Entscheidungsstichwort (Thema)
Unentgeltliche Übertragung von (Teil-)Mitunternehmeranteilen bei gleichzeitiger Ausgliederung von Sonderbetriebsvermögen
Leitsatz (NV)
Die Frage, ob nach § 6 Abs. 3 Satz 1 Halbsätze 1 und 2 EStG in der seit dem Veranlagungszeitraum 2001 gültigen Fassung die Aufdeckung der stillen Reserven im unentgeltlich übertragenen (Teil-)Mitunternehmeranteil ausscheidet, wenn ein funktional wesentliches Wirtschaftsgut des Sonderbetriebsvermögens vorher bzw. zeitgleich zum Buchwert nach § 6 Abs. 5 EStG übertragen oder unter Aufdeckung stiller Reserven entnommen worden ist, hat keine grundsätzliche Bedeutung.
Normenkette
EStG 2002 § 6 Abs.3, 5; FGO § 115 Abs. 2 Nrn.1-2
Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Beklagten wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 10. Dezember 20158 K 633/13 F wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
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Rz. 1
Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg, denn sie ist jedenfalls unbegründet.
Rz. 2
1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung (§115 Abs.2 Nr.1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) zuzulassen. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und in dem angestrebten Revisionsverfahren klärbar sein. Daran fehlt es.
Rz. 3
a) Im Ausgangsverfahren war für das Jahr 2004 streitig, ob die unentgeltliche Übertragung der Mitunternehmeranteile der Eltern an einer --im Rahmen einer Betriebsaufspaltung als Besitzgesellschaft angesehenen-- GbR --jeweils als Teilmitunternehmeranteile-- auf ihre drei Kinder zur Aufdeckung der stillen Reserven führt, wenn die Eltern als Sonderbetriebsvermögen bei der GbR behandelte Anteile an einer --im Rahmen der Betriebsaufspaltung als Betriebsgesellschaft angesehenen-- GmbH nicht vollständig auf ihre Kinder, sondern auch zu einem geringen Teil zum Buchwert in ein anderes Betriebsvermögen bzw. nach Übertragung zum Buchwert zwischen den Sonderbetriebsvermögen der Ehegatten schließlich --insoweit unter Aufdeckung der stillen Reserven-- in das Privatvermögen überführen. Das Finanzgericht (FG) hat diese Frage unter Berufung auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 2.August 2012 IVR41/11 (BFHE 238, 135) verneint. Nach jener Entscheidung scheidet nach §6 Abs.3 Satz1 Halbsatz1 des Einkommensteuergesetzes in seiner seit dem Veranlagungszeitraum 2001 gültigen Fassung (EStG), der nach dem vom FG im Streitfall zugrunde gelegten Halbsatz2 der Vorschrift auch auf die unentgeltliche Übertragung eines Teils eines Mitunternehmeranteils auf eine natürliche Person anzuwenden ist, die Aufdeckung der stillen Reserven im unentgeltlich übertragenen Mitunternehmeranteil auch dann aus, wenn ein funktional wesentliches Betriebsgrundstück des Sonderbetriebsvermögens vorher bzw. zeitgleich zum Buchwert nach §6 Abs.5 EStG übertragen worden ist. Zur Begründung hat der BFH u.a. ausgeführt (Rz19 des Urteils), dass die Privilegierungen nach §6 Abs.3 EStG und §6 Abs.5 EStG nach dem Wortlaut des Gesetzes gleichberechtigt nebeneinander stünden. Ein Rangverhältnis sei weder ausdrücklich geregelt noch lasse es sich im Wege der Auslegung bestimmen. Ihrem Wortlaut nach könnten §6 Abs.3 und Abs.5 EStG unabhängig voneinander und damit --wenn die Beteiligten von Übertragungsvorgängen in zeitlichem Zusammenhang sowohl die Rechtsnachfolge des bisherigen Betriebsinhabers als auch Umstrukturierungen beabsichtigen (vgl. Rz38 des Urteils)-- auch gleichzeitig --jeweils mit der Rechtsfolge der Buchwertfortführung-- zur Anwendung gelangen (Rz33 des Urteils). Der Beklagte und Beschwerdeführer (das Finanzamt --FA--) hält im Hinblick auf die entgegenstehende Meinung der Finanzverwaltung und kritische Stimmen in der Literatur eine Überprüfung dieser Rechtsaufassung durch den BFH für geboten. Zudem zeige der Streitfall Besonderheiten auf, deren rechtliche Beurteilung durch die höchstrichterliche Rechtsprechung noch nicht geklärt sei.
