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Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein 脺bergang der Klagebefugnis nach 搂 48 Abs. 1 Nr. 1 Alternative 1 FGO auf den Gesamtrechtsnachfolger der liquidationslos vollbeendeten Personengesellschaft
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Leitsatz (NV)
Nach Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters kann der alle Aktiva und Passiva 眉bernehmende verbliebene Gesellschafter nicht in seiner Eigenschaft als Gesamtrechtsnachfolger der liquidationslos vollbeendeten Personengesellschaft, sondern nur dann notwendig beigeladen werden, wenn er entweder in der Zeit, die der angegriffene Gewinnfeststellungsbescheid betrifft, bereits Gesellschafter der Personengesellschaft war oder Gesamtrechtsnachfolger eines solchen Gesellschafters geworden ist.
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Normenkette
FGO 搂听48 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1, 搂听48 Nrn.听2-3, 搂听60 Abs.听1, 3, 搂听128 Abs. 1; BGB 搂 738 Abs. 1 S. 1; HGB 搂听105 Abs. 3, 搂听161 Abs. 2
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Verfahrensgang
FG Hamburg (Beschluss vom 30.08.2016; Aktenzeichen 2 K 22/16) |
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Tenor
Auf die Beschwerde der Beigeladenen wird der Beiladungsbeschluss des Finanzgerichts Hamburg vom 30. August 2016听听2 K 22/16 aufgehoben, soweit dieser Beschluss ihr gegen眉ber ergangen ist.
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Tatbestand
Rz. 1
I. Die Beigeladene und Beschwerdef眉hrerin (Beigeladene) ist die A听KG. Der Kl盲ger ist zum 31.听Dezember 2010 als pers枚nlich haftender Gesellschafter aus der B听OHG ausgeschieden. Die B听OHG wurde nach dem Ausscheiden des Kl盲gers im Jahr 2011 unter Wahrung ihrer zivilrechtlichen Identit盲t in die C听KG umgewandelt. Im Januar 2012 wurde in das Handelsregister eingetragen, dass das Handelsgesch盲ft der C听KG mit allen Aktiven und Passiven von der alleinigen Kommanditistin --der D听KG-- 眉bernommen worden und die Firma ohne Liquidation erloschen ist. Dieser Eintragung lagen folgende Vorg盲nge zugrunde: Die D听KG ist als Kommanditistin in die C听KG eingetreten. Die 眉brigen Kommanditisten der C听KG haben ihre Kommanditanteile im Wege der Einzelrechtsnachfolge in die D听KG eingebracht. Danach ist die Komplement盲rin als vorletzte Gesellschafterin aus der C听KG ausgeschieden. Im Jahr 2015 wurde die Firma der D听KG in die der Beigeladenen (A听KG) ge盲ndert.
Rz. 2
Die B OHG erzielte ab dem Jahr 2003 Eink眉nfte aus Gewerbebetrieb. Der Kl盲ger legte gegen den Bescheid f眉r 2010 眉ber die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen (Gewinnfeststellungbescheid 2010) vom 18.听Januar 2013 Einspruch ein. Im Februar 2016 erhob er eine Unt盲tigkeitsklage, die beim Finanzgericht (FG) unter dem Az.听2听K听22/16 gef眉hrt wird. Das FG hat 眉ber diese Klage noch nicht entschieden. Mit ihr begehrt der Kl盲ger, die Eink眉nfte der B听OHG und den auf ihn entfallenden Gewinnanteil f眉r das Jahr 2010 zu erh枚hen. Bez眉glich der Zul盲ssigkeit seiner Klage hat er im Klageverfahren vorgetragen, dass ein ausgeschiedener Gesellschafter auch die Feststellung eines zu niedrigen Gewinns angreifen k枚nne. Zudem sei er durch den angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheid 2010 beschwert. Nach Auffassung des Beklagten (Finanzamt --FA--) sei die Klage hingegen mangels Klagebefugnis bzw. Rechtsschutzbed眉rfnisses des Kl盲gers unzul盲ssig.
