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Entscheidungsstichwort (Thema)
Warengutschein
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Leitsatz (redaktionell)
1.听Die Hingabe von Warengutscheinen im Wert von 150听EUR p. a. bleibt nur bei der Ausgestaltung als Sachbezug vom Lohnsteuerabzug ausgenommen. Im Sinne des Einkommensteuerrechts sind Sachbez眉ge alle nicht in Geld bestehenden Einnahmen. Ob ein solcher Sachbezug vorliegt, entscheidet sich nach dem Rechtsgrund des Zuflusses, also danach, was der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber beanspruchen kann.
2.听Der durch den Warengutschein verk枚rperte Sachbezug tritt zu dem in EUR zu leistenden Tarifentgelt hinzu und ersetzt dieses weder ganz noch teilweise. Deshalb findet auch keine Bewertung der bezogenen Waren mit dem 鈥淪elbstkostenpreis鈥 des Arbeitgebers statt.
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Orientierungssatz
F眉hrt ein Tarifvertrag des Einzelhandels eine Vorsorgeleistung in Form der Aufstockung des Arbeitgeberbeitrags zur Altersvorsorge oder eines Langzeitkontos ein, l盲sst es aber 鈥撎齯nter Ausschluss einer Barauszahlung听鈥 zu, dass die Besch盲ftigten an deren Stelle einen nominal gleichwertigen Warengutschein ihres Arbeitgebers w盲hlen, stellt die Einl枚sung des Warengutscheins einen steuerbeg眉nstigten Sachbezug dar, auf den etwaige betriebliche Regeln eines Personaleinkaufs keine Anwendung finden.
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Normenkette
Manteltarifvertrag Einzelhandel Baden-W眉rttemberg, g眉ltig ab 1. Januar 2007 搂 19C; GewO 搂 107 Abs. 2; ZPO 搂 256; EStG 搂搂听8, 19
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Verfahrensgang
LAG Baden-W眉rttemberg (Urteil vom 24.05.2011; Aktenzeichen 14 Sa 24/11) |
ArbG Mannheim (Urteil vom 26.11.2010; Aktenzeichen 6 Ca 112/10) |
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Tenor
1.听Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-W眉rttemberg 鈥撎齂ammern Mannheim听鈥 vom 24.听Mai 2011 鈥撎14 Sa 24/11听鈥 aufgehoben.
2.听Die Berufung der Kl盲gerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mannheim vom 26.听November 2010 鈥撎6 Ca 112/10听鈥 wird zur眉ckgewiesen.
3.听Die Kosten der Berufung und der Revision hat die Kl盲gerin zu tragen.
Von Rechts wegen!
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Tatbestand
Rz. 1
听Die Parteien streiten 眉ber die Gew盲hrung eines Personalrabatts bei Einsatz von Warengutscheinen.
Rz. 2
听Die Beklagte ist ein Einzelhandelsunternehmen mit bundesweitem Filialsystem und wendet die Tarifvertr盲ge des Einzelhandels an. Die Kl盲gerin ist in H鈥 im Verkauf besch盲ftigt. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts gew盲hrt die Beklagte ihren Mitarbeitern entsprechend 鈥渆iner gefestigten betriebs眉blichen Praxis鈥 bei K盲ufen f眉r den eigenen Bedarf auf den g眉ltigen Laden- bzw. Verkaufspreis einen Personalrabatt iHv. 25听%. In einer nicht mitbestimmten Anlage听2 zu der Gesamtbetriebsvereinbarung 鈥淧ersonaleinkaufskarte鈥 vom 28. September/12.听Oktober 2007 finden sich hierzu n盲here Regelungen.
Rz. 3
听Am 10.听Juli 2008 vereinbarten der Einzelhandelsverband Baden-W眉rttemberg e.听V. und der Handelsverband BAG Baden-W眉rttemberg e.听V. mit der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) eine 脛nderung des Manteltarifvertrags Einzelhandel Baden-W眉rttemberg (fortan: MTV).
Rz. 4
听搂听19C MTV erhielt folgende Fassung:
鈥1.听Arbeitnehmer/-innen im Verkauf erhalten ab 1.1.2009 bis zum 31.12.2010 eine Vorsorgeleistung in H枚he von 150,00听Euro pro Jahr.
