w.N.).
aa) Sie wirken sich steuerrechtlich nach 搂 11 Abs. 2 EStG bereits im Jahr ihrer Zahlung (hier das Streitjahr) aus. Das unterscheidet diese Aufwendungen von Zahlungen zur Begr眉ndung einer Rentenanwartschaft, die als Anschaffungskosten i.S. des 搂 255 Abs. 1 des Handelsgesetzbuches (HGB) jedenfalls nicht schon bei Zahlung steuerrechtlich zu ber眉cksichtigen sind (st盲ndige Rechtsprechung, vgl. grundlegend BFH-Urteil vom 29. Juli 1986 IX R 206/84, BFHE 147, 176, BStBl II 1986, 747; BFH in BFHE 172, 31, BStBl II 1993, 867). Denn die Eink眉nfte aus 搂 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG m眉ssen bei Bezug voll versteuert werden. Die Norm unterscheidet anders als 搂 22 EStG nicht zwischen einem Kapital- und einem Zinsanteil. Sie erfasst die Altersbez眉ge im Zuflusszeitpunkt in vollem Umfang als steuerpflichtige Einnahmen. Deshalb sind im Gegenzug Erwerbsaufwendungen voll als Werbungskosten abziehbar.
bb) Zwar fallen solche Aufwendungen regelm盲脽ig nicht an. Ein Beamter zahlt nur "fiktive" Beitr盲ge. F眉r ihn werden keine Beitr盲ge abgef眉hrt. Stattdessen zahlt der Dienstherr entsprechend geringere Bez眉ge aus. Obschon der Beamte als Gegenleistung f眉r seine Dienst- und Treuepflicht lebenslang alimentiert wird und er deshalb w盲hrend seiner T盲tigkeit ein rechtlich gesch眉tztes Anwartschaftsrecht auf Versorgungsleistungen im Alter und bei Erwerbsunf盲higkeit erwirbt, entsteht dieses Anwartschaftsrecht au脽erhalb der einkommensteuerrechtlichen Zurechnungssph盲re und vermittelt ihm erst nach Abschluss der Erwerbssph盲re eine geldwerte Rechtsposition. Der Beamte wendet aus seinem Verm枚gen nichts auf und erh盲lt deshalb nach den Wertungen des Gesetzes mit der Pension kein eigenes bereits versteuertes Kapital zur眉ck (vgl. dazu Urteil des Bundesverfassungsgerichts 鈥旴VerfG鈥 vom 6. M盲rz 2002 2 BvL 17/99, BStBl II 2002, 618, unter C. II. 2. a, aa, C. V. 1.; S枚hn, Steuer und Wirtschaft 鈥昐tuW鈥 2003, 332 ff.; Weber-Grellet, DStR 2004, 1721, 鈮1723鈮; Musil, StuW 2005, 278, 鈮279 f.鈮).
cc) Aber auch dann, wenn Aufwendungen anfallen, weil der Beamte einen Betrag leistet, um sich die volle Pension zu sichern, erwirbt er damit keinen Kapitalanteil und deshalb auch keinen ihm steuerrechtlich zuordenbaren Verm枚gensgegenstand (Wirtschaftsgut). Es kommt weder jetzt noch bei der Auszahlung zu einem blo脽en Verm枚genstausch; Umschichtungen vollziehen sich vielmehr allein innerhalb des 枚ffentlichen Haushalts (so BVerfG-Urteil in BStBl II 2002, 618, unter C. II. 2. a, aa). Was der Beamte z.B. im Fall des 搂 58 BeamtVG an seinen Dienstherrn leistet, flie脽t ihm nach seiner Pensionierung nicht wieder zur眉ck. Diese Zahlung und erst recht eine solche an den Ehegatten zur Verhinderung des Versorgungsausgleichs mindern seine Leistungsf盲higkeit. Sie beschr盲nken sich rechtlich und wirtschaftlich darauf zu vermeiden, dass es zu einer K眉rzung der sp盲ter zuflie脽enden Pensionsbez眉ge kommt. Es handelt sich um Kosten zur Erhaltung der Einnahmen, mithin um (vorab entstandene) Werbungskosten i.S. des 搂 9 Abs. 1 Satz 1 EStG. Lie脽e man sie unber眉cksichtigt, w眉rden sie doppelt besteuert. Denn der Steuerpflichtige wendet aus versteuertem Einkommen etwas auf (die Ausgleichszahlung oder die Wiederauff眉llungszahlung), was sp盲ter voll der Besteuerung unterliegt.
c) Der Senat weicht damit nicht von der Rechtsprechung des VI. Senats ab. Wenn dieser in seinem Urteil vom 21. Oktober 1983 VI R 198/79 (BFHE 139, 524, BStBl II 1984, 106) die Zahlung eines geschiedenen Ehegatten als Versorgungsausgleich f眉r seinen fr眉heren Ehegatten nicht als Werbungskosten bei den Eink眉nften aus nichtselbst盲ndiger Arbeit (搂 19 Abs. 1 EStG) ber眉cksichtigte, so handelte es sich dort um die Begr眉ndung einer Rentenanwartschaft im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung, die anders als bei 搂 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG schon bei Zahlung eine geldwerte Rechtsposition vermittelte.
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Fundstellen
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BFH/NV 2006, 1012 |
BStBl II 2006, 446 |
BFHE 2007, 511 |
BFHE 212, 511 |
BB 2006, 762 |
DB 2006, 701 |
DStR 2006, 604 |
DStRE 2006, 571 |
DStZ 2006, 246 |
HFR 2006, 454 |