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Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Anwendung des 搂 68 Satz 1 FGO bei Unkenntnis des FG vom letzten 脛nderungsbescheid; kein Besteuerungswahlrecht nach 搂 23 ErbStG beim Erwerb erbbaurechtsbelasteter Grundst眉cke
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Leitsatz (amtlich)
1. Falls das FG von dem letzten 脛nderungsbescheid keine Kenntnis erhalten, dieser Bescheid aber keinen neuen Streitpunkt in das Verfahren eingef眉hrt hat, widerspr盲che es dem Sinn des 搂 68 Satz 1 FGO, die Entscheidung des FG nur wegen seiner Unkenntnis von dem 脛nderungsbescheid aufzuheben. Es reicht aus, insoweit lediglich eine Richtigstellung vorzunehmen.
2. 搂 23 ErbStG ist nicht auf die nach 1995 ausgef眉hrten freigebigen Zuwendungen erbbaurechtsbelasteter Grundst眉cke anwendbar.
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Normenkette
FGO 搂 68 S. 1; ErbStG 搂 23
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Verfahrensgang
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Tatbestand
I. Der Vater des Antragstellers und Beschwerdef眉hrers (Antragsteller) 眉bertrug diesem mit notariell beurkundetem Vertrag vom 25. Juni 1997 im Wege vorweggenommener Erbfolge unter anderem mehrere mit Erbbaurechten belastete Grundst眉cke. Der Antragsteller beantragte, die auf diese Grundst眉cke entfallende Schenkungsteuer gem盲脽 搂 23 des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) j盲hrlich vom Jahreswert der Erbbauzinsen zu entrichten. Der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt 鈥旻A鈥) entsprach zun盲chst dem Antrag, lehnte dann aber mit dem nach 搂 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) ge盲nderten Bescheid vom 5. November 2002 die Anwendung des 搂 23 ErbStG ab und setzte die erbbaurechtsbelasteten Grundst眉cke mit dem 18,6-fachen des j盲hrlich zu zahlenden Erbbauzinses an. Gegen den Bescheid legte der Antragsteller Einspruch ein, 眉ber den noch nicht entschieden ist. W盲hrend des Einspruchsverfahrens sind aus anderen Gr眉nden mehrfach 脛nderungsbescheide ergangen. Der vorletzte Bescheid datiert vom 29. Januar 2003 und der letzte vom 4. April 2003. Beide erfassen die erbbaurechtsbelasteten Grundst眉cke mit 1 728 000 DM.
Zugleich mit dem Einspruch hatte der Antragsteller die Aussetzung der Vollziehung (AdV) beantragt, die das FA insoweit ablehnte, als der Antrag den Streitpunkt der Besteuerung der erbbaurechtsbelasteten Grundst眉cke betraf. Gegen die insoweit ablehnende Verf眉gung vom 11. Dezember 2002 legte der Antragsteller Einspruch ein, den das FA mit Entscheidung vom 18. Januar 2003 zur眉ckwies. Nunmehr wandte sich der Antragsteller wegen einer AdV an das Finanzgericht (FG). Auch dieser Antrag hatte 鈥昩ezogen auf den Bescheid vom 29. Januar 2003鈥 keinen Erfolg. Das FG war mit Beschluss vom 29. April 2003 der Ansicht, 搂 23 ErbStG sei nicht einschl盲gig. Er betreffe nur solche Erwerbe, deren Gegenstand Rentenrechte oder Rechte auf andere wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen seien. Seit der 脛nderung des ErbStG durch das Jahressteuergesetz 1997 (JStG 1997) vom 20. Dezember 1996 (BGBl I, 2049) werde das Recht auf den Erbbauzins aber nicht mehr neben dem belasteten Grundst眉ck als selbst盲ndiges Wirtschaftsgut behandelt, das mit dem Kapitalwert zu bewerten sei.
