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Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum Ende der Organschaft bei Bestellung eines vorl盲ufigen Insolvenzverwalters
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Leitsatz (NV)
1. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Organschaft endet, wenn f眉r die Organgesellschaft ein vorl盲ufiger Insolvenzverwalter bestellt wird, ist gekl盲rt.
2. Ist der Organtr盲ger weiterhin als Gesch盲ftsf眉hrer der von der Insolvenz bedrohten Organgesellschaft t盲tig und ist die Verwaltungs- und Verf眉gungsbefugnis 眉ber das Verm枚gen der Organgesellschaft noch nicht auf den vorl盲ufigen Insolvenzverwalter 眉bergegangen, bleibt die Organschaft regelm盲脽ig bis zur Er枚ffnung des Insolvenzverfahrens bestehen.
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Normenkette
UStG 搂 2 Abs. 2 Nr. 2; FGO 搂 115 Abs. 2; InsO 搂搂听21, 55
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Verfahrensgang
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Tatbestand
I. Zwischen den Beteiligten ist der Zeitpunkt der Beendigung der umsatzsteuerrechtlichen Organschaft zwischen der X-GmbH & Co. KG (KG) als Organtr盲gerin und der X-Gesellschaft mbH (GmbH) als Organgesellschaft streitig.
Der Kl盲ger und Beschwerdef眉hrer (Kl盲ger) ist Insolvenzverwalter 眉ber das Verm枚gen der KG. Dar眉ber hinaus war er durch Beschluss des Amtsgerichts Z vom 17. Februar 2003 zum vorl盲ufigen Insolvenzverwalter 眉ber das Verm枚gen der GmbH bestellt worden. In dem Beschluss heisst es unter anderem:
"Verf眉gungen der Schuldnerin 眉ber Gegenst盲nde ihres Verm枚gens sind nur noch mit Zustimmung des vorl盲ufigen Insolvenzverwalters wirksam (搂 21 Abs. 2 Nr. 2, 2. Fall InsO).
Der vorl盲ufige Insolvenzverwalter ist nicht allgemeiner Vertreter der Schuldnerin. Er hat die Aufgabe, durch 脺berwachung der Schuldnerin deren Verm枚gen zu sichern und zu erhalten.
Den Schuldnern der Schuldnerin (Drittschuldnern) wird verboten, an die Schuldnerin zu zahlen. Der vorl盲ufige Insolvenzverwalter wird erm盲chtigt, Bankguthaben und sonstige Forderungen der Schuldnerin einzuziehen sowie eingehende Gelder entgegenzunehmen. Die Drittschuldner werden aufgefordert, nur noch unter Beachtung dieser Anordnung zu leisten (搂 23 Abs. 1 Satz 3 InsO)."
Am 1. Mai 2003 wurde das Insolvenzverfahren 眉ber das Verm枚gen der GmbH er枚ffnet.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) erlie脽 f眉r die Monate Februar, M盲rz und April 2003 ge盲nderte Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheide an die KG mit Vorsteuerberichtigungen f眉r die GmbH. Das FA war der Auffassung, dass die Entgelte f眉r Leistungsbez眉ge der GmbH sp盲testens ab Februar 2003 uneinbringlich i.S. des 搂 17 Abs. 1 und 2 des Umsatzsteuergesetzes 1999 geworden seien.
Hiergegen richtete sich der Einspruch, mit dem die KG geltend machte, die Organschaft mit der GmbH sei bereits mit der Bestellung des Kl盲gers zum vorl盲ufigen Insolvenzverwalter im Februar 2003 beendet gewesen. Vorsteuerberichtigungen h盲tten deshalb ab diesem Zeitpunkt nur noch gegen眉ber der GmbH geltend gemacht werden k枚nnen.
Die Klage hiergegen hatte keinen Erfolg. Zur Begr眉ndung seines Urteils f眉hrte das Finanzgericht (FG) im Wesentlichen aus, das FA habe f眉r die Monate Februar bis April 2003 zu Recht die von der GmbH ausgef眉hrten Ums盲tze und die erforderlichen Vorsteuerkorrekturen bei der KG erfasst. Die Organschaft zwischen der KG und der GmbH sei nicht bereits mit der Bestellung des Kl盲gers zum vorl盲ufigen Insolvenzverwalter am 17. Februar 2003 beendet gewesen, sondern erst mit der Er枚ffnung des Insolvenzverfahrens 眉ber das Verm枚gen der GmbH am 1. Mai 2003. Dem Kl盲ger seien nur die Befugnisse eines sogenannten schwachen vorl盲ufigen Insolvenzverwalters einger盲umt worden. In diesem Fall ende die Organschaft nicht bereits mit der Bestellung des vorl盲ufigen Insolvenzverwalters, sondern erst mit der Er枚ffnung des Insolvenzverfahrens.
