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Entscheidungsstichwort (Thema)
R眉ckabwicklung eines Verbraucherdarlehensvertrags. Im Wesentlichen inhaltsgleich mit BFH-Urteilen vom 07.11.2023 VIII R 7/21 und VIII R 16/22
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Leitsatz (NV)
1. Der Bezug eines Nutzungsersatzes im Rahmen der reinen R眉ckabwicklung eines Verbraucherdarlehensvertrags nach Widerruf (vor Anwendbarkeit des 搂 357a Abs. 3 Satz 1 des B眉rgerlichen Gesetzbuchs --BGB-- a.F.; jetzt 搂 357b BGB) begr眉ndet keinen steuerbaren Kapitalertrag, da er nicht auf einer erwerbsgerichteten T盲tigkeit beruht und mithin nicht innerhalb der steuerbaren Erwerbssph盲re angefallen ist.
2. Das infolge des Widerrufs entstandene R眉ckgew盲hrschuldverh盲ltnis ist bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise ertragsteuerlich als Einheit zu behandeln.
3. An der Steuerbarkeit fehlt es unabh盲ngig davon, ob das urspr眉ngliche Darlehen (anteilig) einem Betriebsverm枚gen oder dem Privatverm枚gen zuzurechnen war. Der Nutzungsersatz kann weder im Rahmen der Eink眉nfte aus selbst盲ndiger T盲tigkeit noch der Eink眉nfte aus Kapitalverm枚gen einer erwerbsgerichteten T盲tigkeit zugeordnet werden.
4. Der Nutzungsersatz ist auch nicht gem盲脽 搂 22 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes steuerbar.
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Normenkette
AO 搂 38; EStG 搂听18 Nr. 1 S. 1, 搂听20 Abs. 1 Nr. 7, 搂听22 Nr. 3; BGB 搂搂听346, 348, 357b
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Verfahrensgang
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Tenor
Auf die Revision der Kl盲ger werden das Urteil des Finanzgerichts Baden-W眉rttemberg vom 14.09.2020 - 10 K 1468/19 und die Einspruchsentscheidung vom 08.05.2019 aufgehoben.
Der Einkommensteuerbescheid 2017 vom 04.01.2019 wird dahingehend ge盲ndert, dass bei den Eink眉nften aus Kapitalverm枚gen im Sinne des 搂 32d Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes ein Betrag von 6.723 鈧 --je h盲lftig bei der Kl盲gerin und beim Kl盲ger-- nicht bei den laufenden Kapitalertr盲gen angesetzt wird.
Die Berechnung der Steuer wird dem Beklagten aufgegeben.
Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
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Tatbestand
I.
Rz. 1
Die Beteiligten streiten dar眉ber, ob es sich bei der von einer Bank aufgrund widerrufener Darlehensvertr盲ge gezahlten Nutzungsentsch盲digung f眉r bereits erbrachte Zins- und Tilgungsleistungen um steuerbare Eink眉nfte handelt.
Rz. 2
Die Kl盲ger und Revisionskl盲ger (Kl盲ger) werden f眉r das Jahr 2017 (Streitjahr) als Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie nahmen im Jahr 2004 zwei Darlehen bei der X-Bank in H枚he von 30.000听鈧 und in H枚he von 80.000听鈧 zur Finanzierung eines Umbaus ihrer eigengenutzten Immobilie in Anspruch. Ab dem Jahr 2012 nutzte die Kl盲gerin f眉r ihr Einzelunternehmen ein h盲usliches Arbeitszimmer im Haus und machte unter anderem 10听% der entrichteten Zinsen als Betriebsausgaben geltend.
Rz. 3
Mit Schreiben vom 13.06.2016 widerriefen die Kl盲ger unter Verweis auf eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung ihre auf den Abschluss der Darlehensvertr盲ge gerichteten Willenserkl盲rungen. Die X-Bank erkannte den Widerruf an und erstattete im Streitjahr den Kl盲gern den von ihr berechneten Nutzungsersatz in H枚he von 6.723听鈧 abz眉glich Kapitalertragsteuer und Solidarit盲tszuschlag.
Rz. 4
Die Kl盲ger gaben in ihren Anlagen KAP zur Einkommensteuererkl盲rung f眉r das Streitjahr den von der X-Bank gezahlten Nutzungsersatz in H枚he von 6.723听鈧 je h盲lftig bei der Kl盲gerin und beim Kl盲ger an. Im Einkommensteuerbescheid f眉r das Streitjahr vom 16.10.2018 ber眉cksichtigte der Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt --FA--) den Nutzungsersatz in H枚he von 6.723听鈧 neben weiteren nicht streitgegenst盲ndlichen Kapitalertr盲gen als Eink眉nfte aus Kapitalverm枚gen im Sinne des 搂听32d Abs.听1 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr anzuwendenden Fassung (EStG), wobei er beim Kl盲ger und der Kl盲gerin jeweils den Sparer-Pauschbetrag in H枚he von 801听鈧 abzog. Hiergegen legten die Kl盲ger Einspruch ein und wandten sich gegen die Besteuerung des Nutzungsersatzes.
