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Entscheidungsstichwort (Thema)
Versagung des rechtlichen Geh枚rs durch Nicht眉bersendung eines Schriftsatzes
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Leitsatz (NV)
Verletzung des Grundsatzes des rechtlichen Geh枚rs, wenn das FG durch Beschlu脽 einen Antrag auf Proze脽kostenhilfe ablehnt, ohne zuvor einen Schriftsatz des FA, in dem dieses zu dem Antrag auf Proze脽kostenhilfe Stellung genommen hat, dem Antragsteller zuzusenden
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Normenkette
FGO 搂听77 Abs. 1 S. 3, 搂听119 Nr. 3
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Tatbestand
Der Antragsteller ist als jugoslawischer Staatsangeh枚riger in der Bundesrepublik als Arbeitnehmer t盲tig. In den ge盲nderten Lohnsteuer-Jahresausgleichsbescheiden f眉r 1980 und 1981 erkannte das FA die Aufwendungen des Antragstellers f眉r doppelte Haushaltsf眉hrung nicht mehr als Werbungskosten an. Die 脛nderungsbescheide vom 11. Juli 1983 wurden am gleichen Tage mit einfachem Brief zur Post gegeben. Mit Schriftsatz vom 17. August 1983 (beim FA eingegangen am 22. August 1983) legte der Antragsteller gegen die 脛nderungsbescheide Einspruch ein, der jedoch nicht begr眉ndet wurde. Zwei Schreiben des FA vom 25. August und 30. November 1983, die auf die Vers盲umung der Einspruchsfrist hinwiesen, blieben unbeantwortet. Wiedereinsetzungsgr眉nde brachte der Antragsteller trotz Aufforderung nicht vor. Daraufhin verwarf das FA die Einspr眉che durch Einspruchsentscheidung vom 23. Januar 1984 als unzul盲ssig.
Die hiergegen gerichtete Klage ist beim FG anh盲ngig. Der Antragsteller begehrte zugleich Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Bescheide. Dieser Antrag wurde vom FG durch Beschlu脽 vom 6. April 1984 X 46/84 A (L) abgelehnt.
Im vorliegenden Verfahren geht es um die Gew盲hrung von Proze脽kostenhilfe. Ein hierauf gerichteter Antrag des Antragstellers wurde vom FG durch Beschlu脽 vom 6. April 1984 X S 1/84 PH abgelehnt. Das FG f眉hrte aus, Proze脽kostenhilfe sei dem Antragsteller nicht zu gew盲hren, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung sowohl in der Hauptsache als auch in der Aussetzungssache keine hinreichende Aussicht auf Erfolg b枚te. Es best盲nden keine Zweifel daran, da脽 die angefochtenen Berichtigungsbescheide 1980 und 1981 vom 11. Juli 1983 wegen Vers盲umung der Einspruchsfrist bestandskr盲ftig geworden seien und eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht in Betracht k盲me. Zur Begr眉ndung werde im einzelnen auf die 贰苍迟蝉肠丑别颈诲耻苍驳蝉驳谤眉苍诲别 im Beschlu脽 des FG vom ,,28. M盲rz 1984" in der Aussetzungssache X 46/84 A (L) Bezug genommen. Dort hatte das FG hervorgehoben, das FA habe in der Einspruchsentscheidung eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zutreffend abgelehnt, da Entschuldigungsgr眉nde f眉r die versp盲tete Einlegung des Einspruchs aus dem Inhalt der Akten nicht zu entnehmen seien und der Antragsteller im Einspruchsverfahren trotz Aufforderung mit einmonatiger Fristsetzung Gr眉nde hierzu nicht vorgetragen habe. Im Klageverfahren k枚nnten erstmalig vorgebrachte Entschuldigungsgr眉nde nicht ber眉cksichtigt werden (vgl. Urteil des BFH vom 19. Dezember 1968 V R 19-20/68, BFHE 94, 563, BStBl II 1969, 272).
Gegen diese Entscheidung legte der Antragsteller Beschwerde ein. Er bringt u.a. vor:
Nach dem Sachverhalt des finanzgerichtlichen Urteils habe das FA im Antragsverfahren sinngem盲脽 begehrt, den Antrag auf Proze脽kostenhilfe abzulehnen. Ein solcher Antrag und ein entsprechendes Schreiben des FA sei ihm, dem Antragsteller, bisher nicht zugesandt worden. Das FG habe ihm insoweit das rechtliche Geh枚r versagt.
Der angefochtene Beschlu脽 entbehre im 眉brigen einer nach 搂 113 Abs. 2 FGO erforderlichen Begr眉ndung. Soweit das FG auf seinen Beschlu脽 vom 28. M盲rz 1984 zu Az. X 46/84 A (L) Bezug nehme, k枚nne dies nicht als ausreichend angesehen werden. Denn ein solcher Beschlu脽 unter dem 28. M盲rz 1984 sei ihm, dem Antragsteller, unbekannt.