Mit der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision macht der Kl盲ger geltend, es sei von grunds盲tzlicher Bedeutung (搂 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), ob es ausnahmsweise dann zur Beendigung der umsatzsteuerrechtlichen Organschaft komme, wenn bei der Organgesellschaft zwar ein schwacher vorl盲ufiger Insolvenzverwalter bestellt werde, dieser aber aufgrund der tats盲chlichen Amtsf眉hrung und seines damit einhergehenden Einflusses auf die Unternehmensf眉hrung der Organgesellschaft alle wesentlichen Entscheidungen der Organgesellschaft eigenverantwortlich und ohne deren Mitwirkung oder Gegenwehr treffe. Formal sei er, der Kl盲ger, zwar zu einem schwachen vorl盲ufigen Insolvenzverwalter bestellt worden, tats盲chlich aber habe er eine Vielzahl ma脽geblicher Entscheidungen eigenverantwortlich und ohne inhaltliche Mitwirkung der GmbH getroffen.
Die Frage, ob in Einzelf盲llen auch die Bestellung eines schwachen vorl盲ufigen Insolvenzverwalters zur Beendigung der organisatorischen Eingliederung f眉hren k枚nne, sei insbesondere nicht durch das Urteil des Senats vom 21. April 2004 V R 24/03 (BFHE 204, 520, BStBl II 2004, 905) gekl盲rt. Nach der Entscheidung des Senats verbleibe in diesen F盲llen die Verwaltungs- und Verf眉gungsbefugnis nur "regelm盲脽ig" beim Schuldner. Das lasse die M枚glichkeit einer anderen Beurteilung in Einzelf盲llen gerade offen.
Auch die Formulierung des Senats, die organisatorische Eingliederung bleibe bei vergleichbar starker Stellung von vorl盲ufigem Insolvenzverwalter und Organtr盲ger bestehen, "solange" dem vorl盲ufigen Insolvenzverwalter eine vom Willen des Organtr盲gers abweichende Willensbildung nicht m枚glich sei, lasse die M枚glichkeit einer anderen Beurteilung in Ausnahmef盲llen zu.
Schlie脽lich habe der Bundesfinanzhof (BFH) in dem der Entscheidung in BFHE 204, 520, BStBl II 2004, 905 zugrunde liegenden Sachverhalt die Erm盲chtigung des vorl盲ufigen Insolvenzverwalters, in dringenden F盲llen mit Wirkung f眉r die Schuldnerin rechtsverbindlich zu handeln, als unbeachtlich beurteilt und auf die tats盲chlich ausge眉bte T盲tigkeit abgestellt. Wenn aber ein hinter der Erm盲chtigung zur眉ckbleibendes tats盲chliches Handeln entscheidende Bedeutung zukommen k枚nne, so m眉sse das auch f眉r ein 眉ber die Erm盲chtigung hinausgehendes Handeln gelten.
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II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Nach 搂 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grunds盲tzliche Bedeutung hat. Die Nichtzulassung kann mit der Beschwerde angefochten werden (搂 116 Abs. 1 FGO). In der Beschwerdebegr眉ndung m眉ssen die Voraussetzungen des 搂 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden (搂 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).