Rz. 3
Mit Beschluss vom 30.听August 2016 hat das FG die Beigeladene und drei fr眉here Gesellschafter der B听OHG zum Klageverfahren notwendig beigeladen. Zur Begr眉ndung f眉hrte es u.a. aus, dass die A听KG als Rechtsnachfolgerin der B听OHG sowie die drei fr眉heren Gesellschafter als im Jahr 2011 Ausgeschiedene beizuladen seien. Da die Klage nicht offensichtlich unzul盲ssig sei, k枚nne von einer Beiladung auch nicht unter diesem Gesichtspunkt abgesehen werden.
Rz. 4
Gegen den Beiladungsbeschluss hat allein die Beigeladene (A听KG) Beschwerde eingelegt. Das FG hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Die Beigeladene tr盲gt im Wesentlichen vor, die Beiladung sei zu Unrecht erfolgt, weil die Klage unzul盲ssig sei.
Rz. 5
Die Beigeladene beantragt sinngem盲脽, den Beiladungsbeschluss vom 30.听August 2016 aufzuheben, soweit dieser ihr gegen眉ber ergangen ist.
Rz. 6
Der Kl盲ger beantragt, die Beschwerde als unzul盲ssig zu verwerfen.
Rz. 7
Zun盲chst hat der Kl盲ger vorgetragen, dass das FG die Beiladung zu Recht ausgesprochen habe, weil seine Klage nicht offensichtlich unzul盲ssig sei, sp盲ter, dass die Beigeladene nicht beschwerdeberechtigt sei.
Rz. 8
Das FA hat sich im Beschwerdeverfahren nicht ge盲u脽ert.
Rz. 9
Der Berichterstatter des beschlie脽enden Senats hat mit Verf眉gung vom 8.听M盲rz 2017 u.a. darauf hingewiesen, dass f眉r den Fall einer liquidationslosen Vollbeendigung der B听OHG vor Klageerhebung die Beiladung nur dann zu Recht erfolgt sein k枚nnte, wenn die Beigeladene im Jahr 2010 Gesellschafterin der B听OHG gewesen sei oder sie Gesamtrechtsnachfolgerin eines dieser Gesellschafter geworden w盲re.
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Rz. 10
II. Die nach 搂听128 Abs.听1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) statthafte Beschwerde ist zul盲ssig und begr眉ndet.
Rz. 11
1. Die Beschwerde ist zul盲ssig. Ein Beigeladener ist gem盲脽 搂听128 Abs.听1 i.V.m. 搂听57 FGO berechtigt, gegen den Beiladungsbeschluss Beschwerde einzulegen (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 2.听Dezember 1999 II听B听17/99, BFH/NV 2000, 679).
Rz. 12
2. Ebenso ist die Beschwerde begr眉ndet. Die Voraussetzungen einer notwendigen Beiladung gem盲脽 搂听60 Abs.听3 FGO liegen nicht vor.
Rz. 13
Nach 搂听60 Abs.听3 Satz 1 FGO sind Dritte zum Verfahren beizuladen, wenn sie an dem streitigen Rechtsverh盲ltnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegen眉ber nur einheitlich ergehen kann (notwendige Beiladung). Dies gilt nicht f眉r Mitberechtigte, die nach 搂听48 FGO nicht klagebefugt sind (搂听60 Abs.听3 Satz听2 FGO).
Rz. 14
Die Beigeladene ist mangels Klagebefugnis nach 搂听60 Abs.听3 Satz 2 i.V.m. 搂听48 FGO nicht notwendig beizuladen. F眉r diesen Fall scheidet auch eine einfache Beiladung nach 搂听60 Abs.听1 FGO aus (z.B. BFH-Beschluss vom 21.听August 2002 VIII听B听116/01, BFH/NV 2002, 1609, unter II., m.w.N.).