Mit der vom FG zugelassenen Beschwerde verfolgte der Antragsteller sein Aussetzungsbegehren weiter. Er macht geltend, 搂 23 ErbStG kn眉pfe nicht an bestimmte Rechte als Erwerbsgegenstand an, sondern an eine bestimmte Bewertungsmethode, n盲mlich an eine Bewertung mit dem Kapitalwert. Nach den ebenfalls mit dem JStG 1997 eingef眉hrten Vorschriften f眉r die Bewertung von Grundbesitz f眉r die Erbschaftsteuer ab 1. Januar 1996 und f眉r die Grunderwerbsteuer ab 1. Januar 1997, auf die 搂 12 Abs. 3 ErbStG Bezug nehme, seien erbbaurechtsbelastete Grundst眉cke mit dem 18,6-fachen des im Besteuerungszeitpunkt zu zahlenden Erbbauzinses zu bewerten. Dies stelle eine Kapitalwertermittlung dar.
Der Antragsteller, der die Steuer inzwischen bezahlt hat, beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Vollziehung des Schenkungsteuerbescheids vom 4. April 2003 in H枚he eines Teilbetrages von 143 227 鈧 aufzuheben.
Das FA ist dem Antrag entgegengetreten.
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II. Die Beschwerde ist unbegr眉ndet.
1. Das FG hat die AdV des 脛nderungsbescheids vom 29. Januar 2003 mit Beschluss vom 29. April 2003 abgelehnt. Zu diesem Zeitpunkt war jedoch bereits der erneute 脛nderungsbescheid vom 4. April 2003 ergangen. Ergeht aber w盲hrend des Einspruchsverfahrens ein (erneuter) 脛nderungsbescheid, bildet dieser die alleinige Grundlage f眉r die Erhebung der gesamten Steuer (Birkenfeld in H眉bschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 搂 367 AO 1977 Anm. 136). Dieser (erneute) 脛nderungsbescheid wird gem盲脽 搂 365 Abs. 3 AO 1977 zum Gegenstand des Einspruchsverfahrens. Der durch den nachfolgenden Bescheid 眉berholte Bescheid entfaltet f眉r die Dauer des Bestehens des nachfolgenden Bescheids keine Rechtswirkung mehr (Entscheidung des Gro脽en Senats des Bundesfinanzhofs 鈥旴FH鈥 vom 25. Oktober 1972 GrS 1/72, BFHE 108, 1, BStBl II 1973, 231, unter III. 3.). Entsprechendes gilt gem盲脽 搂 68 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) f眉r das gerichtliche Verfahren, und zwar auch f眉r das Nebenverfahren des vorl盲ufigen Rechtsschutzes (vgl. dazu BFH-Beschluss vom 25. Oktober 1994 VIII B 101/94, BFH/NV 1995, 611). 搂 365 Abs. 3 AO 1977 und 搂 68 Satz 1 FGO unterscheiden sich allerdings darin, dass erstere Vorschrift eine 脛nderung des angefochtenen Verwaltungsaktes w盲hrend des Einspruchsverfahrens und 搂 68 FGO eine solche 脛nderung nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung betrifft. Vorliegend handelt es sich um eine 脛nderung w盲hrend eines gerichtlichen Verfahrens, aber vor Ergehen der Einspruchsentscheidung. In solchen F盲llen ist dem beiden Vorschriften zugrunde liegenden Rechtsgedanken nur dadurch Gen眉ge zu tun, den 脛nderungsbescheid auch als Gegenstand des finanzgerichtlichen Aussetzungsverfahrens zu behandeln (vgl. BFH in BFH/NV 1995, 611, m.w.N.).
Falls das FG von dem 脛nderungsbescheid keine Kenntnis erhalten, der 脛nderungsbescheid aber keinen neuen Streitpunkt in das Verfahren eingef眉hrt hat, widerspr盲che es dem Sinn des 搂 68 Satz 1 FGO, der darin besteht, das Verfahren fortsetzen zu k枚nnen, im Beschwerdeverfahren die Vorentscheidung aufzuheben, nur um der Vorinstanz auf diese Weise Gelegenheit zu geben, den 脛nderungsbescheid datumsm盲脽ig zu erfassen (so aber wohl in der Konsequenz: Spindler, Der Betrieb 鈥旸B鈥 2001, 61, 65, sowie von Groll in Gr盲ber, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl. 2002, 搂 68 Anm. 100). Vielmehr reicht insoweit lediglich eine Richtigstellung aus. Im Streitfall ist daher die Entscheidung des FG auf den 脛nderungsbescheid vom 4. April 2003 zu beziehen.
