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Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertretung durch einen in einem Mitgliedstaat der Europ盲ischen Union zugelassenen Rechtsanwalt
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Leitsatz (amtlich)
Vor dem BFH kann sich ein Beteiligter durch einen in einem Mitgliedstaat der Europ盲ischen Union zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen, wenn dieser im Einvernehmen mit einem Rechtsanwalt oder einer anderen Person handelt, die gem盲脽 Art. 1 Nr. 1 Satz 1 BFHEntlG zur Vertretung befugt ist. Einer Bevollm盲chtigung des Einvernehmensanwalts durch den Beteiligten bedarf es nicht. Das Einvernehmen ist jedoch schriftlich nachzuweisen.
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Orientierungssatz
1. Ohne die F眉hrung des Nachweises nach 搂 4 Abs.2 RADG fehlt einem ausl盲ndischen Rechtsanwalt die Postulationsf盲higkeit. Seine Proze脽handlungen sind anders als die eines zun盲chst vollmachtlosen Vertreters auf Dauer unwirksam. Einem zun盲chst ohne Vollmacht auftretenden (inl盲ndischen) Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftspr眉fer fehlt es nicht an der Postulationsf盲higkeit, sondern an der Rechtsmacht, Proze脽handlungen mit unmittelbarer Wirkung f眉r und gegen den Vollmachtgeber vorzunehmen. Seinen Proze脽handlungen kann nachtr盲glich zugestimmt werden.
2. Wegen der Besonderheiten des vor dem BFH geltenden Vertretungszwangs w眉rde auch das Einvernehmen des in einem Mitgliedstaat der Europ盲ischen Union zugelassenen Rechtsanwalts mit einem inl盲ndischen Steuerberater oder Wirtschaftspr眉fer ausreichen.
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Normenkette
BFHEntlG Art. 1 Nr. 1 S. 1; RADG 搂 4 Abs.听1-2
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Verfahrensgang
FG Mecklenburg-Vorpommern |
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Tatbestand
I. Die Kl盲gerin und Revisionskl盲gerin (Kl盲gerin), eine AG schwedischen Rechts, erwarb 1991 von der Treuhand s盲mtliche Gesch盲ftsanteile an einer GmbH, die 眉ber umfangreichen Grundbesitz verf眉gte. Wegen dieses Erwerbs zog der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt) die Kl盲gerin gem盲脽 搂 1 Abs. 3 Nr. 4 des Grunderwerbsteuergesetzes 1983 zur Grunderwerbsteuer heran, und zwar letztmals durch den gem盲脽 搂 175 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) ge盲nderten Bescheid vom 7. April 1998 in H枚he von ... DM. Die Steuer war nach den Einheitswerten des Grundbesitzes der GmbH bemessen, wobei die Einheitswerte gem盲脽 搂 133 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Bewertungsgesetzes a.F. mit 400 v.H. angesetzt waren. Einspruch und Klage blieben erfolglos. Eine Revision lie脽 das Finanzgericht (FG) nicht zu.
Innerhalb der Rechtsmittelfrist legte die Kl盲gerin "in erster Linie" Revision durch einen in Malm枚 ans盲ssigen schwedischen Rechtsanwalt ein. Dieser wurde sowohl vom FG als auch vom Bundesfinanzhof (BFH) auf das Erfordernis hingewiesen nachzuweisen, da脽 er im Einvernehmen mit einer vor dem BFH vertretungsbefugten Person handele. Ein derartiger Nachweis ist nicht erfolgt.
Die Kl盲gerin beantragt sinngem盲脽, die Vorentscheidung sowie den ge盲nderten Grunderwerbsteuerbescheid vom 7. April 1998 und den vorausgegangenen Grunderwerbsteuerbescheid vom 26. September 1994 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 7. Dezember 1994 aufzuheben.
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II. Die Revision ist unzul盲ssig. Der f眉r die Kl盲gerin aufgetretene Rechtsanwalt ist nicht postulationsf盲hig.
Vor dem BFH besteht Vertretungszwang. Gem盲脽 Art. 1 Nr. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs vom 8. Juli 1975 --BFHEntlG-- (BGBl I, 1861) --zuletzt ge盲ndert durch Gesetz vom 26. November 1996 (BGBl I, 1810)-- mu脽 sich vor dem BFH jeder Beteiligte durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftspr眉fer als Bevollm盲chtigten vertreten lassen. Dies gilt gem盲脽 Satz 2 der Vorschrift auch f眉r die Einlegung der Revision sowie der Beschwerde. Nur die genannten Personen sind somit postulationsf盲hig. Die Vorschrift hat f眉r Rechtsanw盲lte aus einem Mitgliedstaat der Europ盲ischen Union (EU) zur Folge, da脽 sie sich eines sog. Einvernehmensanwalts bedienen m眉ssen.