Das FG h盲tte sich zudem mit der Rechtsprechung des BVerfG (Beschlu脽 vom 16. November 1972 - 2 BvR 21/72, NJW 1973, 187) auseinandersetzen m眉ssen, wonach bei einer urlaubsbedingten Abwesenheit des Empf盲ngers ein unabwendbarer Zufall vorliege und deshalb Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gew盲hren sei. Das m眉sse erst recht im Streitfall bei einer arbeitsbedingten Abwesenheit eines ausl盲ndischen Adressaten gelten. Er, der Antragsteller, k枚nne normalerweise nicht Kenntnis von den Verwaltungsakten des FA bekommen, da er in A nur ein m枚bliertes Zimmer gemietet habe, er sich in der Regel nicht dort, sondern in B aufhalte.
Der Antragsteller begehrt sinngem盲脽, die Vorentscheidung aufzuheben und ihm die Proze脽kostenhilfe f眉r das Klageverfahren X 45/84 L zu gew盲hren.
Das FA beantragt, die Beschwerde als unbegr眉ndet zur眉ckzuweisen.
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Die Beschwerde ist begr眉ndet. Sie f眉hrt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zur眉ckverweisung der Sache an das FG.
Der Senat kann die Frage dahingestellt sein lassen, ob das FG unter Bezugnahme auf seinen Beschlu脽 vom 6. April 1984 X 46/84 A (L) den Antrag auf Proze脽kostenhilfe mangels hinreichender Aussicht auf Erfolg deshalb zu Recht abgewiesen hat, weil der Antragsteller erstmals im Klageverfahren Entschuldigungsgr眉nde f眉r die nicht rechtzeitige Einlegung der Einspr眉che vorgebracht hat. Er kann mithin insbesondere die Frage offenlassen, ob die in der Literatur (vgl. insbesondere Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 11. Aufl., 搂 110 AO 1977 Tz. 26 Abs. 1) und in der Rechtsprechung (vgl. rechtskr盲ftiges Urteil des FG Baden-W眉rttemberg, Au脽ensenate Stuttgart, vom 12. Dezember 1980 IX 94/80, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1981, 377) erhobenen Bedenken gegen das vom FG genannte Urteil in BFHE 94, 563, BStBl II 1969, 272 gerechtfertigt sind.
Die Beschwerde ist jedenfalls deshalb begr眉ndet, weil das FG im vorliegenden Verfahren dem Antragsteller das rechtliche Geh枚r nicht gew盲hrt hat.
Nach 搂 77 Abs. 1 Satz 3 FGO ist das FG verpflichtet, die Schrifts盲tze den Beteiligten von Amts wegen zuzustellen. Dem ist das FG im Streitfall nicht gefolgt. Das FA hatte zu dem vom Antragsteller beim FG gestellten Antrag vom 6. M盲rz 1984 auf Proze脽kostenhilfe mit Schriftsatz vom 27. M盲rz 1984, beim FG D眉sseldorf eingegangen am 30. M盲rz 1984, Stellung genommen. Ausweislich der Akten des FG zu X S 1/84 PH hat das FG diesen Schriftsatz vor Erla脽 des Beschlusses vom 6. April 1984 nicht an den Proze脽bevollm盲chtigten des Antragstellers 眉bersandt. Denn der hierf眉r vorgesehene Absendungsvermerk durch Stempelaufdruck auf Bl. 13 R眉ckseite dieser Akten ist nicht ausgef眉llt worden.
Das FA hatte zwar im Schriftsatz vom 27. M盲rz 1984 zur Frage der Versp盲tung der Einspr眉che und zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht n盲her Stellung genommen, sondern auf seinen Schriftsatz vom 12. M盲rz 1984 im Verfahren betreffend Aussetzung der Vollziehung X 46/84 A (L) verwiesen, wo es zu diesen Fragen n盲here Ausf眉hrungen gemacht hatte. Dieses Schreiben ist nach Lage der finanzgerichtlichen Akten X 46/84 A (L) ebenfalls dem Antragsteller nicht 眉bersandt worden. Denn der hierf眉r vorgesehene Vermerk auf Bl. 20 R眉ckseite der vorgenannten Akten ist vom FG ebenfalls nicht ausgef眉llt worden.
Wie der Antragsteller zu Recht hervorhebt, hat das FG ihm durch die Nichtbeachtung des 搂 77 Abs. 1 Satz 3 FGO das rechtliche Geh枚r versagt. Denn es wurde ihm durch die Nicht眉bersendung der Schrifts盲tze des FA vom 12. und 27. M盲rz 1984 ohne sein Verschulden die M枚glichkeit genommen, hierzu vor Erla脽 des Beschlusses des FG vom 6. April 1984 Stellung zu nehmen (vgl. Tipke/Kruse, a.a.O., 搂 119 FGO Tz. 15 S. 109). Nach 搂 119 Nr. 3 FGO ist die Versagung des rechtlichen Geh枚rs stets eine Verletzung von Bundesrecht.
Der Senat hebt deshalb die Vorentscheidung auf. Er verweist die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zur眉ck, damit dem Antragsteller keine Instanz verlorengeht.
Da die Beschwerde bereits aus diesen Gr眉nden Erfolg hat, braucht der Senat auf die 眉brigen vom Antragsteller vorgebrachten Beschwerdegr眉nde nicht einzugehen.
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Fundstellen
亿兆体育-Index 414063 |
BFH/NV 1986, 166 |