2. Das FG hat zu Recht ernstliche Zweifel i.S. des 搂 69 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO daran verneint, dass 搂 23 ErbStG auf die freigebige Zuwendung erbbaurechtsbelasteter Grundst眉cke nicht anwendbar ist.
a) Die Anwendung des 搂 23 ErbStG setzt den Erwerb von Nutzungsrechten oder anderen Rechten auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen voraus. Zu diesen Rechten geh枚rt das Eigentum an erbbaurechtsbelasteten Grundst眉cken nicht. Der Anspruch des Eigent眉mers des erbbaurechtsbelasteten Grundst眉cks auf den Erbbauzins stellt zwar ein derartiges Recht auf wiederkehrende Leistungen dar, ist aber seit der Neuregelung des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts durch das JStG 1997 gem盲脽 搂 148 Abs. 1 Satz 3 des Bewertungsgesetzes (BewG) nicht mehr neben dem erbbaurechtsbelasteten Grundst眉ck selbst盲ndiger Erwerbsgegenstand. W盲hrend bei Erwerben vor dem 1. Januar 1996 der Erbbauzinsanspruch gem盲脽 搂 12 Abs. 2 ErbStG a.F. i.V.m. 搂 92 Abs. 5 BewG nicht als Bestandteil des Grundst眉cks anzusehen und damit als weiterer Erwerbsgegenstand zu ber眉cksichtigen war, kommen f眉r Erwerbe nach 1995 nur noch das erbbaurechtsbelastete Grundst眉ck bzw. das Erbbaurecht als Erwerbsgegenstand in Betracht. Dabei hat das Recht auf den Erbbauzins als Grundst眉cksbestandteil gem盲脽 搂 148 Abs. 1 Satz 3 BewG nach wie vor au脽er Ansatz zu bleiben.
b) Das erbbaurechtsbelastete Grundst眉ck ist zwar gem盲脽 搂 148 Abs. 1 BewG i.d.F. des JStG 1997 mit dem 18,6-fachen des nach den vertraglichen Bestimmungen im Besteuerungszeitpunkt zu zahlenden j盲hrlichen Erbbauzinses zu bewerten; dies bedeutet aber nicht, dass dem Erwerber des erbbaurechtsbelasteten Grundst眉cks das Besteuerungswahlrecht des 搂 23 ErbStG zust眉nde. Entgegen der Ansicht des Antragstellers l盲sst sich die Anwendung der Vorschrift nicht mit ihrem Wortlaut und der 脺berschrift des Abschn. IV des Gesetzes begr眉nden. Dem steht bereits die 脺berschrift des 搂 23 ErbStG selbst entgegen, wonach die Vorschrift die "Besteuerung von Renten, Nutzungen und Leistungen" betreffen soll. Diese Formulierung ist auch der Schl眉ssel zum Verst盲ndnis des Wortlauts der Vorschrift. Soweit in deren Abs. 1 Satz 1 von der Steuer die Rede ist, die von dem Kapitalwert von Renten oder anderen wiederkehrenden Nutzungen oder Leistungen zu entrichten sind, kann damit eingedenk der 脺berschrift nur die Besteuerung der genannten Rentenrechte oder Rechte auf Nutzungen oder wiederkehrende Leistungen gemeint sein. Dies verdeutlicht im 脺brigen auch Abs. 1 Satz 2 der Vorschrift, wonach die Steuer nach dem Steuersatz erhoben werden soll, der sich "f眉r den gesamten Erwerb einschlie脽lich des Kapitalwerts der Renten oder anderen wiederkehrenden Nutzungen oder Leistungen ergibt". In den Erwerb "eingeschlossen" kann aber nur der mit dem Kapitalwert zu bewertende Erwerbsgegenstand und nicht die Bewertungsmethode sein. Als Erwerbsgegenstand wiederum werden lediglich die Rentenrechte bzw. die Rechte auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen genannt.
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Fundstellen
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BFH/NV 2003, 1660 |
BStBl II 2003, 944 |
BFHE 2004, 174 |
BFHE 203, 174 |
BB 2003, 2448 |
DB 2003, 2529 |
DStR 2003, 1973 |
DStRE 2004, 64 |
HFR 2003, 1186 |