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4.听Dieser Betrag kann grunds盲tzlich nur in den nachfolgend genannten Formen und nicht als Barlohn vom Arbeitnehmer beansprucht werden. Der Arbeitgeber kann w盲hlen, in welcher der folgenden Formen er die Leistung erbringen will:
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Erh枚hung des Arbeitgeberbeitrags zur Altersvorsorge nach 搂听2.a) des Tarifvertrages 眉ber tarifliche Altersvorsorge vom 28.06.2001 um 150,00听Euro auf 450,00听Euro. Entscheidet sich der Arbeitgeber f眉r diese Leistungsform, so gelten die Regelungen des Tarifvertrags 眉ber tarifliche Altersvorsorge f眉r diesen erh枚hten Arbeitgeberbeitrag entsprechend. |
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Wertguthaben auf einem Langzeitkonto, soweit eine betriebliche Regelung besteht. |
Auf Wunsch des Arbeitnehmers ist die Leistung in Form von Warengutscheinen zu erbringen.
5.听鈥 Will der Arbeitnehmer abweichend von den oben genannten Vorsorgeleistungen den Warengutschein erhalten, so hat er dies dem Arbeitgeber bis zum 30.11. des Vorjahres (erstmals zum 30.11.2008) schriftlich mitzuteilen.
6.听Die Leistung ist unabh盲ngig von der gew盲hlten Leistungsform auf bisher erbrachte und zuk眉nftig zu erbringende 眉bertarifliche Leistungen voll anrechenbar.鈥
Rz. 5
听Die Kl盲gerin w盲hlte einen Warengutschein. Anl盲sslich der Aush盲ndigung wies die Beklagte darauf hin, dass bei der Verwendung des Warengutscheins kein Personalrabatt in Anspruch genommen werden k枚nne.
Rz. 6
听Die Kl盲gerin bezog 2010 unter Verwendung des Warengutscheins Waren im Verkaufswert von 149,60听Euro. Die Beklagte gew盲hrte keinen Personalrabatt.
Rz. 7
听Die Kl盲gerin hat die Auffassung vertreten, auch bei Verwendung von Warengutscheinen sei der 眉bliche Personalrabatt zu gew盲hren. Der Gutschein stehe Bargeld gleich.
Rz. 8
听Die Kl盲gerin hat zuletzt beantragt
1.听festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr beim Einkauf mit dem auf Grundlage von Ziff.听4 des Tarifvertrags f眉r den Einzelhandel vom 10.听Juli 2008 erteilten Warengutschein den Personalrabatt iHv. 25听% zu gew盲hren,
2.听die Beklagte zu verurteilen, ihr einen Warengutschein iHv. 37,40听Euro zu erteilen,
3.听hilfsweise,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 37,40听Euro netto zuz眉glich f眉nf Prozent Zinsen seit Klageerhebung zu zahlen.
Rz. 9
听Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie habe einseitig bestimmen d眉rfen, dass sie den Personalrabatt als freiwillige Leistung nicht auf den neu eingef眉hrten Warengutschein gew盲hre. Best眉nde der Anspruch, sei er auf die 眉bertarifliche Leistung Personalrabatt voll anrechenbar. Hilfsweise rechne sie mit dem der Kl盲gerin f眉r听2009 und 2010听gew盲hrten Personalrabatt auf.
Rz. 10
听Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat dem Feststellungsantrag und dem Hilfsantrag stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.
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Rz. 11
听Die Revision der Beklagten ist begr眉ndet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, der Kl盲gerin bei einem Einsatz von Warengutscheinen einen Personalrabatt zu gew盲hren.
Rz. 12
听I.听Es bedarf keiner Entscheidung, ob der Kl盲gerin an der begehrten Feststellung das nach 搂听256 Abs.听1听ZPO notwendige rechtliche Interesse zukommt, denn dieses Interesse ist lediglich f眉r eine stattgebende Entscheidung unverzichtbar (st. Rspr., vgl. BAG 24.听September 2008 鈥撎6 AZR 76/07听鈥 BAGE 128, 73, 76听f.).