Rz. 5
Am 04.01.2019 erlie脽 das FA aus hier nicht streitigen Gr眉nden einen ge盲nderten Einkommensteuerbescheid f眉r das Streitjahr. Den Einspruch wies es mit Entscheidung vom 08.05.2019 im 脺brigen als unbegr眉ndet zur眉ck und f眉hrte hierzu aus, dass eine 脛nderung der Steuerfestsetzung auch nicht zuungunsten der Kl盲ger vorzunehmen sei. Zwar sei der Nutzungsersatz anteilig als Betriebseinnahme anzusehen und entgegen der bisherigen Veranlagung nicht dem gesonderten Tarif nach 搂听32d Abs.听1 EStG, sondern der Tarifbesteuerung nach 搂听32a EStG zu unterwerfen; es greife insoweit aber 搂听1 Abs.听1 der Kleinbetragsverordnung, da die dortige Betragsgrenze nicht 眉berschritten werde.
Rz. 6
Die Klage hatte aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2021, 1979 mitgeteilten Gr眉nden keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) hat entschieden, dass der von der X-Bank gezahlte Betrag in H枚he von 6.723听鈧 als Nutzungsersatz f眉r die an die X-Bank erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen gem盲脽 搂听20 Abs.听1 Nr.听7 EStG zu besteuern sei. Es sei keine anteilige Betriebseinnahme f眉r den Nutzungswertersatz zu erfassen. Dem stehe aufgrund der h枚heren Tarifbelastung dieser Eink眉nfte das Verb枚serungsverbot im finanzgerichtlichen Verfahren entgegen.
Rz. 7
Mit ihrer Revision r眉gen die Kl盲ger die Verletzung materiellen Bundesrechts.
Rz. 8
Die Kl盲ger beantragen,
das Urteil des FG Baden-W眉rttemberg vom 14.09.2020听- 10听K听1468/19 und die Einspruchsentscheidung vom 08.05.2019 aufzuheben und den ge盲nderten Einkommensteuerbescheid f眉r 2017 vom 04.01.2019 dahingehend zu 盲ndern, dass ein Betrag in H枚he von 6.723听鈧 --je h盲lftig bei der Kl盲gerin und beim Kl盲ger-- als nicht steuerbar behandelt wird.
Rz. 9
Das FA beantragt,
die Revision als unbegr眉ndet zur眉ckzuweisen.
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II.
Rz. 10
Die Revision ist begr眉ndet. Sie f眉hrt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Stattgabe der Klage (搂听126 Abs.听3 Satz听1 Nr.听1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Der im Rahmen der R眉ckabwicklung der Darlehensvertr盲ge von der X-Bank an die Kl盲ger geleistete Nutzungsersatz in H枚he von 6.723听鈧 kann nicht anteilig als Betriebseinnahme der Kl盲gerin bei deren Eink眉nften aus selbst盲ndiger T盲tigkeit ber眉cksichtigt werden und ist auch kein steuerbarer Kapitalertrag im Sinne des 搂听20 Abs.听1 Nr.听7 EStG (unter II.1.). Die R眉ckabwicklung der Darlehensvertr盲ge f眉hrt bei den Kl盲gern ferner nicht zu Eink眉nften aus Leistungen im Sinne des 搂听22 Nr.听3 EStG, sodass sich die Vorentscheidung auch nicht gem盲脽 搂听126 Abs.听4 FGO im Ergebnis als richtig darstellt (unter II.2.). Die Sache ist spruchreif (unter II.3.). Der Senat gibt der Klage wie beantragt statt.
Rz. 11
1. Die Entscheidung des FG, dass der im Rahmen der R眉ckabwicklung der Darlehensvertr盲ge von der X-Bank an die Kl盲ger geleistete Nutzungsersatz f眉r Zins- und Tilgungsleistungen in H枚he von 6.723听鈧 zu einem Kapitalertrag im Sinne des 搂听20 Abs.听1 Nr.听7 EStG f眉hrt, h盲lt einer revisionsrechtlichen 脺berpr眉fung nicht stand. Der Nutzungsersatz kann weder anteilig gem盲脽 搂听20 Abs.听8 Satz听1 EStG als Betriebseinnahme der Kl盲gerin bei deren Eink眉nften aus freiberuflicher T盲tigkeit noch insgesamt als Kapitalertrag ber眉cksichtigt werden. Er ist nicht steuerbar, da er nicht auf einer erwerbsgerichteten T盲tigkeit der Kl盲ger beruht und mithin nicht innerhalb der steuerbaren Erwerbssph盲re erzielt worden ist.