Rz. 15
a) Erlischt eine Personengesellschaft durch Vollbeendigung ohne Abwicklung, kann nach st盲ndiger Rechtsprechung des BFH ein Gewinnfeststellungsbescheid nur noch von den fr眉heren Gesellschaftern angefochten werden, deren Mitgliedschaft die Zeit ber眉hrt, die der anzufechtende Gewinnfeststellungsbescheid betrifft. Die Befugnis der Personengesellschaft, nach 搂听48 Abs.听1 Nr.听1 Alternative听1 FGO als Prozessstandschafterin f眉r ihre Gesellschafter Rechtsbehelfe einzulegen, erlischt mit deren Vollbeendigung (z.B. BFH-Urteil vom 11.听April 2013 IV听R听20/10, BFHE 241, 132, BStBl II 2013, 705, Rz听19, m.w.N.). Insoweit lebt die bis zum Zeitpunkt der Vollbeendigung 眉berlagerte Klagebefugnis der einzelnen Gesellschafter wieder auf. Die Klagebefugnis nach 搂听48 Abs.听1 Nr.听1 Alternative听1 FGO geht deshalb auch nicht auf den Gesamtrechtsnachfolger der Personengesellschaft 眉ber (BFH-Beschluss vom 16.听Januar 1996 VIII听B听128/95, BFHE 179, 239, BStBl II 1996, 426, zu 搂听48 Abs.听1 Nr.听3 FGO a.F.; BFH-Urteil vom 13.听Oktober 2016 IV听R听33/13, BFHE 255, 386, Rz听16, m.w.N.).
Rz. 16
Ist die Personengesellschaft bereits vor der Klageerhebung liquidationslos vollbeendet, sind im Grundsatz alle fr眉heren Gesellschafter --unabh盲ngig davon, ob man dies aus 搂听48 Abs.听1 Nr.听2 (so Gr盲ber/Levedag, Finanzgerichtsordnung, 8.听Aufl., 搂听48 Rz听68) oder Nr.听3 FGO ableitet (vgl. dazu Steinhauff in H眉bschmann/Hepp/Spitaler --HHSp--, 搂听48 FGO Rz听204)-- klagebefugt (z.B. BFH-Urteile in BFHE 241, 132, BStBl II 2013, 705, Rz听19, m.w.N.; vom 16.听Mai 2013 IV听R听21/10, Rz听17). Klagt demnach nur ein Gesellschafter, m眉ssen alle fr眉heren Gesellschafter nach 搂听60 Abs.听3 FGO notwendig beigeladen werden. Kommt es in der Person eines dieser fr眉heren Gesellschafter zu einer Rechtsnachfolge, ist dessen Gesamtrechtsnachfolger beizuladen (Leipold in HHSp, 搂听60 FGO Rz听75). Eine Ausnahme gilt nur f眉r solche fr眉heren Gesellschafter, die unter keinem denkbaren Gesichtspunkt von dem Ausgang des Rechtsstreits betroffen sein k枚nnen (z.B. BFH-Urteil vom 4.听November 2003 VIII听R听38/01, BFH/NV 2004, 1372, unter II.A.).
Rz. 17
b) Dies vorausgeschickt, war die A KG nicht zu dem Klageverfahren des Kl盲gers notwendig beizuladen.
Rz. 18
aa) Aus dem Handelsregisterauszug und der von der Beigeladenen mit Schriftsatz vom 29.听M盲rz 2017 erteilten Auskunft ergibt sich, dass aus der C听KG (vormals B听OHG) alle Gesellschafter bis auf die D听KG ausgeschieden sind. Damit ist der D听KG das Gesamthandsverm枚gen der C听KG gem盲脽 搂听161 Abs.听2, 搂听105 Abs.听3 des Handelsgesetzbuchs (HGB) i.V.m. 搂听738 Abs.听1 Satz听1 des B眉rgerlichen Gesetzbuchs (BGB) angewachsen. Hierdurch sind alle Aktiva und Passiva der C听KG im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die D听KG 眉bergegangen (z.B. Urteil des Bundesgerichtshofs vom 12.听Juni 2008 III听ZR听38/07, unter II.1.b听bb听(1)); die C听KG wurde liquidationslos vollbeendet (z.B. BFH-Beschluss vom 17.听Oktober 2013 IV听R听25/10, Rz听18, m.w.N.).