Rz. 13
听II.听Beim Bezug von Waren unter Inanspruchnahme von Warengutscheinen hat die Beklagte der Kl盲gerin keinen Personalrabatt einzur盲umen.
Rz. 14
听1.听Ein Anspruch auf Gew盲hrung des Personalrabatts folgt nicht aus dem Tarifvertrag. Die Beklagte hat die nach 搂听19C MTV geschuldete Vorsorgeleistung auf Wunsch der Kl盲gerin (搂听19C Ziff.听4 aE MTV) in Form eines Warengutscheins erbracht. Der Tarifvertrag regelt aber nicht, ob der Nominalwert des Warengutscheins dem Ladenpreis der bezogenen Waren oder dem f眉r den Personaleinkauf verminderten Preis entspricht.
Rz. 15
听2.听Ein Anspruch auf Gew盲hrung des Personalrabatts folgt ebenfalls nicht aus der Gesamtbetriebsvereinbarung 鈥淧ersonaleinkaufskarte鈥, denn diese regelt keine Rabattanspr眉che einzelner Arbeitnehmer. Die insofern allein in Betracht zu ziehenden Anlagen听1 und 2听der Gesamtbetriebsvereinbarung sind allein von der Beklagten formuliert und nicht mitbestimmt (搂听6 Satz听2 der Gesamtbetriebsvereinbarung).
Rz. 16
听3.听Ein Anspruch der Kl盲gerin auf Rabattgew盲hrung ergibt sich auch nicht aus der (nicht mitbestimmten) Anlage听2 der Gesamtbetriebsvereinbarung oder einer von dieser als rechtlich existent vorausgesetzten Gesamtzusage oder betrieblichen 脺bung. Denn der Bezug von Waren der Beklagten gegen Vorlage von Warengutscheinen ist kein 鈥淧ersonaleinkauf鈥 im Sinne dieser Regelungen. Vielmehr stellt die Leistung von Waren auf der Grundlage von Warengutscheinen eine Naturalverg眉tung dar, die aufgrund des Arbeitsverh盲ltnisses, nicht aber auf der Grundlage eines Kaufvertrags geschuldet wird. Der Warengutschein ist ein Sachbezug.
Rz. 17
听a)听搂听19C Ziff.听4 MTV begr眉ndet einen Sachbezugsanspruch der Arbeitnehmer im Verkauf mit flexibler Arbeitszeit. Bereits sprachlich ist ein Warengutschein als tariflich geschuldete Verg眉tung auf den Bezug einer Ware und damit eines Sachwerts gerichtet. Diese Wortbedeutung wird dadurch best盲tigt, dass der MTV ausdr眉cklich die Leistung eines Barlohns anstelle des Warengutscheins ausschlie脽t. Es soll dem Arbeitnehmer nicht ein weiterer Euro-Betrag, sondern eine Ware geleistet werden. Allerdings bestimmt nicht der Arbeitgeber als Schuldner der Naturalverg眉tung das Produkt oder die Produkte, die dem Arbeitnehmer als Sachbezug 眉bereignet werden sollen, sondern der Arbeitnehmer hat das Recht, eine von seinem Arbeitgeber im Einzelhandel vertriebene Ware im Wert von bis zu 150,00听Euro auszuw盲hlen, ersatzweise mehrere Waren im entsprechenden Gesamtwert. Somit wird durch die Verwendung des Begriffs Warengutschein schuldrechtlich ein Wahlrecht des Arbeitnehmers als Gl盲ubiger begr眉ndet.