Staatsangeh枚rige eines Mitgliedsstaats der EU, die berechtigt sind, in ihrem Herkunftsland unter der jeweiligen Bezeichnung f眉r Rechtsanw盲lte --in Schweden unter der Bezeichnung Advokat-- beruflich t盲tig zu werden, d眉rfen Dienstleistungen i.S. des Art. 60 des Vertrages zur Gr眉ndung der Europ盲ischen Wirtschaftsgemeinschaft --Art. 50 in der Fassung des Vertrages von Amsterdam-- in der Bundesrepublik Deutschland nur nach den Vorschriften des Gesetzes zur Durchf眉hrung der Richtlinie des Rates der Europ盲ischen Gemeinschaften vom 22. M盲rz 1977 zur Erleichterung der tats盲chlichen Aus眉bung des freien Dienstleistungsverkehrs der Rechtsanw盲lte vom 16. August 1980 (BGBl I, 1453), zuletzt ge盲ndert durch Gesetz vom 2. September 1994 (BGBl I, 2278, 2292) --RADG-- aus眉ben. Soweit die Dienstleistung darin besteht, vor einem deutschen Gericht aufzutreten, ist nach diesem Gesetz zu unterscheiden, ob Anwalts- oder Vertretungszwang besteht oder nicht, d.h. ob der Mandant selbst den Rechtsstreit f眉hren oder sich verteidigen kann oder nicht. Gibt es bei dem angerufenen Gericht keinen Anwalts- oder Vertretungszwang, kann der Rechtsanwalt aus einem anderen Mitgliedstaat der EU seinen Mandanten grunds盲tzlich allein verantwortlich als Bevollm盲chtigter oder Verteidiger vertreten (so Henssler/Pr眉tting-Schroeder/Federle, Bundesrechtsanwaltsordnung, Kommentar, 1997, 搂 4 RADG Anm. 4). Er hat dann gem盲脽 搂 2 Abs. 2 RADG lediglich auf Verlangen des Gerichts seine Berechtigung, im Herkunftsstaat als Rechtsanwalt beruflich t盲tig zu werden, nachzuweisen.
Besteht dagegen Anwalts- oder wie beim BFH Vertretungszwang, darf der Rechtsanwalt aus einem anderen Mitgliedstaat der EU gem盲脽 搂 4 Abs. 1 Satz 1 RADG nur im Einvernehmen mit einem Rechtsanwalt handeln, der zur Vertretung oder Verteidigung bei dem Gericht befugt ist. Diesem obliegt es gem盲脽 Satz 2 der Vorschrift, gegen眉ber dem ausl盲ndischen Rechtsanwalt darauf hinzuwirken, da脽 bei der Vertretung oder Verteidigung die Erfordernisse einer geordneten Rechtspflege beachtet werden. Satz 3 der Vorschrift stellt klar, da脽 zwischen dem Einvernehmensanwalt und dem Mandanten kein Vertragsverh盲ltnis zustande kommt, sofern die Beteiligten nichts anderes vereinbaren. Das Einvernehmen ist gem盲脽 搂 4 Abs. 2 Satz 1 RADG bei der ersten Handlung gegen眉ber dem Gericht schriftlich nachzuweisen. Handlungen, f眉r die der Nachweis des Einvernehmens im Zeitpunkt ihrer Vornahme nicht vorliegt, sind gem盲脽 Satz 4 der Vorschrift unwirksam. Mit dieser Regelung hat der Gesetzgeber der Entscheidung des Gerichtshofes der Europ盲isches Gemeinschaften vom 25. Februar 1988 Rs. 427/85 (Slg. 1988, 1154, Neue Juristische Wochenschrift 1988, 887) Rechnung getragen. Das Erfordernis einer Bevollm盲chtigung auch des Einvernehmensanwalts ist entfallen und der BFH-Beschlu脽 vom 1. Februar 1989 I B 1/89 (BFHE 156, 37, BStBl II 1989, 517) insoweit 眉berholt.
Ohne die F眉hrung dieses Nachweises nach 搂 4 Abs. 2 RADG fehlt dem ausl盲ndischen Rechtsanwalt die Postulationsf盲higkeit. Seine Proze脽handlungen sind hiermit anders als die eines zun盲chst vollmachtlosen Vertreters auf Dauer unwirksam. Da脽 搂 4 Abs. 2 Satz 4 RADG ein Nachholen des Nachweises mit der Folge, da脽 die ohne Nachweis vorgenommene Proze脽handlung nachtr盲glich wirksam wird, ausschlie脽t und die f眉r den Nachweis der Vollmacht geltende Regelung des 搂 62 Abs. 3 Satz 3 FGO nicht 眉bernommen hat, hat seine Berechtigung in diesem Umstand der dauernden Unwirksamkeit. Dem zun盲chst ohne Vollmacht auftretenden (inl盲ndischen) Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftspr眉fer fehlt es nicht an der Postulationsf盲higkeit, sondern an der Rechtsmacht, Proze脽handlungen mit unmittelbarer Wirkung f眉r und gegen den Vollmachtgeber vorzunehmen. Seinen Proze脽handlungen kann nachtr盲glich zugestimmt werden (搂 155 FGO i.V.m. 搂 89 Abs. 2 der Zivilproze脽ordnung).
Da im Streitfall der als Proze脽bevollm盲chtigter aufgetretene schwedische Rechtsanwalt die Revision eingelegt hat, ohne gleichzeitig sein Einvernehmen mit einem inl盲ndischen Rechtsanwalt nachgewiesen zu haben, ist von dem Rechtsmittel der Revision nicht wirksam Gebrauch gemacht worden. Wegen der Besonderheiten des vor dem BFH geltenden Vertretungszwangs h盲tte zwar auch das Einvernehmen mit einem inl盲ndischen Steuerberater oder Wirtschaftspr眉fer ausgereicht, doch auch eine Person dieser Berufsst盲nde ist nicht eingeschaltet worden.
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Fundstellen
亿兆体育-Index 302705 |
BFH/NV 1999, 1698 |
BStBl II 1999, 637 |
BFHE 189, 42 |
BFHE 2000, 42 |
BB 1999, 2019 |
DB 1999, 1990 |
DStR 1999, 1564 |
DStRE 1999, 855 |
HFR 1999, 668 |
HFR 1999, 968 |
StE 1999, 595 |