Die vom Kl盲ger aufgeworfene Rechtsfrage hat keine grunds盲tzliche Bedeutung (搂 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), weil sie nicht kl盲rungsbed眉rftig ist. Eine Rechtsfrage ist insbesondere dann nicht kl盲rungsbed眉rftig, wenn sie bereits durch die Rechtsprechung des BFH hinreichend gekl盲rt ist und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Pr眉fung und Entscheidung dieser Frage erforderlich machen (BFH-Beschl眉sse vom 4. Mai 1999 IX B 38/99, BFHE 188, 395, BStBl II 1999, 587; vom 26. Oktober 1999 X B 40/99, BFH/NV 2000, 563; vom 11. August 2006 V B 23/04, BFH/NV 2007, 60). So ist es hier. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Organschaft endet, wenn f眉r die Organgesellschaft ein vorl盲ufiger Insolvenzverwalter bestellt wird, ist durch das Urteil des Senats in BFHE 204, 520, BStBl II 2004, 905 gekl盲rt. Der Senat hat darin Folgendes ausgef眉hrt:
"Der vorl盲ufige Insolvenzverwalter, auf den infolge eines allgemeinen Verf眉gungsverbots die Verwaltungs- und Verf眉gungsbefugnis 眉ber das Verm枚gen des Schuldners 眉bergegangen ist, wird auch als 'starker' vorl盲ufiger Insolvenzverwalter bezeichnet. Seine Rechtsstellung unterscheidet sich deutlich von der des sog. 'schwachen' Insolvenzverwalters, auf den die Verwaltungs- und Verf眉gungsbefugnis 眉ber das Verm枚gen des Schuldners nicht 眉bergegangen ist. So gelten die von einem 'starken' vorl盲ufigen Insolvenzverwalter begr眉ndeten Verbindlichkeiten nach Er枚ffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeiten (搂 55 Abs. 2 Satz 1 InsO). Bei Rechtsstreiten, die das Verm枚gen des Schuldners betreffen, wird das Verfahren nach 搂 240 Satz 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) unterbrochen, wenn die Verwaltungs- und Verf眉gungsbefugnis 眉ber das Verm枚gen des Schuldners auf den vorl盲ufigen Insolvenzverwalter 眉bergeht. Bei dem sog. schwachen Insolvenzverwalter treten diese Rechtsfolgen nicht ein.
Dementsprechend bleibt die Organschaft, bei der der Organtr盲ger weiterhin als Gesch盲ftsf眉hrer der von der Insolvenz bedrohten Organgesellschaft t盲tig ist und die Verwaltungs- und Verf眉gungsbefugnis 眉ber das Verm枚gen des Schuldners nicht auf den vorl盲ufigen Insolvenzverwalter 眉bergeht, regelm盲脽ig bis zur Er枚ffnung des Insolvenzverfahrens erhalten. Dies gilt auch dann, wenn das Insolvenzgericht gem盲脽 搂 21 Abs. 2 Nr. 2听 2. Alternative InsO anordnet, dass Verf眉gungen des Schuldners nur mit Zustimmung des vorl盲ufigen Insolvenzverwalters wirksam sind (so auch Maus in Uhlenbruck, Kommentar zur Insolvenzordnung, 搂 22 Rz. 190). In diesem Fall sind zwar Verf眉gungen des Schuldners ohne die Zustimmung des vorl盲ufigen Insolvenzverwalters grunds盲tzlich unwirksam (vgl. 搂 24 Abs. 1, 搂 81 InsO); andererseits kann aber auch der vorl盲ufige Insolvenzverwalter grunds盲tzlich nicht (allein) 眉ber das Verm枚gen des Schuldners verf眉gen; Schuldner und vorl盲ufiger Insolvenzverwalter haben eine vergleichbar starke Stellung 鈥 .
Danach ist gekl盲rt, dass es nicht auf die tats盲chliche Amtsf眉hrung oder die etwaige Anma脽ung ihm nicht 眉bertragener Rechte durch den vorl盲ufigen Insolvenzverwalter ankommt. Die Einschr盲nkung im vorbezeichneten BFH-Urteil in BFHE 204, 520, BStBl II 2004, 905, dass die Organschaft nur "regelm盲脽ig" bestehen bleibe, l盲sst zwar die M枚glichkeit einer anderen Beurteilung in atypischen F盲llen offen. Die rein tats盲chliche Anma脽ung nicht 眉bertragener Rechte durch den vorl盲ufigen Insolvenzverwalter stellt aber schon deshalb keinen atypischen Fall dar, weil das Urteil ausdr眉cklich auf die Verwaltungs- und Verf眉gungsbefugnis abstellt und nicht auf deren faktische Aus眉bung (vgl. auch BFH-Beschluss vom 15. November 2006 V B 115/06, BFH/NV 2007, 787). Der Kl盲ger hat keine neuen Gesichtspunkte vorgetragen, die eine erneute Entscheidung dieser Rechtsfrage erforderlich erscheinen lassen. Im 脺brigen hat das FG mit f眉r den Senat bindender Wirkung (搂 118 Abs. 2 FGO) festgestellt, dass der Kl盲ger nicht allein 眉ber das Verm枚gen der GmbH hat verf眉gen d眉rfen.
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Fundstellen
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BFH/NV 2007, 1936 |
UR 2007, 809 |