Rz. 18
听Das Vorliegen eines Sachbezugs wird besonders durch den tariflichen Zusammenhang best盲tigt. Die drei Durchf眉hrungswege der tariflichen Vorsorgeleistung sind so ausgestaltet, dass sie die Voraussetzungen der jeweiligen steuerrechtlichen Privilegierung einhalten. Aufbau und Inhalt der Tarifnorm belegen den Normzweck, den Arbeitnehmern im Verkauf eine steuerbeg眉nstigte Sonderverg眉tung zukommen zu lassen. Die Hingabe von Warengutscheinen im Werte von 150,00听Euro pa. unterf盲llt aber nur bei der Ausgestaltung als Sachbezug dem Freibetrag und bleibt auch nur dann vom Lohnsteuerabzug ausgenommen. Im Sinne des Einkommensteuerrechts sind Sachbez眉ge alle nicht in Geld bestehenden Einnahmen. Ob ein solcher Sachbezug vorliegt, entscheidet sich nach dem Rechtsgrund des Zuflusses, also danach, was der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber beanspruchen kann (vgl. BFH 11.听November 2010 鈥撎齎I R听21/09听鈥 BFHE 232, 50 zu 搂听8 Abs.听2听EStG; 6.听M盲rz 2008 鈥撎齎I R听6/05听鈥 BFHE 220, 478). Nach 搂听19C Ziff.听4 MTV kann der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber die Leistung einer oder mehrerer Waren im Gesamtwert von bis zu 150,00听Euro pa. verlangen, eine Geldleistung ist ausgeschlossen.
Rz. 19
听b)听Die besonderen gesetzlichen Regelungen 眉ber Naturalverg眉tungen in 搂听107 Abs.听2 GewO erfordern kein abweichendes Ergebnis, denn der durch den Warengutschein verk枚rperte Sachbezug tritt zu dem in Euro zu leistenden Tarifentgelt hinzu und ersetzt dieses weder ganz noch teilweise. Deshalb findet auch keine Bewertung der bezogenen Waren mit dem 鈥淪elbstkostenpreis鈥 des Arbeitgebers statt.
Rz. 20
听c)听Die Anlage听2 der Gesamtbetriebsvereinbarung 鈥淧ersonaleinkaufskarte鈥 verdeutlicht, dass die Beklagte lediglich f眉r den Fall des Einkaufs ihrer Mitarbeiter, nicht aber f眉r Sachbez眉ge einen Personalrabatt versprochen hat. Diese Einschr盲nkung des Anwendungsbereichs entspricht bereits der 脺berschrift der Gesamtbetriebsvereinbarung, die auf den Personal-鈥淓inkauf鈥 abstellt. Auch die vom Landesarbeitsgericht festgestellte 鈥済efestigte betriebs眉bliche Praxis鈥, den Mitarbeitern bei 鈥淜盲ufen鈥 f眉r den eigenen Bedarf auf den g眉ltigen Laden- bzw. Verkaufspreis einen Personalrabatt iHv. 25听% zu gew盲hren, ist unabh盲ngig von der m枚glichen Einordnung als betriebliche 脺bung oder Gesamtzusage auf Kaufvertr盲ge der Arbeitsvertragsparteien zu Sonderkonditionen bezogen. Die durchgehende Verwendung des Rechtsbegriffs 鈥淜auf鈥 und die abschlie脽ende Nennung der zugelassenen Bezahlformen in der Anlage听2 belegen, dass sich die Beklagte nur f眉r den Fall des Kaufs ihrer Waren unter Einsatz eigener finanzieller Mittel der Arbeitnehmer zu einer Rabattgew盲hrung verpflichtet hat (vgl. zu diesem allgemeinen Kennzeichen des Personaleinkaufs BAG 17.听M盲rz 2010 鈥撎5 AZR 168/09听鈥 Rn.听26, AP BGB 搂听242 Gleichbehandlung Nr.听211听=听EzA BGB 2002 搂听242 Gleichbehandlung Nr.听22). Mit dem Warengutschein iSv. 搂听19C Ziff.听4 MTV setzt der Arbeitnehmer jedoch keine eigenen finanziellen Mittel ein, sondern nimmt einen vom Arbeitgeber versprochenen Sachbezug wahr.
Rz. 21
听III.听Die Kostenentscheidung folgt aus 搂听91 Abs.听1, 搂听97 Abs.听1听ZPO.
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Unterschriften
M眉ller-Gl枚ge, Biebl, Klose, Feldmeier, Reinders
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Fundstellen
亿兆体育-Index 3569971 |
BFH/NV 2013, 895 |
DB 2013, 406 |
DStR 2013, 715 |
AP 2013 |
EzA-SD 2013, 16 |
NZA-RR 2013, 392 |
AUR 2013, 142 |