Rz. 4
b) Die Beschwerdebegründung zeigt keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache auf. Die Frage des Verhältnisses von §6 Abs.3 EStG zu §6 Abs.5 EStG ist durch das vom FG zugrunde gelegte BFH-Urteil in BFHE 238, 135 hinreichend geklärt. An der dort vertretenen Auslegung von §6 Abs.3 Satz1 EStG hat der BFH auch in seinen Urteilen vom 9.Dezember 2014 IVR29/14 (BFHE 247, 449) und vom 12.Mai 2016 IVR12/15 (zur amtlichen Veröffentlichung vorgesehen) festgehalten. In Einklang damit ergibt sich (auch) aus dem Urteil vom 12.Mai 2016 IVR12/15, dass die Übertragung eines zurückbehaltenen Wirtschaftsguts des Sonderbetriebsvermögens in ein anderes Betriebsvermögen zum Buchwert nach §6 Abs.5 Satz2 Alternative2 EStG der Buchwertprivilegierung der unentgeltlichen Übertragung eines Teilmitunternehmeranteils nach §6 Abs.3 Satz1 EStG nicht entgegensteht. Auch der Hinweis des FA auf den Umstand, dass im Streitfall zwischen den Sonderbetriebsvermögen der Eheleute bei der GbR nach §6 Abs.5 Satz3 Nr.3 EStG zum Buchwert übertragenes Sonderbetriebsvermögen --nunmehr unter Aufdeckung der stillen Reserven-- in das Privatvermögen eines der bisherigen Mitunternehmer der GbR entnommen worden ist, rechtfertigt keine erneute Stellungnahme des BFH zur Auslegung des §6 Abs.3 EStG. In seinen Urteilen in BFHE 238, 135 und in BFHE 247, 449 hat der BFH ausgeführt, dass Wirtschaftsgüter, die vorher bzw. zeitgleich zum Buchwert nach §6 Abs.5 EStG übertragen bzw. (unter Aufdeckung der stillen Reserven) entnommen oder veräußert worden sind, nicht mehr Bestandteil des Mitunternehmeranteils sind. Die Frage, ob das streitbefangene Sonderbetriebsvermögen "funktional wesentlich" gewesen ist, ist nicht klärungsbedürftig, da sie offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das FG --nämlich i.S. des FA-- getan hat (BFH-Beschluss vom 19.November 2015 IVB103/14, m.w.N.).
Rz. 5
2. Die Revision ist auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§115 Abs.2 Nr.2 Alternative2 FGO) zuzulassen. Das FA legt nicht hinreichend dar, dass das FG in einer Rechtsfrage von der behaupteten, nicht die Auslegung des §6 Abs.3 und Abs.5 EStG betreffenden Divergenzentscheidung (BFH-Urteil vom 7.April 2010 IR96/08, BFHE 229, 179, BStBl II 2011, 467) abgewichen ist, dass dabei über dieselbe Rechtsfrage entschieden wurde und diese für beide Entscheidungen rechtserheblich war, dass die Entscheidungen zu gleichen oder vergleichbaren Sachverhalten ergangen sind, dass die abweichend beantwortete Rechtsfrage im Revisionsverfahren geklärt werden kann und dass eine Entscheidung des BFH zur Wahrung der Rechtseinheit erforderlich ist (vgl. BFH-Beschluss vom 11.Januar 2012 IVB142/10, m.w.N.).
Rz. 6
3. Von einer weiteren Begründung, insbesondere der Darstellung des Sachverhalts, wird nach §116 Abs.5 Satz2 Halbsatz2 FGO abgesehen.
Rz. 7
4. Die Kostenentscheidung beruht auf §135 Abs.2 FGO.
Fundstellen
-Index 9653498 |
BFH/NV 2016, 1452 |
DStZ 2016, 720 |