Rz. 12
a) Im Streitfall haben die Kl盲ger und die X-Bank nach den Feststellungen des FG die Darlehensvertr盲ge einvernehmlich r眉ckabgewickelt und in ihre Einigung ausschlie脽lich die wechselseitigen Anspr眉che aus dem R眉ckgew盲hrschuldverh盲ltnis einbezogen.
Rz. 13
b) Der von den Kl盲gern vereinnahmte Nutzungsersatz in H枚he von 6.723听鈧 ist nicht steuerbar. Im Streitfall ist die R眉ckabwicklung der Darlehensvertr盲ge nach den in den Urteilen des Senats vom 07.11.2023听- VIII听R听7/21 und VIII听R听16/22 (jeweils zur amtlichen Ver枚ffentlichung vorgesehen) dargelegten Ma脽st盲ben keine steuerbare erwerbsgerichtete T盲tigkeit. Das R眉ckgew盲hrschuldverh盲ltnis ist bei wirtschaftlicher Betrachtung ertragsteuerlich als Einheit zu behandeln. Dies gilt unabh盲ngig davon, ob die R眉ckabwicklung --wie im Streitfall-- einvernehmlich, durch Vergleich, durch zivilgerichtliches Urteil oder auf andere Weise vollzogen wird. An der Steuerbarkeit fehlt es auch unabh盲ngig davon, ob das urspr眉ngliche Darlehen (anteilig) einem Betriebsverm枚gen oder dem Privatverm枚gen zuzurechnen war. Der Nutzungsersatz kann weder im Rahmen der Eink眉nfte aus selbst盲ndiger T盲tigkeit noch der Eink眉nfte aus Kapitalverm枚gen einer erwerbsgerichteten T盲tigkeit zugeordnet werden.
Rz. 14
2. Die Entscheidung des FG stellt sich auch nicht aus anderen Gr眉nden im Ergebnis als richtig dar (搂听126 Abs.听4 FGO). Der von der X-Bank geleistete Nutzungsersatz ist nicht nach der Regelung zu den Eink眉nften aus Leistungen im Sinne des 搂听22 Nr.听3 EStG steuerbar, da es sich bei der R眉ckabwicklung der Darlehensvertr盲ge wie dargestellt nicht um einen Leistungsaustausch in der Erwerbssph盲re handelt. Wegen der weiteren Begr眉ndung nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auch insoweit auf seine Urteile vom 07.11.2023听- VIII听R听7/21 und VIII听R听16/22 (jeweils zur amtlichen Ver枚ffentlichung vorgesehen) Bezug.
Rz. 15
3. Das FG ist von anderen Rechtsgrundlagen ausgegangen. Sein Urteil ist deshalb aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Der Senat gibt der Klage statt.
Rz. 16
Der von der X-Bank an die Kl盲ger geleistete Nutzungsersatz f眉r Zins- und Tilgungsleistungen in H枚he von 6.723听鈧 ist nicht anteilig als steuerbare Betriebseinnahme bei den Eink眉nften der Kl盲gerin aus selbst盲ndiger T盲tigkeit zu erfassen, kein steuerbarer Kapitalertrag im Sinne des 搂听20 Abs.听1 Nr.听7 EStG und auch keine steuerbare Leistung im Sinne des 搂听22 Nr.听3 EStG.
Rz. 17
Auch eine saldierbare Betriebseinnahme im Rahmen der Eink眉nfte aus selbst盲ndiger Arbeit aufgrund der Erstattung von Zinsen, die in der Vergangenheit von der Kl盲gerin als Betriebsausgaben geltend gemacht wurde, kommt im Streitjahr nicht in Betracht. Bei der gebotenen Einheitsbetrachtung der R眉ckabwicklung der Darlehensvertr盲ge sind s盲mtliche vereinnahmten Einzelleistungen einschlie脽lich der R眉ckzahlung der Zinsen an die ehemaligen Darlehensnehmer nicht in der Erwerbssph盲re angefallen.
Rz. 18
Der angefochtene Einkommensteuerbescheid f眉r das Streitjahr vom 04.01.2019 ist wie beantragt dahingehend zu 盲ndern, dass bei den Eink眉nften aus Kapitalverm枚gen im Sinne des 搂听32d Abs.听1 EStG ein Betrag von 6.723听鈧 --je h盲lftig bei der Kl盲gerin und beim Kl盲ger-- nicht bei den laufenden Kapitalertr盲gen angesetzt wird.
Rz. 19
Die Berechnung der Steuer wird dem FA 眉bertragen (搂听121 Satz听1 i.V.m. 搂听100 Abs.听2 Satz听2 FGO).
Rz. 20
4. Die Entscheidung 眉ber die Kosten beruht auf 搂听135 Abs.听1 FGO.
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Fundstellen
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BFH/NV 2024, 501 |