Rz. 19
Demnach war die C KG (vormals B OHG) bereits vor Klageerhebung vollbeendet. Die Klagebefugnis ging nicht auf die D听KG (jetzt die Beigeladene) als Gesamtrechtsnachfolgerin 眉ber. Vielmehr sind im Grundsatz alle Gesellschafter, die im Jahr 2010 an der B听OHG beteiligt waren --nicht nur die bisher Beigeladenen--, klagebefugt und damit notwendig beizuladen. Eine Ausnahme gilt nur f眉r diejenigen Gesellschafter, die unter keinem denkbaren Gesichtspunkt von dem Ausgang des Rechtsstreits betroffen sein k枚nnen.
Rz. 20
bb) Die Beigeladene geh枚rt nicht zu diesem Personenkreis. Dem Handelsregisterauszug l盲sst sich entnehmen, dass die D听KG (jetzt die Beigeladene) im Jahr 2010 nicht Gesellschafterin der B听OHG war. Ebenso bestehen keine Anhaltspunkte daf眉r, dass die D听KG (jetzt die Beigeladene) die Gesamtrechtsnachfolgerin eines der Gesellschafter ist, die im Jahr 2010 an der B听OHG beteiligt waren. Vielmehr haben nach der im Beschwerdeverfahren erteilten Auskunft der Beigeladenen, die von den 眉brigen Verfahrensbeteiligten unwidersprochen geblieben ist, die Kommanditisten der C听KG (vormals B听OHG) ihre Kommanditanteile im Wege der Einzelrechtsnachfolge in die D听KG eingebracht.
Rz. 21
c) Die Frage, ob der gegen眉ber der Beigeladenen ergangene Beiladungsbeschluss auch deshalb aufzuheben ist, weil die Klage des Kl盲gers offensichtlich unzul盲ssig ist, bedarf daher mangels Entscheidungserheblichkeit keiner Kl盲rung.
Rz. 22
Nach st盲ndiger Rechtsprechung des BFH kann das FG zwar von einer an sich nach 搂听60 Abs.听3 FGO gebotenen notwendigen Beiladung ausnahmsweise absehen, wenn die Klage offensichtlich unzul盲ssig ist (z.B. BFH-Beschluss vom 20.听Juni 2012 IV听B听147/11, Rz听8, m.w.N.). Im Streitfall liegen aber bezogen auf die Beigeladene schon nicht die Voraussetzungen des 搂听60 Abs.听3 FGO vor, so dass deren Beiladung 眉berhaupt nicht geboten war. Abgesehen davon bed眉rfte selbst dann, wenn man --was der Senat nicht gepr眉ft hat-- von einer offensichtlichen Unzul盲ssigkeit der Klage ausginge, die Frage, ob eine vom FG gleichwohl ausgesprochene Beiladung vom Beschwerdegericht aufgehoben werden kann, einer weiter gehenden Pr眉fung. Denn die notwendige Beiladung ist grunds盲tzlich unabh盲ngig von den Erfolgsaussichten der Klage vorzunehmen. Sie ist keine Ermessensentscheidung; Zweckm盲脽igkeitserw盲gungen sind nicht anzustellen (BFH-Urteil vom 9.听Mai 1979 I听R听100/77, BFHE 128, 142, BStBl II 1979, 632, unter 2.b). Lediglich bei offensichtlicher Unzul盲ssigkeit der Klage akzeptiert der BFH eine Ausnahme hiervon, weil die Beiladung in einem derartigen Fall blo脽er Formalismus w盲re. Ob sich hieraus jedoch im Umkehrschluss ableiten l盲sst, dass eine dennoch erfolgte Beiladung vom Beschwerdegericht aufzuheben ist, steht nicht ohne weiteres fest.
Rz. 23
3. Die Beiladung der fr眉heren Gesellschafter, die keine Beschwerde eingelegt haben, bleibt bestehen.
Rz. 24
4. Eine Kostenentscheidung war nicht zu treffen (z.B. BFH-Beschluss vom 4.听Mai 1999 VIII听B听94/98, BFH/NV 1999, 1483, unter 3., m.w.N.).
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Fundstellen
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BFH/NV 2017, 1056 |